Protokoll der Sitzung vom 17.02.2006

(Frau Bull, Linkspartei.PDS: Das bleibt ein Null- summenspiel!)

Daneben bleibt der spezielle Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung eingebettet in die Gesamtverantwortung der Landkreise und kreisfreien Städte für die Organisation des Rettungsdienstes. Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt erhält bezüglich der notärztlichen Versorgung im Rettungsdienstgesetz die gleiche Rechtsstellung, die die Kreise und kreisfreien Städte bisher innehatten.

Aus diesen Gründen gehen wir zwischen Krankenhäusern und Kassenärztlicher Vereinigung davon aus, dass an den Schnittstellen zwischen vertragsärztlichem Notfalldienst und Rettungsdienst künftig eine bessere Zusammenarbeit gewährleistet wird. Durch die Einbindung der Kassenärztlichen Vereinigung kann das Vorhaben funktionieren, künftig die Einsätze des vertragsärztlichen Notfalldienstes und des notärztlichen Rettungsdienstes über die Leitstellen für den Rettungsdienst zu verzahnen. Eine entsprechende Forderung mehrerer kommunaler Vertreter aus ihrer Praxiserfahrung heraus war im Rahmen der Anhörung im Oktober 2005 im Landtag erhoben worden. Alle Parteien im Ausschuss für Gesundheit und Soziales haben dies befürwortet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer A sagt, muss auch B sagen. Wer also mit einer Sollbestimmung in § 5 aufgibt, dass die Einsatzleitstelle die Vermittlung des vertragsärztlichen Notfalldienstes übernimmt, muss auch dafür sorgen, dass die Kassenärztliche Vereinigung als Träger dieses vertragsärztlichen Notfalldienstes stärker in die Verantwortung im Rettungsdienst genommen wird. Genau das geschieht mit dem erweiterten Sicherstellungsauftrag für das ärztliche Personal im Rettungsdienst. Dadurch wird es zu einer eigenen Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung, zum Gelingen des Rettungsdienstes beizutragen.

Weitere Schwerpunkte des Gesetzentwurfs, mit dem wir eine Qualitätsverbesserung im Rettungsdienst erreichen werden, ist neben der Einführung des ärztlichen Leiters im Rettungsdienst die Zusammenfassung der in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt bestehenden Einsatzleitstelle zu Großleitstellen. Nach der Ansicht der Landesregierung ist dieses Problem in der vorliegenden Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales sachgerecht geregelt worden.

Zu betonen ist, dass die Eigenverantwortung der Kommunen beim Zusammenschluss Vorrang hat und der Staat erst eingreift, wenn die Landkreise und kreisfreien Städte sich nicht einigen. Den Kreisen und kreisfreien Städten ist aufgegeben, bis zum 31. Dezember 2008 Vereinbarungen zum Betreiben gemeinsamer Leitstellen abzuschließen.

Funktioniert das nicht, ist die Landesregierung ermächtigt, die Anzahl und die Standorte der Einsatzleitstellen nach Anhörung der kommunalen Spitzenverbände durch Verordnung zu regeln. Dies steht im Zusammenhang mit der Einführung des Digitalfunks in Sachsen-Anhalt. Die Installierung dieses Netzes verursacht hohe Kosten. Deswegen kann es nicht allein den Kommunen überlassen bleiben, ob sie ihre Leitstellen zu Großleitstellen zusammenschließen oder nicht.

Außerdem ist den Kommunen im Gesetzentwurf der Weg zur Bildung eines Zweckverbandes für den Rettungsdienst dadurch geebnet worden, dass für den Bereich des Rettungsdienstes das Gebot der Nachrangigkeit des Zweckverbandes im Vergleich zur Zweckvereinbarung aufgehoben worden ist. Damit haben die Kreise und kreisfreien Städte in Sachsen-Anhalt sowohl eine zeitliche Perspektive als auch eine Rechtsform für eine gemeinsame Wahrnehmung von Aufgaben im Rettungsdienst vorgezeichnet bekommen. Hierauf können sie sich einstellen.

Die Vorstellung der Oppositionsparteien, im Rettungsdienstgesetz die kommunalen Zusammenschlüsse auf die fünf Planungsregionen im Land zu beschränken, wäre eine unnötige Gängelung der Kreise und kreisfreien Städte. Es ist besser, wenn sich diejenigen Kommunen zusammenfinden, die gut zusammenarbeiten können, als wenn man sie in ein Korsett aus fünf Organisationseinheiten zwingt.

(Frau Bull, Linkspartei.PDS: So ein Quatsch!)

Der Staat hat über die Verordnungsermächtigung die Möglichkeit, Lösungen zu finden, wenn die Kommunen sich nicht einigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist unerfindlich, wie die SPD-Fraktion bei ihrer Bewertung des im Ausschuss für Gesundheit und Soziales beschlossenen Gesetzentwurfes zu dem Urteil gelangen kann, dass die regierungstragenden Fraktionen das Ehrenamt der in den gemeinnützigen Hilfsorganisationen des Rettungsdienstes tätigen Personen gering schätzten.

(Herr Bischoff, SPD: Sie haben es abgelehnt!)

Weil ihrem Antrag auf die vorrangige Berücksichtigung gemeinnütziger Hilfsorganisationen als Leistungserbringer im Rettungsdienst nicht gefolgt wurde, lässt sie sich im Hinblick auf den Wahlkampf zu nicht haltbaren Aussagen hinreißen.

(Herr Bischoff, SPD: Das haben wir vorher schon gesagt!)

Zunächst muss ich feststellen, dass es sich bei der Leistungserbringung durch die gemeinnützigen Hilfsorganisationen in Sachsen-Anhalt um eine berufsmäßige Tätigkeit und nicht um eine ehrenamtliche Tätigkeit handelt. Zu mehr Wettbewerb auch im Rettungsdienst, zu dem die Landesregierung sich in dem Gesetzentwurf bekannt hat, gehört aber auch, dass sich die gemeinnützigen Leistungserbringer diesem Wettbewerb stellen.

Die SPD hat wohl übersehen, dass gemäß § 11 des Gesetzentwurfes Kriterien für die Auswahl der Leistungserbringer nach einer öffentlichen Ausschreibung unter anderem die Zuverlässigkeit bei der bisherigen Mitwirkung im Rettungsdienst und die Leistungsfähigkeit für den Massenanfall an Verletzten oder Erkrankten sind. Damit haben die Kommunen die Möglichkeit, Leistungserbringer auch wegen ihrer Aktivitäten im Bereich der Vorsorgeplanung und wegen der Vorhaltung der Kapazitäten für den Massenanfall an Verletzten oder Erkrankten auszuwählen. Sie sind also keineswegs gezwungen, den billigsten Anbieter als Leistungserbringer zu wählen.

Deswegen bedarf es auch keiner Festlegung im Gesetz, dass diejenigen Leistungserbringer zu bevorzugen sind, deren Personal tariflich entlohnt wird. Bei einer solchen Regelung wären die Kommunen gezwungen, die Einhaltung von Tarifverträgen zu überwachen.

Der Standpunkt der SPD lässt ein enormes Misstrauen gegenüber den Kommunen und den Krankenkassen erkennen, dass diese ohne Rücksicht auf die Einhaltung tariflich vereinbarter Vergütungen nur die billigsten Leistungsanbieter akzeptieren würden. Ich möchte Ihnen, der SPD-Fraktion und der Linkspartei.PDS-Fraktion, noch einmal deutlich sagen, dass die Partner im Rettungsdienst auch bei einer Verhandlungslösung verantwortungsbewusster handeln werden, als Sie ihnen dies zutrauen. Vor allem sollten diejenigen, die ständig von Kommunalisierung reden, dies nicht mit einem ständigen Misstrauen begleiten.

(Zustimmung bei der FDP - Zuruf von Frau Bull, Linkspartei.PDS - Weitere Zurufe von der SPD und von der PDS)

Die SPD spricht in ihrer Presseinformation zum Gesetzentwurf von Ende Januar von drei verschenkten Jahren, weil das neue Rettungsdienstgesetz erst zum 1. Januar 2007 in Kraft treten soll. Die SPD übersieht dabei, dass diese Landesregierung neben der Novellierung des Rettungsdienstgesetzes auch die Kreisgebietsreform auf den Weg gebracht hat.

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Vier Jahre zu spät!)

Die SPD hat in den acht Jahren ihrer Regierungszeit dagegen beides nicht erledigt.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Gleichzeitig mit dem In-Kraft-Treten der Kreisgebietsreform zum 1. Juli 2007 sollen auch die strukturellen Änderungen im Rettungsdienstgesetz einsetzen. Es macht keinen Sinn, das Rettungsdienstgesetz in den nächsten Tagen in Kraft zu setzen, wenn zum 1. Juli 2007 wegen der neu zugeschnittenen Landkreise ohnehin teilweise neue Aufträge an die Leistungserbringer ergehen müssen, weil die kreisübergreifende Zusammenarbeit wegen anderer Kreisgrenzen neu geordnet werden muss. Die bisher erteilten befristeten Genehmigungen an die Leistungserbringer genießen für die Dauer der Befristung grundsätzlich Bestandsschutz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte den Gesetzentwurf in der Gestalt der vorliegenden Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales für einen gelungenen Kompromiss zwischen den verschiedenen Interessen der Verbände, wie sie in der Anhörung des Landtages im Herbst des letzten Jahres deutlich geworden sind. Er ist eine gute Grundlage dafür, dass der Rettungsdienst in Sachsen-Anhalt, basie

rend auf der Gesamtverantwortung verschiedener Aufgabenträger, qualitativ hochwertig durchgeführt werden kann.

Ich bitte Sie daher, der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales zuzustimmen und damit das Rettungsdienstgesetz des Landes SachsenAnhalt in seiner Neufassung zu verabschieden. - Danke schön.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Herr Minister. - Wir treten jetzt in die Debatte der Fraktionen ein. Als erste Debattenrednerin wird Frau Liebrecht für die CDU-Fraktion sprechen. Doch zuvor haben wir die Freude, Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Nachterstedt bei uns zu begrüßen. Seien Sie recht herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Abgeordnete Liebrecht, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Mit der heutigen abschließenden Lesung zum Rettungsdienstgesetz Sachsen-Anhalt bringen wir ein Gesetzgebungsverfahren zum Abschluss, von dem viele bezweifelt haben, dass es uns überhaupt gelingen würde. Wir haben zugesichert, dass wir die Ergebnisse der Anhörung zu diesem Gesetz im weiteren Beratungsgang aufgreifen werden. Heute kann ich feststellen, dass wir dieses Versprechen eingelöst haben.

Die Anhörung hat gezeigt, dass dieses überaus wichtige Gesetz in der Fassung, in der es in den Landtag eingebracht wurde, nicht die notwendige Akzeptanz der am Rettungsdienst Beteiligten gefunden hatte. Dies ernst nehmend, haben wir viele Gespräche geführt, um auszuloten, wie der Gesetzentwurf weiterentwickelt werden soll. Auf die wesentlichen Änderungen ist Herr Minister Kley in seinem Redebeitrag bereits eingegangen, sodass ich nur noch auf einige Aspekte hinweisen will.

Am bestehenden System der integrierten Leitstelle wird festgehalten. Bei den Leitstellen sind neben dem Rettungsdienst auch der Katastrophenschutz und der Brandschutz einbezogen. Des Weiteren wird der kassenärztliche Notdienst eingebunden.

Die Anzahl der Leitstellen wird deutlich reduziert und es werden sinnvolle organisatorische und betriebswirtschaftliche Größenordnungen geschaffen. Dies erfolgt in zwei Schritten: Zunächst automatisch mit der Kreisgebietsreform und im zweiten Schritt mit der Einführung des Digitalfunks ist den Kommunen aufgegeben, Vereinbarungen zum Betreiben gemeinsamer großer Leitstellen abzuschließen.

Eine Verbesserung der Qualität im Rettungswesen erwarte ich von der geplanten Einführung des ärztlichen Leiters des Rettungsdienstes. Die Beibehaltung der geltenden Hilfsfrist ist für uns bei der Erarbeitung des Gesetzes ein entscheidendes Kriterium gewesen.

Eine weitere Änderung betrifft die Sicherstellung der notärztlichen Versorgung unter der Verantwortung der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt. Diese Änderung ist wegen der zunehmenden Privatisierung von

Krankenhäusern in Sachsen-Anhalt notwendig, deren Träger ursprünglich einmal die Landkreise und kreisfreien Städte waren. Für den Träger war es möglich, für den Rettungsdienst auf das ärztliche Personal zuzugreifen. Dieser Einfluss ist durch die Privatisierung zunehmend gesunken bzw. er sinkt, sodass es unseres Erachtens sachgerecht ist, die Beschaffung des notärztlichen Personals von dem Träger des Rettungsdienstes zu lösen und der Kassenärztlichen Vereinigung zu übertragen.

Wir haben es unter den gegebenen Bedingungen für sinnvoll erachtet, die Kassenärztliche Vereinigung mit dem Sicherstellungsauftrag des notärztlichen Teils des Rettungsdienstes zu betrauen. Nachdem diese Entscheidung gefallen war, haben wir uns mit der Kassenärztlichen Vereinigung beraten und haben gemeinsame Lösungswege gefunden, wie die Kassenärztliche Vereinigung diese Sicherstellung gewährleisten kann. Klar war dabei immer, dass die KV die Sicherstellung, wie bisher die Landkreise, mit Hilfe der Krankenhäuser bzw. Krankenhausärzte gewährleistet.

Die Kassenärztliche Vereinigung hat bereits nach § 75 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches V den Sicherstellungsauftrag für den vertragsärztlichen Notdienst. § 75 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches V lässt es darüber hinaus zu, den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen durch ausdrückliche landesrechtliche Regelungen auch auf die notärztliche Versorgung auszudehnen.

Eines unserer Hauptanliegen war, mit der beabsichtigten Gesetzesnovellierung eine stärkere Verzahnung des kassenärztlichen Notdienstes mit dem Rettungsdienst zu erzielen, damit unnötige Einsätze von Notärzten im Rettungsdienst vermieden werden. Aus unserer Sicht ist es zweckmäßig, dies unter dem Dach der Kassenärztlichen Vereinigung zu tun, indem beide Tätigkeitsfelder dort verbunden werden.

Nachdem wir in der letzten Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales bereits ausgiebig über diese Änderungen diskutiert haben, sind zwischenzeitlich aus der Ärzteschaft einige kritische Stimmen laut geworden, die uns nicht verborgen geblieben sind. Wir nehmen die Kritik ernst, gehen aber nach wie vor davon aus, dass es der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt gemeinsam mit den Ärzten im Land, die über die entsprechende Qualifikation für den Einsatz im Rettungsdienst verfügen, gelingen wird, die notärztliche Versorgung in derselben Qualität sicherzustellen, wie dies heute geschieht.

Hier und heute kann ich nur an alle Beteiligten appellieren, sich aufeinander zu zu bewegen und die Zeit bis zum In-Kraft-Treten des geänderten Rettungsdienstgesetzes zu nutzen, um im gegenseitigen Einvernehmen die Dinge zu verhandeln und zu vereinbaren, die nach der Novellierung des Gesetzes zu regeln sind. Ich bin davon überzeugt, dass dies mit gutem Willen aller Beteiligten gelingen wird.

Sollte dies wider Erwarten auf freiwilliger Basis nicht gelingen, muss darüber nachgedacht werden, der Kassenärztlichen Vereinigung die Möglichkeit zu eröffnen, im Notfall Ärztinnen und Ärzte zum Rettungsdienst heranzuziehen.

Sie sehen, dass das Gesetz im Beratungsgang noch eine Reihe von Modifikationen erfahren hat, die aus der Sicht der CDU-Fraktion wichtig waren. Unser Ziel, einen qualitativ hochwertigen Rettungsdienst zu angemesse

nen Kosten zu gewährleisten, erreichen wir damit. Nunmehr bleibt nur noch die Bitte an alle Beteiligten im Rettungswesen, die geänderten Rahmenbedingungen im Rettungsdienst und die Verhandlungsspielräume, die das Gesetz eröffnet, im gegenseitigen Einvernehmen zum Wohle der Menschen in unserem Land zu nutzen.

Die Änderungsanträge der SPD und der PDS lehnen wir selbstverständlich ab.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke sehr, Frau Liebrecht. - Für die Linkspartei.PDS spricht die Abgeordnete Frau Bull.

(Unruhe)