Protokoll der Sitzung vom 06.10.2005

nach dieser Methode rechnen sie dann die Landeshaushalte durch.

Ich kann nur davor warnen: Wenn dieses allzu mechanisch gemacht wird, dann bekommen wir immer wieder andere Ergebnisse. Wenn wir diese Ergebnisse vielleicht auch noch in bunten Zeitschriften lesen und diese in meinen Augen wissenschaftlich nicht genügend durchdrungenen Ergebnisse immer für die bare Wahrheit nehmen, dann springen wir nur von der einen Position zur anderen. Wir sind gezwungen, diese Ergebnisse nur als Anhaltspunkte für unser mögliches Handeln zu nehmen und uns dann selbst eine Meinung zu bilden.

Wir kommen nicht darum herum, unsere Programme und die Erreichung dessen, was wir uns vorgenommen haben, immer wieder selbst zu prüfen. Das sind schwierige Prozesse. Ich bin froh, dass sich die Landtagsausschüsse intensiver als in anderen Legislaturperioden dieser schwierigen Aufgabe unterziehen. Das wird auch in Zukunft in dieser Form notwendig sein.

Meine Damen und Herren! Wenn es uns dann in der Analyse dieser Förderkulissen und der Bewertung der Zielerreichung gelingen sollte, gleichzeitig noch Fördermittelbürokratie abzubauen, dann würden wir wirklich ein gutes Stück vorankommen.

Mir hat zum Beispiel eines zu denken gegeben, als ich den letzten Bericht des Landesrechnungshofes, den Jahresbericht 2005 Teil I, gelesen habe. Wenn bei einigen Kleinförderungen die Aufwendungen für die Verwaltung dieser kleinen Förderungen in die Größenordnung der Förderung selber kommen, dann muss doch etwas falsch laufen. Dann müssen wir doch entweder in der Lage sein, die Fördermechanismen deutlich zu reduzieren, den Verwendungsnachweis deutlich zu vereinfachen, oder wir müssen uns von diesen Förderkulissen, die in erheblichem Maße Blindleistungen erzeugen, verabschieden. An diese Aufgabe müssen wir heran. Ich will nicht das Kind mit dem Bade ausschütten; aber so wie es im Moment läuft, kommen wir in einigen Fragen offensichtlich an die Effizienzgrenzen heran, meine Damen und Herren.

Es ist heute auch schon kurz darauf eingegangen worden, dass in der „Wirtschaftswoche“ und in den Tageszeitungen, etwa im Abdruck in der „Volksstimme“, auf das Dynamik-Ranking eingegangen worden ist. Ich will auch an dieser Stelle vor mechanischen Bewertungen warnen. Aber eines nehme ich für mich schon mit - das stimmt durchaus mit dem überein, was wir zumindest in der CDU-Fraktion schon seit langem für uns erarbeitet haben -, nämlich dass die Indikatoren Schulden, Einwohnerentwicklung und Arbeitslosenquote in SachsenAnhalt in der Tat noch nicht den Stand haben, den wir uns selbst wünschen, dass das die härtesten Fakten sind, an denen wir auch in Zukunft mit aller Konsequenz arbeiten müssen.

Aber, meine Damen und Herren, ich warne auch an dieser Stelle vor allzu groben Vergleichszahlen. Denn ich vertraue zum Beispiel bei der Arbeitsmarktstatistik durchaus darauf, dass die zum Beispiel seit dem Jahr 2002 vorrangig in der Industrie geschaffenen über 20 000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse eine höhere Dynamik entwickeln werden als die in der Statistik gleich behandelten Arbeitsgelegenheiten und Ich-AGs. Das ist in der Quote das Gleiche; aber ich denke, wenn man fragt, was bringt das Land voran, ist es längst nicht das Gleiche. Minister Paqué hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir gerade in diesem

Jahr eine Dynamik im Land Sachsen-Anhalt vorzuweisen haben, mit der wir uns nicht zu verstecken brauchen, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Meine Damen und Herren! Es gibt aber leider ein Gebiet, auf dem sich die Angleichung der Verhältnisse in Ost und West schneller verzogen hat, als wir uns das alle gewünscht haben. Das sind die Schuldenstände. Die Schuldenstände in Ost und West haben sich schnell angenähert und sind heute in den neuen Bundesländern sogar höher als in den alten Bundesländern. 5 738 € pro Kopf in den alten Flächenländern standen Ende des vergangenen Jahres 6 408 € je Einwohner in den neuen Bundesländern gegenüber. Wenn die Schuldenuhr des Steuerzahlerbundes Sachsen-Anhalt richtig geht, dann haben wir am heutigen Tag eine Pro-Kopf-Verschuldung von 7 468 € - wahrlich keine zufrieden stellende Zahl.

Das heißt aber auch, wir müssen einfach sehen: Die Konsolidierungslasten sind im Osten Deutschlands höher, weil die Eigenfinanzierungsquote niedriger und damit die Abhängigkeit von Transfers höher ist als in den alten Bundesländern.

Ich stimme deshalb an dieser Stelle Finanzminister Paqué ausdrücklich darin zu, dass der Bewertungsmaßstab, der gegenwärtig benutzt wird, um festzustellen, ob die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen richtig verwendet werden, einfach falsch ist. Hierüber müssen wir weiterhin aufklären. Wir müssen auch in den öffentlichen Diskussionen, sei es im Fernsehen, im Rundfunk oder in den Zeitungen, sagen: In Bezug auf die Verwendung dieser SoBEZ-Leistungen wird ein falscher Maßstab angelegt.

(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Ich mache mir aber keine Illusionen darüber, dass wir das öffentliche Meinungsbild an dieser Stelle ohne weiteres werden kippen können. Wir werden auch künftig unter einen hohen und vielleicht sogar höheren Rechtfertigungsdruck im Hinblick darauf kommen, wie wir diese SoBEZ-Leistungen verwenden, meine Damen und Herren.

Hinzu kommt, was auch schon dargestellt wurde, dass wir auf der Einnahmenseite noch ein niedriges Pro-KopfSteueraufkommen aufweisen und uns die im Vergleich zu den alten Ländern weit ungünstigeren demografischen Prognosen auch in den nächsten Jahren und wohl auch Jahrzehnten zusätzlich zu schaffen machen werden, meine Damen und Herren.

Ich will an dieser Stelle noch einmal ganz ausdrücklich auf einen Sondertatbestand hinweisen, über den nachverhandelt werden muss und auch nachverhandelt werden wird und über den auch bei einer neuen Bundesregierung - egal wie sie aussieht - erfolgreich nachverhandelt werden muss. Das sind die Ausgaben für die Sonder- und Zusatzversorgungssysteme, die sich in den vergangenen zehn Jahren um das 3,5fache erhöht haben. Wenn wir diese Belastungen nicht hätten, die in meinen Augen gesamtdeutsche Lasten, teilungsbedingte Lasten sind, dann könnten wir pro Jahr 400 Millionen € mehr für die Schaffung von Arbeitsplätzen einsetzen, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU)

Wie gesagt, hierüber wird nachverhandelt und hierüber muss weiter nachverhandelt werden. Der Bund und die alten Bundesländer müssen einsehen, dass es sich um eine gesamtdeutsche Last handelt, die auch gesamtdeutsch zu tragen ist.

Wir haben ferner eine andere Unsicherheit, die wir vor einigen Wochen schon hier im Plenum diskutiert haben: Wir wissen immer noch nicht, was sich bei den EUStrukturfonds in den nächsten Jahren tun wird. Die finanzielle Vorausschau ist weiterhin unsicher. Wir werden wahrscheinlich eine modifizierte Ziel-1-Förderung haben. In absoluten Zahlen wissen wir aber immer noch nicht, was auf das Land Sachsen-Anhalt zukommen wird.

Damit können wir in diesem wichtigen Feld immer noch keine sichere und verlässliche Wirtschafts- und Finanzpolitik planen. Wir müssen, so gut es geht, dranbleiben. Ich hoffe, dass der Besuch von Frau Hübner dieser Tage in Sachsen-Anhalt dazu führt, dass man sehen kann, dass die Gelder, die aus der EU die neuen Bundesländer und speziell Sachsen-Anhalt erreichen, gut angelegt sind. Das muss letztlich auch seine Wirkung in Brüssel erzielen.

(Zustimmung von Herrn Kurze, CDU)

Meine Damen und Herren! Wie gehen wir mit den soeben skizzierten Herausforderungen finanzpolitisch um? - Die Regierungskoalition aus CDU und FDP hat seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2002 auf eine Politik gesetzt, die durch gezielte Wirtschaftsförderung die Rahmenbedingungen für Wachstum und Arbeit entscheidend verbessert hat. Sie hat auf eine Politik gesetzt, die die Familien unterstützt, und sie hat in Bildung und Wissenschaft investiert. Die Erreichung dieser Ziele wird uns aus berufenem Munde bestätigt, sei es durch die EU, die OECD oder auch die Bertelsmann-Stiftung. Wir sind auf diesem Weg durchaus gut vorangekommen.

Grundlage dieses Kurses ist nach wie vor eine solide Finanzpolitik und kann nicht die Flucht in einen Schuldenstaat sein. Das hätte in der Tat eine verhängnisvolle Wirkung. Wir würden aus dieser Spirale nicht mehr herauskommen.

Das Haushaltsvolumen ist in den vergangenen Jahren bereits geschrumpft, einschließlich des Haushaltsplanes 2006 um 3,5 %. Die Nettoneuverschuldung wird in den nächsten Jahren zurückgeführt werden, obwohl sich die Rahmenbedingungen für dieses Ziel in den letzten Jahren immer wieder deutlich zu unseren Ungunsten verschlechtert haben, meine Damen und Herren. Angesichts der enormen Schuldenlast ist dies ein extrem anspruchsvolles Ziel, letztlich aber ohne jede Alternative, wenn man nicht freiwillig das Land unter Zwangskuratel stellen möchte.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Ich kann an dieser Stelle insbesondere die Linkspartei.PDS immer wieder nur davor warnen, den Menschen unhaltbare Versprechungen zu machen. Niemand im Land wird diese einlösen können. Wer den Menschen unhaltbare Versprechungen macht, der spielt mit dem Feuer,

(Zustimmung bei der CDU)

weil es genügend Leute gibt, die letztlich darauf vertrauen werden und die umso bitterer von der Politik und von

uns allen - ich sage einmal: ganz egal, wo man hier im Parlament sitzt - enttäuscht sein werden. Dann sind wir alle „die da oben“. Dann sind wir alle diejenigen, die nichts gekonnt haben. Dann wird die Demokratie im Land Schaden nehmen. Dann werden die Extreme rechts und links wieder aufstehen.

(Zustimmung von Herrn Kurze, CDU)

Meine Damen und Herren! Wir sind berufen, den Menschen gegenüber nur Verantwortliches zu sagen. Das gilt auch für die bevorstehenden Wahlkämpfe, in die wir uns alle in Kürze hineinzubegeben haben, meine Damen und Herren.

(Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Schon passiert, Herr Scharf!)

- Ich denke einmal, wenn ich in öffentlichen Veranstaltungen so rede, dann werden Sie mir nicht vorwerfen können, dass ich den Leuten das Blaue vom Himmel erzähle. Ich gehe einmal davon aus, dass Ihnen das bis zum 26. März 2006 bei mir nicht gelingen wird.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Na ja!)

- Werden wir sehen.

Meine Damen und Herren! Sachsen-Anhalt zählt immer noch zu den deutschen Ländern, die eine hohe Investitionsquote halten können. Trotz aller finanzpolitischen Engpässe haben wir die Investitionen im Land SachsenAnhalt auf einem sehr hohen Niveau halten können. Investieren und Sparen - diese Kunst und diesen Widerspruch, in den wir uns immer wieder hineinbegeben müssen, haben wir in Sachsen-Anhalt in dieser Legislaturperiode nach bestem Wissen und Gewissen aufgelöst, so gut es eben ging, meine Damen und Herren.

(Zustimmung von Herrn Kurze, CDU)

Anders wäre es auch nicht zu erklären, dass wir uns aktuell bei der Wirtschaftsentwicklung von den anderen neuen Bundesländern und sogar von Sachsen positiv haben abheben können. Das ging nur, weil wir eine konsequente Investitionspolitik unter erschwerten Bedingungen durchgehalten haben, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Wir haben auch die Rahmenbedingungen vereinfacht und werden heute zum Beispiel mit einem Rechts- und Verwaltungsvereinfachungsgesetz auf diesem Weg einen deutlichen Schritt weitergehen. Wenn 150 Gesetze und Verordnungen außer Kraft gesetzt werden und wenn dies jetzt zum Ende der Legislaturperiode geschieht, dann kann man daran ermessen, welche Sisyphusarbeit, welche Kleinarbeit im Hintergrund geleistet werden muss, um so einen Schritt gehen zu können.

Auf einer Versammlung ist die Forderung schnell erhoben, die Hälfte der Gesetze abzuschaffen. Aber hinterher zu sagen, welche Hälfte es sein soll und ob die Gesetze und Verordnungen wirklich entbehrlich sind oder ob nicht dadurch ein Unglück passiert, das ist eine wirkliche Mäusearbeit, die in den Ministerien geleistet wurde und die heute in diesem Parlament zu einem guten Abschluss kommen wird, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von Minister Herrn Becker)

Wir als CDU-Fraktion werden in der kommenden Legislaturperiode neue Gesetze und Verordnungen noch schärfer auf ihre Notwendigkeit und ihre Effizienz hin überprüfen. Wir wollen damit unseren Beitrag dazu leisten, die so genannten Bürokratiekosten abzubauen. Die Bürokratiekosten beschweren im Normalfall in höchstem Maße den Mittelstand. Je größer die Wirtschaftseinheiten und Verwaltungen sind, desto besser können sie mit Bürokratie umgehen. Gerade den kleinen Wirtschaftsmotoren helfen wir mit Bürokratieabbau am meisten.

Meine Damen und Herren! Bei der aktuell hohen Investitionsneigung ist auch der Förderbedarf entsprechend groß. Auch wenn die finanziellen Spielräume durch die Mittelkürzungen des Bundes immer wieder eingeschränkt werden, halten wir auch künftig an einer gezielten Investitionsförderung fest. Dabei werden wir die Priorität noch stärker als bisher auf Projekte mit hohen Arbeitsplatzeffekten legen. Wir werden möglichst auch weiterhin auf jeden Euro an GA-Wirtschaftsförderung einen eigenen Euro drauflegen und uns bemühen, die Mittel, die uns zum Investieren an die Hand gegeben worden sind, möglichst abzurufen und die Mittel, die andere Bundesländer nicht abrufen können, möglichst nach Sachsen-Anhalt umzulenken.

Wir müssen bei abnehmenden Spielräumen aber zugleich der Subventionsmentalität, die immer wieder als unerwünschter Nebeneffekt auftauchen wird, deutliche Grenzen setzen. Wir müssen dieser Subventionsmentalität, die in einigen Wirtschaftsbereichen schon gefährlich ausgeprägt ist, entgegentreten.

Wir haben einen Subventionswettlauf in den neuen Ländern bisher weitgehend verhindern können. Das muss auch in der erweiterten EU möglichst so bleiben. Insgesamt müssen wir darauf hinarbeiten, dass nicht durch deutsche Beitragszahlungen an die EU ein ungesunder, ineffizienter Subventionswettbewerb gefördert wird, der am Ende allen schadet und nur den Mitnehmern etwas nützt. Deshalb ist es durchaus richtig, wenn wir künftig durch Umschichtungen von einer direkten Investitionsförderung in die allgemeine Standortaufwertung dieser Gefahr zu entgehen versuchen.

Meine Damen und Herren! Auch was die Investitionsförderung des Bundes angeht, brauchen wir schnell Planungssicherheit. Rot-Grün hat die rechtliche Festschreibung der mehr als 51 Milliarden € im Korb 2 des Solidarpakts gescheut.

(Zustimmung von Herrn Kurze, CDU)

Das wirft ein schlechtes Licht auf das Engagement der abgewählten Regierung Schröder für den Aufbau Ost.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Wir müssen die neue Situation nach der Bundestagswahl nutzen, um hierüber schnell Klarheit zu schaffen. Das Ziel ist es, die Investitionsförderung für zukünftige Wachstumsbranchen über das Jahr 2006 hinaus sicher fortführen zu können. Nur über ein weiterhin hohes Wachstum im verarbeitenden Gewerbe können wir die hohe Arbeitslosigkeit im Lande Sachsen-Anhalt abbauen. Wirtschaftswachstum ist weiterhin unverzichtbar, meine Damen und Herren.