Protokoll der Sitzung vom 17.11.2006

Ich habe mir das Ziel gesetzt, einen ersten Entwurf des Landesentwicklungsplanes im ersten Halbjahr nächsten Jahres vorzulegen. Ich bin gern bereit, im Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr, im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, im Ausschuss für Umwelt sowie im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit und, wenn gewollt, auch noch in weiteren Arbeitsgruppen bzw. Kommissionen, wie im Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD gefordert, zu berichten.

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich Folgendes sagen: All das, was wir im neuen Landesentwicklungsplan unterbringen werden, wird immer unter dem Thema Demografie stehen. Denn wir müssen alle Gesetze, all das, was wir auf den Weg bringen, immer vor dem Hintergrund der Bevölkerungsentwicklung sehen. Deshalb wäre es sicherlich sinnvoll, einen so genannten Demografie-TÜV einzuführen, damit wir immer wieder abgestuft auf die Entwicklung der Bevölkerung in dünn besiedelten Räumen, aber auch im Verhältnis von Stadt und Umland eingehen können. - So viel zu den Themen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Daehre. - Herr Eckert hat eine Nachfrage. Bitte schön.

Herr Minister, bis wann haben die Verbände, Vereine usw. die Möglichkeit, Stellungnahmen bei Ihnen abzugeben? Zweitens. Sind Vereine und Organisationen von Ihrem Haus angeschrieben und um Stellungnahmen gebeten worden?

Die Verbände sind angeschrieben worden. Ich weiß jetzt nicht, ob alle Verbände angeschrieben wurden. Ich stelle Ihnen eine Liste der Verbände zur Verfügung, die angeschrieben worden sind.

Wir haben als Termin den 30. Oktober 2006 genannt, bis zu dem die ersten Stellungnahmen bei uns eingehen sollten. Ich weiß, dass Kritik gekommen ist, dass dies viel zu kurz sei. Wir haben aber von den meisten Verbänden eine qualifizierte Rückantwort bekommen.

Es ist jederzeit möglich, noch Stellungnahmen abzugeben, die eingearbeitet werden können. Wir werden eine Stellungnahme, die am 1. November oder am 1. Dezember 2006 eingeht, nicht ignorieren, wenn sie denn Sinn macht.

(Zustimmung bei der CDU)

Weitere Fragewünsche kann ich nicht erkennen. Vielen Dank, Herr Minister Daehre. - Nun spricht Herr Wolpert für die Fraktion der FDP.

Sehr geehrter Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen soll der Landtag den Beschluss der Ministerkonferenz „Leitbilder und Handlungsstrategien in Deutschland“ vom 30. Juni 2006 begrüßen. Weiterhin wird die Landesregierung ersucht, ihre Vorstellungen zur Umsetzung der Entwicklungsstrategie für das Land Sachsen-Anhalt in diversen Ausschüssen zu erläutern.

Vorab sei gesagt: Gegen eine Berichterstattung ist im Prinzip nichts einzuwenden. Die nachträgliche Akklamation des Beschlusses der Ministerkonferenz ist allerdings zumindest unüblich und sollte nicht dazu führen, dass der Landtag generell Beschlüsse von Ministerkonferenzen im Nachhinein adelt.

(Zustimmung von Herrn Kley, FDP - Minister Herr Dr. Daehre: Das haben wir in den letzten vier Jahren aber immer gemacht! - Zuruf von Herrn Bischoff, SPD)

- Da waren es ja unsere Minister.

(Minister Herr Dr. Daehre: Ach so!)

Gestatten Sie mir eine Anmerkung zu dem Antrag der CDU und der SPD sowie dem noch zu behandelnden Antrag der Linkspartei.PDS. Der PDS-Antrag stammt vom 8. November 2006 und der Antrag der Koalitionsfraktionen vom 9. November 2006. Bei der thematischen Nähe der Anträge drängt sich der Eindruck auf, dass das ein Reflex auf den PDS-Antrag war und nicht etwas, was

erst in einer der nächsten Sitzungen im Zusammenhang mit einem anderen Antrag beraten werden sollte.

Herr Minister, Ihre Haltung ist mir bei beiden Anträgen nicht ganz verständlich. Den PDS-Antrag sollen wir ablehnen, weil die Beteiligung des Landtages sowieso vorgeschrieben und momentan nicht möglich ist. Den CDUAntrag zur Berichterstattung begrüßen Sie allerdings, obwohl auch das jetzt nicht möglich ist. Diesbezüglich bin ich ein wenig verwirrt.

Sie wollen einen Landesentwicklungsplan möglichst schon im ersten Halbjahr des nächsten Jahres vorlegen. Eines habe ich wohl nicht richtig verstanden: Sie wollten bei den Gremien der SPD und der CDU berichten. Bei uns doch auch, oder?

(Minister Herr Dr. Daehre: Mit großem Vergnü- gen, Herr Kollege!)

- Das ist schön, das wollte ich doch hören.

Meine Damen und Herren! Die Bekanntgabe der beabsichtigten Fortschreibung des Landesentwicklungsplanes mit Datum vom 5. September 2006 hat offensichtlich die Linkspartei.PDS veranlasst, eine detaillierte Unterrichtung zu fordern. Dabei soll nicht nur über verfahrensrelevante Aspekte, sondern auch über diverse Sachverhalte berichtet werden.

Das ist durchaus zu begrüßen, handelt es sich doch bei der Festlegung des Rahmens für die zukünftige Raumentwicklung um elementare Fragen. Diese müssen gelöst werden, und zwar dergestalt, dass wir eine nachhaltige Raumentwicklung erreichen.

Ich gebe zu, dass der Begriff der Nachhaltigkeit im politischen Raum häufig stark strapaziert wird. Wir brauchen aber eine Entwicklung, die sowohl den heutigen Bedürfnissen als auch denen der späteren Generationen Rechnung trägt. Denn klar ist auch: Die räumlichen Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung werden ein Schlüsselthema der gesellschaftlichen Diskussion in den kommenden Jahren und Jahrzehnten sein.

Die demografische Entwicklung mit der sinkenden Einwohnerzahl bei gleichzeitig steigendem Durchschnittsalter der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt wirft neue Fragen im Hinblick auf die Daseinsvorsorge auf: Wie kann vor diesem Hintergrund die Daseinsvorsorge auch in Zukunft sichergestellt werden? Erbringt der so genannte Gewährleistungsstaat die Daseinsvorsorge weiterhin selbst in Form der Leistungsverwaltung oder reguliert er deren Erfüllung durch private Akteure?

Es geht also nicht nur um die Frage, welche Orte diese umfassende Versorgung der Bevölkerung wahrnehmen können, sondern auch um die Frage, ob und, wenn ja, in welchem Umfang Private hier tätig werden können.

Auch die fortschreitende Globalisierung, der internationale Wettbewerb der Standorte sowie die weitere Entwicklung innerhalb Europas sind Anlass, die Landesentwicklung im Land fortzuschreiben. Das ist sicherlich unstreitig. In diesem Zusammenhang wird aber eine Reihe weiterer Fragen aufgeworfen.

Zunächst ist zu fragen, ob die Landesregierung bei der Fortschreibung des Landesentwicklungsplanes lediglich den Status quo feststellen will oder ob man die Entwicklung selbst forcieren will und kann. Mit anderen Worten: Wird man lediglich den Istzustand feststellen oder geht es um eine dynamische Entwicklung im Bereich der Landesentwicklung?

Die Bekanntgabe der Planungsabsicht zur Fortschreibung des Landesentwicklungsplanes hilft an dieser Stelle noch nicht wesentlich weiter, da von Überprüfungen die Rede ist. Bei den regionsspezifischen Entwicklungspotenzialen ist zum Beispiel die Rede von einer Weiterentwicklung. Was das konkret bedeutet, ist vorerst unklar.

Die Neuaufstellung des Landesentwicklungsplanes soll, so geht weiter aus der allgemeinen Planungsabsicht hervor, das Zentrale-Orte-System überprüfen. Damit wird dieses System vielleicht sogar völlig infrage gestellt, jedenfalls insoweit, als bei einem Bevölkerungsrückgang die Mittelzentren letztlich die Kerne der öffentlichen Daseinsvorsorge darstellen; so heißt es ausdrücklich in der Planungsabsicht. Oder geht es letztlich darum, die verschiedenen Stufen der Zentralorte-Hierarchie weiter zu differenzieren?

Antworten erhoffe ich mir auch auf die Frage, welche Prioritäten bei der Festlegung des Zentrale-Orte-Systems gesetzt werden. Geht es eher um die Tragfähigkeit der zentralen Einrichtungen in den zentralen Orten oder eher um die Erreichbarkeit der Einrichtungen durch die privaten Haushalte in der Fläche?

Darin gebe ich Ihnen Recht: Spätestens dann wird das Haus gefüllt sein und wir werden auch wieder emotionale Debatten haben.

Insgesamt jedenfalls sollte nach Meinung der FDP an dem System der zentralen Orte festgehalten werden. Es sollte weiterhin ein Bestandteil der landes- und regionalplanerischen Ziele und Instrumente bleiben. Insofern erhoffe ich mir aus der Fortschreibung des Landesentwicklungsplanes eine Antwort darauf, wie die Daseinsvorsorge künftig gewährleistet werden soll.

Die Schwerpunktstandorte wirtschaftlicher Entwicklung in Sachsen-Anhalt sollen - so ist es in der Fortschreibungsabsicht zu lesen - hinsichtlich ihrer infrastrukturellen Ausstattung gestärkt werden. So weit die Absichtserklärung. Die realen Zwänge der Haushaltskonsolidierung lassen befürchten, dass es insoweit bei dieser Absichtserklärung bleiben wird.

In der Fortschreibungsabsicht zum Landesentwicklungsplan ist zu lesen:

„Die Achsen der Verkehrsinfrastruktur mit Nachbarländern und Nachbarstaaten sollen im Rahmen der transeuropäischen Netze harmonisiert werden. Unter raumordnerischen Gesichtspunkten ist die Erhaltung bzw. die Schaffung von Standortvoraussetzungen für eine wachstumsbegünstigte Wirtschaft von hohem Stellenwert.“

Diese Voraussetzungen zu schaffen bedingt aber Investitionen. Diesbezüglich gibt es eine ganze Reihe von Zweifeln, wie dies letztlich gewährleistet werden soll. Der Landeshaushalt und vor allem die mittelfristige Finanzplanung avisieren einen geradezu dramatischen Rückgang der Investitionen. Die Erhaltung bzw. die Schaffung von Standortvoraussetzungen für eine wachstumsbegünstigte Wirtschaft bedingt eben auch eine nennenswerte Investitionstätigkeit.

Die Absichtserklärung im Hinblick auf eine bedarfsgerechte Gestaltung der Verkehrssysteme bzw. der gesamten Infrastruktur zur Sicherung von Standortattraktivität und Lebensqualität in allen Landesteilen wirft auch die Frage auf, wie dieses Ziel auch und gerade angesichts der drastischen Kürzung der Regionalisierungs

mittel erreicht werden kann. Jede Absichtserklärung zu der Verkehrsinfrastruktur steht insofern unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit.

Ich bin sehr gespannt, ob dem Minister für Landesentwicklung und Verkehr dieser Spagat gelingen wird. Ich habe nun auch gehört, dass er zuversichtlich ist, dass eine Landesplanung stattfinden wird. Ich gehe davon aus, dass die Daseinsvorsorge nicht nur durch öffentliche Dienstleistungen und private Dienstleistungen vonstatten geht. Das heißt also, auch die Landesbehördenstruktur wird Einfluss auf die Raumentwicklung haben. Dazu haben wir nachher noch einen schönen Tagesordnungspunkt. Aber ich habe gestern gehört, dass alle Minister das tun werden, was der Minister für Landesentwicklung und Verkehr tun will. Da bin ich schon beruhigt.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Wolpert. - Nun wäre Herr Bergmann noch einmal dran, wenn er es möchte. - Nicht. Dann Herr Dr. Köck, bitte.

(Herr Dr. Köck, Linkspartei.PDS: Herr Schröder!)

- Herr Schröder dann auch noch einmal, wenn er Lust hat.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren! Der Antrag der beiden regierungstragenden Fraktionen lautet: „Die Landesregierung wird ersucht, ihre Vorstellungen zur Umsetzung... vor den Ausschüssen zu erläutern“. Frage 1 in unserem Antrag lautet: „Welche Anforderungen ergeben sich aus den Leitbildern... für uns?“ Zwischen „Vorstellungen äußern“ und „Anforderungen erläutern“ sehe ich keinen Unterschied.

Insofern, Herr Wolpert, ist ganz klar - - Es lag dem Ältestenrat nur die Überschrift des Antrages vor, nicht der Text. Da hat die Landtagsverwaltung Überstunden einlegen müssen. Der Text ist im vollen Wortlaut erst am Samstagnachmittag im Netz erschienen. Aber das ist nicht das Entscheidende, sondern entscheidend ist, dass die Absicht besteht, den Landesentwicklungsplan neu aufzustellen.

Wir gehen durchaus d’accord, Herr Minister Daehre, dass das Erfordernis besteht, das, was bisher da war, auf den Prüfstand zu stellen. Aber wir als Landtag wollen - deswegen haben wir das Landtagsinformationsgesetz - von Anfang an einbezogen werden. Ich möchte nicht dort landen, wie es im Landesplanungsgesetz, verändert durch das Zweite Investitionserleichterungsgesetz, steht:

„Der Landesentwicklungsplan wird von der Landesregierung beschlossen. Die Landesregierung gibt dem Landtag zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme.“

Ich möchte, dass wir als Parlamentarier in diese gesamten Prozesse - sie sind wichtig, es ist viel im Schwanken - wirklich einbezogen werden. Das kann durchaus auch ein kleiner Kreis sein. Das sind keine Marginalien.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)