Protokoll der Sitzung vom 11.09.2008

Wir haben uns auf sechs Fragen und 14 Unterfragen zu diesem Problemkreis beschränkt. Ich kann diesbezüglich auf eine Große Anfrage der CDU-Fraktion aus dem Jahr 2002 verweisen, in der es summa summarum 302 Fragen allein zur Verkehrsinfrastruktur gab.

Erschreckend ist, wie die schienengebundene Infrastruktur entwertet worden ist, wie viele Güterverkehrspunkte durch die Deutsche Bahn in den vergangenen Jahren in Sachsen-Anhalt gestrichen worden sind.

In der Antwort zur Frage des Immissionsschutzes stellt sich heraus, dass der Hauptverursacher für die betrachteten und nachgefragten Stickoxidimmissionen der Verkehr ist. Der Verkehr ist auch der Hauptverursacher für die Eutrophierung sowie für Feinstaub- und Lärmemissionen.

Hinsichtlich der Wasserwirtschaft ist festzustellen, dass die Probleme des Abschlags über die Mischwasserkanalisationen letztlich auch darauf zurückzuführen sind, dass sich im Straßenwasser ein Cocktail aus Schwermetallen, Nährstoffen und verschiedenen anderen Substanzen sammelt. Während auf der einen Seite für Kleinkläranlagen in sensiblen Bereichen ein Einleitungsverbot gilt, wird in vielen Teilen des Landes Mischwasser in die Vorfluter abgeschlagen. Deswegen wurde die Frage nach dem Background gestellt.

Diesbezüglich ist die Datenlage wirklich nicht ganz leicht. Aber in Österreich wurden viele Jahre lang Untersuchungen durchgeführt, anhand deren zumindest eine Bandbreite von Stoffen nachgewiesen wurde, die sich in dem Wasser befinden, das von unseren Straßen in die Vorfluter gelangt.

Komplex 9 - Freiraumnutzungen und Freiraumschutz - im Zusammenhang mit Komplex 11 - Raumordnerische und landesplanerische Aspekte des Klimaschutzes. Hier wird vor allem die Problematik des Flächenverbrauchs thematisiert. Zu den Fragen 49 und 56 hat das geologische Landesamt dankenswerterweise auf erfrischende Art und Weise die Theorie mit Tabellen untersetzt und die Auswirkungen der Nassauskiesung auf das Klima sind sehr schön erläutert worden. Ich möchte ausdrücklich den Kollegen danken, die diese zwei Fragen beantwortet haben. Ich nehme an, das waren Kollegen aus dem geologischen Landesamt.

Aber auch hierzu gibt es, wie bei vielen anderen Dingen, angeblich keine statistischen Daten. Die jährliche Bodennutzungsstatistik auf Gemeindeebene oder das Raumordnungskataster lassen jedoch Rückschlüsse auf die Zunahme der Versiegelung zu.

Auf die Frage zur Nachhaltigkeitsstrategie gab es keine Antwort. Überraschend war, dass bei den Raumordnungsverfahren aus Klimaschutzgründen bisher noch kein einziges Verfahren abgelehnt worden ist.

Ich komme zum letzten Komplex - Raumordnerische und landesplanerische Aspekte der Wirtschaftsentwicklung. Hier wird deutlich, wie gering der Einfluss der zentralen Orte auf die Steuerung ist, zumindest in der gegenwärtigen Dynamik.

Positiv ist die sehr detaillierte Übersicht zur Forschungs- und Entwicklungsstruktur. Thematisiert wird auch die Problematik der wachsenden Flächenkonkurrenz zwischen nachwachsenden Rohstoffen und der Lebensmittelproduktion.

Ich hoffe, dass es zumindest bei der Behandlung des Landesentwicklungsplans genug Zeit gibt, damit wir diese Fragen in aller Ruhe behandeln und in Ruhe ausdiskutieren können, sodass sie eine entsprechende Berücksichtigung finden. Auf jeden Fall ist eine Nachbearbeitung nötig. Ich denke, dies sollte unaufgefordert bis zum Beginn der Ausschussberatungen geschehen. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Köck. - Nach Ihnen spricht nun Herr Minister Daehre. Bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Köck! Gestern Abend habe ich mir in Vorbereitung auf diese Rede zwei Varianten erdacht, die ich heute in Abhängigkeit vom Verlauf der Diskussion über die zehnjährige Bilanz halten kann.

Sie haben freundlicherweise danach gefragt, wie die Raumordnungspolitik in den letzten zehn Jahren verlaufen ist. Bekanntermaßen waren Sie im Zeitraum von 1997 bis 2002 in der politischen Mitverantwortung. Im Zeitraum von 2002 bis 2008 waren sie es nicht mehr. Dann hat es andere Konstruktionen in diesem Lande gegeben.

Ich muss sagen, Sie sind sehr sachlich geblieben. Deshalb will ich auch nur darauf hinweisen, dass alle Daten - den Satz muss ich wenigstens sagen - ab dem Jahr 2002, also die wirtschaftlichen und viele andere auch, besser sind als die des Zeitraumes von 1997 bis 2002. Das ist das Verdienst der Fraktionen, die rechts, in der Mitte und halblinks sitzen.

Meine Damen und Herren! Das sage ich so, weil heute bei dem vom Finanzminister dargelegten Thema die drei auf der linken Seite Sitzenden als „die drei Linken“ bezeichnet wurden, und Frau Kolb saß daneben. Da muss man dann schon ein bisschen aufpassen.

(Heiterkeit bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Jetzt aber zurück zum Landesentwicklungsplan. Das ist das Spiegelbild der Entwicklung in Sachsen-Anhalt. Nicht umsonst haben wir uns entschlossen zu sagen, wir müssen den demografischen und finanzpolitischen Herausforderungen Rechnung tragen, die heute Morgen vom Finanzminister noch einmal deutlich herübergebracht wurden.

Deshalb haben wir uns entschlossen zu sagen, wir wollen nicht den gültigen Landesentwicklungsplan novellieren, sondern wir wollen einen neuen aufstellen. Noch nie haben wir uns in Sachsen-Anhalt so viel Zeit dafür gelassen; ich denke, wir lassen uns berechtigterweise so viel Zeit dafür.

Wir werden im Jahr 2010 den Landesentwicklungsplan verabschieden und können mit allen Gremien darüber diskutieren, wie es in diesem Lande in den nächsten zehn, 15 oder 20 Jahren weitergehen soll. Darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen. Das wird nicht anders sein. Am Ende müssen wir auch wieder eine Abwägung vornehmen.

Ich nenne zwei ganz wesentliche Punkte: die Demografie und die Nachhaltigkeit. Wir haben die Pflicht, die Verantwortung, in den nächsten Jahren alle Ausgaben auf ihre Nachhaltigkeit hin zu überprüfen. Wir haben keinen weiteren Schuss mehr. Die Jahre 2013 - der Finanzminister hat es deutlich gesagt - und 2019 sind die beiden Eckdaten.

Man kann sich bei der Aufstellung des Landesentwicklungsplanes vieles wünschen, aber wir müssen auch sehen, ob es umgesetzt werden kann.

Ich denke, das Zugeständnis - ich bezeichne das einmal als Zugeständnis -, dass wir das im Einvernehmen mit dem Landtag machen - das andere hätte mir besser gefallen, aber ich denke, es ist in Ordnung, dass wir im Einvernehmen mit dem Landtag diesen Landesentwicklungsplan aufstellen -, wird uns manchmal zu schaffen machen. Manchmal werden wir auch das eine oder andere aufnehmen, das aus Ihrer Sicht notwendig ist.

Herr Dr. Köck, bevor ich zum Landesentwicklungsplan komme, sage ich Ihnen zunächst eines. Ich möchte es mir jetzt ersparen, auf alle Punkte, die wir beantwortet haben, noch einmal einzugehen. Ich denke, das kann jeder nachlesen. Wir werden dann auch genug Zeit haben, um uns darüber zu unterhalten und darüber zu diskutieren.

Das Thema Heimat hat mir eigentlich ein bisschen Freude bereitet. Nun könnte ich wieder ironisch sagen: Mein Gott, wenn wir im Jahr 1952 das Land Sachsen-Anhalt nicht aufgelöst hätten, dann hätten wir heute wahrscheinlich ein Heimatgefühl und viele wüssten, was Sachsen-Anhalt ist. Das wusste man bis zum Jahr 1990 nicht, jedenfalls nicht die jüngere Generation. In der Schule haben wir es nicht gelernt. Ich habe es erst auf dem Meisterbrief meines Stiefvaters gesehen. Dort stand: „April 1946 - Sachsen-Anhalt“, habe ich später mitbekommen. Ich habe ihn danach gefragt, er hat es mir erklärt und dann habe ich es auch schnell wieder vergessen.

Aber genau das ist der Punkt. Wir brauchen in SachsenAnhalt wieder dieses Heimatgefühl, dieses Selbstverständnis, wie es Sachsen und Thüringer haben. Jeder hat irgendwann einmal einen Traum.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe den Traum, dass in einigen Jahren die Mehrheit der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt sagt: Ich bin stolz, ein Sachsen-Anhaltiner zu sein. Das muss unsere Aufgabe sein.

(Beifall bei der CDU und bei der LINKEN)

Daran müssen wir alle arbeiten. Das ist eine Herausforderung. Wir müssen es schaffen, dass die Menschen mit

Selbstbewusstsein sagen: Jawohl, wir kommen aus Sachsen-Anhalt - nicht in erster Linie aus Magdeburg oder aus Halle. Aus welcher wunderbaren Stadt in Sachsen-Anhalt man kommt, kann man als Zweites sagen.

Sie haben das Thema Heimatgefühl mehrfach erwähnt. Sie haben auch die Studien, die dazu angefertigt worden sind, und die Heimatbünde usw. erwähnt. Die haben wir leider erst wieder aufbauen müssen. Jetzt haben wir sie.

Ich wollte das nur gesagt haben, weil Herr Dr. Köck das relativ ausführlich betont hat. Wenn Sie sich mit auf den Weg begeben, diese Identität herzustellen, dann werden wir uns sehr darüber freuen.

Herr Dr. Köck, das Zweite: Sie sprachen mehrfach Studien an. Ich nehme es Ihnen ab, dass Sie einer der wenigen sind, die diese Studien auch alle lesen. Aber die Studie von Frau Professor Dienel der Beantwortung hinzuzufügen oder noch Zahlen vom Statistischen Landesamt, die fast wöchentlich oder monatlich vorliegen und die jeder Landtagsabgeordnete bekommt, das hätte das Verfahren ein bisschen überfordert. Das kann jeder, den es interessiert, in diesen Unterlagen auch nachlesen.

(Beifall bei der CDU)

Ich darf an dieser Stelle ein Dankeschön an die Verwaltung richten; denn, meine Damen und Herren, die Beantwortung dieser vielen Fragen ist nicht leicht. Ich war selber schon in der Opposition und weiß, wie ich das damals gemacht habe. Ich habe 300 Fragen gestellt und gesehen, wie schwer sich die Landesregierung damals getan hat, sie zu beantworten. So ist das jetzt auch.

In diesem Fall möchte ich einen Dank an die Beamten richten. Diese Antworten zusammenzutragen, ist ja nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig. Ich will auch eines deutlich sagen: Diese Antworten, die von der Verwaltung gegeben worden sind, sind nur in sehr wenigen Fällen - mir fällt im Moment gar kein Fall ein - politisch korrigiert worden. Wir haben gesagt: Das sind Themen, die im Prinzip von der fachlichen Ebene zu beantworten sind. Und so sind die Antworten auch gegeben worden.

Meine Damen und Herren! Das war der Blick zurück. Wir wollen den Blick nach vorn richten und deshalb gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen der CDU und der SPD den Landesentwicklungsplan zunächst einmal auf den Weg bringen. Wir laden die Opposition herzlich dazu ein, sich an diesem Thema zu beteiligen, damit wir im Jahr 2010 diesen Landesentwicklungsplan verabschieden können.

Dabei haben wir vorrangig darauf zu achten, dass wir zwischen Havelberg, Osterburg, Salzwedel und Zeitz für die Zukunft gleichwertige Lebensbedingungen garantieren. Das wird ein sehr spannendes Thema bleiben vor dem Hintergrund abnehmender Bevölkerungszahlen. Trotzdem müssen wir diesen Versuch starten, und ich denke, wir werden das auch auf den Weg bringen.

Dass dieses Land dann durch Zentren charakterisiert wird, dass wir drei Oberzentren haben, dass wir in dem Landesentwicklungsplan 22 Mittelzentren haben - -

Meine Damen und Herren von der LINKEN, Sie hatten immer gesagt: Na ja, mit den Mittelzentren - -

(Herr Gallert, DIE LINKE: Wir hatten Ihren Kabi- nettsbeschluss vom März! Wir haben nicht ge- dacht, wir haben Ihren Kabinettsbeschluss ge- lesen!)

- Wissen Sie, Herr Gallert, das ist das Schöne: Im Gegensatz zu Ihnen sind wir lernfähig. Das ist der Punkt.

Wir haben gesagt: Okay, wir ändern das eine oder andere noch, weil es vielleicht sinnvoll ist,

(Herr Gallert, DIE LINKE: Sehen Sie!)

und dann haben wir das gemacht. Das ist der kleine, aber feine Unterschied.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt haben wir das Dritte, die Frage der Grundzentren. Bezüglich der Grundzentren sage ich eindeutig eines: Dazu legen wir nur die Kriterien fest und dann werden im Rahmen der regionalen Entwicklungspläne die Grundzentren vor Ort bestimmt. Dass wir in Sachsen-Anhalt zu viele Grundzentren haben, liegt auf der Hand.

Aber wir müssen dafür sorgen, dass in jedem Teil dieses Landes ein Grundzentrum innerhalb von 20 Minuten mit dem Pkw erreicht werden kann. Ich sage das deshalb, weil daran der Kritikpunkt ansetzt: mit einem Pkw.

Nun muss es eine Zielstellung sein festzustellen, wie wir es schaffen können, dass diese Grundzentren zu einem Prozentsatz x auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln besser erreicht werden können, als das im Moment der Fall ist. Das kriegen wir nur durch den zusätzlichen Einsatz von Bussen hin; denn über die Schiene erreichen wir das nicht.