Protokoll der Sitzung vom 12.10.2007

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 5/894

Ich bitte den Minister der Finanzen, den Gesetzentwurf einzubringen. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz hat einen sehr langen und wenig überschaubaren Namen. Das liegt einfach daran, dass wir zwei Gesetzesvorhaben in einem zusammengefasst haben.

Das Gesetzesvorhaben, das mit dem Artikel 1 umgesetzt werden soll, betrifft das Zulassungsverfahren für Kfz. Ab dem 1. Januar 2008 soll die Erhebung der KfzSteuer effizienter gestaltet werden. Die Neuregelungen werden im Interesse aller Steuerzahler für mehr Steuergerechtigkeit im Land sorgen.

Zum Ende des letzten Jahres hatten fast 33 000 Halter und Halterinnen ihre Kfz-Steuer nicht entrichtet. Es fehlten folglich rund 6,6 Millionen € in der Landeskasse. Deshalb soll bisher säumigen Fahrzeughaltern zukünftig die Neuzulassung eines Fahrzeugs so lange verwehrt werden, bis sie ihre Rückstände an Kfz-Steuern bei dem zuständigen Finanzamt in Sachsen-Anhalt beglichen haben oder der Zulassungsbehörde eine Bescheinigung des Finanzamtes vorgelegt werden kann, dass gegen eine Zulassung trotz der Rückstände keine Bedenken bestehen, weil es meinetwegen Regelungen mit dem Finanzamt über die Stundung oder andere Dinge gegeben hat.

Zu diesem Zweck sollen die Zulassungsbehörden vor jeder Zulassung automatisch prüfen, ob bei dem Halter noch Kfz-Steuerrückstände, die 10 € übersteigen, bestehen, die so genannte Rückstandsprüfung.

Damit die laufenden Kfz-Steuern künftig pünktlich entrichtet werden, sieht der Gesetzentwurf außerdem vor, dass die Zulassungsbehörden von jedem Halter vor der Zulassung eines Kfz eine Ermächtigung zur Einziehung der Kfz-Steuer von seinem Konto zugunsten des zuständigen Finanzamtes verlangen können. Mit dem Bankeinzug soll ein Verfahren verbindlich eingeführt werden, das für alle Bürger einen einfachen, risikolosen und pünktlichen Zahlungsweg festschreibt.

Übrigens ist das in anderen Bereichen auch schon gang und gäbe, wo bestimmte Leistungen, beispielsweise bei Ver- und Entsorgern, über Einzugsregelungen bezahlt werden. Im Übrigen hat die Mehrheit der anderen Länder ebenfalls solche Regelungen getroffen. Auch der Landesrechnungshof und der Unterausschuss Rechnungsprüfung des Landtags befürworten die Umsetzung der Maßnahmen zur Reduzierung von Rückständen bei der Kfz-Steuer.

Das Finanzministerium hat die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse geprüft, auf die ich in den jeweiligen Ausschüssen sicherlich noch einmal kurz eingehen kann.

Jetzt zu den Artikeln 2 und 3. Aufgrund der Gebietsreform muss jetzt eine Umbenennung der Landeshauptkasse erfolgen. Der derzeitige Name „Landeshauptkasse Dessau“ wird in „Landeshauptkasse Sachsen-Anhalt“ geändert. Notwendig dafür ist die Änderung des Gesetzes zur Einrichtung des Landesverwaltungsamtes und des Gesetzes zur Ausführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes. Diese Gesetzesänderungen sollen ebenfalls zum 1. Januar 2008 in Kraft treten.

Ich bitte um zügige Beratung und Detaildiskussion in den Ausschüssen. - Schönen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn. - Es ist vereinbart worden, hierzu keine Debatte zu führen. Wünscht dennoch jemand das Wort? - Das ist offensichtlich nicht der Fall.

Dann stimmen wir über die Überweisung in den Finanzausschuss ab. Wünscht jemand noch eine Mitberatung? - Das ist nicht der Fall. Wer ist dann bitte für die Überweisung? - Das ist offensichtlich die Mehrheit. Dann ist das so beschlossen und Tagesordnungspunkt 9 ist beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zu dem Staatsvertrag zwischen dem Land Niedersachsen, dem Land Sachsen-Anhalt und dem Land Mecklenburg-Vorpommern über die Norddeutsche Landesbank - Girozentrale

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 5/900

Ich bitte wiederum den Minister für Finanzen Herrn Jens Bullerjahn, die Einbringung vorzunehmen. Bitte schön.

Meine Damen und Herren! Im Namen der Landesregierung bringe ich heute den Gesetzentwurf zum Staatsvertrag zwischen den Ländern Niedersachsen, SachsenAnhalt und Mecklenburg-Vorpommern über die NordLB ein. Der Staatsvertrag regelt die neue Struktur der Braunschweigischen Landessparkasse innerhalb der NordLB. Die Braunschweigische Landessparkasse ist seit der Gründung der NordLB im Jahre 1970 eine unselbständige Abteilung der NordLB. Ihr Geschäftsgebiet befindet sich im ehemaligen Land Braunschweig und

nimmt dort die Aufgaben einer kommunalen Sparkasse wahr.

Im Braunschweiger Land gab es Überlegungen, die Braunschweigische Landessparkasse aus der NordLB herauszulösen und eine eigene Bank zu gründen. Dies entsprach nicht den Interessenlagen der NordLB bzw. der Träger, da eine Herauslösung unter anderem negative Auswirkungen auf das Rating der NordLB hätte.

In langwierigen Verhandlungen konnte ein Kompromiss erzielt werden, der sowohl den Interessen der NordLB und ihrer Träger als auch den Interessen des Braunschweiger Landes gerecht wird. Danach wird die Braunschweigische Landessparkasse in eine Anstalt in der Anstalt - ich denke, uns dürfte das nicht unbekannt sein - umgewandelt. Sie verbleibt dauerhaft in der NordLB. Die Trägerstruktur und die Kapitalverhältnisse der NordLB werden durch die Umwandlung nicht berührt. Die Interessen des Landes Sachsen-Anhalt sind also vollständig gewahrt.

Zur förmlichen Umsetzung ist eine Ergänzung des bestehenden Staatsvertrages erforderlich. Der Staatsvertrag über die NordLB wurde am 22. August 2007 von meinen Kollegen Frau Keler und Herr Möllring sowie mir unterzeichnet. Der Staatsvertrag soll am 1. Januar 2008 in Kraft treten. Ich bitte um Unterstützung des Gesetzentwurfes. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn. - Wünscht dazu jemand das Wort? - Das ist nicht der Fall.

Dann stimmen wir über die Überweisung in den Finanzausschuss ab. Oder beantragt jemand etwas anderes? - Auch das ist nicht der Fall. Wer stimmt zu? - Das ist die Mehrheit. Dann ist der Gesetzentwurf in den Ausschuss überwiesen worden und der Tagesordnungspunkt 10 ist erledigt.

Wir kommen nun, da wir Tagesordnungspunkt 18 gestern schon abgearbeitet haben, zu Tagesordnungspunkt 19:

Erste Beratung

Leitlinien zur Modernisierung und Strukturverbesserung der beruflichen Bildung

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/895

Ich bitte Herrn Mewes, den Antrag einzubringen. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Zwischen der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten und der anschließenden Aussprache von gestern, unserer Aktuellen Debatte von heute und diesem unserem Antrag sehe ich einen unmittelbaren Zusammenhang.

Meine Damen und Herren! Die Wege ins Berufsleben sind vielfältig. Wir Eltern von erwachsenen Kindern wissen, dass die Vorstellungen unserer lieben Kleinen vom Beruf und von der Arbeitswelt auseinanderklaffen kön

nen. Ich bin froh, dass ich die Berufsfindungsphase unserer Kinder halbwegs gut überstanden habe. Allen Erziehungsberechtigten, die diese Zeit noch vor sich haben, gönne ich eine endlose Diskussion mit ihren selbstbewussten Kindern. Ja, die Wege ins Berufsleben sind vielfältig.

Jetzt aber zur Sache. Meine Damen und Herren! Ich beziehe mich im Folgenden auf Informationen aus dem Berufsbildungsbericht. Er enthält die Einschätzung, dass sich die Lage auf dem Ausbildungsmarkt in Deutschland in den letzten Jahren weiter verschärft hat. Im Jahr 2006 konnten bundesweit 150 000 Jugendliche ihren Wunsch nach einer betrieblichen Berufsbildungsstelle nicht realisieren.

Ungeachtet aller tatsächlichen oder nur herbeigeredeten Erfolge bleibt die Tatsache, dass auch in SachsenAnhalt die Zahl der Altbewerber steigt. Zahlreiche Jugendliche warten trotz eigener Anstrengungen noch immer auf einen Ausbildungsplatz. Glaubt man den Berichten des Statistischen Bundesamtes und des Statistischen Landesamtes, ist die Zahl der unvermittelten Jugendlichen in Sachsen-Anhalt höher als im Bundesdurchschnitt. Laut Pressemitteilung der Bundesagentur für Arbeit wird noch mindestens fünf Jahre lang Ausbildungsplatzmangel herrschen.

Der Ausbildungspakt ist somit kein geeignetes Instrument. Er führt dazu, dass insbesondere viele große Unternehmen weiter unter Ihren Möglichkeiten oder gar nicht ausbilden. Allein mit der Klage über eine fehlende Ausbildungsfähigkeit der Jugendlichen wird man das Problem nicht lösen können. Wenn es darum geht, sozial schwachen Kindern und Jugendlichen in SachsenAnhalt bessere Chancen zu geben, stehen Kindergärten und Schulen zurzeit zu Recht im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Im Wirkungskreis der „Mitteldeutschen Zeitung“ und der „Volksstimme“ versuchen CDU und SPD, sich gegenseitig links zu überholen.

Meine Damen und Herren! Die Kette darf aber nicht bei der beruflichen Ausbildung abbrechen. Junge Leute wurden in Warteschleifen gesteckt und schlecht oder gar nicht bezahlt. Die Auszubildenden klagen über eine mangelnde Qualität der Angebote. Die Einstellung, dass Ausbildung sich vor allem finanziell für die Unternehmen lohnen sollte, teilen wir nicht.

Die politischen Appelle an die Unternehmen haben die Situation nicht verbessert. Auf der anderen Seite erkennen wir die Anstrengungen der mittelständischen und kleinen Betriebe besonders des Handwerkes an, Ausbildungsplätze bereitzustellen. In Sachsen-Anhalt bemühen sie sich trotz fehlender eigener Wirtschaftskraft, eigene Fachkräfte zu rekrutieren. Jedoch bilden einige Unternehmen aus unterschiedlichen Gründen gar nicht aus. Andere werben mit hohen Lohnversprechungen und attraktiven Angeboten ausgebildete Arbeitskräfte aus kleinen Betrieben ab.

Es bleibt festzustellen, dass es Unternehmen gibt, die händeringend Auszubildende suchen, und andere, die junge Leute abweisen müssen. An dieser Stelle sollten die Berufsorientierung und die Berufsvorbereitung in den Schulen greifen. Die Notwendigkeit ergibt sich aus den neuen Herausforderungen der demografischen, wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung.

Ein Anschluss nach dem Abschluss - unter dieser Überschrift wurde durch die Bundesbildungsministerin Schavan im April 2006 der Innovationskreis berufliche Bildung

installiert. Neben dem Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs, der sich auf die aktuelle Sicherung von Arbeitsplätzen ausrichtet, soll der Innovationskreis mittelfristig wirksame Strukturverbesserungen und Modernisierungen in der beruflichen Bildung vornehmen.

Mitglieder des Innovationskreises sind Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die aufgrund ihrer besonderen Kompetenzen in der beruflichen Bildung ausgewählt worden sind. Zu ihm gehören 23 Mitglieder aus unterschiedlichen Institutionen, die ihre unterschiedlichen Sichtweisen zur Fortentwicklung der Berufsbildung einbringen sollen. Seine Ansicht einbringen soll auch der Minister für Wirtschaft und Arbeit des Landes SachsenAnhalt Dr. Reiner Haseloff.

Im Juni 2007 hat der Innovationskreis der Öffentlichkeit zehn Leitlinien zur Reform der beruflichen Bildung präsentiert. Sie können ein Fundament für die Modernisierung und Strukturverbesserung der beruflichen Bildung sein. Darüber, meine Damen und Herren, muss sachlich und kritisch in Sachsen-Anhalt diskutiert werden.

Unser Antrag fordert die Landesregierung auf, die mittelfristige Strukturverbesserung und Modernisierung der beruflichen Ausbildung konzeptionell zu entwickeln. In Punkt 1 unseres Antrages haben wir uns an die zehn Leitlinien angelehnt, die in die Länderhoheit fallen.

Ich will auf den ersten Anstrich in Punkt 1 unseres Antrages eingehen: Entwicklung von Regionalinitiativen und -netzwerken zur Optimierung und Koordinierung der Benachteiligtenförderungsinstrumente.

In der Berufsausbildung von Benachteiligten halten wir individuell auf den Personenkreis abgestimmte Einzelprojekte für notwendig. Zu beantworten sind die Fragen: Wie werden die Fördermaßnahmen für Benachteiligte transparent und sinnvoll zwischen Bund, Land SachsenAnhalt und den Regionen aufeinander abgestimmt? Wie werden kleine und Mittelbetriebe in unserem Land nachhaltig in die Berufsvorbereitung, in die Berufsausbildung und die Einstiegsqualifizierung von benachteiligten Jugendlichen eingebunden? Wie werden junge Menschen mit Migrationshintergrund in das Berufsleben integriert?

Zum zweiten Anstrich: Abbau der Zahl der Altbewerber mit dem Ziel, ihnen Ausbildungsangebote zu eröffnen, die zu einem dualen oder anderen vollwertigen Berufsabschluss führen.

Meine Damen und Herren! Wir haben gestern unter Tagesordnungspunkt 18 einen Beschluss zu den Berufsperspektiven junger Menschen in Sachsen-Anhalt gefasst. Die Landesregierung wird in diesem Beschluss aufgefordert, den Berufsbildungsbericht 2006 fortzuschreiben.

Trotzdem ist auch für das Jahr 2007 sachlich festzustellen, dass der Anteil der Altbewerber weiter gestiegen ist. Wir schieben auch weiterhin ein Bugwelle vor uns her. Die Jugendlichen, die eine Ausbildung beginnen wollen, werden immer älter. Im Jahr 2006 war nur noch gut ein Drittel der Ausbildungsanfänger jünger als 18 Jahre.