Protokoll der Sitzung vom 08.06.2006

Dazu werten wir gegenwärtig die Erfahrungen anderer Länder und die bisher in diesem Zusammenhang ergangene Rechtsprechung aus. Wir haben uns darauf geeinigt, dass eine gesetzliche Regelung erst nach einer Freiwilligkeitsphase und nach der Auswertung der dabei gewonnenen Erfahrungen in Angriff genommen werden wird.

In dieser ersten Phase werden wir gemeinsam nur erfolgreich sein, wenn es uns gelingt, deutlich zu machen, dass dieser Strukturwandel eben nicht zum Verlust historisch gewachsener Individualität führt, wohl aber gerade im ländlichen Raum zu einem Zugewinn an eigenen kommunalen Gestaltungschancen. Um zukunftsfähig im 21. Jahrhundert sein zu können, müssen auch wir uns

aus manchen Strukturen des 19. und 20. Jahrhunderts weiter entwickeln. Auf diesem Weg wollen wir alle mitnehmen, denen die Zukunftsfähigkeit unseres Landes wichtig ist.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Diese Strukturreform, meine Damen und Herren, ist aber nur ein Teil einer sehr grundsätzlichen Überarbeitung der Landesentwicklungsplanung. Die demografische Entwicklung und die finanziellen Möglichkeiten zwingen zu einer neu zu durchdenkenden, querschnitts- und effizienzorientierten fachübergreifenden Raumordnung und Landesplanung. Wir brauchen eine moderne Vision, wie unser Land künftig aussehen soll und in welchen Städten und Kommunen wir wie leben wollen. Im Zusammenhang mit der kommunalen Gebietsreform ist diese Frage für die Gemeinden und im Zusammenhang mit der Internationalen Bauausstellung 2010 für die Städte neu zu ordnen und zu entscheiden. Die bisher vorrangig nachteilsausgleichende Förderpolitik für strukturschwache Räume muss in diesem Zusammenhang zu einer regionalen Wachstums- und Innovationspolitik umgesteuert werden.

(Beifall bei der SPD)

Die größtmögliche Einbindung der Bürger in die Erarbeitung neuer Zielvorstellungen ist dabei ein gemeinsames Anliegen. Solidarische Strukturen wie Zweckverbände, abgestimmte Konzepte für den Regionalverkehr oder Vernetzung verschiedener Verkehrsträger existieren ja bereits. Nur durch die Optimierung bestehender und die Schaffung zusätzlicher Netzwerke als eine Form der solidarischen Aufgabenerfüllung werden wir diese zukünftigen Probleme lösen können.

Andere, ebenso wichtige Aufgaben der laufenden Legislaturperiode haben weniger öffentliche Aufmerksamkeit gefunden. Wir wissen längst, dass unsere Wirtschaft nicht erfolgreich sein wird, wenn wir nur nachmachen, was andere schon bis zur Marktsättigung gemacht haben. Wir werden nur erfolgreich sein, wenn wir auch innovativ sind. Das war schon vor 100 Jahren so, als die Wirtschaftsregion Mitteldeutschland sich bereits einmal erfolgreich entwickelte. Heute sind wir ein wenig stolz auf diese Vergangenheit.

Ein Rückblick in diese Zeit zeigt aber auch, dass man dabei einen langen Atem haben muss. Wir sind heute stolz zum Beispiel auf den erstmaligen Bau eines Ganzmetallflugzeuges im Jahr 1919 in den Junkers-Werken in Dessau, mit dem damals erstmals ein Höhenweltrekord von über 6 700 m erreicht wurde. Aber das war das Ergebnis einer 30-jährigen ingenieurtechnischen Forschungs- und Entwicklungsarbeit und nicht das Ergebnis einer kurzfristig umgesetzten Idee.

Wir sind heute stolz auf die Entwicklung des ersten DreiSchichten-Farbfilms im Jahr 1936 bei Agfa-Wolfen. Aber auch dies war das Ergebnis einer fast 40-jährigen Firmengeschichte und etwa 14-jähriger Versuchsarbeiten mit der so genannten Dünnschichtchromatografie.

Wir erzählen auch voller Stolz von der Entdeckung und industriellen Herstellung des Sacharins als Zuckerersatzstoff durch die Firma Fahlberg. Diese Entwicklung hat damals 18 Jahre gedauert und dann noch einmal etwa 14 Jahre, bevor es zu einer exorbitanten Produktionsausweitung kam.

Meine Damen und Herren, ich habe den Verdacht, das wird auch zu Beginn unseres Jahrhunderts, in unserer Zeit kaum anders sein.

Auf den regionalen Traditionen aufbauend, haben sich einige Branchen in der Zwischenzeit sehr gut entwickelt. Das betrifft die chemische Industrie im Olefin-Verbund mit dem Forschungsschwerpunkt im Bereich der Polymersynthese, das betrifft die Fotovoltaik auf der Grundlage von Erfahrungen aus der Dünnschichtchromatografie. In anderen Bereichen sind es moderne Technologien der Guss- und Zerspanungstechnik, die dem Wirtschaftsstandort in der Zwischenzeit wieder Profil geben.

Es gibt inzwischen viele Beispiele, die durchaus zu Optimismus berechtigen. Wir müssen diesen Weg weitergehen und als einen wichtigen Aspekt der Wirtschaftsförderung die Innovationsförderung ausbauen. Die anwendungsorientierte Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsförderung soll künftig im Wirtschaftsministerium zusammengeführt werden.

Sachsen-Anhalt ist eines der wenigen Länder in Deutschland, die noch keine eigene Stiftung zur Landesentwicklung haben. Deshalb soll eine Landesinnovationsstiftung errichtet werden. Verkaufserlöse sollen nur dem Grundstock des Landes oder einer solchen Stiftung als revolvierender Fonds zur Verfügung gestellt werden und nicht mehr in den Haushalt als allgemeine Deckungsmittel eingestellt werden. Dadurch wird sichergestellt, dass das Vermögen des Landes erhalten bleibt und nicht aufgezehrt wird. Einige andere Länder in Deutschland haben dieses Prinzip sogar in ihrer Landesverfassung festgeschrieben.

Der Einsatz der Mittel zur Wirtschafts- und Innovationsförderung über eine solche Stiftung darf dann aber auch nur über abgesicherte Darlehen erfolgen. Dadurch soll auf Dauer die Fähigkeit des Landes erhalten bleiben, fördernd unterstützen zu können.

Gerade in der Wirtschaft haben sich unter dem besonderen Wettbewerbs- und Leistungsdruck während der letzten zehn bis 15 Jahre neue solidarische Strukturen gebildet, die sich bewährt haben. Das begann mit gemeinsamen Serviceunternehmen zur infrastrukturellen Erschließung von Gewerbegebieten, wie etwa Infra Leuna oder dem Chemiepark Bitterfeld. Das führte zu sehr erfolgreichen Netzwerken der Automobilzulieferindustrie oder der chemischen Industrie und das wird zur regionalen Clusterbildung führen, die bereits begonnen hat. Diese Entwicklung muss konsequent weitergeführt und durch zusätzliche Formen der Zusammenarbeit, insbesondere mit den ingenieurwissenschaftlichen Einrichtungen, erweitert werden.

Meine Damen und Herren! Dass Bildung eine der wichtigsten Ressourcen unseres rohstoffarmen Landes ist, ist inzwischen unbestritten. Dass man dabei immer wieder über die beste Methodik und die besten Organisationsstrukturen streiten kann, wird wahrscheinlich so bleiben. Mit einem Bildungskonvent wollen wir uns an dieser Diskussion beteiligen.

Von der vorschulischen Bildung bis zur Erwachsenenbildung und von den Konzeptionen für Kindergärten bis zu den Strukturen der Hochschulen gibt es für alle Ausbildungsstufen unterschiedliche Angebote und Empfehlungen. Weder nach den finanztechnischen Definitionen noch nach den Interpretationen im jährlichen Fortschrittsbericht über die Verwendung von Sonderbundesergänzungszuweisungen gelten die dafür ausgegebenen Mittel als investiv verausgabt. Das werden wir sicherlich nicht ändern können. Wir werden uns aber darum bemühen, dass sie im Rahmen einer Gesamtbewertung in den Fortschrittsberichten berücksichtigt werden.

Der Grundsatz, dass regelmäßig wiederkehrende Ausgaben nicht mit nur zeitweiligen Einnahmen finanziert werden sollten, sollte allerdings unbestritten sein und auch von uns respektiert werden.

Dass Investitionen in Menschen auch Investitionen in die Zukunft sind, wird niemand ernsthaft abstreiten. Aber nur wenn die so geförderten Personen in unserem Land Arbeit finden, sind dies auch Investitionen in die Zukunft unseres Landes. Dem steht nicht entgegen, dass wir dem Fremdsprachenunterricht in einer immer mehr zusammenwachsenden Welt zunehmende Bedeutung beimessen müssen. Im Gegensatz zu früher sind unsere heutigen Grenzen die Grenzen unserer Sprachfähigkeiten. Wer sich mehr von dieser Welt erschließen will, der muss auch mehrere Sprachen verstehen und möglichst auch sprechen können.

Bei den Aufgaben zur Steuerung des Arbeitsmarktes stehen wir vor ganz anderen, aber nicht weniger großen Problemen. Auch in diesem Jahr werden wieder besondere Bemühungen notwendig werden, um genügend Ausbildungsplätze zu organisieren und anbieten zu können.

Regelmäßig beklagen sich die Präsidenten der Kammern und Ausbilder über einen ungenügenden Bildungsstand der Schulabgänger und über eine viel zu hohe Abbrecherquote nach vermittelter Berufsausbildung. Gemeinsam mit den Verbänden werden das Kultusministerium sowie die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung Projekte zur besseren Vorbereitung auf die Berufsausbildung organisieren. Es sind vermutlich die Erfahrungen unserer Vergangenheit, weshalb solche Projektangebote in den neuen Ländern - das wird mir insbesondere aus der Stiftung berichtet - dankbarer als in den westlichen Bundesländern aufgenommen werden. Wir wollen uns gern daran beteiligen und sehen bei uns einen eigenen Handlungsbedarf.

Auch im Bildungsbereich gibt es Strukturen solidarischer Zusammenarbeit, die sich bereits bewährt haben, und den Bedarf an neuen, innovativen Angeboten. Wenn das Kultusministerium jetzt bemüht ist, die so genannte Sitzenbleiberquote in den Sekundarschulen zu senken, dann kommt niemand auf den Gedanken, in falscher Solidarität das gesamte Leistungsniveau absenken zu wollen. Aber in klassen- oder schulübergreifenden Strukturen zusätzliche Förderkurse anzubieten, ist ein solcher Weg.

Dass vor diesem Hintergrund - ich will deutlich sagen, nicht in Sachsen-Anhalt, sondern in einer überregionalen Zeitung - von interessierten Verbänden schnell die Forderung nach zusätzlichen Fördermitteln erhoben wird, entspricht einer Fördermittelmentalität, die wir in allen Bereichen während der vergangenen zehn bis 15 Jahre selbst mit induziert haben. In allen diesen Bereichen aber werden wir unsere zukünftigen Probleme nicht mit mehr Geld, sondern nur mit innovativen Formen der Zusammenarbeit lösen können. Im Hochschulbereich haben wir bereits die gesetzlichen Grundlagen für solidarische Kooperation und Strukturabstimmung geschaffen.

Das gilt ebenso für einen anderen Bereich, nämlich für die Angebote auf dem zweiten Arbeitsmarkt. Die meisten Investitionen sind inzwischen sehr kapitalintensiv und technologisch hochmodern. Fast immer entstehen nur verhältnismäßig wenige, dafür aber hochqualifizierte Arbeitsplätze. Noch längere Zeit werden wir die Möglichkeiten des zweiten Arbeitsmarktes nutzen müssen. Die zwar immer noch hohe Arbeitslosenquote ist trotzdem

die seit neun Jahren niedrigste Quote in unserem Land. Wir stellen erstmals auch einen Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit fest und hoffen, dass diese Entwicklung weitergeht.

Von den neuen Ländern sind wir derzeit das einzige, das aktuell keinen Rückgang bei der Zahl der versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse aufweist. Das ist insbesondere auf die konzertierte Aktion des Landes, der Agenturen für Arbeit, der Arbeitsgemeinschaften und der optierenden Kommunen zurückzuführen, die in Sachsen-Anhalt nicht gegeneinander, wohl aber gemeinsam und mit gemeinsamen Konzepten gegen die Arbeitslosigkeit vorgehen und sich diesbezüglich regelmäßig austauschen.

Wir nutzen intensiv eine Kombilohnvariante des SGB II, nach der Freibeträge bei Erwerbstätigkeit und Einstiegsgeld zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit von Arbeitslosen kombiniert werden können. Bis Mai dieses Jahres konnten 1 435 Beziehern von Arbeitslosengeld mithilfe dieser Instrumente Arbeitsplätze vermittelt werden - mehr als in allen anderen Bundesländern.

Gegenwärtig wird eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung dieser bei uns entwickelten Kombilohnvariante vorbereitet. Die Zusätzlichkeit der eingerichteten Arbeitsplätze, das Lohngefüge, das Qualifikationsniveau der so Eingestellten und die Nachhaltigkeit der Beschäftigungsverhältnisse sollen ausgewertet werden. Das Ziel sind Schlussfolgerungen und Empfehlungen hinsichtlich notwendiger Rahmenbedingungen für die eventuelle Einführung von Mindestlöhnen.

Bundesweit hat Sachsen-Anhalt bei der Umsetzung dieser Möglichkeiten des SGB II inzwischen eine Pilotfunktion übernommen. Einen richtigen Durchbruch bei der Senkung der Arbeitslosigkeit haben wir damit allerdings noch nicht erreichen können.

Deshalb suchen wir nach innovativen neuen Konzepten. Noch in diesem Monat werden Gespräche mit der Bundesagentur für Arbeit über sinnvolle und nutzbringende Arbeit im kommunalen und sozialen Bereich beginnen, die vorhanden ist, die aber in den gegenwärtigen Strukturen nicht finanziert werden kann. Wir wollen möglichst vielen Arbeitslosen eine Alternative zur erzwungenen Untätigkeit aufzeigen.

Das ist für uns, meine Damen und Herren, ein sehr grundsätzliches Problem. Aus dem Makel einer mehr als ein Jahrzehnt andauernden hohen Arbeitslosigkeit möchten wir wenigstens Alternativen für den Arbeitsmarkt der Zukunft mitentwickeln. Wer die nach dem historischen Transformationsprozess neu aufgebauten Produktionsmittel, Produktionsweisen und Produktionsverhältnisse kennt, wird feststellen müssen, dass immer mehr mit immer weniger Menschen produziert wird. Diese Entwicklung wird weitergehen.

So notwendig weiteres Wirtschaftswachstum auch für uns ist, unsere Arbeitsmarktprobleme werden wir damit allein nicht lösen können. Aus demografischen Gründen werden die Zahlen in zehn Jahren sicherlich anders sein. Aber das Grundproblem wird bestehen bleiben.

Es spricht alles dafür, dass der Arbeitsmarkt auch zukünftig dreiteilig organisiert werden muss. Zwischen dem geschützten, über Sozialtransfers finanzierten und dem freien, tariffinanzierten Arbeitsmarkt wird es auch zukünftig eine Zwischenform geben müssen, die teils transfer- und teils tariffinanziert organisiert werden muss. Dafür suchen wir innovative Modelle und bieten wir uns

mit unserer gut organisierten Arbeitsverwaltung für Pilotprojekte an.

Selbst, meine Damen und Herren, wenn es jetzt überhöht klingen mag, sage ich: Ich sehe dahinter sehr grundsätzliche Probleme. In den neuen Bundesländern ist noch eine Generation in der politischen Verantwortung, die selbst sehr unterschiedliche Gesellschaftskonzeptionen erlebt hat. Wir haben erlebt, dass weltweit keine auf konsequente Verteilungsgerechtigkeit strukturierte und deshalb hochgradig kontrollierte Gesellschaft - auch nicht mit nachträglich erfundenen ökonomischen Hebeln - die Leistungsfähigkeit einer marktorientierten Wettbewerbsgesellschaft erreichen konnte. Wir haben aber erlebt und erleben noch, dass die nationalen Mechanismen zur Sozialpflichtigkeit einer Marktwirtschaft unter den Bedingungen der Globalisierung nicht mehr greifen können und wahrscheinlich nur durch internationale Vereinbarungen ersetzt werden könnten.

Unter diesen Bedingungen einen regionalen Arbeitsmarkt zu steuern, verlangt mehr instrumentelle Möglichkeiten als wir bisher haben. Deswegen wollen und werden wir uns an der Konzeption und Erprobung neuer Wege der Arbeitsmarktpolitik aktiv beteiligen. Im nationalen und internationalen Wettbewerb werden wir nur erfolgreich sein, wenn es uns gelingt, dabei die notwendige Leistungskultur zu entwickeln. Und: Leistung braucht Freiraum zur Entfaltung und Ansporn.

Deregulierung und Entbürokratisierung sind deshalb Forderungen der Leistungswilligen an die staatliche Verwaltung. Das Steuerrecht seinerseits muss sicherstellen, dass sich Leistung lohnt und dass sich die Selbstbedienungsmentalität in einigen Vorstandsetagen eben nicht lohnt. Die Sozialkultur zwischenmenschlicher Solidarität wird von niemandem infrage gestellt, solange erkennbar bleibt, dass die Hilfe von anderen nicht von der Eigenverantwortung für sich selbst entbindet.

Die gegenwärtige Reformdebatte über die sozialen Sicherungssysteme wird noch zu vielen Diskussionen führen, in die auch wir eigene Vorschläge einbringen können. Insofern stehen wir auch bei uns am Anfang eines Weges. Wir sind noch auf der Suche nach neuen Strukturen für eine solidarische Leistungsgesellschaft. Daran wollen wir uns aktiv beteiligen.

Die finanzielle Absicherung in Notlagen mag der Höhe nach umstritten sein - die gesetzlichen Grundlagen dafür gibt es seit mehr als 40 Jahren. Der verständliche Wunsch nach Teilnahme in und an einer Leistungsgesellschaft muss auf eine andere Weise organisiert werden. Genau dafür suchen wir auch bei uns neue Wege.

Daneben werden wir natürlich die vielen anderen Aufgabenbereiche nicht vernachlässigen, auch wenn diese jetzt nicht alle aufgezählt werden können.

Investitions- und Wachstumsförderung in den Wirtschaftsstrukturen bleibt selbstverständlich eine Daueraufgabe. Alle unsere internationalen Aktivitäten, sowohl die bestehenden Regionalpartnerschaften als auch die Zusammenarbeit mit den Regionen Centre in Frankreich, Valencia in Spanien und Eszak-Alföld in Ungarn innerhalb des EU-finanzierten Interreg-Projektes „Perspektive 2007 bis 2013“ nutzen wir zur Unterstützung unserer Exportförderung.

In der Energiepolitik setzen wir auf die potenzielle Zukunftsfähigkeit der regenerativen Energien. Es ist allerdings richtig, dass die Anforderungen des Energiewirtschaftsgesetzes zur Versorgungssicherheit aufgrund der

Vorschriften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zur bevorzugten Einspeisung regenerativ erzeugten Stroms in der bisherigen Fassung nicht stabil erfüllt werden können. In diesem Zusammenhang sehen wir Handlungsbedarf des Bundesgesetzgebers. Unsererseits werden wir sehr darauf achten müssen, dass regionale Standortvorteile für Investoren nicht durch zu hohe Energie- oder Abwasserpreise aufgehoben werden.

In vielen Bereichen sind wir inzwischen gut aufgestellt. In diesen werden wir die begonnene Arbeit fortsetzten. Wenn jetzt nicht enzyklopädisch alle Arbeitsbereiche angesprochen werden, hat dies nicht etwa etwas mit deren geringerer Bedeutung zu tun; sie haben eine ebenso große Bedeutung. Es geht mir lediglich darum, die vorhersehbaren Gestaltungsschwerpunkte mit interdisziplinärer Bedeutung hervorzuheben.

Dazu gehört der weitere Auf- und Ausbau eines interaktiven internetbasierten Landesportals mit E-GovernmentPlattform. Alle Kreise und kreisfreien Städte sollen eingebunden werden. Wir werden uns in den Bundesaktionsplan „Deutschland Online“ einbinden. In jeder Gemeinde soll wenigstens ein Anschluss an das Landesportal aufgeschaltet sein, von dem aus die Bürger ihre Verwaltungsangelegenheiten regeln können, unabhängig davon, ob es das eigene Rathaus, die Kreisverwaltung, ein Landesamt oder ein Ministerium betrifft. Ein zentrales Callcenter für die Landesregierung werden wir auch weiterhin anstreben.

Im Bereich der Justizverwaltung haben wir bereits gute Erfahrungen mit der Einrichtung des elektronischen Mahnverfahrens und mit einem zentralen Mahngericht gesammelt. Die Länder Thüringen und Sachsen sind ihrerseits daran interessiert und prüfen gegenwärtig, sich eventuell anzuschließen. Das Gleiche gilt für ein zentrales Registergericht.

Spätestens mit der Umsetzung des für das Jahr 2008 geplanten zweiten Funktionalreformgesetzes sollen die elektronischen Verwaltungsstrukturen weiter ausgebaut sein. Die interministerielle Lenkungsgruppe in der Staatskanzlei wird bis dahin entschieden haben, welche Aufgaben aus dem Natur- und Immissionsschutz, dem Wasserrecht, dem Sozialrecht oder der Schulaufsicht sich sowohl für eine Verlagerung auf die kommunale Ebene als auch für eine E-Government-Plattform eignen.

Es geht uns darum, konsequent moderne Strukturen für die Verwaltungstätigkeit im 21. Jahrhundert aufzubauen. Einige Länder sind diesbezüglich schon weiter als wir, aber andere interessieren sich auch für unsere Erfahrungen, weil sie dies nachmachen möchten.

Alles dies - das wissen Sie - kostet Geld. Die Steuerung der Haushaltspolitik ist deshalb von entscheidender Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Unsere Haushaltssituation ist - darüber müssen wir uns, auch wenn es schmerzlich ist, klar werden -, beurteilt nach einem innerdeutschen Ländervergleich, einfach bedrückend. Unsere Zins-Steuer-Quote ist mit mehr als 19 %, ja fast 20 % im Jahr 2004 die höchste aller deutschen Flächenländer. Nur Bremen und Berlin schneiden noch schlechter ab. Das bedeutet, dass wir bereits jetzt rund ein Fünftel unserer Steuereinnahmen für Zinsen ausgeben müssen. Alle anderen Länder liegen darunter. Mit reichlich 9 % ist diese Quote in Sachsen nicht einmal halb so hoch wie bei uns.