Protokoll der Sitzung vom 29.05.2008

Interessieren würde uns auch, Herr Gürth, wie weit der Aufbau des Akquisitionsstützpunktes in den USA vorangeschritten ist. Wann werden die für dieses Jahr ange

kündigten Akquisitionsstützpunkte in China und in den Benelux-Staaten eröffnet? Reicht für die vielen Reisen und Beratungshonorare das Budget der IMG von ca. 1,6 Millionen €? Vor allem interessiert uns, wie hoch die Folgekosten nach der Eröffnung der angekündigten Dependancen sind.

Wenn Sachsen-Anhalt einen Akquisitionsstützpunkt in China will, vielleicht auch irgendwann hat, gehe ich auch davon aus, dass die Landesregierung im Bundesrat gegen das Risikobegrenzungsgesetz stimmen wird; denn dieses Gesetz würde unsere Anstrengungen bei der Akquisition von finanzstarken Investoren gerade in China ad absurdum führen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ganz andere Fragen interessieren uns bei der TMG. Hier wollen wir wissen, welche Fortschritte die Landesregierung bei der Privatisierung der TMG gemacht hat. Inwieweit steht das angekündigte Privatisierungskonzept? Gibt es die privaten Gesellschafter, von denen Staatssekretär Herr Schubert immer so schwadroniert? Gelingt wirklich das angekündigte Kunststück, die TMG so marktfähig zu machen, wie es die Agrarmarketinggesellschaft ist? - Ich bin nach wie vor skeptisch.

Mich interessiert natürlich auch das Worst-Case-Szenario. Was passiert, wenn sich bis Ende des Jahres 2008 kein großer finanzstarker Gesellschafter findet? Welche Probleme stellen sich dann vor allem auch für den Tourismusverband, der 15 % der Anteile hält?

Diese und weitere Fragen sollten wir im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit klären. Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag, damit wir diese für uns wichtigen Gesellschaften auch weiterhin parlamentarisch begleiten können.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Franke. - Nun erteile ich Herrn Minister Haseloff das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich könnte es mir jetzt leicht machen und sagen, wir machen einfach einmal einen Termin, Herr Franke. Dann erzähle ich Ihnen alles, was schon läuft. Das ist sowieso immer möglich, weil Sie bei uns im Haus immer herzlich gern gesehen sind und wir auch zwischenmenschlich, denke ich, so klarkommen, dass wir uns jederzeit treffen können, um diese Informationen auszutauschen.

Denn ich merke, dass eine ganze Reihe von Sachen wahrscheinlich entweder nicht im Pressespiegel stand oder noch nicht ausreichend kommuniziert worden ist. Zum Beispiel fragten Sie nach der Eröffnung der Büros. Die sind schon eröffnet, die arbeiten schon, wie zum Beispiel in Mailand. Das tauschen wir alles einmal aus, bis hin zur Finanzierungsstruktur, die wir geschickterweise so gewählt haben, dass wir vor Ort die Möglichkeiten genutzt haben und im Rahmen unserer Budgetansätze bzw. dessen, was die Haushaltsbelastung anbelangt, mit den konzeptionellen Ansätzen sehr sorgfältig umgegangen sind.

Ich will einmal systematisch vorgehen, weil das Thema, wie ich denke, dies dringend erfordert und wir letztlich an dieser Stelle einen Schritt weiterkommen müssen.

Der Umstand, dass wir die Gesellschaften, die wir im Lande haben, generell auf den Prüfstand stellen wollen, ist ein Bestandteil unseres Koalitionsvertrages, und das haben wir nicht nur evaluierungsseitig festgelegt, das haben wir vor allen Dingen vor dem Hintergrund festgelegt, dass sich bestimmte rechtliche Grundlagen geändert haben.

Sie wissen, dass wir die alte Landesmarketinggesellschaft mit der Finanzierung, wie wir sie jahrelang betrieben haben, nicht mehr weiter betreiben konnten. Es war damals vom Kollegen Rehberger gut gemeint; er hat versucht, möglichst die regionalen Strukturen mit hineinzunehmen, sie mit steuern zu lassen, um es vom Schnittstellenmanagement so einfach wie möglich zu machen. Aber es ist nach europäischem Recht nicht machbar gewesen, das dauerhaft ohne Ausschreibung so aus dem Landeshaushalt heraus zu speisen, dass die Finanzierung und die Liquidität dieser Gesellschaft sichergestellt werden konnten.

Wir hatten direkt den Auftrag, eine Umfirmierung vorzunehmen, uns als Land komplett zurückzuziehen oder die Budgets, die dafür zur Verfügung standen, auszuschreiben, auch auf die Gefahr hin, dass der Zuschlag ganz woandershin läuft und wir die Landesmarketinggesellschaft hätten abwickeln müssen. Letzteres wollten wir nicht, konnten wir uns nicht leisten und wäre auch fatal gewesen, weil es eine erfolgreiche Gesellschaft war.

Bei der Wisa war das, was die Erstevaluierungsergebnisse auch schon zu Rehbergers Zeiten anbelangt, etwas differenzierter. Ich weiß aus guten Gründen und aus den damaligen Lagen sehr gut, welche Szenarien schon entwickelt wurden, um diese Gruppe schlagkräftiger zu machen und um Doppelstrukturen zu vermeiden - bis hin zur Finanzierung von Außenmarketingmaßnahmen, von Broschüren und, und, und -, wobei wir gesagt haben: Eigentlich ist das eine Soße; wenn wir den Standort dort anbieten und verkaufen wollen, dann ist das immer Standortmarketing, dann muss man die gleichen Instrumente nutzen, wie das umgedreht auch die Landesmarketinggesellschaft im originären Sinne getan hat. Also ist diese Fusion durchaus begründet.

Ich könnte mich von der Bilanz her auch locker hinstellen und sagen: Sie war in großem Maße erfolgreich, weil wir im Jahr 2007, dem ersten vollen Kalenderjahr, das wir bearbeitet haben, die größten Akquisitionserfolge seit dem Jahr 1990 zu verzeichnen hatten.

Das ist allerdings sicherlich etwas zu schön gezeichnet, weil viele Erfolgsträger bzw. Mitwirkende an diesem Gesamtergebnis beteiligt waren und wir nüchtern zur Kenntnis nehmen müssen, dass wir an dieser Stelle auch insgesamt an der konjunkturellen Entwicklung partizipiert haben. Aber wir haben etwas daraus gemacht, auch mit den anderen Ressorts gemeinsam. Wir haben alle Förderinstrumente genutzt, alle Förderministerien haben offensiv gearbeitet, wir haben eine schlagkräftige Investitionsbank dahinter, und wir haben letztlich die Infrastruktur so geschaffen, dass wir unsere Standorte mit ganz anderer Qualität anbieten konnten, als das noch Mitte oder Ende der 90er-Jahre der Fall gewesen ist.

Die IMG würde ich deswegen völlig außen vorlassen; sie spricht für sich. Dass alles stets noch verbesserungsfähig ist, ist klar. Ob bestimmte Marketingpfade effizient waren oder nicht, muss man prüfen und anhand der entsprechenden Rückmeldungen und monokausal zuordenbaren Standortentscheidungen dann festmachen. Da

sind wir ständig dran, dafür haben wir unsere Gremien und daran arbeiten wir auch intensiv.

Außerdem haben wir gefragt: Was machen wir mit der alten Landesmarketinggesellschaft als Mantelgesellschaft? Wir hätten sie schnell eliminieren können. Der Versuch, sie im Verhältnis 1 : 1 mit der Agrarmarketinggesellschaft in Verbindung zu bringen und dieses Abbild mehr oder weniger noch einmal in diese Bereiche der Tourismuswirtschaft hinein zu projizieren, war deshalb nicht möglich, weil im Agrarbereich das Förderschema einfach andere Möglichkeiten eröffnet, als wir das hierbei mit EFRE machen durften. Ich wies vorhin schon auf die Vorgaben aus Brüssel hin.

Die Frage war also: Eliminiert man sie oder lässt man sie bewusst stark privatwirtschaftlich getragen starten? Das Land zieht sich sukzessive zurück, und wir versuchen dann auf jeden Fall die entsprechenden Möglichkeiten so zu nutzen, dass die Unternehmen der Tourismuswirtschaft mehrheitlich im Land Sachsen-Anhalt oder darüber hinaus Interessierte sich dieser Struktur im positiven Sinne bemächtigen und versuchen, damit eine gute Politik zu machen, Produkte verkaufbar zu machen, die vorher auch entsprechend entwickelt werden müssen, das Buchungssystem entsprechend nach vorn zu bringen usw. usf.

Ich kann Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt sagen: Auch die TMG hat sich gefunden. Wenn Sie sich die Produkte einschließlich der Internetplattform und des Buchungssystems anschauen, dann stellen Sie fest: Dort ist eine deutliche Bewegung drin. Wir sind bei einem völlig anderen qualitativen Niveau angekommen, und wir können auch über Buchungszahlen verfügen, die wir vorher noch nicht hatten, weil wir uns inzwischen ganz anders verlinkt haben und uns inzwischen auch optisch ganz anders präsentieren.

Aber das war nur ein Zwischenschritt; denn wir wollten die Braut eigentlich nur anbietbar und verkaufsfähig machen, um nicht zu sagen „schön machen“. Das ist bei Gesellschaften immer ein Problem, weil man dort schlicht und einfach in anderen Kategorien arbeiten und denken muss; denn Schönheit allein sorgt noch nicht für Rendite.

Was haben wir also gemacht? - Wir sind in den Markt hineingegangen und haben fünf der großen Tourismusvermarkter, -verkäufer, -gesellschaften in Deutschland angesprochen und haben versucht, sie für diese Themen zu erwärmen mit der Bitte, die Teile des Landes aus der TMG zu übernehmen. Wir haben das dann sukzessive abgeschichtet, weil wir auch ganz klare Vorstellungen davon hatten, welche Aufgaben sie erfüllen soll: Der Landestourismusverband sollte im Boot bleiben, Dehoga sollte im Boot bleiben.

Sie haben den Pool der interessierten Unternehmen, die weitere Gesellschafteranteile übernehmen wollen, erweitert. Nun stehen wir am 9. Juni 2008 vor einer ganz wichtigen Entscheidung. Dort ist der von uns präferierte große Tourismusanbieter mit uns in einem Abschlussgespräch. Dabei geht es darum, ob er auf der Basis unserer konzeptionellen Vorschläge, aber auch seiner eigenen Entwicklungsvorschläge bereit ist, unsere Gesellschafteranteile zu übernehmen, um dann deutschlandweit - er ist sogar international tätig, zumindest im deutschsprachigen Raum - das Produkt Sachsen-Anhalt mit all den dahinter liegenden Teilleistungen der Tourismuswirtschaft in sein System, das das größte und flä

chendeckendste in Deutschland ist - soweit will ich es erst einmal eingrenzen -, einzuspulen und zu vermarkten. Ich habe noch die Hoffnung, dass das funktioniert, weil wir - ich selbst war bei den Gesprächen teilweise dabei - das Gefühl hatten, dass beide Seiten richtig wollen.

Es wäre zum ersten Mal der Fall, dass ein Land versucht, diese Struktur, die in diesen Teilen jetzt nur noch privatwirtschaftlich betrieben werden soll, an den freien Markt zu bringen. Steuern will das Land es letztlich über seine weiteren beteiligten Gesellschafter, über die bekannten Partner, die bisher auch dort mitgewirkt haben und auch weiterhin durchaus großes Interesse haben - Herr Zimmer kann das bestätigen -, diese Sache zu nutzen.

Auch wenn es scheitert, war es auf jeden Fall den Versuch wert - das muss ich ganz klar sagen -, weil wir hierbei - das muss ein liberales Herz höher schlagen lassen - wirklich einen Weg gehen, zu dem wir sagen: Hier haben wir die IMG, das ist unsere staatliche Investitions- und Landesmarketinggesellschaft, und dort haben wir die Wirtschaft, die nach den Anfangsnotwendigkeiten und nach den Anfangsquerelen, die es dort vielleicht auch geben wird, dann allein zu Potte kommt und selbst versucht, die Produkte so zu gestalten, dass sie für sie auch verkaufbar werden.

Herr Franke, dann sind wir übrigens noch einen Schritt weiter, als es die landwirtschaftliche Schwester ist. Dort ist das Land immer noch drin; das darf es unter förderrechtlichen Aspekten auch. Das hat auch einen guten Grund. Das ist jedoch nicht miteinander vergleichbar.

Im Falle der TMG würde sich das Land komplett zurückziehen. In der Zwischenphase werden wir das logischerweise begleiten, weil wir das Konzept, das wir mit den Privaten verhandelt haben, im Verhältnis 1 : 1 umgesetzt sehen wollen. Wir haben gegenüber den anderen vier Anbietern konkret diesen Partner präferiert, weil wir der Meinung waren: Dieses Konzept ist genau das, was wir benötigen; mit diesem konkreten Partner ist es bei den Unternehmensstrukturen, der Kleinteiligkeit unserer Strukturen und auch der Hilfsbedürftigkeit dieser Unternehmen, in die größeren Märkte hineinzukommen, möglich, das Konzept umzusetzen.

Ich will es an dieser Stelle dabei bewenden lassen und einfach anbieten: Wir warten jetzt den Termin am 9. Juni 2008 ab. Danach gibt es eine Information im Fachausschuss.

Wenn dann noch weitere Informationen zu unseren hervorragend arbeitenden Büros notwendig sind, geben wir diese bilateral bei einem schönen Kaffee bei mir im Hause.

(Heiterkeit - Oh! bei der CDU)

- Ja, auf eigene Kosten natürlich. - Ich halte es aber momentan für nicht angezeigt, diesen Antrag auch mit den Aufwendungen, die notwendig sind, weiterzubehandeln.

Ich verspreche: Wir halten Sie auf dem Laufenden. Vielleicht sind wir in einem halben Jahr, wenn wir nicht zielführend und erfolgreich waren - das ganze Verfahren ist noch ergebnisoffen -, in der Lage, gemeinsam darüber nachzusinnen, ob wir entweder einen weiteren Privatisierungsansatz in Richtung TMG betreiben oder den

Versuch als legitimen Versuch ausbuchen, aber sagen sollten: Jetzt werden die Ressourcen konzentriert, jetzt liquidieren wir das Ganze. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Haseloff. - Herr Kosmehl, war das eben eine Meldung oder haben Sie nur vor Begeisterung die Hand hochgehoben?

(Herr Kosmehl, FDP: Ich wollte mich auch für ei- nen Kaffee anmelden, Herr Präsident! - Heiter- keit)

- Okay. - Jetzt spricht für die SPD-Fraktion Herr Tögel. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei so viel Evaluierung im Land frage ich mich schon: Wie viele Beamte und Angestellte haben wir, die sich mit Evaluierung beschäftigen?

(Herr Franke, FDP: Ja, fragen Sie sich das!)

Ich zitiere:

„Bei dem vorliegenden Antrag zur Evaluierung des Tourismusmarketings frage ich mich aber auch, ob eine effektive Evaluierung der TMG, also der Tourismusmarketinggesellschaft, so kurz nach der Schaffung schon Sinn macht.“

(Herr Franke, FDP: Genau!)

Zitat Herr Franke vom 15. November 2007 hier im Landtag.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD)

Vor diesem Hintergrund fragt man sich wirklich: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern? - Wenn sich Herr Franke vor einem halben Jahr im Landtag hinstellt und sagt, wir können nicht evaluieren, das ist noch viel zu dicht

(Herr Kosmehl, FDP: Ja!)

und wir haben gar nicht die Leute dafür,

(Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP)