(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Frau Mit- tendorf, SPD: Ich kann die Probleme nennen! Ich kann das heute noch begründen!)
Diese Aufzählung markiert nur die wichtigsten Problempunkte und ließe sich mühelos weiter fortsetzen. Sie zeigt, wie dringend erforderlich ein Umsteuern in der Bildungspolitik war. Es ging darum, möglicht reibungslos und schnell die Weichen für die Modernisierung des Bildungswesens in Sachsen-Anhalt zu stellen, zumal kurz nach dem Regierungswechsel die Veröffentlichung der Ergebnisse der Pisa-Studie und der Ergebnisse zum Pisa-Bundesländervergleich die öffentliche Wahrnehmung bei der Wahl bestätigte.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auch daran erinnern, dass es insbesondere die FDP-Fraktion war, die auf rasche und nachhaltige Veränderungen drängte.
Aus der Verantwortung gegenüber den Schülern heraus vertraten wir den Standpunkt, dass es keine verlorene Generation geben dürfe und wir unter Beachtung der
bundesweiten Anerkennung der Abschlüsse möglichst rasch eine Qualitätsverbesserung und die Wiedereinführung des Abiturs nach zwölf Jahren umsetzen müssten. Diesbezüglich war anfangs auch die CDU nicht vollständig von einer raschen Umsetzung überzeugt.
Wenige Wochen nach der Konstituierung der neuen Landesregierung machten wir aus der Grundschule mit festen Öffnungszeiten die mit verlässlichen Öffnungszeiten. Dabei ging es nicht um eine Umbenennung, sondern um eine inhaltliche Neuausrichtung. Die erfolgreiche Arbeit der pädagogischen Mitarbeiterinnen konnte fortgesetzt werden und erfuhr eine zusätzliche Würdigung. Die inhaltliche Justierung der Stundentafeln auf Grundkompetenzen, die Einführung der ersten Fremdsprache in Klasse 3 und die flächendeckende Umsetzung der Schuleingangsphase kennzeichnen den Entwicklungsweg der Grundschule in dieser Legislaturperiode.
Nach intensiven Beratungen mit den Beteiligten wurde in einer umfassenden Änderung des Schulgesetzes die Modernisierung der Sekundarstufe angefasst. Mit der Abschaffung der Einheitsförderstufe konnte das Gymnasium wieder ab Klasse 5 beginnen. Gleichzeitig wurde das Abitur nach zwölf Jahren wieder eingeführt und das Kurssystem durch ein verbindliches Kernfächersystem ersetzt. Dabei wurde das Abitur wieder seiner Bestimmung als allgemeine Hochschulreife gerecht.
An der Sekundarschule sind abschlussbezogene Bildungsgänge verankert worden, die mit dem Haupt- und dem Realschulabschluss zu bundesweit anerkannten Abschlüssen führen. Damit haben wir in der Koalition die Grundlagen dafür gelegt, dass die Sekundarschule als ein dem Gymnasium gleichwertiger Bildungsgang wahrgenommen wird.
Diese Reformen waren und sind eng verknüpft mit der inhaltlichen Gestaltung von Schule. Neben der Möglichkeit der Aufhebung fester Schuleinzugsbereiche - eine unserer Forderungen - wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Einführung von Bildungsstandards gelegt.
Gleichzeitig wurde die schwierige, aber wegen der sinkenden Schülerzahl notwendige Entscheidung zur Umsetzung der Schulentwicklungsplanung getroffen. Auf diesem Gebiet, das mit Emotionen hoch beladen ist - denn die Schule im Ort ist ein wesentlicher Identifikationspunkt -, haben wir schwere, aber notwendige Entscheidungen getroffen, sodass wir jetzt eine Schullandschaft bzw. ein Schulnetz haben, das auch künftig bestandsfähig ist. Davor hatte sich die SPD vor dem Jahr 2002 gescheut.
Insgesamt haben wir durch beherzte und konsequente Reformen in den vergangenen Jahren ein modernes und leistungsfähiges Schulsystem geschaffen, das inhaltlich und strukturell für künftige Herausforderungen gewappnet ist. Dazu gehören auch die Schulen in freier Trägerschaft als integraler und notwendiger Bestandteil eines pluralen Bildungssystems.
Die Arbeit in den vergangenen Jahren bei der Gestaltung der Bildungslandschaft in Sachsen-Anhalt war in der Koalition durch Unaufgeregtheit, durch eine große Übereinstimmung in der Zielstellung und durch ein funktionierendes System der Abstimmung gekennzeichnet.
Meine Damen und Herren! Ich verstehe diese Aussprache nicht als eine Abschlussbilanz, sondern als eine Analyse an einem Punkt, von dem aus weitergearbeitet
wird; denn es bleiben durchaus kritische Punkte und offene Themen anzusprechen. Lassen Sie mich deshalb einige Punkte ungewichtet nennen.
Der Hauptschulbildungsgang muss weiter ausgebaut werden. Er soll künftig eine noch stärkere Praxisorientierung erfahren. Er benötigt eine Verankerung in der schulischen und in der beruflichen Bildung und in diesem Zusammenhang die Würdigung der Stärken der Absolventen dieses Bildungsganges. Es muss gelingen, den Schülerinnen und Schülern praktische und hauswirtschaftliche Kenntnisse mit entsprechenden Fertigkeiten zu vermitteln, die den künftigen Berufsbildern entsprechen.
Weiterhin sollte nach dem Vorbild anderer Bundesländer die Hochbegabtenförderung entsprechend institutionalisiert werden. Dabei besteht - wie alle Parteien im Oktober 2005 einmütig feststellten - noch weiterer Handlungsbedarf.
Als ein Kritikpunkt bleibt außerdem festzuhalten, dass der abgeschlossene Lehrertarifvertrag zwar ein hohes Maß an sozialer Sicherheit schafft, aber auch die ungünstige Altersstruktur in den Lehrerkollegien an den Schulen zementiert. Er bietet Neueinsteigern, die auch in Sachsen-Anhalt für viele Fächer gebraucht werden, nur ungenügende Berufsaussichten.
Für ebenso bedenkenswert halte ich die Klagen aus den Schulen über eine Vielzahl von Verordnungen und Erlassen. Auch wenn ich dem Kultusministerium durchaus die Notwendigkeit der Umsetzung von Gesetzen zugestehe, sollte man doch viel öfter prüfen, ob die Schlagzahl der untergesetzlichen Regelungen wirklich so hoch sein muss. Schule kann man nicht nur qua Verordnung gestalten. Die Erhöhung der Eigenverantwortung an unseren Schulen wird eine der Leitaufgaben in der nächsten Legislaturperiode sein.
Schließlich denke ich, dass das Thema Ganztagsschulen noch nicht wirklich erledigt ist. Auch wenn es sich der Kultusminister und der Staatssekretär zur Aufgabe gemacht haben, jeder Schule, die in das Bundesprogramm aufgenommen wurde, den Zuwendungsscheck persönlich zu überreichen
- ja, das ist auch richtig so -, dürfen wir es dabei nicht belassen. Das große Interesse der Schulen an der Offerierung ganztägiger Bildungsangebote für die Schüler muss künftig stärker durch politische Forderungen und rechtliche Rahmenbedingungen flankiert werden.
Meine Damen und Herren! Im Bereich der Hochschulpolitik hatte sich bis zum Jahr 2002 ein Entscheidungsstau aufgebaut. Auf die Phase des Um- und Ausbaus eines leistungsfähigen, dem nationalen Standard entsprechenden Hochschulwesens zu Beginn der 90er-Jahre waren keine weiteren Schritte gefolgt. Es fehlte in der Hochschulpolitik an Visionen, aus denen sich politische Zielsetzungen ableiten ließen.
Die einzelnen Hochschulen leisteten zwar erfolgreiche Arbeit, hielten mit ihren Leistungen in Studium und Lehre jedem Vergleich stand, aber es gab keinerlei Abstimmungen zwischen den einzelnen Einrichtungen. Jede Hochschule stand relativ allein da. Die beiden Universitäten waren außerdem aufgrund ihrer kameralistischen
Haushaltsführung bei nahezu jeder Finanzierungsentscheidung direkt von der Kultusbürokratie abhängig.
Für uns war es deshalb von vornherein klar, dass die Hochschulpolitik wieder gestaltet werden müsse. Nicht nur durch die Novelle des Hochschulrahmengesetzes auf der Bundesebene, sondern auch durch veränderte Rahmenbedingungen waren Entscheidungen im Interesse der Weiterentwicklung der Hochschulen und des Landes zu treffen.
Sofort nach dem Regierungswechsel wurden mit den Universitäten, den vier Fachhochschulen und der Hochschule für Kunst und Design Verhandlungen aufgenommen, die die Finanzierung der Institutionen langfristig sichern sollten. Alle Hochschulen erhielten zu ihrer Finanzierung jeweils ein Globalbudget, über dessen Verwendung sie in ihren Gremien eigenverantwortlich entscheiden können. Insbesondere für die Universitäten war dies ein entscheidender Schritt hin zu mehr Autonomie.
Im Zusammenhang damit wurden zwischen der Landesregierung und den Hochschulen Zielvereinbarungen abgeschlossen, die den Hochschulen eine mehrjährige finanzielle Sicherheit gewähren. Die Landesregierung nutzte das Instrument der Zielvereinbarungen außerdem, um vorhandene Doppelstrukturen abzubauen und die Hochschulen zur Ausbildung eines speziellen Profils anzuregen.
Ein wichtiger Baustein der Hochschulpolitik in der aktuellen Legislaturperiode war aber die Novelle zum Hochschulgesetz, die wir im April 2004 verabschiedeten. Mit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge sowie der Juniorprofessur wurden die Vorgaben des Hochschulrahmengesetzes und der Bologna-Resolution zur Angleichung der Hochschulabschlüsse in Europa in Landesrecht umgesetzt. Gleichzeitig wurden im Land die Vorgaben zur Organisation einer Hochschule gelockert, sodass neben der Autonomie in Finanzfragen auch eine größere Freiheit in der Organisation unserer Hochschulen erreicht wurde.
Mit der Novelle zum Hochschulmedizingesetz, das im Januar 2006 in Kraft getreten ist, wurden die beiden Universitätskliniken in eine neue Organisationsform überführt, die den Einrichtungen unter veränderten Finanzierungsbedingungen eine wirtschaftliche Existenz sichern kann.
Insgesamt ist es uns im Bereich der Hochschulen gelungen, die gesetzlichen Rahmenbedingungen an die aktuellen Erfordernisse anzupassen, Freiheiten zu gewähren und damit die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich Wissenschaft und Forschung im Land entfalten können. Nicht mehr und nicht weniger soll Politik in diesem Bereich leisten.
Offene Punkte verbleiben im Bereich der Reform der Studienfinanzierung, die zu den wichtigsten Aufgaben in der Hochschulpolitik in den nächsten Jahren gehören dürfte. Dabei gilt es, das Für und Wider von Studiengebühren gegeneinander abzuwägen und ein nachhaltiges Modell der Studienfinanzierung umzusetzen, das die Qualität der Lehre verbessert, ohne eine soziale Selektion der Studierenden zu befördern. Die grundsätzliche Frage nach der finanziellen Sicherung des Lebensunterhalts von Studierenden während des Studiums gehört mit auf die Tagesordnung.
Die Zielvereinbarungen als neu eingeführtes Instrument des Interessenausgleiches, das sich in der ersten Runde bewährt hat, sind weiterzuentwickeln. Wenn sich die
Bachelor- und Masterstudiengänge bewährt haben, sollte diese Struktur flächendeckend für alle Studiengänge umgesetzt werden.
Daneben verlangen die sich durch die Föderalismusreform im Bund andeutenden Veränderungen nicht nur eine Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, sondern auch eine Überprüfung der Notwendigkeit der vorhandenen Regelungen. Weniger ist hierbei oft mehr.
Nach fast vier Jahren Bildungspolitik lässt sich vieles auf der Habenseite für die Koalition verbuchen, wobei die FDP-Fraktion die notwendigen Veränderungen mit vorangetrieben hat. Das möchte ich nicht ohne Stolz sagen.
Die offenen Punkte sind als Auftrag für die kommende Legislaturperiode zu verstehen. Denn auch in der Bildungspolitik gilt der Satz: Stillstand ist Rückschritt, oder auf die eingangs aufgegriffene Formel gebracht: Mehr Bildung bleibt auch nach dem Jahr 2006 Aufgabe der Landespolitiker. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Volk. - Meine Damen und Herren! Beschlüsse in der Sache werden nicht gefasst. Damit ist Tagesordnungspunkt 1 beendet.
Eine Randbemerkung unter dem Stichwort „lebendiges Parlament“: Ich habe den Eindruck, dass die Debatten unserer Bildungspolitiker immer noch die lebendigsten sind. Ich habe allein 56 Zwischenrufe gezählt.
Meine Damen und Herren! Begrüßen Sie mit mir auf der Südtribüne Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Landsberg.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie Sie wissen, findet entsprechend § 45 unserer Geschäftsordnung auf Antrag monatlich eine Fragestunde statt. Ihnen liegen in der Drs. 4/2564 insgesamt zwei Kleine Anfragen für die Fragestunde vor.
Ich rufe nun Frage 1 auf. Die Frage zum Thema Rauchen an Schulen stellt die Abgeordnete Frau Ute Fischer. Bitte sehr, Frau Fischer.
- Meine Damen und Herren, ich bitte Sie darum, den Schallpegel etwas zu senken und Ihre Gespräche, wenn überhaupt, etwas leiser zu führen. Bitte sehr, Frau Fischer.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ist mir ein besonderes Anliegen. In SachsenAnhalt wird mit den Gesundheitszielen vor allem auch bei Kindern ein Umdenken im Sinne von Prävention und Gesundheitsförderung angestrebt. Damit man diesem