Nun wirft Herr Kolze der SPD und uns sicherlich auch „Stochern im Nebel“ vor, nämlich wegen der Forderung, die Zahl der Polizeipräsidien auf drei zu reduzieren. Ich sage aber ganz klar: Wenn hier jemand im Nebel stochert, dann ist es die Landesregierung, der zuletzt nichts weiter einfiel, als über weitere Streichungen beim Personal der Polizei zu reden - das ist wahrlich motivierend.
Was dabei herauskommt, zeigt die vorliegende Studie. Im Zeitraum von Mai bis Juli 2005 wurde durch die Bremer Organisationsberatung IMAR im Auftrag der Landesregierung eine Arbeitssituationsanalyse in der Polizei von Sachsen-Anhalt auf der Basis einer internen, anonymen Personalbefragung unter Berücksichtigung der Standorte bzw. der Funktion unter 462 Polizeibeamten und -beamtinnen durchgeführt. Das Ergebnis liegt inzwischen in Form einer 65 Seiten langen Studie vor, die nach einer kurzen Darstellung der Vorgehensweise und des Befragungskonzeptes die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung im Komplex sowie detailliert nach den Standorten Magdeburg, Schönebeck, Stendal, Burg, Halberstadt und Aschersleben vorstellt.
Im Mittelpunkt der Befragung standen unter anderem Fragen nach der Veränderung der Arbeitssituation, nach der Umgebung des Arbeitsplatzes, nach der Tätigkeit, nach dem Gruppenklima, nach dem Verhalten Vorgesetzter und nach der Organisation sowie Fragen zu eventuellen gesundheitlichen Gefährdungen während der Arbeit sowie nach möglichen Verbesserungswünschen.
Der Gesamteindruck der Studie, welcher sich in den nun vorliegenden Ergebnissen widerspiegelt, ist äußerst problematisch und besorgniserregend. Er zeigt den Zustand einer großen Unzufriedenheit unter den Befragten und
damit ein erhebliches Demotivationspotenzial bei den Beamten und Beamtinnen in der Polizei von SachsenAnhalt.
Aber für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit in Sachsen-Anhalt auf höchstem Niveau sind hochmotivierte Beamte und Beamtinnen unabdingbar. Die vorliegende Studie zeigt, dass sich in den einzelnen Bereichen keine gravierenden Unterschiede in der Problembenennung feststellen lassen. Es sind aber je nach Tätigkeit unterschiedliche Schwerpunkte zu benennen.
Das sind im Einzelnen: Als eines der größten Probleme wird bei der Schutzpolizei die Einführung des bedarfsorientierten Schichtdienstmanagements (BSM), also die personelle Besetzung von Dienstschichten nach wirklichen Anforderungen, gesehen. Die gegenwärtige Art und Weise der Umsetzung lässt jedoch nach Ansicht vieler Polizisten und Polizistinnen eine geordnete Dienstplanung nicht zu und führt damit unweigerlich auch zu einem erhöhten Krankenstand.
Wir sind der Auffassung, dass die Einführung des an sich sinnvollen Schichtsystems BSM nicht gegen die Beamtinnen und Beamten, sondern nur gemeinsam mit ihnen passieren darf. Subjektive Befindlichkeiten, gerade im sensiblen Bereich der Polizei, sollten bei der Dienstplanung und Schichtbesetzung Berücksichtigung finden. Das setzt wiederum ein kooperatives Führungssystem voraus.
Die Bewertung der anderen Probleme, wie schlechte Ausstattung, Einkommen oder Beförderungen, liegen bei dieser befragten Gruppe gleich dahinter.
Bei der Kriminalpolizei ist das Hauptproblem die mangelnde Ausstattung, gefolgt von Einkommen und Beförderungen. Das Thema Beförderungen steht deshalb weit oben in der Kritikskala, weil die vor kurzem vorgenommenen Beförderungen, mit denen sich der Innenminister gern rühmt, nur sehr wenige Beamtinnen und Beamte berührt hat.
Teilweise sind Mitarbeiter seit 18 Jahren nicht befördert worden. Das senkt die Motivation der Betroffenen auf den Tiefpunkt.
Beide genannten Gruppen kritisieren ferner die steigende Flut von Statistiken und einen zunehmenden, kaum noch zu bewältigenden Verwaltungsaufwand.
Es wird des Weiteren eingeschätzt, dass das Klima untereinander schlechter geworden ist. Bei der Schutzpolizei sind bestehende Strukturen auseinander gerissen worden. Generell besteht mehr Neid und Missgunst untereinander als noch vor wenigen Jahren. Prinzipiell wird gesagt, dass eine große Demotivation unter den Beschäftigten bei der Polizei herrscht.
Es wurden Aussagen dahin gehend getroffen, dass aufgrund der Situation und der bestehenden generellen Bedingungen, wie Stellenabbau, BSM, Entlohnung, Streichung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, veraltete oder fehlende Ausrüstung und Technik, Fahrzeuge, Computer oder Schutzkleidung, viele sofort eine andere Arbeit aufnehmen würden, wenn es Alternativen gäbe, obwohl die Tätigkeit als solche immer noch gern gemacht wird. Kaum noch einer empfiehlt den Jugendlichen bzw. den eigenen Kindern, diesen Beruf zu ergreifen.
Umso anerkennenswerter ist, dass die Beamtinnen und Beamten bei der Kriminalpolizei und bei der Schutzpoli
Das lässt sich unter anderem an einer hohen Aufklärungsquote bei Straftaten im Land auch im Jahr 2005 erkennen. Doch wenn man daraus unweigerlich eine hohe Motivation bei den Polizeibeamten ableitet, ignoriert man die Arbeitsergebnisse der vorliegenden Studie und die reale Situation.
Positives polizeiliches Berufsethos und Pflichtgefühl kann man eben nicht mit Motivation gleichsetzen. Motivation setzt entsprechende, zu schaffende Rahmenbedingungen voraus. Oder will man erst darauf warten, dass sich die schlechte Situation in der Polizei auf die Arbeitsergebnisse auswirkt?
Dabei ist davon auszugehen, dass in fast allen Bereichen der Polizeiarbeit das wichtigste Arbeitsmittel der Polizei die Humanressource, also der Mensch selbst ist. Diesen zu verschleißen und zu demotivieren, hat auf Dauer gravierende Auswirkungen auf die Polizeiarbeit, in den Gesundheitsfragen und ganz besonders in der Frage des Qualifikationsmanagements und der beruflichen Fortbildung. Auch die Bürgerinnen und Bürger von Sachsen-Anhalt werden dies über kurz oder lang zu spüren bekommen.
Deshalb müssen die Fragen nach einer angemessenen Vergütung bzw. Entlohnung, der Personalentwicklung, der Arbeitsorganisation und Arbeitszeit sowie nach Beförderungen und modernen Ausrüstungs- und Arbeitsmitteln eine erhebliche Rolle spielen.
Die Studie zeigt, dass die Stimmung der Polizeibeamten auf keinem guten Weg ist und sich bedenklich dem Tiefpunkt nähert. Die sich zunehmend negativ entwickelnde Personalproblematik und die seit Jahren durchgeführte Personal- und Besoldungsstrategie - natürlich immer mit dem Hinweis auf die desolate Haushaltslage - zeigen leider ihre Wirkung.
Damit aber auch künftig gute Arbeit durch die Polizei des Landes geleistet werden kann, fordert die Linkspartei.PDS einen Kurswechsel in der Politik der Landesregierung hauptsächlich mit folgenden Prämissen:
Erstens. Die Landesregierung ist aufgefordert, den geplanten Stellenabbau bei der Polizei zu überdenken. Die von der Landesregierung angedachte Streichung von Stellen bis zum Jahr 2010 und die damit zu erreichende Polizeidichte von 1 : 365 wird die Flächenpräsenz der Polizei und damit die öffentliche Sicherheit des Landes ernsthaft gefährden. Ein bedarfsgerechtes Personalentwicklungskonzept ist notwendig. Dabei muss der Polizeivollzugsdienst auch künftig von der Verwaltungsarbeit entlastet werden.
Zweitens. Die Linkspartei.PDS spricht sich für eine Polizeistruktur im Land aus, welche die Polizeireviere und Polizeistationen vor Ort stärkt. Aus diesem Grund halten wir die Reduzierung der Anzahl der Reviere auf die Zahl der neuen Kreisstädte für falsch. Eine Reduzierung auf der Polizeidirektionsebene ist aus unserer Sicht aber notwendig. Im Zuge der Kreisgebietsreform ist eine Verschlankung auf drei Polizeidirektionen zu prüfen.
Drittens. Bei der weiteren Umsetzung des Schichtdienstmanagements sind die Beamtinnen und Beamten an den Entscheidungs- und Zielfindungsprozessen zu beteiligen. Eine kooperative Führung macht das Führungs
handeln transparent und nachvollziehbar und trägt zur Motivation und Berufszufriedenheit bei. Ferner werden das Binnenklima und die Arbeitszufriedenheit gefördert.
Viertens ist eine leistungsbezogene, angemessene Vergütung als eine wesentliche Voraussetzung und zugleich als eine Anerkennung für die Arbeit der Polizeibeamtinnen und -beamten vorzunehmen. Der vorhandene Beförderungsstau ist abzubauen.
Fünftens. Die Polizeibeamtinnen und -beamten unseres Landes sind zeitgemäß, aufgaben- und nutzerorientiert auszustatten.
Sechstens. Eine zukunftsorientierte Aus- und Fortbildung der Beamtinnen und Beamten ist im Interesse ihrer Leistungsfähigkeit zu gewährleisten.
Meine Damen und Herren! Schaffen wir für die Polizeibeamten und -beamtinnen unseres Landes Bedingungen und Voraussetzungen, die es ihnen ermöglichen, die anstehenden Aufgaben engagiert, hochmotiviert sowie erfolgreich und zugleich mit persönlicher, sozialer und fachlicher Kompetenz zu bewältigen. Dazu kann dann auch eine Strukturreform notwendig sein - dann aber nur mit den Polizistinnen und Polizisten und nicht gegen sie.
Erst eine bürgernahe, effektiv arbeitende, gut ausgestattete, vor Ort präsente und hochmotivierte Polizei wird ihrer Aufgabe gerecht werden können, die öffentliche sowie persönliche Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger von Sachsen-Anhalt zu garantieren. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Tiedge. - Bevor ich nun dem Innenminister Herrn Jeziorsky das Wort erteile, freue ich mich, Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Nachterstedt auf der Tribüne begrüßen zu können.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Leistungsbilanz der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt kann sich sehen lassen, konnte sich immer sehen lassen. Das gilt auch im Vorblick auf die statistischen Erhebungen aus dem Jahr 2005.
Jahr für Jahr sind die bewertbaren Ergebnisse unserer Polizei in eine positive Richtung marschiert, was den Rückgang von Straftaten, aber auch die Aufklärungsquote angeht - Jahr für Jahr.
Es ist ganz klar, dass diese gute Leistungsbilanz und diese gute Entwicklung durch unsere Polizeibeamtinnen und durch unsere Polizeibeamten erreicht wurde. Die Leistungsbereitschaft unserer Beamtinnen und Beamten ist gut.
Richtig ist aber auch, dass es gerade im Arbeitsumfeld und gerade in der Polizei immer Faktoren gibt, die sich positiv oder auch negativ auf die Leistungsbilanz auswir
ken können. Frau Tiedge, das, was Sie als Begründung mit angeführt haben, nämlich dass vor allem die Diskussion über die Veränderung der Polizei die Hauptursache dafür ist, weise ich zurück.
Ich denke, dass der Anspruch an unsere Polizeibeamtinnen und -beamten schon angemessen ist, wenn wir betrachten, dass in anderen Flächenländern bezogen auf die Bevölkerung die Polizeiaufgaben mit weniger Polizeibediensteten erledigt werden. Sich hinsichtlich der Zahl der Polizeibeamten bezogen auf die Bevölkerung dem Bundesdurchschnitt anzunähern, ist auch für uns ein Anspruch. Diesen Weg wollen wir gehen. Die Entscheidungen dazu sind am Anfang dieser Legislaturperiode getroffen worden. Sie haben sicherlich auch fiskalische Aspekte, aber es ist eine Grundsatzentscheidung.
Es ist auch klar - das wissen Sie -: Die Kolleginnen und Kollegen, die im Dienst sind, werden nicht entlassen. Wir haben es mit Beamten zu tun, die bis zum Erreichen des Pensionsalters Dienst tun werden.
Richtig ist aber auch, dass wir den Weg in den nächsten Jahren schon beschreiten können. Durch das Ausscheiden von älteren Beamtinnen und Beamten sinkt die Zahl unserer Polizeibeamten. Trotzdem müssen wir auch für Nachwuchs sorgen. Deswegen haben wir entschieden, einen Einstellungskorridor zu organisieren, der uns auch in den letzten Jahren in die Lage versetzt hat, Anwärter einzustellen und sie nach abgeschlossener Ausbildung in den Polizeidienst zu übernehmen. Diesen Weg wollen wir weiter gehen.