Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich kenne jemanden, der vor vier Jahren loslegen wollte und dann alle halbe Jahre von der CDU zurück auf „Los“ geschickt wurde; insofern würde ich aus Ihrer La-Ola-Welle doch ein Stück den „Gang“ herausnehmen.
Eine Büttenrede will ich Ihnen jetzt ersparen. Anlass dazu gäbe es genug, aber der Ernst der Sache gibt es nicht her. Deswegen konzentriere ich mich auf einige wenige Schwerpunkte.
Zum Ersten. Immer wieder war und ist die Zahl der Rettungsleitstellen strittig; nach unserer Auffassung muss sie reduziert werden. Sie kann dies auch, ohne dabei einen Qualitätsverlust in Kauf nehmen zu müssen.
Ich kann nachvollziehen, dass die kommunalen Spitzenverbände, insbesondere die Landräte, das anders sehen. Aber, meine Damen und Herren, es handelt sich hierbei um Versichertengelder; wir sind gehalten, dafür zu sorgen, dass sie effizient und sparsam verwendet werden.
Die Meinungen darüber, was am Ende dort herauskommen soll, gehen auseinander. Ich denke, mit fünf Rettungsleitstellen ist ein tragfähiger Kompromiss machbar. Die Schwierigkeit ist eben nur, dass es sich um eine Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung im eigenen Wirkungskreis handelt.
Der Änderungsantrag der SPD sieht vor, fünf Großleitstellen zu verorten. Ich gebe zu, das hat aus gesundheitspolitischer Sicht einen gewissen Charme. Immerhin wäre damit die Entwicklung hin zu einem Modell der „bunten“ Leitstelle gegeben, also Brand- und Katastrophenschutz, Rettungsdienst, notärztliche Versorgung und Gefahrenabwehr in einer integrativen Rettungsleitstelle zu verorten.
Dennoch ist es ein tiefer Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung, der nach unserer Auffassung zumindest nicht so ohne Weiteres zu machen ist, zumal die Gefahr für Leib und Leben von Menschen als Grund für diesen Eingriff unter Umständen doch arg weit hergeholt wäre.
Der Entwurf der Landesregierung bedient sich insofern eines goldenen Zügels, als durch die Finanzierung der
neuen Digitaltechnik die Möglichkeit eröffnet wird, indirekt in die Neuordnung der Leitstellen einzugreifen. Es ist eine listige Idee - das habe ich im Ausschuss schon gesagt -, die auch nach unserem Dafürhalten unterstützenswert ist. Nach unserer Auffassung sollte dies aber nur innerhalb der vorgesehenen geregelten Planungsregionen ermöglicht werden. Deshalb hierzu unser Änderungsantrag.
Zum Zweiten. Meine Damen und Herren! Mit dem Versuch der Neuordnung im Entwurf, die Zuständigkeit für die notärztliche Versorgung im Rettungsdienstbereich auf die KV zu übertragen, haben Sie sich nach unserer Auffassung einen riesengroßen „Storch gebraten“, meine Damen und Herren;
abgesehen davon, dass die Koalitionsfraktionen selbst im Ausschuss hoffnungslos überfordert waren, uns den Sinn des Ganzen zu erklären.
Meine Damen und Herren! Es bleibt doch ein Nullsummenspiel. Die Notärztinnen und Notärzte im ambulanten Bereich sind jetzt schon weitestgehend unterwegs. Das brächte keinen Gewinn. Den Zugriff auf die Krankenhäuser - meinethalben auf die privatisierten Krankenhäuser - hätte man unter Umständen dann auch für die Landkreise eröffnen können. Ein Splitting der Zuständigkeiten, wie es jetzt in dem Entwurf vorgesehen ist, ist verflucht dünnes Eis, noch dazu ohne erkennbaren substanziellen Gewinn. Wir werden den Gesetzentwurf deshalb ablehnen.
Auch an dem Einsatz von vollständig ausgebildeten Notärzten darf nach unserer Auffassung nicht gerüttelt werden. Deshalb werden wir auch beantragen, die Ausnahmeregelung, die der Entwurf jetzt vorsieht, zu streichen.
Zum Dritten. Die eingeführte Verhandlungslösung stärkt die Rolle der Kostenträger, also demnach der Krankenkassen. Das geht in Ordnung; denn das Prinzip, dass derjenige, der die Kosten trägt, auch ein gewichtiges Wörtchen dabei mitzureden haben muss, wie die Leistung gestaltet werden soll, ist ein sinnvolles.
Dennoch: Druck auf das Einkommensgefüge der Beschäftigten im Rettungsdienst aufzumachen, meine Damen und Herren, ist absurd. Es handelt sich um Einkommen in der Höhe der Vergütungsgruppen VII und VIII des BAT-Ost. Dort kann nicht mehr gespart werden. Deshalb halten wir es für dringlich, als einen der Qualitätsstandards einzuführen, dass die Beschäftigten im Rettungsdienst nach Tarif, mindestens aber in Anlehnung an den Tarif bezahlt werden müssen.
Zum vierten und letzten Problemkreis. Die Arbeit der Hilfsorganisationen, meine Damen und Herren, hat sich bewährt. Das allein ist freilich noch kein hinreichender Grund, sie den privaten Anbietern vorzuziehen. Bewähren können sich auch die privaten, keine Frage. Aber dort, wo hauptamtliche Strukturen angesiedelt sind - sei es Personal, Gerätschaft, Einsatzwagen usw. -, finden sich für ehrenamtliche Strukturen ideale Voraussetzungen. Das ist es uns wert genug. Deshalb unser Änderungsantrag, den Hilfsorganisationen Vorrang einzuräumen.
Alles in allem, meine Damen und Herren: Die Neuordnung der Rettungsleitstellen ist zweifelhaft auf dem richtigen Weg. Das - das will ich auch gern zugeben - war mit der vergeigten Gebietsreform ein Husarenstück. Aber den Systemwechsel bei der Zuständigkeit halten wir nicht nur für unsinnig, sondern auch für gefährlich.
Vor allem in Zeiten, in denen der reale Lohn in Deutschland permanent im Sinken begriffen ist, kann man sich nicht darüber streiten, ob Sparmöglichkeiten bei dem Einkommensgefüge der Beschäftigten noch nutzbar wären. Der Druck auf die Beschäftigten muss in Grenzen gehalten werden, und zwar in tariflichen.
Alles in allem findet das in dem vorliegenden Gesetzentwurf keinen Niederschlag. Deshalb werden wir ihn in Gänze ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit einer gewissen Erleichterung kann ich sagen: Wir haben es geschafft. Mit dem heutigen Beschluss des Landtages bringen wir ein neues Rettungsdienstgesetz auf den Weg - ein Politikfeld, in dem zahlreiche Akteure so unterschiedliche Interessen vertreten, dass der Vorgängerregierung der Mut fehlte, überhaupt aktiv zu werden. Es bedurfte erst eines liberalen Ministers und einer liberalen Fraktion, um die Sache beherzt in Angriff zu nehmen.
(Heiterkeit und Zustimmung bei der FDP - Herr Höhn, Linkspartei.PDS: Da haben wir aber Schwein gehabt! - Frau Bull, Linkspartei.PDS: Gerade so! - Zuruf von Herrn Dr. Köck, Linkspar- tei.PDS - Unruhe)
Meine Damen und Herren! Es ist ein gutes Gesetz; denn wir haben an vielen Knackpunkten deutliche Verbesserungen vereinbart. Da die Opposition gerade in den letzten Tagen wieder Panikmache und sachfremde Kritik inszenierte,
Mit der verpflichtenden Einführung des ärztlichen Leiters für den Rettungsdienst in allen Rettungsdienstbereichen erfüllen wir eine zentrale Forderung der Ärzteschaft und des Sachverständigenrates im Gesundheitswesen. Notfallmedizinische Belange wie Fragen der Aus- und Weiterbildung des Leitstellenpersonals, das Qualitätsmanagement oder die Einführung von standardisierten Abfrageverfahren werden künftig bessere Berücksichtigung finden. Damit verbessert sich im Übrigen nicht nur die Versorgungsqualität, sondern auch die Wirtschaftlichkeit des Rettungsdienstes, insbesondere dann, wenn infolge
Meine Damen und Herren! Damit kommen wir zu einer zentralen Forderung der gesetzlichen Krankenversicherung, zu der Reduzierung der Anzahl der Leitstellen. Mit der Lösung, die wir entwickelt haben, wird ein komplizierter, aber auch vernünftiger Spagat vollzogen; denn die Gestaltung der künftigen Rettungsdienstbereiche verbleibt im eigenen Wirkungskreis, in der eigenen Verantwortung der Landkreise. Das Land behält es sich lediglich vor, wenn es um die Einführung des kostspieligen Digitalfunks geht, festzulegen, wohin die finanziellen Hilfen gesteuert werden.
Meine Damen und Herren von der SPD, Sie glauben doch nicht im Ernst, dass wir uns mit einer Zustimmung zu Ihrem Änderungsantrag Ihren abstrusen Großkreisphantasien ergeben.
Meine Damen und Herren! Ein Wort zur Versorgungssicherheit. Wenn es nach der SPD gegangen wäre, dann hätten wir eine flächendeckend schlechtere Versorgung der Bevölkerung; denn die SPD ist es doch gewesen, die mit ihrem Gesetzentwurf die Hilfsfrist verlängern wollte.
Meine Damen und Herren! Im neuen Rettungsdienstgesetz werden die Belange aller Leistungserbringer berücksichtigt: die der gemeinnützigen Hilfsorganisationen, aber auch die der gewerblichen Rettungsdienstunternehmen. Ich erinnere an erster Stelle an die Verlängerung der Genehmigungsdauer für die Beauftragung im Rettungsdienst. Das ist § 11 Abs. 3. Die Frist wird von vier Jahren auf nunmehr sechs Jahre verlängert. Dadurch erhalten alle Leistungserbringer ein höheres Maß an betriebswirtschaftlicher Planungssicherheit.
Doch nun zu dem Vorwurf der Opposition, wir würden das Ehrenamt nicht achten. Nein, meine Damen und Herren, ganz im Gegenteil: Das Ehrenamt wird auch von uns geschätzt und gestärkt. Die gemeinnützigen Hilfsorganisationen erhalten an vielen Stellen finanzielle Unterstützung für ihre ehrenamtliche Arbeit. Nur muss man sich schon fragen, ob das Rettungsdienstgesetz ordnungspolitisch der richtige Ort ist. Wir machen ein Gesetz darüber, dass eine Gesundheitsdienstleistung erbracht wird, die nach einem Vergabeverfahren auf Landkreisebene von der Krankenversicherung bezahlt wird. Die Eigenschaft, unter der diese Dienstleistung erbracht wird, ist dann eben nicht gemeinnützig, sondern unternehmerisch.
Meine Damen und Herren von der SPD und der PDS, der zentrale Unterschied zwischen Ihrer und unserer Koalition ist folgender:
(Frau Bull, Linkspartei.PDS: Wir haben keine Koa- lition! Da muss irgendetwas durcheinander gera- ten sein!)
Wir sind angetreten, damit wir in Sachsen-Anhalt Unternehmen ansiedeln können. Das bedeutet, wenn wir ein Gesetz schaffen, überlegen wir vorher: Ist dieses geeignet, Ansiedlungen zu fördern? Oder trägt es dazu bei, Ansiedlungen zu verhindern?