Die Deutsche Bahn fährt auf drei Netzen: auf dem Netz, zu dem der große Verkehrsvertrag abgeschlossen worden ist, auf dem Netz der Elbe-Saale-Bahn und auf dem Netz der Burgenlandbahn, die im Januar 2007 ans Netz geht. Das sind Töchter der Deutschen Bahn. Darüber hinaus haben wir das Nordharznetz. - So viel zu dem Transportmittel Bahn.
Meine Damen und Herren! Sorgen haben wir im Bereich der Netzinfrastruktur. Das muss deutlich gesagt werden. Das ist ein weiteres Problem. Gleichzeitig haben wir Sorgen bei dem gesamten Thema des Zustandes der Bahnhöfe bzw. der Immobilien der Bahn.
Zu viele Langsamfahrstellen im Netz verschlechtern die Qualität der Dienstleistungen der Bahn und wirken sich gleichermaßen ungünstig auf den Personen- wie auf den Güterverkehr aus. Ich habe veranlasst, dass eine ganz besonders unbefriedigende Situation im Bereich der
Strecke Halle - Sangerhausen - Nordhausen jetzt vom Eisenbahnbundesamt untersucht wird. Es gibt ermutigende Signale dahin gehend, dass sich DB Netz der Sache nicht nur annehmen wird, sondern auch nach Lösungen sucht.
Übrigens wird im Zuge der Teilprivatisierung ein Netzkontrollsystem beim Eisenbahnbundesamt eingerichtet. Durch die digitale Abbildung des Netzes wird der Bund dann erstmalig in die Lage versetzt, sich ein genaues Bild über den Netzzustand zu machen.
Meine Damen und Herren! Es ist eigentlich unser Problem, dass wir den Netzzustandsbericht für die Länder bis heute nicht zur Verfügung gestellt bekommen haben, weil wir erst dann auch gegenüber dem Bund unsere Position deutlich artikulieren können, wenn wir den Netzzustandsbericht bekommen haben und ihn für die Länder auswerten konnten.
Um sich einen Überblick über die zukünftige Ausgestaltung des Netzes zu verschaffen, werden die Länder einen regional gegliederten Netzzustandsbericht vom Bund einfordern. Das wird schon auf der nächsten Verkehrsministerkonferenz passieren.
Meine Damen und Herren! Zu dem Vorschlag des Bundeslandes Hessen zur Regionalisierung der Infrastruktur als Alternative zur Bewirtschaftung des Netzes durch die Bahn möchte ich mich hier vor dem Hohen Hause zunächst einmal nicht äußern, weil ich ab Januar mit diesem Problem beschäftigt bin, die Koordinierung zu übernehmen. Heute schon eine Positionierung dazu abzugeben, würde die Verhandlungen in den nächsten Wochen und Monaten sicherlich erschweren.
Ich bin gern bereit, einmal im Ausschuss darüber zu berichten, wie die Situation ist. Darauf sollten wir uns verständigen; denn es zeichnet sich ab, dass der Bund wenig dazu neigt, diesem Weg zu folgen. So viel kann ich zu dem Thema Regionalisierung der Eisenbahninfrastruktur schon sagen.
Der Bund möchte hingegen seine Verantwortung für die Infrastruktur umfassend neu regeln. Er wird die Eckpunkte dazu aber nicht in die so genannte Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung mit der Bahn integrieren, sondern in einem Gesetz festlegen. Dies soll seine Position als Eigentümer des Netzes stärken. Auch Bundesverkehrsminister Tiefensee hat angekündigt, dass er dieses bis März 2007 auf den Weg bringen wird. Die inhaltliche Diskussion wird dann folgen.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich an dieser Stelle betonen, dass bei dem jetzt durch das Bundesverkehrsministerium vorzubereitenden Privatisierungsgesetz die Länder in einem sehr frühen Stadium auf der Fachebene mit eingebunden werden sollen. Ich halte es für einen sehr sinnvollen Vorschlag, dass wir es nicht erst auf der politischen Ebene diskutieren, sondern dass die Fachleute aus den 16 Bundesländern es von Anfang an mit dem Bund gemeinsam erarbeiten. Ich denke, das ist ein neuer Qualitätssprung.
Ich stelle mit Schrecken fest, dass das Ende der Redezeit naht. Meine Damen und Herren! Deshalb nur noch zwei oder drei Anmerkungen. Ich sagte schon: Die Themen, die wir haben, sind erstens das Netz und zweitens die Bahnhöfe - das nicht nur in Halberstadt, sondern wir haben auch bei vielen anderen Bahnhöfen zu kämpfen.
Das Letzte, das ich noch ansprechen möchte, ist die Tatsache, dass wir in diesem Jahr wieder das Ärgernis
Meine Damen und Herren! Es ist jedes Jahr wieder dasselbe Spiel. Die Länder protestieren. Dann wird beim Regierungspräsidium in Darmstadt bei der Regulierungsbehörde Einspruch eingelegt. Der Einspruch wird dort angenommen und geht dann in Richtung Bundesregierung. Die Bundesregierung kann ihrerseits dies wieder aufheben.
Das Spiel läuft jedes Jahr nach den gleichen Mechanismen ab. Ich denke, das darf nicht sein. Entweder haben die Länder ein Mitspracherecht - dann muss es auch eine Wirkung haben - oder sie haben keines. Das möchte Sachsen-Anhalt jetzt einmal auf den Punkt bringen.
Wir sind dabei zu überlegen, ob wir, wenn die Bundesregierung die Preiserhöhung um 4 % wieder genehmigt, den Klageweg gehen. Wir wollen nicht mehr und nicht weniger als Einblick in die Kalkulationsunterlagen der Deutschen Bahn.
Es kann nicht sein, dass Energiepreissteigerungen jedes Mal Anlass für Preiserhöhungen sind; denn die Eisenbahnunternehmen schließen ihre Verträge nicht für einen Zeitraum von zwölf Monaten ab, sondern für einen Zeitraum von mehreren Jahren. Das muss einmal ein Ende haben. Man kann das nicht jedes Jahr damit begründen. Außerdem fallen die Preise für Dieselkraftstoff in diesem Jahr. Deshalb können die Fahrpreise nicht steigen.
Wenn wir einen lukrativen öffentlichen Personennahverkehr haben wollen, dann kann er nicht noch teurer werden, sonst nutzen noch weniger Fahrgäste Transportmittel auf dem Schienennetz. Das Gegenteil wünschen wir uns aber allesamt.
Abschließend, meine Damen und Herren: Ich bin gern bereit, über dieses Thema noch einmal im Ausschuss zu reden, weil es auch für die weitere Infrastruktur im Land sehr wichtig ist.
Meine Damen und Herren! Die Deutsche Bahn will Milliarden im Ausland ausgeben. Das war eine Meldung in der „Welt“ am 15. November 2006. Wir müssen einmal fragen, wie das zu verstehen ist.
Zur zweiten Bemerkung. Die Bahn ruft Bundesmittel nicht ab. Auch das ist ein Evergreen. Es ist in jedem Jahr dasselbe. An dieser Stelle habe ich teilweise für Herrn Mehdorn Verständnis; denn wenn der Bundeshaushalt erst im Juli oder August verabschiedet wird, dann hat er natürlich kaum Möglichkeiten dafür. Also lassen Sie uns gemeinsam darüber nachdenken, dass diese Mittel in das nächste Jahr übertragen werden, wenn wir wirklich Veränderungen im Netz und im Bereich der Bahn haben wollen. - Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Minister. - Als nächstem Debattenredner erteile ich Herrn Heft von der Linkspartei.PDS das Wort. Bitte schön, Herr Heft.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Gäste! Herr Minister Daehre, sofern es um die Selbstbestimmung der Länder bei der Preis- und Tarifbildung im SPNV geht, werden wir Sie mit Sicherheit unterstützen.
Die heutige Aktuelle Debatte ist überschrieben mit dem Titel „Für zukunftsfähige Bahn- und Preisstrukturen“. Sieht man sich die Ausführungen zu dem Antrag auf diese Aktuelle Debatte an, so stellt man fest, dass der eigentliche Anlass im letzten Absatz zutage tritt. Es bedarf viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass zukunftsfähige Preisstrukturen Gegenstand der Debatte sein sollen. Dies ist möglicherweise auch überhaupt nicht die Absicht.
Vielmehr soll ausschließlich der Kompromiss der Regierungskoalition in Berlin zur Veräußerung von 24,9 % der Deutschen Bahn AG an private Kapitalgeber - die Infrastruktur soll beim Bund verbleiben - Gegenstand der Debatte sein.
Anstatt grundsätzlich über das Ob und die Notwendigkeit der Veräußerung von Staatseigentum zu diskutieren, wird ausschließlich nur über das Wie debattiert. Wesentlich konstruktiver wäre eine Debatte über notwendige Kurskorrekturen, um die Bahnreform fortzuführen. Wie mangelhaft die Diskussion dabei geführt wird und welche Mängel die gefundenen Lösungen aufweisen, zeigt der Zeitraum der Diskussion und das permanente Verwerfen dieser so genannten Lösungen.
Die seit Monaten geführte Diskussion zur Veräußerung der Deutschen Bahn AG oder auch nur von Teilen davon wird maßgeblich von handfesten Verwertungsinteressen zur Umverteilung gesellschaftlichen Eigentums in wenige private Taschen bestimmt.
Pläne zur Veräußerung auch nur von Teilen öffentlicher Daseinsvorsorge lehnt die Fraktion der Linkspartei.PDS im Landtag von Sachsen-Anhalt ab. Ebenso wie 71 % der Bevölkerung sind wir der Meinung, die Bahn hat an der Börse nichts zu suchen.
Für uns gehört das Vorhalten einer ausreichenden, den Mobilitätsbedürfnissen der Bevölkerung dienenden Infrastruktur zu den Grundaufgaben einer öffentlichen Daseinsvorsorge, welche nicht der privaten Verwertung im Sinne des Marx’schen Mehrwertes unterworfen werden darf.
Die Folgen eines derartigen Handelns, meine Damen und Herren, können heute, obwohl sich die britische Regierung entschlossen hat, die Infrastruktur in eigene Hände zu nehmen, in Großbritannien beobachtet werden. Die Verwertung öffentlichen Eigentums an Verkehrsinfrastruktur führt im ÖPNV und im SPNV unter anderem zu fast ausschließlich eigenwirtschaftlichen Verkehren. Dies ist per se sicherlich nicht negativ, sofern ebenso intensiv gemeinwirtschaftliche Relationen bedient werden.
Für alle Verkehrspolitiker sollten die Verkehrsteilnehmer und im ÖPNV oder SPNV die Fahrgäste höchste Priorität genießen. An deren Interessen hat sich unser Handeln auszurichten.
Der von der Regierungskoalition in Berlin in diesen Tagen veröffentlichte Kompromiss ist aus unserer Sicht ein fauler Kompromiss. Dieser Kompromiss favorisiert ein Eigentumsmodell, welches völlig schleierhaft ist. Diese Offerte aus Berlin ist höchstens ein drittklassiger Versuch, den Börsengang der Deutschen Bahn AG mit Netz jetzt über ein Nebengleis in Fahrt zu bringen.
Erinnern wir uns an die Ziele der Bahnreform im Jahr 1993. Erstens ging es um eine Entlastung des Bundes vom Haushaltsrisiko der Deutschen Bahn und um eine Erwirtschaftung von Gewinnen. Zweitens ging es darum, durch Privatisierung und Regionalisierung mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, und drittens um faire Wettbewerbsbedingungen für die Bahn durch die Beseitigung von ungleichen Wettbewerbsbedingungen zugunsten des Straßen- und Luftverkehrs. Von allen drei Zielen sind wir heute, 13 Jahre danach, weiter entfernt als je zuvor. Die Realität spricht eine deutliche Sprache.
Der Bund bezahlt pro Jahr mehr als 25 Milliarden € für die Infrastruktur im Fernverkehr und für die im Verkehr ihm traditionell zugewachsenen Aufgaben. Angesichts knapper Kassen sucht die Bundesregierung nun Wege, um sich finanzieller Lasten zu entledigen. Sie plant, früher oder später Aktien der Deutschen Bahn AG zu veräußern. Wenn es heißt, die Bahn soll an die Börse, dann bedeutet dies keinesfalls, die Aktien wären in Sparkassenfilialen zu haben. Gesucht werden nur Anleger, die mit Milliardenbeträgen einsteigen. Ganze Aktienpakete kaufen Großinvestoren nur dann, wenn damit auch Erträge erzielt werden können. Daran ändert auch der aktuelle Kompromiss der Koalition in Berlin nichts.
Beide von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten, sowohl das Morgan-Stanley-Gutachten vom Frühjahr 2004 als auch das so genannte Primon-Gutachten vom März 2006, beruhen in ihren quantitativen Prognosen auf den Finanzplanungen der Deutschen Bahn AG. Das Hauptaugenmerk liegt auf Analysen zur Ertragskraft der Bahn. Die Ziele der Bahnreform bleiben völlig unterbelichtet. Die Gutachter des Primon-Teams beziffern die Einsparungen für den Bundeshaushalt bei einer Veräußerung mit Netz, also von 49 % des gesamten DB-Konzern einschließlich der Infrastruktur, auf 23 Milliarden €.
Der jetzige Kompromiss - ohne eine Veräußerung der Infrastruktur - brächte dann wohl nur einen Bruchteil dessen an Einnahmen für den Bund. Zwar sind auch diese bis dato nicht bezifferbaren Milliardenbeträge noch ziemlich viel Geld, doch als ein Spareffekt für einen Zeitraum von 20 Jahren - wie von der Koalition bei der Privatisierung der Deutschen Bahn AG beabsichtigt - nicht nur mager, sondern äußerst dürftig.
Da der Bund in jedem Fall weiterhin in der Pflicht steht, vor allem beim Aus- und Neubau der Bahninfrastruktur, können nur Gelder für den Nahverkehr gekürzt werden. Dies lehnen wir grundsätzlich ab.
Herr Schröder ging schon kurz auf den Wert der Deutschen Bahn AG ein, insbesondere auch auf die Netzinfrastruktur. Die Ausführungen hierzu werde ich nicht wiederholen. Allerdings rufe ich in Erinnerung, dass der Wert der Deutschen Bahnen bereits im Jahr 1994 ge
schönt wurde. Der Bund übernahm deren Schulden. Das Anlagevermögen in der Eröffnungsbilanz der Deutschen Bahn AG sank auf 13 Milliarden €. Tags zuvor waren Schienen, Bahnhöfe und Züge - zwar dieselben, aber zur Bundes- und Reichsbahn gehörend - noch 52 Milliarden € wert.
Damit Schienen, Brücken, Tunnel, Stellwerke oder Stromanlagen ihren Wert behalten, sind sie stetig instand zu halten. Bei durchschnittlich 33 Jahren normativer Nutzung sinkt ihr Wert jährlich um 3 %. So viel müsste die Bahn bei einer ordentlichen Betriebsführung jährlich in die Instandhaltung ihrer Infrastruktur investieren.
Auf Verschleiß gefahrene Infrastruktur und Langsamfahrstellen über mehrere Jahre hinweg, Sperrungen aus technischen Gründen zum Teil gegen den Widerstand der Aufgabenträger, auch der Länder, eine Gefährdung der Einhaltung von Taktfahrplänen und ein drastischer Rückbau von Weichen und Gleisen sprechen eine deutliche Sprache.
So wurden gemäß einer Antwort der Bundesregierung in der Drs. 14/3682 vom 28. Juni 2000 innerhalb der ersten fünf Jahre nach der verkündeten Bahnreform insgesamt 3 340 km an Schienenstrecke stillgelegt. Nach Angaben des Verbandes deutscher Verkehrsunternehmen wurden im selben Zeitraum von 14 380 Gleisanschlüssen 8 143 abgebaut.
Wegen vieler Engpässe schloss mancher vorschnell, das Netz möge staatlich bleiben, nur das, was rollt, gehöre in Privathand. Dass es kontraproduktiv ist, Netz und Betrieb zu trennen, zeigt der Reiseverkehr. Züge werden bald nur noch dort fahren, wo es sich rechnet. Müssten die Länder dafür Ersatz durch Regionalzüge bestellen, würden die Gelder der Länder und des Bundes knapper, um Bus und Bahn voranzubringen. Die Auswirkungen dieser Entwicklung träfe den Fahrgast, welcher mit massiv steigenden Fahrpreisen konfrontiert würde. Dies wiederum setzt eine abwärts gerichtete Spirale in Gang, an deren unterem Ende die Abbestellung von Leistungen im SPNV durch die Länder steht.