Protokoll der Sitzung vom 08.12.2005

(Minister Herr Dr. Daehre: Danke!)

Aber ich gucke auf die generelle Aussage in dem Papier und dann merke ich, dass es in vielen anderen Bereichen klemmt. Sie sollten einmal auf Ihre Kollegen zugehen, Herr Dr. Daehre. Man hat den Eindruck, eine richtige Abstimmung zwischen den Ministerien ist da immer noch nicht drin. Das war vor zwei Jahren auch schon schwierig.

(Zustimmung bei der SPD)

Die nächste Frage wird ähnlich beantwortet: Die Kommunen seien zuständig im Rahmen ihrer Selbstverwaltung. Ich habe den Eindruck, dass man das gern einmal schnell herbeizieht, dass man sagt, die eigene Verantwortung könne man nicht wahrnehmen und die Kommunen sollten mal sehen, wie sie das tun.

(Herr Kosmehl, FDP: Das haben Sie früher auch gemacht!)

Bei den Fragen, wie die öffentliche Verwaltung eigentlich selbst aufgestellt ist, wird, auch sehr gut, dargestellt, inwieweit die einzelnen Ministerien barrierefrei zugänglich seien und was noch zu machen sei. Beim Landesverwaltungsamt steht eindeutig drin - das haben Sie zugegeben; das einzige Mal, dass ich das sehe -: erhöhter Nachholbedarf.

Wer schon einmal dort gewesen ist, der weiß, dass mehr als ein erhöhter Nachholbedarf besteht. Ich frage mich aber, wann dieser behoben werden soll. Wann soll die Arbeit in Angriff genommen werden und wann ist der Endpunkt? Darüber steht nichts drin. Das Gleiche steht wahrscheinlich in vier Jahren wieder in der Antwort. Ich hätte mir Antworten gewünscht, in denen das genauer drinsteht.

Ein anderes Beispiel ist das Landesportal. Es sei weitgehend barrierefrei, steht in der Antwort, und weiter, weil die Große Anfrage ja im Sommer beantwortet worden ist: Nach der Umstellung auf eine neue technische Plattform im August 2005 sei eine Prüfung des barrierefreien Zugangs vorgesehen. - Das müsste ja eigentlich schon passiert sein; der September 2005 ist vorüber. Dazu hätten wir schon etwas erfahren können, als Sie, Herr Minister, hier vorn gestanden haben.

Wenn man ein bisschen weitergeht, dann finde ich noch eine Sache bemerkenswert. Das ist die Frage 4 auf Seite 18 - ich weiß nicht, ob Sie das alle vor sich liegen haben -: Welche Rolle spielte die Schaffung von Barrierefreiheit als Kriterium bei der Bewilligung von Investitionen in Schulen seit dem Jahr 1994? Welchen Anteil hatten Investitionen in barrierefreie Kommunikationsmedien in Schulen? - Die Antwort lautet: Siehe Antwort zu Frage 1.

(Herr Dr. Eckert, Linkspartei.PDS, lacht)

Blättert man zu der Antwort auf Frage 1 zurück, dann steht da zuerst etwas Allgemeines und dann: Weitere Erkenntnisse liegen nicht vor.

(Frau Kachel, SPD, und Frau Dr. Kuppe, SPD, lachen)

Das ist bei der nächsten Frage zu Förderprogrammen zur Herstellung von Barrierefreiheit an Schulen auch so. Die Antwort lautet wieder: Siehe Frage 1, und außerdem steht da: Spezielle Förderprogramme sind nicht vorgesehen.

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Das ist eigentlich eine Frechheit!)

Man wird nicht schlauer daraus, wenn man hin und her blättert. Im Grunde genommen habe ich gedacht, so kann man es auch machen: Der Leser wird die Suche schon aufgeben und erst einmal weiterlesen, weil das Papier ja sehr umfangreich ist.

Das Nächste, was ich sagen möchte, betrifft die Vorhaben im Hochschulbau. Auf der Seite 20 steht in der Antwort, dass zur Herstellung der baulichen Barrierefreiheit die erforderlichen Maßnahmen aufzulisten und bis zum 30. September vorzulegen seien. Das müsste auch schon passiert sein. Der September ist vorbei. Wir hätten ganz gern, dass das dem Ausschuss demnächst einmal vorgelegt wird. Man hätte vielleicht auch heute schon einmal darauf antworten können.

Zum Tourismus ist schon allerhand gesagt worden. Das will ich jetzt nicht wiederholen. Wir haben wirklich noch großen Nachholbedarf, wenn man Brandenburg sieht, was die dort machen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der Linkspar- tei.PDS)

Man muss sich ja nicht an den schlechten Beispielen messen. Wir haben gute touristische Gebiete, die auch erschlossen sind und für die sich sehr viele Verbände engagieren. Ich denke nur an den Harz und was dort alles passiert. Ich frage mich: Das Land ist doch zu 51 % Teilhaber an der LMG. Weshalb sagt man dann immer, man habe zu wenig Einfluss, das müssten die selbst machen. Der Einfluss ist doch genügend gegeben, um ein bisschen mehr Druck auszuüben, und nicht nur, dass Sie sich im Juni treffen.

(Beifall bei der SPD und bei der Linkspartei.PDS)

Herr Bischoff, könnte es sein, dass Sie die rote Lampe übersehen haben?

Ja, da habe ich meine Zettel draufgelegt.

(Lachen bei der CDU und bei der FDP - Herr Kosmehl, FDP: Mit Absicht!)

Habe ich jetzt schon eine Minute überzogen oder habe ich noch eine Minute?

Na ja, eine halbe Minute.

Gut, eine halbe. Dann will ich noch auf eines aufmerksam machen: Der MDR hat mitgeteilt, wie er die Barrierefreiheit seiner Sendungen gewährleisten will. Das war immer unser Anliegen. Barrierefreiheit heißt hierbei Gebärdensprachdolmetscher, Untertitel und Ähnliches. Der MDR sagt, er wolle den Anteil dieser Sendungen von 23 000 auf 28 000 Sendeminuten steigern.

Wenn man sich ausrechnet, was das gegenüber der Sendezeit, die man jeden Tag braucht, also zehn, zwölf

oder 14 Sendestunden, bedeutet, dann kommt man vielleicht gerade auf drei Tage. Wahnsinnig ist es also nicht, was dabei herauskommt. Ein bisschen mehr sollten wir uns schon anstrengen. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der Links- partei.PDS)

Vielen Dank, Herr Bischoff. - Nun spricht für die FDPFraktion Herr Scholze.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Politik für Menschen mit Behinderungen und Fragen der Barrierefreiheit haben in dieser Legislaturperiode schon oft eine zentrale Rolle gespielt. Die Frage, ob alle Ziele, die auch wir uns gestellt haben, erreicht wurden, muss man nach wie vor verneinen. Allerdings sind auch wir in unserer Koalition nicht untätig gewesen, sondern haben aktiv daran gearbeitet, dass Barrieren abgebaut werden konnten.

Meine Damen und Herren! Bei der Beantwortung der Fragen wird auf alle Aspekte der Barrierefreiheit eingegangen. Beispielhaft möchte ich aus meiner Sicht noch einmal einige Punkte hervorheben. Zum Beispiel haben wir im Bereich des Nahverkehrs mit dem neuen ÖPNVGesetz festgelegt, dass die Barrierefreiheit von Verkehrsmitteln auch in den nächsten Jahren weiter zu erhöhen ist.

(Zustimmung von Minister Herrn Dr. Daehre)

Damit dies nicht ohne die Betroffenen geschieht, ist eine umfassende Beteiligung in den entsprechenden Gremien vorgesehen; denn nicht zuletzt sind es die öffentlichen Verkehrsmittel, die es Menschen mit Behinderungen möglich machen, aktiv am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilzunehmen.

Natürlich spielt an dieser Stelle auch immer die Frage der Finanzierung eine Rolle. Wenn man Forderungen aufmacht, sollte man, wenn das möglich wäre, auch immer eine Idee mitliefern, aus welchem Topf man es denn bezahlen möchte.

Wir hätten auch gerne - zumindest in meiner Heimatstadt - ad hoc barrierefreie Straßenbahnen. Das können sich aber a) unsere Verkehrsunternehmen und angesichts der Höhe der dafür notwendigen Fördermittel b) auch unser Landeshaushalt nicht leisten. Aber auch hierbei, denke ich, sind wir auf einem guten Weg.

Ein weiterer Aspekt, der sowohl Menschen mit Behinderungen als auch uns persönlich beschäftigt, ist die selbständige Inanspruchnahme des Wahlrechts. Die Situation in den Wahlbereichen - das hat der Minister gesagt - ist durchaus unterschiedlich, aber im Großen und Ganzen doch eher unbefriedigend.

Es ist daher zu begrüßen, dass sich die Interessenvertretungen der Behinderten und der Landeswahlleiter in einem ersten Schritt darauf verständigt haben, zumindest erst einmal in der Wahlbenachrichtigung auf Barrierefreiheit oder Nichtbarrierefreiheit von Wahllokalen hinzuweisen.

Meine Damen und Herren! An anderer Stelle werden wir uns in dieser Sitzungsperiode mit der neuen Landesbauordnung befassen. Der darin enthaltene § 49 regelt in einer Generalklausel die barrierefreie Gestaltung von

Gebäuden, insbesondere von solchen Gebäuden, die der Öffentlichkeit zugänglich sind.

(Zustimmung von Minister Herrn Dr. Daehre)

Ich möchte an dieser Stelle der Diskussion, die innerhalb der nächsten Stunden noch auf uns zukommt, nicht vorgreifen, aber doch zumindest anmerken: Ich denke, damit ist dem Anliegen der Barrierefreiheit nicht nur in angemessener Weise Rechnung getragen worden, sondern es wird ihm Rechnung getragen.

Meine Damen und Herren! Bereits am Anfang meiner Rede sagte ich, dass wir noch nicht alle Ziele erreicht haben. Wir werden uns auch in den nächsten Jahren mit dieser Thematik befassen; denn leider lässt sich, wie ich schon sagte, nicht alles das, was auch aus unserer Sicht wünschenswert ist, ad hoc umsetzen. Die Knappheit der Ressourcen spielt an dieser Stelle natürlich auch eine Rolle.

Die selbständige Teilhabe von Menschen mit Behinderungen umzusetzen, ist auch für uns ein Anliegen, weil es auch hierbei letztendlich um die Durchsetzung von Freiheits- und Bürgerrechten geht. Deswegen werden auch wir als freie demokratische Fraktion diese Anliegen zur Barrierefreiheit weiterhin positiv begleiten. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Scholze. - Zum Abschluss der Debatte erteile ich noch einmal Herrn Dr. Eckert das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte einmal klarstellen: Es ist in der Vergangenheit schon etwas passiert. Das ist auch gut so. Wenn aber die Landesregierung über sich selbst sagt, sie war bestrebt, dieses und jenes zu tun, und ich einmal nachschaue und feststelle, da steht auch „bestrebt“, dann bedeutet das für mich, man war willig, aber erfolglos. - Das ist so. Insofern ist es nicht meine Einschätzung, sondern die Einschätzung der Landesregierung.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Es ist etwas passiert - daran sieht man auch wieder die Möglichkeiten der Opposition, auf bestimmte Fragestellungen aufmerksam zu machen -; denn wir haben die Anfrage gestellt, wie die Umgestaltung der Wahllokale zu erfolgen hat bzw. wie der Stand ist. Insofern ist es günstig, dass sich Herr Söker auch in Auswertung der Bundestagswahl jetzt darum kümmert, dass möglicherweise zur Landtagswahl die Situation noch ein wenig besser wird. Insofern, glaube ich, kann da auch etwas passieren.

Sie werden es mir vielleicht nicht zutrauen, aber ich schlafe gut und ich habe einen Traum, der davon handelt, dass in Sachsen-Anhalt wie in ganz Deutschland behinderte Menschen überall uneingeschränkt kommunizieren und sich bewegen können, ohne auf Barrieren in den Köpfen, Gebäuden und auf den Wegen zu stoßen.

Der Traum handelt weiter davon, dass sich für die Schaffung solcher Bedingungen alle Menschen, alle Ministerien und natürlich auch die dort Beschäftigten unabhängig davon, ob sie für das Sozial- oder beispiels