Protokoll der Sitzung vom 08.09.2005

Ich sage Ihnen, wo Sie waren: Sie waren abgeduckt - Steigbügelhalter einer ideologisierten, widersinnigen rot-grünen Landwirtschaftspolitik!

(Beifall bei der CDU)

Die Liste der Verfehlungen ließe sich beliebig fortführen. Ich verzichte darauf. Lassen Sie mich wieder zu dem Bereich der Fortentwicklung unserer Landwirtschaft zurückkehren. Ebenso wie andere Wirtschaftsbereiche kann es sich der landwirtschaftliche Bereich nicht erlauben, in seiner Entwicklung stehen zu bleiben. Die Landwirtschaft muss weiterentwickelt werden, um sich dem Wettbewerb auf dem Weltmarkt stellen zu können.

An dieser Stelle will ich anführen, dass es eine Studie gibt, in der die Standorte in Deutschland, auch in Sachsen-Anhalt, und in der Welt untersucht wurden. Dabei ist herausgekommen, dass wir in Sachsen-Anhalt überall in der Welt mithalten können, was die Produktivität und die Direktkosten, also die wirklichen Kosten für die Produktion, angeht. Unser wirklicher Nachteil sind die gesellschaftlichen Kosten, die Kosten für Soziales, die Kosten für Umwelt, die Kosten für Boden, also Dinge, die vom Landwirt selbst in keiner Weise beeinflusst werden können.

Deswegen ist es auch unredlich, ständig von Subventionen zu sprechen, sondern das sind tatsächlich Ausgleichszahlungen für Wettbewerbsnachteile. Wenn wir in Europa und in Deutschland weiterhin Landwirtschaft haben wollen, dann müssen wir uns auch dazu bekennen, dass wir diese Nachteile ausgleichen wollen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Herr Abgeordneter, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Dr. Thiel zu beantworten?

Am Ende, würde ich sagen.

Am Ende, Herr Dr. Thiel.

Neue Märkte - damit meine ich im Folgenden die nachwachsenden Rohstoffe und die Bioenergie - bieten neue Möglichkeiten, den landwirtschaftlichen Bereich zu stärken und weiter auszubauen. Wie notwendig die Weiterentwicklung dieses Sektors auch für die Allgemeinheit und für die allgemeine Wirtschaft ist, können wir derzeit jeden Tag an der Entwicklung der Energiepreise sehen.

Die Landwirtschaft und insbesondere der Gartenbau sind aber auch hierbei auf der Kostenseite überproportional betroffen. Trotzalledem ist Sachsen-Anhalt auch bei der Erschließung neuer Märkte auf einem guten und zukunftsfähigen Weg. Unsere Landwirte haben diese neue Erwerbsquelle für sich erschlossen und die vorhandenen Potenziale für sich genutzt. Die Biomassenutzung wurde erhöht und die landwirtschaftliche Bioerzeugung wird weiter gestärkt.

Sachsen-Anhalt hat im Vergleich der Bundesländer hinsichtlich des Anbaus nachwachsender Rohstoffe wiederholt einen führenden Rang belegt. Das zukunftsorientierte Handeln unserer Landwirte verschafft SachsenAnhalt einen Spitzenplatz. Nachgelagerte Bereiche, wie Anlagen zur Herstellung von Biodiesel, Bioethanol und Pflanzenöl, haben sich erfolgreich angesiedelt.

Die Landesregierung sorgt mit der Errichtung der Koordinierungsstelle für nachwachsende Rohstoffe und mit der in Kürze anstehenden Veröffentlichung eines Biomassekatalogs für Transparenz und fördert diesen Bereich ganz gezielt.

Die Landwirte haben erkannt, dass sich eine moderne Landwirtschaft weiterentwickeln muss und dass Produktionsalternativen genutzt werden müssen, um weiterhin wettbewerbsfähig bleiben zu können.

Wie schwer es heute ist, einen Wettbewerbsvorteil wie zum Beispiel die hervorragenden Böden zu nutzen, kann gut am Beispiel Zucker dargestellt werden. Eine Stärke unseres Landes lag im Zuckerrübenanbau und in der Weiterverarbeitung dieses Produktes und sie wird, wenn eine sinnvolle Politik möglich ist, auch weiterhin in diesem Bereich liegen.

Auf rund 50 000 ha werden in Sachsen-Anhalt Zuckerrüben angebaut und es werden jährlich ca. 2,7 Millionen t geerntet. Damit deckt Sachsen-Anhalt etwa 40 % der gesamten Zuckerrübenquote der neuen Länder ab. Aufgrund guter Bedingungen konnte der Ertrag seit der Wende stetig vergrößert werden, und das bei geringer werdender Anbaufläche.

Die Landwirte können sich jedoch nicht ausschließlich auf eine gute Ausgangssituation verlassen. Vielmehr sind heute die Rahmenbedingungen für die Vermarktung der Produkte entscheidend. Für den landwirtschaftlichen Sektor werden die Rahmenbedingungen allerdings mittlerweile auch sehr stark von der EU bestimmt.

Leider hat es auch hierbei die Bundesregierung in den letzten Jahren versäumt, den heimischen Landwirten durch Interventionen in Brüssel solche Rahmenbedingungen zu verschaffen, die ihnen auch langfristig einen Wettbewerbsvorteil garantieren würden. Genau diesen Wettbewerbsvorteil brauchen wir aber, um am Weltmarkt konkurrenzfähig sein zu können. Entwicklungshilfe ist unumstritten wichtig, sie darf jedoch nicht ausschließlich zulasten unserer Landwirte gehen.

Die Zuckerindustrie ist bei uns ein wichtiger Faktor. Drei hochmoderne Zuckerfabriken bieten Arbeitsplätze für Menschen unseres Landes. Bioethanolanlagen von Weltformat wurden in unserem Land errichtet.

Sollte die Zuckermarktordnung in der jetzigen Fassung verabschiedet werden, um bei den WTO-Verhandlungen Vorleistungen zu erbringen, hätte das gravierende Auswirkungen auf unsere Arbeitsplätze. Ich betone daher, dass eine Reform der Zuckermarktordnung nicht zu einer Einschränkung des Anbaus und der Weiterverarbeitung von Rüben in unserem Land führen darf. Entscheidungen dürfen nicht überstürzt werden. Die eigenen Stärken müssen gefördert und dürfen nicht geschwächt werden. Wettbewerb ja, aber mit Augenmaß und Vernunft.

Wie ich bereits erwähnt habe, stehen wir der Reform nicht ablehnend gegenüber. Sie müsste jedoch ausgewogen für alle Beteiligten sein. Frau Künast will offensichtlich die Welt retten; uns geht es aber in erster Linie

um unsere Landwirte und um die Sicherung unserer Arbeitsplätze. Über den Bemühungen für eine gerechte Welt dürfen wir die eigene Landwirtschaft nicht vergessen.

Eine Weiterentwicklung der Landwirtschaft findet auch im Bereich der Veredlung statt. In diesem Zusammenhang ist die Tierproduktion zu nennen. Insbesondere die Rinder- und die Schafzucht, aber auch die Fischproduktion haben in unserem Land eine lange Tradition. Die Veredlung von Rohfutter als Futter führt in diesem Zusammenhang zu einer Erhöhung der Wertschöpfung.

Es ist eben nicht so, dass die Veredlungsoffensive des Landes ins Leere gelaufen ist. Nein, wir haben in den letzten Jahren erhebliche Investitionen in den Bereich der Veredlung erlebt. Gleiches gilt für die Verbesserung der Haltungsformen und für die Wiedernutzbarmachung alter Stallreserven und Stallpotenziale. Wenn man über Land fährt, ist das unübersehbar.

Fragen des Wettbewerbs sowie eine standortangepasste und umweltverträgliche Produktion sind auch in diesem Falle notwendige Voraussetzungen.

Die Landesregierung hat sich auf Bundesebene für die Stärkung des Grünlands eingesetzt. Mit der bundesweit höchsten Grünlandprämie hat die Landesregierung ein deutliches Signal in Richtung Grünlandbewirtschaftung gesetzt. Das war auch dringend notwendig. Auf diese Weise können nämlich unsere Rindvieh haltenden Betriebe besser wirtschaften und ihren Beitrag zur Steigerung des Einkommens und der Wertschöpfung leisten.

Meine Damen und Herren! Sachsen-Anhalt verfügt mit seiner traditionsreichen Kulturpflanzenforschung und mit der entsprechenden Infrastruktur über die besten Voraussetzungen für eine Weiterentwicklung und für die kommerzielle Nutzung der modernen Pflanzenbiotechnologie. Aufgrund der hohen Dichte von Unternehmen und Forschungseinrichtungen liegt Sachsen-Anhalt auf diesem Gebiet im bundesweiten Vergleich im Vorderfeld. Die gesamte Branche der Bio- und Gentechnologie bildet einen Innovationskern. In Sachsen-Anhalt finden mittlerweile rund 2 000 Menschen in diesem Bereich Arbeit.

In der Region rund um Gatersleben und Quedlinburg bis hin nach Halle entwickelte sich eine europaweit einzigartige Tradition der Pflanzenzüchtung und Pflanzenforschung. Positiv ergänzt wird dies durch Landwirtschaft, Chemie und Pharmazie.

Wissenschaftlich begleitet durch die landwirtschaftliche Fakultät in Halle und koordiniert durch den Verein Innoplanta findet auf Initiative Sachsen-Anhalts ein bundesweiter Erprobungsanbau gentechnisch veränderter Pflanzen statt. Ich möchte dabei betonen, dass es sich bei einem verantwortungsvollen Umgang mit der Materie beileibe nicht um Teufelswerk handelt. Als dieses wird es allerdings von der grünen Fraktion in der Bundesregierung immer wieder dargestellt. Die Bundesregierung spielt auch hierbei fahrlässig mit der Neuschaffung von Arbeitsplätzen. Wir müssen darauf drängen, dass wir in diesem Bereich in Sachsen-Anhalt weiterkommen.

Die neuen Technologien bieten in den kommenden Jahrzehnten großartige Möglichkeiten: Wertschöpfungsketten können geschlossen werden. Die Produktion kann und muss in Sachsen-Anhalt angesiedelt werden. Hoch qualifizierte Arbeitsplätze werden geschaffen.

Wir dürfen und wir werden jedoch die Zeit nicht verschlafen. Die neuen Schlüsseltechnologien müssen gefördert werden. Wir begrüßen ausdrücklich die Biotechnologieoffensive der Landesregierung.

(Zustimmung von Herrn Stadelmann, CDU)

Gleichzeitig setzen wir uns für eine sichere gesetzliche Grundlage für die Unternehmen ein, die diesen Chancengleichheit im globalen Wettbewerb sichern soll. Wir werden uns auch weiterhin dafür einsetzen, dass die Regelungen zur Koexistenz und zur Haftung im Einklang mit dem EU-Recht stehen. Für Forscher, Unternehmer und nicht zuletzt für Landwirte muss ein kalkulierbarer Rahmen ohne unnötige Belastungen geschaffen werden.

Ich bin bereits mehrfach auf die Standortvorteile Sachsen-Anhalts eingegangen. Diese sind jedoch nicht ausreichend für eine moderne und zukunftsorientierte Landwirtschaft. Die Arbeit der Verwaltung spielt eine wesentliche Rolle. Genehmigungsverfahren im landwirtschaftlichen Bereich werden in diesem Land zügig und professionell bearbeitet. Beispielhaft kann die Umsetzung der GAP-Reformen genannt werden.

Durch Verwaltungsvereinfachungen und das überaus engagierte Arbeiten der Mitarbeiter in der Agrarverwaltung wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit möglich sein, Teile der Ausgleichszahlungen schon in diesem Jahr vorzunehmen. Wenn nicht, liegt es mit Sicherheit nicht an den Mitarbeitern der Ämter, sondern an anderen Umständen.

Kernbereiche der Dorferneuerung und der Flurneuordnung werden in den ALFs bearbeitet. Sie haben sich als Bündelungsbehörde sehr bewährt und sind Kompetenzzentren, deren Mitarbeiter bundesweit anerkannt und gern gesehen sind. Künftig würde ich mir eine Aufwertung der Ämter für Landwirtschaft und Flurneuordnung in den Bereichen Grundstücksverkehr und Forst- und Landmanagement wünschen.

Ich fordere weiterhin die Bündelung der Fragen des Verbraucherschutzes in einer Behörde, die künftig im landwirtschaftlichen Fachressort angesiedelt sein sollte. Unsere landwirtschaftlichen Verwaltungen arbeiten insgesamt besser und schneller, sind antragsstellerfreundlicher und stellen daher einen großen Wettbewerbsvorteil dar.

Die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt hat sich enorm weiterentwickelt. Landwirtschaft ist nunmehr nicht mehr nur durch Ackerbau und Tierzucht geprägt. Innovative Bereiche wie Veredelung, Ernährungswirtschaft und Energieerzeugung kommen hinzu. Arbeitsplätze sind in nicht geringem Umfang geschaffen worden.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal auf den Bereich Forst und Holz hinweisen. Die zweite Bundeswaldinventur im Jahr 2004 ermöglichte umfangreiche Informationen über die Potenziale der Forstwirtschaft. Deutschlandweit sind seit dem Jahr 1997 die Vorräte in allen Waldbesitzarten deutlich angestiegen. Die vorratsreichsten Bestände befinden sich im privaten Waldbesitz. Allerdings ist deren Nutzung bislang unterdurchschnittlich. Auf deren Nutzung kommt es an. Die Nachhaltigkeit ist hierbei gewährleistet.

Es geht überhaupt nicht darum, den Wald nur zu einem Kostenfaktor zu machen; aber die aufwachsenden Bestände sollten auch genutzt werden. Wer das nicht tut, vergibt eine Chance.

Die Clusterstudie Forst und Holz in Nordrhein-Westfalen ergab, dass rund 3 % der Erwerbstätigen rund 7,5 % des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaften. Ich wage zu behaupten, dass wir in Sachsen-Anhalt ähnliche Zahlen aufweisen könnten.

Am Beispiel Forst- und Holzwirtschaft lässt sich gut belegen, wie sich aus einem traditionell geprägten Bereich eine Wertschöpfungskette auf höchstem Niveau herausbilden kann. Mit rund 24 % Waldfläche zählt unser Land nicht gerade zu den waldreichsten Ländern. Trotzdem haben sich hier in jüngster Vergangenheit große Holz verarbeitende Betriebe niedergelassen. Erst gestern war die Grundsteinlegung für eine neue Papierfabrik. Weitere Unternehmen haben bereits Ihr Interesse bekundet, sich in Sachsen-Anhalt niederzulassen.

In diesem Bereich müssen wir Strukturen schaffen, die in der Lage sind, die logistischen Anforderungen dieser neuen Industriezweige zu befriedigen. Hierbei handelt es sich sowohl um die Umstrukturierung unserer Forstverwaltung als auch um die Förderung forstlicher Zusammenschlüsse. Wir müssen sicherstellen, dass wir in der Lage sind, der Industrie das entsprechende Rohholzaufkommen anzubieten, um als ein verlässlicher und starker Partner auftreten zu können. Nur das versetzt uns in die Lage, bei einer Preisverhandlung ein gleichrangiger Partner zu sein. Wir müssen diesen Standortvorteil nutzen.

Meine Damen und Herren! Im Lexikon steht unter dem Begriff „Agrarpolitik“:

„Sie umfasst die staatlichen und institutionellen Maßnahmen, um die Verhältnisse in der Landwirtschaft zu gestalten.“

Wir stehen für eine Politik mit den Menschen und für den Menschen. Eine Fremdbestimmung ist völlig unangebracht. Wir müssen unser Augenmerk auf die Menschen richten, die in Sachsen-Anhalt leben, wohnen und arbeiten.

Die CDU will weg von einer extensiven und ideologisierten Landwirtschaft. Das Schicksal der Zuckerrüben- und Milchbauern ist uns keineswegs egal. Es gilt, die nationalen Interessen gezielt in Brüssel anzumelden, einzubringen und auch umzusetzen.

Wir werden die hohen Ansprüche der Gesellschaft an den Tierschutz und an den Umweltschutz fortführen. Dazu gehören tiergerechte Ställe, bodenschonende Landtechnik und passgenauer Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Diese Standards dürfen aber nicht in nationalen Alleingängen umgesetzt werden. Tierschutz und Umweltschutz müssen erwirtschaftet werden und nicht verordnet. Man kann nicht die Globalisierung beschleunigen und gleichzeitig nationales Kirchturmdenken beschließen, ohne Rücksicht auf Wettbewerbsfähigkeit und Einkommen.

Lassen Sie mich das Zitat - weil es so schön war -, das gestern an die Wand geworfen worden ist, anbringen. Unser Teamchef Klinsmann hat gesagt: „Man kann nicht defensiv denken und offensiv spielen.“

Man muss die Dinge so nehmen, wie sie sind, und man muss mit dem gleichen Elan nach vorn gehen, offensiv vorangehen. In der Agrarpolitik gilt das sicherlich genauso.

(Herr Dr. Köck, Linkspartei.PDS: Und wenn die anderen ein Foulspiel machen?)