Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Scheurell, das Engagement des Kollegen Kolze in allen Ehren. Aber ich gebe dem Antragsteller Recht, dass wir die Erörterungen nicht anhand des Prospektes von Herrn Kolze führen sollten, sondern dass wir sie im Ausschuss vertiefen sollten.
Aber, meine Damen und Herren - das sei Ihnen von der LINKEN noch einmal gesagt -, so überflüssig finden wir die Gelder, die in die IBA gesteckt werden, nicht. Mit Ausgang des 20. Jahrhunderts haben sich weltweit dynamische gesellschaftliche Prozesse fortgesetzt, die allgemein unter dem Namen Globalisierung zusammengefasst werden. Diese Prozesse haben sich mit dem Ende des Kalten Krieges um ein Vielfaches beschleunigt. Deutschland wird zwar gern vorgeworfen, stets und ständig die Entwicklung zu verschlafen. Hält man aber einmal inne und blickt zurück, ist festzustellen, dass Deutschland an dem Prozess der Globalisierung aktiv teilgenommen und davon auch profitiert hat.
Deutschland ist eine Wohlstandsgesellschaft mit all den Vor- und Nachteilen. Diese Entwicklung hat mit dem Fall der Mauer auch die neuen Länder getroffen, wobei die Wucht des Aufpralls wesentlich höher war als in den alten Ländern, weil es hier zusätzlich die Transformation einer sozialistischen Gesellschaft in eine freiheitlichdemokratische zu bewältigen galt.
Die Anforderungen der Globalisierung erfassen alle Bereiche des menschlichen Miteinanders, von der Wirtschaft mit neuen Arbeitswelten über die Bildung und Kultur bis hin zu individuellen Mobilitätsanforderungen. Eine Folge des Wohlstands ist die Individualisierung der Gesellschaft mit weiteren Folgen für die Familie und das soziale Miteinander. Allen Wohlstandsgesellschaften ist gemein, dass ihre Geburtenraten schrumpfen. Das ist auch der Grund, warum Italien und Japan so interessiert auf uns blicken.
Die demografische Entwicklung stellt insbesondere Sachsen-Anhalt vor große Herausforderungen und hier wiederum die Städte unseres Landes. Vom Wohnungsleerstand bis zur Verödung der Stadtzentren, von dem Flächenbedarf für Ansiedlung und individuellen Eigenheimbau bis zur Vernetzung mit Infrastruktur von Straße und anderen Verkehrswegen bis hin zur Datenautobahn bleibt es ein weites Feld der Probleme.
Stadtentwicklung, insbesondere städtebauliche Entwicklung ist also eines der wichtigen Felder, auf denen die Antworten auf die Globalisierung und auf die demografische Entwicklung zu finden sind. Arbeits- und Wohnwelten, Freizeit und Versorgungswünsche infrastrukturell so miteinander in Einklang zu bringen, dass eine Lebensqualität entsteht, die Sachsen-Anhalt lebens- und liebenswert macht, ist die Kunst der städtebaulichen Entwicklung.
Dafür braucht man ein Mittel, um herauszufinden, wie man das macht. Dabei hilft es nicht, den Vergleich zu
bringen, wie viele Arbeiter auf dem Bau damit beschäftigt werden könnten. Diese Entwicklung geht fehl. Nur etwas zu bauen, damit die Leute beschäftigt sind, wird nicht zielführend sein.
Die IBA ist als Mittel gedacht, das herauszufinden. Welche Wege sind tauglich, genau diese Anforderungen zu erfüllen? Die IBA ist der Versuch, durch das Zusammenfassen verschiedener Förderinstrumente, insbesondere des Förderprogramms Stadtumbau Ost des Bundes und des Landes, den Anreiz und die finanzielle Grundlage für die Städte zu schaffen, die neue Wege ausprobieren wollen.
Meine Damen und Herren! Es ist somit auch ein Experiment. Am Ende des Jahres 2010 wird festgestellt werden, was tauglich war und was nicht tauglich war. Dabei ist auch der Misserfolg möglich. Vielleicht ist diese Möglichkeit der Grund dafür, dass die IBA gleich mit vier Gremien als Steuerinstrument ausgestattet ist: ein Lenkungsausschuss mit 19 Mitgliedern und ständigen Gästen, ein Kuratorium mit 24 Mitgliedern, ein Büro in Dessau und eine interministerielle Arbeitsgruppe. Ich hoffe, dass ein Erfolg des Projektes nicht an dieser Struktur scheitert.
Die Evaluierung wird alljährlich vom Lenkungsausschuss vorgenommen. Also wird man in der Lage sein zu berichten. Punkt 1 des Antrages ist im Übrigen aber so gefasst, dass ihm schon zugestimmt werden kann.
Was genau allerdings unter Punkt 2 des Antrages zu verstehen ist und was dann wirklich vermarktet werden soll und welchen Nutzen das haben soll, ist mir aus dem Beitrag von Herrn Felke noch nicht klar geworden. Das wird aber im Ausschuss vielleicht noch zu regeln sein.
Punkt 1 des Antrages trübt ein wenig die Begeisterung, weil ich mich schon frage: Wenn es so ist, dass die ressortübergreifende Unterstützung nicht da ist, was hat dann die interministerielle Arbeitsgruppe die ganze Zeit gemacht?
Punkt 3 des Antrages ist zuzustimmen, aber das ist ja das Projekt selbst. Das ergibt sich zumindest aus dem ersten Halbsatz. Es wäre komisch, dem nicht zuzustimmen, weil das der Sinn der Sache war.
Meine Damen und Herren! Spannend sind die Projekte allemal. Dazu kann ich mir allein das Projekt ansehen, das Bitterfeld-Wolfen in meiner Heimat betrifft. Das lief unter dem Motto: „Die Chemie stimmt. Netzregion Bitterfeld und Wolfen.“ Man ist also mit zwei Städten und der Region angetreten, um Mehrfachstrukturen in der Region zu beseitigen, Ressourcen gemeinsam zu nutzen und das Handeln zu vernetzen.
Meine Damen und Herren! Schon vor dem Jahr 2010 ist die Vernetzung so weit gelungen, dass aus diesen beiden Städten eine große gemeinsame Stadt entstanden und damit schon ein Erfolg des Projektes sichtbar geworden ist.
Es mag vielleicht nicht nach Japan zu exportieren sein, aber für Sachsen-Anhalt ist es ein Gewinn, die viertgrößte Stadt im Land gefunden zu haben. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Wolpert. - Herr Thomas Felke hat auf einen weiteren Beitrag verzichtet. Damit ist die Debatte beendet.
Wir stimmen jetzt über den Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drs. 5/1124 ab. Wer stimmt zu? - Offensichtlich alle. Damit ist das so beschlossen worden. Der Antrag ist angenommen worden und der Tagesordnungspunkt 5 ist beendet.
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines besonderen Altersteilzeitzuschlages für Polizeivollzugsbeamte und zur Änderung anderer beamtenrechtlicher und landesbesoldungs- und versorgungsrechtlicher Regelungen
Ich bitte den Minister des Innern Herrn Holger Hövelmann, den Gesetzentwurf einzubringen. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der fiskalischen und auch der demografischen Entwicklung im Land Sachsen-Anhalt in den kommenden Jahren wird es zwingend erforderlich sein - jetzt erzähle ich Ihnen nichts Neues -, den Stellen- und Personalbestand auch in der Landesverwaltung anzupassen. Gemäß dem von der Landesregierung beschlossenen Personalentwicklungskonzept Sachsen-Anhalt 2007 bis 2020 ist der Stellenbestand, ausgehend von rund 62 000 Stellen bezogen auf das Haushaltsjahr 2007, bis Ende des Jahres 2011 auf 55 000 Stellen zu reduzieren. Ein von der Stellenreduzierung betroffener Sektor wird dabei unter anderem der Polizeibereich sein. Auch insofern erzähle ich Ihnen nichts Neues.
Die Erreichung dieses Zieles wird nur unter Ausschöpfung aller personalwirtschaftlichen und personalpolitischen Möglichkeiten zu erreichen sein. Die durch die Föderalismusreform I bewirkte weitgehende Übertragung der Gesetzgebungskompetenz im öffentlichen Dienstrecht auf die Länder, insbesondere in den Bereichen Besoldung und Versorgung, eröffnet dem Landesgesetzgeber die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Erschließung neuer Instrumente zur Personalkosteneinsparung und auch zum Stellenabbau.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Polizei leistet damit ihren Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts: durch verbesserte Abbauinstrumente hin
auf dem Weg zu einem Personalbestand, der dem Bundesdurchschnitt entspricht. In der Folge wird die Optimierung der inneren Struktur der Polizei hin zur weiteren Vergrößerung des Anteils des gehobenen Dienstes ebenfalls auf Bundesdurchschnitt verfolgt und ein Teil der vorgezogenen Einsparungen zur Reduzierung des Altersdurchschnitts eingesetzt. An dieser Stelle besteht dringender Handlungsbedarf.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Materieller Schwerpunkt des vorliegenden Gesetzentwurfes ist zum einen die Einführung eines besonderen Altersteilzeitzuschlages für die Beamtinnen und Beamten des mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienstes. Zum anderen wird für diesen Personenkreis auf eigenen Antrag ein als Ruhestand ausgestaltetes Frühpensionierungsmodell befristet eingeführt. Die vorgesehene Erhöhung des Altersteilzeitzuschlages um 5 Prozentpunkte auf 88 % der Nettobesoldung für die neu in die Altersteilzeit gehenden Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten korrespondiert mit der bisherigen beamtenrechtlichen Altersteilzeitregelung. Deren Anwendbarkeit soll unter Beibehaltung aller übrigen Modalitäten durch den vorliegenden Gesetzentwurf um weitere zwei Jahre, also bis 31. Dezember 2011, verlängert werden.
Die mit dem Antrag auf Ruhestand im Polizeivollzug verbundenen versorgungsrechtlichen Regelungen wie der Verzicht auf Minderung des Ruhegehaltssatzes wegen vorzeitigem Ausscheiden aus dem Dienst, die Anrechnung der Vorruhestandszeit als ruhegehaltsfähige Dienstzeit, die vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes bis zum Beginn des Ruhestandes und das Vorziehen der für die Beamtinnen und Beamten mit besonderen Altersgrenzen vorgesehenen einmaligen Ausgleichszahlung sind wesentlich für die Attraktivität und somit auch für die Wirksamkeit dieses neuen Stellenabbauinstrumentes.
Verehrtes Hohes Haus! Aufgrund der Attraktivität der beabsichtigten gesetzlichen Regelung ist mit einer großen Inanspruchnahme insbesondere der verbesserten Altersteilzeit zu rechnen, die einen erheblichen vorzeitigen Personalabbau nach sich ziehen würde. Aus diesem Grund hat das Ministerium des Innern mit dem Ministerium der Finanzen vereinbart, der Landesregierung vorzuschlagen, als Ausgleich 100 zusätzliche Einstellungen von Polizeianwärtern in das Jahr 2008 vorzuziehen.
Diese, meine sehr verehrten Damen und Herren, nach der bisherigen Planung erst in den Jahren 2012 ff. vorgesehenen Einstellungen dienen einer sachgerechten Personalentwicklung und insbesondere der notwendigen schrittweisen Verbesserung der Altersstruktur im Polizeivollzugsdienst. Die durch die zeitlich vorgezogenen Einstellungen entstehenden Mehrkosten - das sei den Finanzern ausdrücklich gesagt - werden durch die zu erwartenden Einsparungen aus der Inanspruchnahme der vorliegenden gesetzlichen Regelung mehr als ausgeglichen,
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetzesvorhaben soll darüber hinaus die EG-Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in Landesrecht umgesetzt werden. EU-Ausländer können hiernach die Laufbahnbefähigung und damit den Zugang zu einer Tätigkeit als Beamtin oder Beamter auch aufgrund einer Ausbildung erwerben, die sie im EU-Ausland absolviert haben.
Der Gesetzentwurf enthält ferner einige Gesetzesänderungen, die die ärztliche Feststellung der Dienstfähigkeit landesweit vereinheitlichen und damit auch effektivieren soll. Bislang sieht unser Beamtengesetz hierfür die Heranziehung der Amtsärzte vor. Die Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses kennen die Kritik an dieser Verfahrensweise, wie sie es auch in einem Bericht an die Landesregierung zusammengefasst haben.
Für die Feststellung der gesundheitlichen Eignung von Bewerberinnen und Bewerbern sowie Beamtinnen und Beamten des Landes soll fortan ausdrücklich die Inanspruchnahme einer zentralen ärztlichen Untersuchungsstelle vorgesehen werden. Kommunale Dienstherren können auch weiterhin den amtsärztlichen Dienst bei den Landkreisen und kreisfreien Städten in Anspruch nehmen.