Frau Dr. Ulrike Höroldt ist mit der Mehrheit der Mitglieder des Landtages unter den entsprechenden Voraussetzungen gewählt worden. Sie ist damit vom Landtag als Mitglied in den Beirat bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR gewählt worden. - Frau Dr. Höroldt, nehmen Sie die Wahl an?
Verehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Ich sehe auf der Journalistentribüne Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerinitiative gegen die Schweinemastanlage in Allstedt. Ich freue mich, dass Sie heute der Debatte beiwohnen.
Seit längerer Zeit verfolgen wir nun schon das Treiben der Landesregierung hinsichtlich der Veräußerung des ehemaligen Flugplatzgeländes zwischen Allstedt und Lodersleben. Wer sich in dieser Region einmal umgeschaut hat, der hat festgestellt, dass sie landschaftlich sehr reizvoll ist.
Das ehemalige Flugplatzgelände befindet sich auf einem Höhenzug, umgeben von wertvollen Naturschutzgebieten. Die Region hat - das möchte ich deutlich sagen - durchaus Potenziale für eine touristische Entwicklung. Mit der Fertigstellung der Autobahnen A 38 und A 71 wird auch die infrastrukturelle Anbindung vorzüglich sein. - So viel nur kurz zu den Potenzialen einer Region, die wie weite Teile unseres Landes mit Abwanderung, hoher Arbeitslosigkeit und einer zunehmenden Alterung der Gesellschaft zu kämpfen hat.
Die Absicht, das Flugplatzgelände zu verkaufen, hat eine Vorgeschichte. Bereits in den Jahren 1995 und 1998 wurde die Liegenschaft zur Veräußerung ausgeschrieben. Wegen der mangelhaften Erschließung und des Altlastenrisikos fanden sich jedoch keine Interessenten. Einer Auskunft des Finanzministeriums zufolge scheiterte der Verwertungsversuch im Jahr 1999 an den für die geplante Investition erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in Höhe von ca. 1 Million €. Im Jahr 2002 zogen sich der Landkreis Sangerhausen und die Verwaltungsgemeinschaft Allstedt aus der geplanten Erschließung zurück, da sie die Finanzierungsanteile nicht mehr aufbringen konnten.
Meine Damen und Herren! In dieser Situation schlägt nun die große Stunde des Herrn Nooren von der Biopark Saubach GbR, die schon seit längerer Zeit auf der Suche nach einem Standort für die Errichtung einer großen Schweinemastanlage war. Auf einen Antrag der potenziellen Investoren hin fand im Dezember 2002 im Regierungspräsidium Halle eine Veranstaltung statt, in der den betroffenen Kommunen und Entscheidungsträgern das Investitionsvorhaben vorgestellt wurde.
Einer Aussage des Finanzministeriums zufolge erklärten sich der Landkreis Sangerhausen und die umliegenden Dörfer mit der Veräußerung der Liegenschaft an den Investor einverstanden. So steht es zumindest im Protokoll über die Sitzung des Agrarausschusses am 1. Oktober 2004. Die Kommunen bestreiten aber diese Aussage. Ich denke, diesbezüglich ist uns das Ministerium eine Erklärung schuldig.
Am 5. April 2003 wurde das Flugplatzgelände in der „Mitteldeutschen Zeitung“ ausgeschrieben. Zuzüglich der Erlöse aus der Veräußerung von Waldflächen bot Herr Nooren 2,4 Millionen €, also weit mehr, als er letztlich bezahlt hat, nämlich 865 000 €. Es stellt sich die Frage, ob mit dem Betrag die Baugenehmigung gleich mit erworben werden sollte. Zumindest sollte nach Aussagen des Finanzministeriums der Kaufpreis je nach Größe der Anlage zwischen 800 000 € und 2,4 Millionen € variieren.
Mit dem jetzt erzielten Preis - das ist durchaus zu thematisieren - bleibt Herr Nooren etwa um 135 000 € gegenüber dem Angebot seines Mitbieters Herrn Bennemann mit dem Projekt „Heidepark“ zurück. Hat das Land Geld verschenkt und, wenn ja, warum?
Als Grund für die Preisminderung wurde vom Finanzministerium die Ausweisung eines FFH-Gebiets ins Feld geführt. Die Limsa bezweifelt Auswirkungen daraus auf die Realisierbarkeit der Vorhaben, und das zu Recht; denn FFH ist bisher keine Schutzgebietskategorie; diese ergibt sich vielmehr aus der Verordnung für die Natur- und Landschaftsschutzgebiete. Meine Damen und Herren! Diese gibt es schon seit längerem.
Argumentativ befindet sich die Landesregierung zwischen dem gebotenen und dem letztlich realisierten Erlös also auf sehr dünnem Eis. Es stellt sich mir auch die Frage, warum vom Ministerium verschwiegen wurde, dass es bereits bei der Sichtung der Angebote sowohl beim Landkreis Sangerhausen, bei der Verwaltungsgemeinschaft Allstedt als auch beim Regierungspräsidium Halle erhebliche Bedenken gegen das Projekt Schweinemastanlage gab.
Wurde der Agrarausschuss in der Sitzung am 1. Oktober 2004 ein Stück weit hinters Licht geführt? Wenn man das Protokoll liest, drängt sich dieser Verdacht auf.
Nun frage ich mich: Wäre der Verkauf überhaupt zustande gekommen, wenn das Land auf den bei der Ausschreibung gebotenen 2,4 Millionen € zuzüglich der Erlöse aus der Veräußerung von Waldverkäufen bestanden hätte? Das hätte durchaus Vertragsgegenstand sein können. Was wäre passiert, wenn sich der Investor unter diesen Voraussetzungen zurückgezogen hätte? Wäre dann bei einer neuen Ausschreibung eine alternative Nutzung möglich gewesen?
Vielleicht sind Herrn Paqué diese Gedanken durch den Kopf geschossen, als er im Mai 2005 auf dem Flugplatzgelände war und der Bürgerinitiative Hoffnung darauf machte, das Blatt mit einem eigenen Angebot noch wenden zu können.
Meine Damen und Herren! Wir werden es nie erfahren. Nachdem vor drei Wochen der notariell beurkundete Verkauf an Herrn Nooren erfolgte, sind diese in die Zukunft blickenden Überlegungen gegenstandslos.
Was also muss unser heutiges Anliegen sein? - Uns allen hier im Hause dürfte klar sein, dass wir als Parlament keinen direkten Einfluss auf den Ausgang der Plan- und Genehmigungsverfahren haben. Das ist richtig und das ist auch gut so.
Wir haben aber die Möglichkeit, für ein möglichst hohes Maß an Transparenz im Entscheidungsfindungsprozess zu sorgen. Viele Entscheidungen unterliegen einem Abwägungsgrundsatz, der sich aus Präferenzen ableitet. Wir können mit unserem Interesse dazu beitragen, dass den Belangen des Umwelt- und des Naturschutzes ein hoher Stellenwert eingeräumt wird.
Es geht in diesem Antrag nicht darum, große Schweinemastanlagen aus Tierschutzgründen an den Pranger zu stellen. Es geht auch nicht darum, dieser Investition den Verderb bäuerlicher Familienbetriebe zuzuschreiben; denn die Entwicklung - das müssen wir zur Kenntnis nehmen - geht in die Richtung größerer Produktionsanlagen.
Uns geht es darum, die Planungs- und Genehmigungsverfahren, also die Prüfung hinsichtlich der FFH-Verträglichkeit, der Umweltverträglichkeit, das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren und das Raumordnungsverfahren, in den Ausschüssen kritisch zu begleiten.
Zu dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP möchte ich sagen: Wir wollen kein Bildungsseminar in Fragen Baurecht für Abgeordnete initiieren. Auf nichts anderes jedoch zielt dieser Änderungsantrag letztlich. Natürlich kann man die gewonnenen Erkenntnisse auch für die Beurteilung anderer Plan- und Geneh
migungsverfahren nutzen. Hierbei geht es aber in erster Linie um die geplante Schweinemastanlage in einem ökologisch wertvollen Waldgebiet.
Darüber hinaus ist uns sehr daran gelegen, das Thema dem Landtag der fünften Wahlperiode mit auf den Weg zu geben. Darüber finde ich in Ihrem Änderungsantrag nichts.
Sollten Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, auf Ihrem Änderungsantrag bestehen, so bitte ich Sie, zumindest den zweiten Absatz unseres Antrags zu übernehmen. Ich denke, wir sind es den Bürgern und der Region schuldig, uns ihrer Ängste und Nöte anzunehmen. Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Antrag.
Heute Morgen standen etwa 50 Bürgerinnen und Bürger vor dem Eingang des Landtages und protestierten gegen die Errichtung einer Schweinemastanlage vor ihrer Haustür. Sie sitzen jetzt hier oben auf der Tribüne. Kein Abgeordneter ist an ihnen vorbeigekommen. Ich kann den Frust der Leute gut verstehen. Auch Frau Ministerin Wernicke und Herr Minister Paqué waren da.
Es ist gut, dass sich die Bürgerinnen und Bürger engagieren, dass sie ihre Meinung, ihren Unmut laut äußern und für die Zukunft ihrer Heimat kämpfen. Wir müssen das akzeptieren. Ich sage es deutlich: Es darf nicht passieren, dass sie sich nicht ernst genommen fühlen. Das schadet unserer Gesellschaft, unserer Demokratie.
Als der Ministerpräsident Herr Professor Dr. Böhmer in die Runde trat und der Vorsitzende der Bürgerinitiative, Herr Bernhard Schneider, seine Probleme vorgetragen hat, hat Herr Professor Dr. Böhmer die Bürgerinitiative gebeten, ja aufgefordert, ihm Unterlagen zuzusenden, aus denen hervorgeht, dass auch andere Unternehmen auf dem Flughafengelände Allstedt investieren wollten.
Ich finde das sehr mutig von Herrn Professor Dr. Böhmer; denn die Bürgerinitiative schöpft nun wieder Hoffnung. Deren Vorsitzender, Herr Bernhard Schneider, hat mir 9 000 Unterschriften überreicht. Diese sind alle in diesem Ordner.
Er hat mich gebeten, diese dem Landtagspräsidenten zu überreichen. Das tue ich gern. Ich weiß, dass weitere Unterschriften in dem benachbarten Kyffhäuserkreis in Thüringen gesammelt werden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Fischer. - Jetzt besteht die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Als Erster fragt Herr Hauser. Bitte.
Verehrte Frau Kollegin Fischer, Sie sagten gleich am Anfang, auf der Tribüne sitze der Widerstand gegen die Schweinemastanlage. Ganz oben rechts sitzt aber Herr
Rehhahn. Ist er jetzt beim Widerstand? Oder ist er derjenige, der das eingefädelt hat? Das ist die erste Frage.