Der Bedarf an Förderschulen hängt zumindest im Grundschulalter entscheidend auch davon ab, welchen Weg wir künftig bei der Einschulung einschlagen wollen. Hierzu habe ich - wie Sie wissen - dem Bildungskonvent vor einigen Wochen einen Vorschlag unterbreitet, über den wir jetzt auch diskutieren wollen, nämlich schrittweise von sonderpädagogischen Feststellungsverfahren vor der Einschulung abzusehen und stattdessen die Förderung der betreffenden Schülerinnen und Schüler integrativ in den Grundschulen vorzunehmen, zumindest vielleicht in ausgewählten. Gewiss sind diesem Weg je nach Lernbeeinträchtigung auch Grenzen gesetzt, zum Beispiel im Fall von geistigen Behinderungen. Aber insgesamt haben wir hier einen beträchtlichen Nachholbedarf bei der Integration von Kindern mit Entwicklungsproblemen.
Auch wenn es gewiss zu früh ist, die offene Schuleingangsphase schon heute abschließend zu beurteilen, sehe ich meine Erwartungen an den tatsächlichen Ausgleich unterschiedlicher Ausgangsvoraussetzungen bei den Kindern derzeit noch nicht als erfüllt an. Insofern haben wir tatsächlich Anlass, dieses Ziel mit mehr Nachdruck zu verfolgen. Beschreitet man einen solchen Weg oder variiert ihn von mir aus noch, so würde sich natürlich auch der Bedarf an pädagogischen Mitarbeitern deutlich von den Förderschulen auf die Eingangsphase der Grundschulen verlagern und könnte dort durchaus mit Synergieeffekten nicht nur auf pädagogischem Gebiet verbunden werden.
Denken müssen wir auch an die Fortführung der Schulsozialarbeit nach Auslaufen der EU-Förderung. Schon jetzt müssen wir daran denken, meine ich. In besonderem Maße wird es darauf ankommen, durch eine intensive Vernetzung mit den örtlichen Trägern der Jugendhilfe zukunftsfähige Strukturen zu entwickeln. Auch an dieser Stelle sehe ich interessante berufliche Perspektiven für außerunterrichtliches pädagogisches Personal und damit im Zusammenhang ein Kooperationspotenzial zwischen Schule und Trägern der Jugendhilfe, das beträchtlich ist.
Ich halte es für legitim, dieses Potenzial auch unter Haushaltsgesichtspunkten zu bewerten. Ich sage es anders herum: Mir bleibt im Übrigen auch gar nichts anderes übrig - auch das muss ich immer wieder sagen -, damit wir, wie gesagt, die beiden Züge in dem Tunnel noch irgendwie rechtzeitig so abbremsen, dass man sich in der Mitte mit einer vernünftigen Lösung wieder findet, ohne dass es einen lauten Knall gibt.
In der Vergangenheit bestand keine Möglichkeit pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neu einzustellen. Aber auch im Falle eines Neuzuschnitts der künftigen Einsatzgebiete und einer stärkeren Konzentration auf bestimmte Schwerpunkte werden Neueinstellungen künftig erforderlich sein. Das wiederum setzt Nachwuchs voraus, der nur aus entsprechenden Qualifikationsangeboten hervorgehen kann. Eine entsprechen
de Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher müsste schließlich berücksichtigen, dass sich der Betreuungsanspruch in Sachsen-Anhalt immerhin auf Kinder bis zu einem Alter von 14 Jahren erstreckt.
Jedenfalls werde ich im Rahmen der Fortschreibung des Personalentwicklungskonzepts der Landesregierung fachlich begründete Vorschläge unterbreiten - so wie Frau Feußner es fordert -, die in einem bestimmten Umfang auch die notwendige personelle Erneuerung in dieser Beschäftigtengruppe einschließen.
Mein Ziel besteht darin, in Zukunft sowohl fach- und einsatzgerechte als auch im Beschäftigungsumfang flexiblere, auf die unterschiedlichen Einsatzfelder zugeschnittene Einstellungsoptionen zu eröffnen. Ich bin aber sicher, liebe Eva Feußner, dass wir das nur dann legitimieren können, wenn wir wirklich alle konzeptionellen und inhaltlichen Synergien ausschöpfen, die auch die Parallelität der Angebote von Hort und Grundschule mit festen Öffnungszeiten außerhalb des Unterrichts einbeziehen.
Denn wir können mit viel Resonanz die Forderung aufstellen, alle pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unabhängig von der demografischen Entwicklung im System zu halten. Es muss mir dann aber bitte auch jemand das Geld dafür geben; denn das kann ich alleine nicht durchstehen.
Ableiten kann ich also all diese Schlussfolgerungen nur aus begründeten pädagogischen Ansätzen und Reformideen, die vom Wohl und der bestmöglichen Förderung aller Kinder und Jugendlichen ausgehen, und um solche Ideen bin ich ganz gewiss nicht verlegen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Olbertz. - Bevor wir zu den Beiträgen der Fraktionen kommen, habe ich die Freude, Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Salzwedel auf der Südtribüne begrüßen zu können.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedauere es schon ein wenig, dass der Herr Minister auf die Frage nach den Einsen und Nullen im Binärsystem nicht geantwortet hat. Aber nichtsdestotrotz sind die Nullen dort extrem wichtig, um den Wert der Einsen zu erkennen. Somit hat doch jeder seine entsprechende Funktion.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frage der pädagogischen Mitarbeiter nur unter den Folgerungen des Tarifvertrags zu diskutieren, ist eindeutig zu kurz gesprungen, wie es auch d i e pädagogischen Mitarbeiter gar nicht gibt; vielmehr gibt es verschiedene Funktionen.
Leider ist es zum damaligen Zeitpunkt, also vor etwa fünf Jahren, durch eine etwas harte Haltung der Tarifpar
teien dazu gekommen, dass hierbei völlig unterschiedliche Personengruppen in einen Topf geworfen wurden und damit auch unterschiedliche Zeit- und Arbeitsbelastungen gleich vergütet werden. Das hat zu einer deutlichen Benachteiligung der pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Förderschulbereich geführt; das wurde auch schon angesprochen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei den pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern muss man zum heutigen Zeitpunkt nicht nur über den Tarifvertrag, sondern auch über die Zukunftsperspektiven der Bildung in Sachsen-Anhalt in Gänze diskutieren.
Es hilft uns nichts, meine sehr geehrten Damen und Herren, nur immer darüber zu reden, dass es zu viele Schüler in den Förderschulen gäbe und dass es zu schwierig wäre, einen Abschluss zu erreichen. - Nein. Mit dem neuen Tarifvertrag wird es die Möglichkeit geben, an den Grund- und an den Sekundarschulen durch den Einsatz von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür zu sorgen, dass in Sachsen-Anhalt nicht mehr ein gleichbleibender absoluter Anteil der Schülerinnen und Schüler an die Förderschule gehen muss, sondern dass endlich für alle gleiche Chancen bestehen, einen vernünftigen Abschluss zu erzielen.
Sehr geehrter Herr Minister, diesbezüglich hätte ich auch von Ihnen etwas mehr Wegweisenderes erwartet.
Wir haben den Bildungskonvent und diskutieren über solche Themen. Ich glaube, das Kultusministerium muss sich erst einmal aufstellen, unter den sinkenden Schülerzahlen und dem sinkenden Lehrerbedarf, der sich daraus ergibt, auch bei aller Berücksichtigung der Fläche mit neuen pädagogischen Konzepten Nachsorge zu verhindern, indem man Vorsorge betreibt. Dazu brauchen wir an den Schulen diese Damen und Herren, die - das wird auch häufig übersehen - einen vollwertigen pädagogischen Abschluss haben. Es handelt sich hierbei nicht um Hilfspersonal. Das sind vielfach Frauen und Männer, die einen ordentlichen Lehrerabschluss haben und die, verehrte Kollegin Feußner, an den Schulen auch als Lehrerinnen und Lehrer eingesetzt werden.
Diese Stunden werden allerdings als Fehlstunden abgerechnet; denn wenn sie als Lehrerinnen und Lehrer eingesetzt werden würden, müssten sie auch so bezahlt werden. Das passiert nicht. Also machen sie Unterricht und das gilt als Fehlstunde. Ich glaube, diesem Missstand muss auch durch eine vernünftige Regelung im zukünftigen Tarifvertrag abgeholfen werden.
Wer in diesem Land ordentlich arbeitet und einen Dienst erbringt, muss auch dementsprechend behandelt werden. Dabei hilft es nicht, zukünftig einen großen Topf zu gestalten.
Über die Frage der pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Grundschulen mit verlässlichen Öffnungszeiten ist in der Enquetekommission umfänglich gesprochen worden, aber leider nur über diesen Bereich. Ich habe mir das Protokoll dreimal durchgelesen. Ich dachte, das andere kommt auch noch. Aber es ist nur ein kleiner Punkt herausgriffen worden. Dort ist auch die Kritik geäußert worden, dass zukünftig kein Einstellungskorridor besteht.
Ich glaube, man sollte das Thema noch einmal insgesamt behandeln und betrachten: Wo findet zu welcher Zeit eine Betreuung statt? Kann man sich ein Doppelsystem leisten? Oder kann man die Kräfte, die man dafür braucht, eigentlich für die Aufgaben freistellen, die ich vorhin dargestellt habe, damit echte Unterstützung dort erfolgt, wo sie notwendig ist, und nicht krampfhaft nach Aufgaben gesucht wird?
Sehr geehrter Herr Minister, auch wenn nicht alle eine vollwertige Ausbildung haben, so können doch die, die wir zukünftig einstellen, eine Ausbildung haben und dann auch dementsprechend eingesetzt werden; denn es ist bis in die höheren Klassen hinein dringend geboten, den Lehrerinnen und Lehrern Unterstützung zu geben und sie neben ihrer eigentlichen schulischen Arbeit bei Problemfällen zu entlasten sowie zukünftig mehr Angebote wie in der Ganztagsschule zu unterbreiten.
Deswegen glaube ich, dass das Thema der pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht so sehr ein tarifvertragliches, sondern mehr ein inhaltliches ist. Dazu wünsche ich uns allen eine angeregte Diskussion im Bildungsausschuss. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Ich will noch einmal das Bild vom Tunnel mit den beiden Lokomotiven, die angeblich ohne Licht aufeinander zurasen, bemühen.
Vielleicht hilft die heutige Debatte, dass wir wenigstens das Licht ankriegen, heil aus dem Tunnel kommen und vernünftige Brücken bauen.
Ich will mich jetzt nicht lange daran aufhalten, wie das mit dem Tarifvertrag ist - das wissen wir alle -; vielmehr geht es in der Tat darum, dass wir, wenn wir über die pädagogischen Mitarbeiter sprechen, auch über die Schule der Zukunft reden, also wie die Schule der Zukunft funktionieren soll.
Der Bildungskonvent unseres Landes, der das Ziel hat, genau darüber zu debattieren, berät derzeit in der Arbeitsgruppe „Bildungschancen“ darüber, wie man unter anderem durch individuelle Förderung die Bildungschancen der einzelnen Schüler verbessern kann. Dabei geht es um die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Bildungsdefiziten, aber nicht nur um die, sondern auch um die besonders leistungsstarken.
Wenn man so einen didaktisch-methodischen Ansatz umsetzen will, geht das nicht mit den vorhandenen Lehrkräften, sondern dann muss man ein Unterstützungssystem für die Lehrkräfte aufbauen. Das heißt nichts anderes, als dass wir zukünftig von einem Kollegium an den Schulen ausgehen müssten, das für die pädagogische Arbeit neben den Lehrkräften verschiedene Professionen in sich vereint. Das sind Psychologen. Das können pädagogische Mitarbeiter sein. Das können Sozialarbeiter sein.
Ich will auch noch einmal ganz deutlich sagen, dass es eben keine Sozialmaßnahme war, damals die pädagogischen Mitarbeiter zu übernehmen. Das hing vielmehr sehr wohl mit der konzeptionellen Entscheidung für die Grundschule mit festen Öffnungszeiten zusammen, in der nämlich die Integration von Bildung, Erziehung und Betreuung vollzogen werden sollte und so eigentlich moderne Konzepte in die Schule kamen.
- Das will ich auch sagen. Es ist normal, dass man so etwas tut, denke ich. Aber man darf die andere Seite, die inhaltliche Seite, dabei nicht vernachlässigen.
Ich will jetzt nicht noch einmal davon reden, wo überall bereits pädagogische Mitarbeiter tätig sind. Aber ich kann mir grundsätzlich vorstellen, die Arbeit pädagogischer Mitarbeiter auf andere Schulformen auszuweiten. Ich denke insbesondere an die Sekundarschulen, auch von dem Hintergrund, dass wir deutschlandweit leider nach wir vor über die höchste Quote an Schulabbrechern verfügen.
Ich denke, durch die Bildungswegetrennung ab Klasse 7 entsteht ein erhöhter pädagogischer und sozialpädagogischer Bedarf an Begleitung, da sich in diesen Hauptschulbildungsgängen systembedingt eine Häufung sehr leistungsschwacher und sozial auffälliger Schüler befindet.
Meine Damen und Herren! Es gibt also ausreichend Aufgaben. Diese müssen endlich einmal zusammengetragen und aufgeschrieben werden. Ich denke, das muss man gemeinsam machen. Natürlich muss die Landesregierung erst einmal etwas vorlegen. Dafür ist sie da. Wir werden uns natürlich als regierungstragende Fraktion dabei einmischen. Also, wenn das vorliegt, müssen wir natürlich auch über die Personalsituation reden. Das ist überhaupt keine Frage.