Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die Frage der Abgeordneten Frau Tiedge von der Linkspartei.PDS namens der Landesregierung wie folgt.
Zu 1: Eine Verpflichtung oder auch regelmäßige Praxis, Richterstellen bundesweit auszuschreiben, besteht nicht. Bei der Ausschreibung der Stelle des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ist das Justizministerium davon ausgegangen, dass im Geschäftsbereich in jeder Hinsicht gut geeignete Bewerber für die auszuschreibende Stelle zur Verfügung stehen. Die Gewerkschaften sind in das Besetzungsverfahren einbezogen worden. Das heißt, die nach den Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes vorgeschriebene Anhörung ist - entgegen dem Wortlaut in der Anfrage - auch in diesem Falle ordnungsgemäß am 19. Januar 2006 erfolgt.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund Landesverband Sachsen-Anhalt und der Kommunale Arbeitgeberverband Sachsen-Anhalt e. V. haben mit Schreiben vom 30. Januar 2006 bzw. 7. Februar 2006 Stellung genommen. Seitens der Landesvereinigung der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände e. V. wurde von der eingeräumten Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme nicht Gebrauch gemacht.
Eine Verpflichtung, im Rahmen des Stellenbesetzungsverfahrens den Empfehlungen dieser genannten Verbände aufgrund der durchgeführten Anhörung zu folgen, besteht nicht.
Zu 2: Auf die Stellenausschreibung haben sich zwei Richter beworben. Die Auswahlentscheidung erfolgte gemäß Artikel 33 Abs. 2 des Grundgesetzes nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Ausschlaggebend für die Besetzung der Stelle mit Herrn Zink waren der Leistungsvergleich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen und seine besondere Bewährung in der Rechtsprechung und der Justizverwaltung.
Entwurf eines Gesetzes über die Regelung der StadtUmland-Beziehungen der Stadt Halle (Saale) und die Bildung eines Landkreises Region Halle-Merseburg (Stadt-Umland-Gesetz Region Halle-Merseburg)
Einbringer ist der Abgeordnete Herr Dr. Köck, Linkspartei.PDS. Herr Dr. Köck, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die stürmische und kaum geordnet verlaufende nachholende Sub
urbanisierung machte es bereits kurz nach der vollzogenen Wiedervereinigung erforderlich, Verflechtungsbeziehungen im Umfeld der drei kreisfreien Städte im Land Sachsen-Anhalt neu zu regeln. Als besonders problematisch erwies und erweist sich noch immer die Neuordnung im Raum Halle. Neben den Verflechtungen mit dem eigenen Umland traten übergeordnete Verflechtungen mit dem Saalkreis, mit der Stadt Leipzig und innerhalb eines Großraumes auf, der raumordnerisch als Metropolregion gefasst wird.
Bei genauer Analyse stellt sich überraschenderweise heraus, dass das eigentliche Problem bei der Neuordnung der Verflechtungsbeziehungen im Raum Halle nicht die Konflikte der Stadt Halle mit den Umlandgemeinden sind. Diese sind von den typischen Konfliktpotenzialen zwischen der Kernstadt und dem Umland bzw. den Speckgürtelgemeinden - wie man so schön sagt - geprägt. Das eigentliche Problem bei der Neuordnung stellte der Saalkreis dar, weil dieser über eine zu geringe Bevölkerungszahl verfügt, weil er sich nahezu vollständig ringförmig um die Stadt legt, weil er nicht über eine ausreichende Raumtiefe verfügt und selbst kein eigenes Mittelzentrum hat.
Durch den Sitz der Verwaltung im Oberzentrum Halle sind die Verflechtungen auf der einen Seite besonders intensiv, auf der anderen Seite wird der oberzentrale Verflechtungsbereich der Kernstadt vom zu kleinen Saalkreis völlig ungenügend abgedeckt. Die Auflösung des Saalkreises, verbunden mit einer Eingemeindung der umliegenden Kommunen, war bereits anlässlich der Kreisgebietsreform im Jahr 1994 Gegenstand der Reformüberlegungen.
Heute heißt es, dieses Konzept habe sich seinerzeit als kein adäquates Mittel zur Lösung dieses speziellen Stadt-Umland-Problems herausgestellt. - Nein, es war der absehbare geballte Widerstand, der bei einer Zerstückelung des historischen Saalkreises drohte.
Als einzige sinnvolle Alternative wurde damals erwogen, die Stadt-Umland-Konflikte im Rahmen eines Großraumverbandes beherrschbar zu gestalten. Diesem Großraumverband Halle sollte neben der Stadt Halle und dem Saalkreis auch - man höre und staune - der Landkreis Merseburg angehören.
Als mögliche Aufgaben, die dem neu zu konzipierenden Großraumverband künftig übertragen werden sollten, wurden damals die regionale Entwicklungsplanung, die Aufgaben der unteren Planungsbehörde, der ÖPNV, die Verkehrswegeplanung, die Wasserversorgung, die Abwasserentsorgung, die Abfallentsorgung und die Aufstellung von Flächennutzungsplänen und B-Plänen genannt. Das Ministerium des Innern hatte im Zusammenhang mit dieser Konzeption auf das Gesetz zur Errichtung des Großraumverbandes Braunschweig verwiesen.
Eine Verbandslösung scheiterte damals aber am vehementen Widerstand der kommunalen Spitzenverbände sowie der beiden betroffenen Landkreise, die mit der Umsetzung dieses Konzeptes die Gefahr einer Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung in der Fläche sahen.
Wie sich heute herausstellt, war das eine krasse Fehlentscheidung, an deren Folgen wir heute noch schwer zu tragen haben und möglicherweise auch zukünftig noch schwer zu tragen haben werden.
nehmen, war ohne die Veränderung der Rahmenbedingungen objektiv gar nicht erfüllbar. Das ist der eigentliche Grund dafür, warum zehn Jahre lang seitens der Landesregierung oder des Parlamentes keinerlei Initiativen ergriffen wurden.
Konsequenterweise sah und sieht die Stadt Halle nur noch die Möglichkeit, Eingemeindungen zu fordern, um damit für sich Entwicklungschancen zu schaffen. Gleichzeitig stärkte der Saalkreis seinen Gemeinden den Rücken und empfahl ihnen, auch freundlichen Ansinnen der Stadt Halle zu widerstehen. Er drohte angesichts der damit verbundenen Infragestellung der eigenen Existenz an, keinem Gemeindewechsel zuzustimmen. Bekanntermaßen hielt er diese Politik bis zur beschlossenen Fusion mit dem Landkreis Merseburg-Querfurt durch.
Es war also blauäugig, im Jahr 1993 zu glauben, dass man dem Saalkreis eine Scharnierfunktion zwischen den Interessen der Stadt Halle und denen der Saalkreisgemeinden zuweisen könnte. Man hat im wahrsten Sinne des Wortes „den Bock zum Gärtner gemacht“. In dem gleichen Zusammenhang wurden die Städte auf ihre eigenen Potenziale verwiesen. Das heißt, durch die damalige Fehlentscheidung wurde die Stadt-Umland-Problematik im Land sogar noch angeheizt.
Der Versuch, die Probleme mit den verschiedenen Möglichkeiten der kommunalen Gemeinschaftsarbeit zu lösen, musste einfach scheitern, da die Voraussetzungen im Raum Halle nicht gegeben waren und nicht einmal ein Mindestmaß an Interessenübereinstimmung vorhanden war. Das beste Beispiel dafür ist die Bildung von Einheitsgemeinden, bei der das einigende Band für sonst vielleicht zerstrittene Gemeinden der Widerstand gegen die Eingemeindung in die Stadt Halle ist. Das heißt, der kleinste gemeinsame Nenner wird gefunden.
Die Möglichkeiten der kommunalen Gemeinschaftsarbeit sind jedoch völlig ungeeignet, um diametral entgegengesetzte Interessen auszugleichen und Konflikte zu lösen. Da hilft am Ende häufig nur noch der Gang vor das Gericht. Die Interessenlagen zwischen der Stadt Halle und dem Umland waren und sind gegensätzlich.
Der Weg, über den Planungsverband einen erneuten Anlauf auf einen Großraumverband zu nehmen, ist mit so vielen Widerständen gepflastert, dass eine permanente Einflussnahme seitens des Landes notwendig wäre, um dies durchzusetzen. Das Engagement von Minister Daehre in den letzten Tagen ist sehr augenfällig. Dieser Prozess wird sehr lange dauern, viel zu lange. So viel Zeit hat die Region Halle im Wettbewerb mit anderen Regionen nicht mehr.
Bekannt ist, dass genau die Gründe, die im Jahr 1993 hauptsächlich dazu geführt haben, dass die Kommunen einer Verbandslösung negativ gegenüberstanden, heute keine Rolle mehr spielen.
Es wird also zwischen den bereits vorhandenen Verwaltungsebenen eine weitere Ebene eingezogen. Das Land Sachsen-Anhalt orientiert sich dabei an dem Ballungsraumgesetz von Frankfurt. Das ist aber gerade ein Beispiel dafür - das haben Erfahrungen der letzten fünf Jahre gezeigt -, dass dieser Weg offensichtlich nicht zum Ziel führt. Deshalb regen wir noch einmal an, innezuhalten, alles zu prüfen und den Schritt in Richtung einer gemeinsamen Lösung für die drei Kreise - hierbei schließe ich die Stadt Halle als kreisfreie Stadt ein - zu gehen.
Der vorliegende Gesetzentwurf soll deshalb zum einen geeignete Rahmenbedingungen für ein Konfliktmanage
ment in der Region Halle schaffen. Er soll zum anderen noch in letzter Minute die drohende Konstellation einer bipolaren, von Rangstreitigkeiten geschüttelten Region und die Einmauerung der Stadt Halle abwenden.
Die Probleme, die es in den letzten zehn, zwölf Jahren in den Beziehungen zwischen dem Saalkreis und der Stadt Halle gegeben hat, werden sich auf einem höheren Niveau wiederholen. Nur, dabei geht es nicht um Zwangseingemeindungen, sondern es geht um die Hegemonie in der Region.
Kein Geringerer als der ehemalige CDU-Fraktionsvorsitzende und ehemalige Ministerpräsident dieses Landes, Christoph Bergner, hat gesagt, dass es ein Desaster sei, wenn es dazu kommen sollte, dass der Saalkreis und der Landkreis Merseburg-Querfurt eine Art Halskrause um die Stadt Halle bilden. Auch der ehemalige Bürgermeister der Stadt Halle, Dr. Klaus Rauen, der bekanntermaßen kein Vertreter der linken Politik ist, äußerte sich in dieser Hinsicht mit warnender Stimme.
Der vorliegende Gesetzentwurf soll dieses Problem umgehen und errichtet mitnichten einen Regionalkreis, wie die Online-Ausgabe einer großen Tageszeitung fälschlicherweise titelte. Er ist aber ein erster großer Schritt in Richtung der Ende des Jahres 2001 im so genannten Turowski-Gutachten vorgeschlagenen Vorzugsvariante einer Neustrukturierung der Region. In diesem Gutachten heißt es:
„Entscheidend ist sowohl für die Lösung der Stadt-Umland-Probleme nach innen als auch für die Stärkung der Region nach außen, dass die gewählte Kooperationslösung die Integration des gesamten Verflechtungsbereiches gewährleistet. Der Regionalkreis sollte daher neben der kreisfreien Stadt Halle, welche die Rechtsstellung, nicht jedoch den Status einer kreisfreien Stadt behalten soll, den Saalkreis sowie den Landkreis Merseburg-Querfurt umfassen. Die wichtigsten Stadt-Umland-Probleme gerade im finanziellen Bereich lassen sich mit dem Regionalkreis auffangen...
Eingemeindungskonflikte ließen sich mit dem Regionalkreis dem Grunde nach weitgehend vermeiden oder minimieren. Dies ist im Sinne des Grundsatzes der Subsidiarität des staatlichen Eingriffs zu sehen. Bei der Bildung eines Regionalkreises entfiele daher die Notwendigkeit, im großen Stil Nachbargemeinden in die Stadt Halle einzugemeinden.“
Angesichts der dem Regionalkreis offensichtlich innewohnenden Potenziale zur verträglichen Lösung der Kernprobleme der Stadt-Umland-Konflikte sind eigentlich keine vernünftigen Gründe für Vorbehalte oder für eine Ablehnung auszumachen.
Mit der alternativlosen Annullierung der Vorschaltgesetze zur Funktional- und Gebietsreform verschwand im Jahr 2002 nicht nur das Turowski-Gutachten in der Schublade, sondern es wurde auch einer Bewegung im Raum Halle der Boden entzogen, die von unten wachsend die Regionalkreislösung möglich zu machen schien.
Der Gesetzentwurf stellt den Versuch dar, einen zukünftigen Regionalkreis wenigstens embryonal anzulegen. Zwischenzeitlich wird ein regionaler Vorteils-Lasten-Ausgleich wirksam, der nur um den Preis einer Einkreisung der Stadt Halle zu haben ist. Wenn aber die Stadt Halle
ihre Kreisfreiheit aufgibt, zieht sie zugleich den Kopf aus der Schlinge der Umarmung des Saalekreises und gewinnt obendrein noch die gesamte Region. Auch dieser Weg ist kein absolutes Neuland; er wurde in der bundesdeutschen Kommunalgeschichte bereits einmal mit dem Göttingen-Gesetz beschritten.
Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie deshalb herzlich darum, noch einmal unvoreingenommen sämtliche Ausgangspositionen zu prüfen, um die Weichen im Raum Halle eventuell neu zu stellen. - Recht herzlichen Dank.
Bevor ich der Landesregierung das Wort erteile, begrüße ich Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Osterburg auf der Südtribüne. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dieser Wahlperiode wird es, abgesehen von zwei Ausnahmen, keine Veränderungen an den vom vorigen Landtag beschlossenen neuen Landkreisgrenzen geben. Dazu steht die Landesregierung.
Die Kreistage, die Landräte und die Verwaltungen haben eine verlässliche Planungsgrundlage für die nächsten Jahre.
Die eine Ausnahme betrifft die heute zur Diskussion stehende Stadt-Umland-Problematik. Dazu haben wir die Vereinbarung getroffen, dass bis zum In-Kraft-Treten der Kreisgebietsreform zum 1. Juli 2007 auf der Grundlage des Kommunalneugliederungs-Grundsätzegesetzes über notwendige gesetzliche Eingemeindungen entschieden wird.