Mit diesen Welterbestätten wird verstärkt - und das auch völlig zu Recht - im kulturtouristischen Bereich geworben. Sie sind wichtig für unser Bundesland als Kulturland. Sie sind Magnete für Besucherinnen und Besucher Sachsen-Anhalts.
Jetzt standen bzw. stehen zwei weitere Anträge auf der nationalen Liste der Bundesrepublik, die bis 2010 den Status „Welterbe“ erhalten sollen. Das sind die Franckeschen Stiftungen in Halle und der Naumburger Dom.
Das Außergewöhnliche der Franckeschen Stiftungen sind neben der beeindruckenden Bausubstanz die Franckeschen Bildungsideen. Die bei ihm aufgenommenen damaligen Waisenkinder wurden nicht nur in den schulischen Fächern gebildet, sie mussten auch handwerkliche Fertigkeiten und Fähigkeiten erwerben. Diese Idee wurde dann weltweit aufgegriffen. Darin kann man tatsächlich Außergewöhnliches sehen und schließlich folgte deshalb auch die Definition zum Welterbe.
Was ist aber mit dem für alle Betrachter eindrucksvollen und erhabenen Naumburger Dom? Er sollte nach ursprünglichem Wunsch bis 2010 mit der Ernennung zum Weltkulturerbe geadelt werden. Was hebt ihn aber aus
Diese Frage haben sich wohl auch andere in SachsenAnhalt gestellt - mit der Folge, dass der Ursprungsantrag - so meine Information - zurückgezogen wurde und jetzt um die gesamte hochmittelalterliche Herrschaftslandschaft an Saale und Unstrut erweitert werden soll. Zu dieser gehören der Naumburger Dom, die Altstadt Naumburgs, die Burg Schönburg, die Rudelsburg, das Romanische Haus Bad Kösen, die Burg Saaleck, das Schloss Goseck, das Schloss Neuenburg, die Marienkirche in Freyburg, Kloster Zscheiplitz, Schulpforte mit den möglichen Exklaven Eckartsburg und Burg Wendelstein sowie das Kloster Memleben.
Ausdrücklich zugelassen in der Antragstellung ist das national bedeutsame Element. Aber ist dieses gesamte Paket wirklich außergewöhnlich für die Menschheit und hat die Bewerbung um die Aufnahme in das Welterbe somit wirklich gute Aussicht? - Ich und wir alle müssen das Gott sei Dank nicht entscheiden. Das ist ausgesprochen gut so.
Eine weitere Welterbestätte in unserem Land würde mich als Kulturpolitiker - diese persönliche Bemerkung sei gestattet - mit Stolz erfüllen; aber auch darum geht es nicht. Im Juli dieses Jahres meldete die Stadt Halberstadt, sich mit dem Dom und dem berühmten Domschatz um Aufnahme in die Welterbeliste bewerben zu wollen. Ein Gremium, das den Antrag erarbeitet, der schließlich von der Kultusministerkonferenz und vom Bund mitgetragen werden soll, konstituiert sich momentan.
Im Radio gab es - ebenfalls in diesem Sommer - eine Meldung in den Nachrichten, dass sich weitere sachsenanhaltische Dome um eine Aufnahme in die Welterbeliste bewerben wollen. Das bevorstehende sachsenanhaltische Jahr der Dome 2009 stand hier offensichtlich Pate.
Wiederum kommen wir zur Grundsatzfrage: Erfüllen all diese großartigen Denkmale das Kriterium „außergewöhnlich“? Vier, demnächst fünf oder sechs Kulturstätten auf der Welterbeliste, das ist viel für unser kleines Land mit seinen 2,4 Millionen Einwohnern. Das Welterbe verlangt bekanntlich auch außergewöhnliche Pflege, verbunden mit bestimmt nicht zu vernachlässigenden Kosten.
Ich will an dieser Stelle daran erinnern, dass Quedlinburg Ende der 90er-Jahre als Welterbestätte bedroht schien, da der Schlossberg wegzurutschen drohte und die Kommune keine finanziellen Mittel hatte, um stützend einzugreifen. Letztlich halfen das Land und weitere Dritte aus der damals nicht ganz unbrenzligen Situation heraus.
Das Weltkulturerbe ist eine internationale Konvention. In die Antragstellung um Aufnahme in die Welterbeliste gehört Selbstbewusstsein, aber auch Augenmaß, das die Achtung vor der Leistung anderer Völker ebenso ausdrückt. Wir bitten die Landesregierung, uns bis Ende dieses Jahres zu informieren, welche Anträge bzw. Initiativen auf Aufnahme in die Welterbeliste der Unesco es aus Sachsen-Anhalt gibt, und wir möchten wissen, wie die Landesregierung zu den jeweiligen Begehren steht.
Wir meinen, dass der Landtag über diesbezügliche Aktivitäten informiert werden muss und ein Recht darauf hat zu erfahren, wie sich die Landesregierung zu den ein
zelnen Anträgen positioniert und auch, mit welcher Priorität. Denn ein positives Grundvotum ist Grundvoraussetzung dafür, überhaupt eine Chance zu haben, in die Welterbeliste aufgenommen zu werden. Deshalb unser Antrag, für den ich um Zustimmung werbe.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Grunde genommen kann ich der Intention des Antrages jetzt schon Folge leisten, weil die gestellten Fragen beantwortbar sind.
Ich möchte am Anfang herausstellen, dass die Aufnahme weiterer Kulturgüter in die Welterbeliste, ja schon die Bewerbung um eine solche Aufnahme, einem Verfahren unterliegt, an dem die Landesregierung mit vielen anderen jeweils maßgeblich beteiligt ist.
Die derzeit gültige Liste der Kultur- und Naturgüter, die von der Bundesrepublik Deutschland zur Aufnahme in die Unesco-Liste des Kultur- und Naturerbes in der Welt angemeldet werden sollen, ist schon im Jahr 1998 von der Kultusministerkonferenz einstimmig beschlossen worden. Damals konnte man davon ausgehen, dass diese Liste etwa bis zum Jahr 2010 abgearbeitet sein würde.
Inzwischen hat aber die Unesco das Verfahren geändert. Um einen zunehmenden Eurozentrismus der anerkannten Kulturstätten zu vermeiden, lautet die neue Regel, dass jede Nation nur noch einen Antrag pro Jahr einreichen kann. Das heißt, die in die beschlossene Liste aufgenommenen Orte bestimmen die deutschen Antragstellungen noch über Jahre hinaus.
Ich finde übrigens diese Eurozentrismusthese sehr nachdenkenswert und vernünftig. Denn die Bezeichnung „Weltkulturerbe“ besagt, dass eben auch ein Fokus auf Latein- und Südamerika, auf Asien und auf Afrika gelegt werden kann. Wir haben in der Tendenz des Weltkulturerbes tatsächlich so etwas wie einen - natürlich nicht gewollten, aber praktisch vorhandenen - Eurozentrismus, der dazu geführt hat, die Regeln ein bisschen ausgleichend zu modifizieren. Ich finde das ausgesprochen richtig und gut.
Neben dem Gartenreich Dessau-Wörlitz, das seit dem Jahr 2000 zum Welterbe zählt, enthält unsere Liste - ich meine die Vorschlagsliste, die bereits existiert - zwei weitere Vorschläge aus Sachsen-Anhalt, nämlich die Franckeschen Stiftungen in Halle und den Naumburger Dom. Ihre Behandlung bei der Unesco ist nach dem jetzigen Stand erst für die Jahre 2015 bzw. 2016 vorgesehen und hat sich damit beträchtlich verschoben.
Übrigens ist das Vorhaben, den Naumburger Dom in das Welterbe aufzunehmen, nicht zurückgezogen, sondern nur den veränderten Antragsbedingungen angepasst worden, und zwar aus gutem Grund. Die Erfahrung bzw. die Beobachtung zeigt, dass ein weiterer gotischer Dom als Einzelbauwerk vor allem angesichts des bereits reichen Bestandes in Europa, insbesondere in Frankreich, keine guten Aussichten in diesem Verfahren hätte. Die Erfahrungen mit der Bewerbung des Magdeburger Doms haben das übrigens gezeigt.
Daher wurde der Antrag modifiziert, in gewissem Sinne - so würde ich sogar sagen - qualifiziert, indem nunmehr ein kulturlandschaftlicher Gesamtkomplex mehrerer herausragender Bauten des Hochmittelalters in dieser Region gebildet wurde - Sie haben das gesagt -, natürlich mit dem Dom als Mittelpunkt, aber genauso mit dem Schloss Goseck, der Rudelsburg, der Burg Saaleck, dem Kloster Schulpforta und der Neuenburg.
Gemeinsam mit dem Dom und den Stifterfiguren bilden diese Bauwerke in der Tat eine einmalige Kulturlandschaft, deren Erscheinung in Verbindung mit dem Wein- und dem Obstbau sowie den Wasserstraßen schon vor Jahrhunderten ihre heutige Prägung erfahren hat.
Diese Erweiterung des Antragsgegenstandes ist nach eingehender Prüfung und in Abstimmung mit Vertretern von Icomos als sinnvoll und auch als förderlich für den Antrag angesehen worden.
In diesem Jahr ist vor Ort übrigens ein Verein gegründet worden, der sich mit der Neuausarbeitung der Antragsunterlagen beschäftigt, die nötigen Untersuchungen und Forschungen anstellen will und dergleichen mehr. Ihm gehören Vertreter des Landkreises, der betroffenen Städte und Gemeinden, der Vereinigten Domstifter und weiterer Institutionen an. Seitens des Landes wird der Verein übrigens durch das Kultusministerium, das Wirtschaftsministerium und das Landesverwaltungsamt begleitet und unterstützt.
Der Antrag für die Franckeschen Stiftungen befindet sich noch in der Ausarbeitung. Dessen ungeachtet wird bereits im Vorfeld geprüft, ob man auch hier eine stärkere internationale Vernetzung, zum Beispiel über die Missionsorte - im Fall der Franckeschen Stiftungen sind diese vor allem in Indien, in Nordamerika, in Russland und in der Kooperation auch in Dänemark -, ein Netzwerk zum Gegenstand der Anerkennung für das Weltkulturerbe definieren könnte.
Seitens der Landesregierung liegt der Schwerpunkt zunächst natürlich auf dem Erhalt und der Entwicklung der bereits anerkannten Welterbestätten und in der Vorbereitung eines Erfolg versprechenden Antragsverfahrens für die beiden bereits gelisteten Aspiranten.
Angesichts des Verfahrens mit seinen Zeitabläufen sehe ich zurzeit keinen weiteren - zumindest keinen unmittelbaren - Handlungsbedarf. Das hat nichts damit zu tun, welchen kulturellen Wert man dem Halberstädter Dom und dem Domschatz beimisst. Das steht ganz außer Frage.
- Das steht ganz außer Frage. Ich wiederhole es lieber noch einmal. - Denken Sie nur einmal an die neue Präsentation des Domschatzes. Das Land muss sich, was seine Unterstützung zur Anerkennung dieses hervorragenden Erbegutes betrifft, keine kritischen Fragen stellen lassen. Ich sehe nur keinen Sinn darin, Hoffnungen zu wecken, die niemand, auch beim besten Willen nicht, einhalten kann.
All dies wurde gegenüber allen diesbezüglichen Initiativen des Landes und der Stadt Halberstadt so kommuniziert.
Kurzum: Angesichts der bereits außerordentlich hohen Anzahl und Dichte des Weltkulturerbes in Deutschland - im Übrigen auch in seinen Nachbarländern - muss man
realistisch an die Dinge herangehen. Ich rede hierbei von einer vorläufigen Schwerpunktsetzung, selbstverständlich in dem Bemühen der Landesregierung um die Weltkulturerbeliste für Sachsen-Anhalt und ihre weitere Entwicklung.
Sobald sich die Kultusministerkonferenz mit der Erarbeitung einer Folgeliste befasst, wird sich das Land mit seinen Interessen natürlich erneut und angemessen positionieren. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Olbertz. - Die Debatte der Fraktionen wird eröffnet durch den Beitrag der SPDFraktion. Es spricht Frau Reinecke. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stelle fest, dass mit dem vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE ein Kulturthema für die heutige Debatte aufgerufen wurde, welches meiner Meinung nach genauso gut als Selbstbefassungsantrag im Ausschuss behandelt werden könnte.
Vielleicht ist man auch davon ausgegangen, dass den Kulturthemen im Ausschuss bisher wenig Raum und Zeit eingeräumt wurde. Ich selber bedauere dies. Ich denke, wir haben bereits viele Sachen vom Kultusminister gehört. Nach diesem Beitrag könnte ich theoretisch davon ausgehen, dass die Dinge abgearbeitet wurden; denn die Positionen, die an dieser Stelle angesprochen wurden, sind im Grunde beantwortet worden.
Ich sehe darüber hinaus dennoch die Möglichkeit, dass wir uns im Fachausschuss mit diesem Thema beschäftigen.
Der Werdegang und auch der Hintergrund wurde sowohl vom Einbringer als auch vom Minister ausführlich dargestellt. Mit dem Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes sind die beigetretenen Staaten nämlich verpflichtet, das auf ihrem Gebiet befindliche Erbe selbst zu erfassen, zu schützen, zu erhalten und natürlich selbst zu finanzieren. Ich denke, das ist der eigentliche Knackpunkt.
Sachsen-Anhalt verfügt gegenwärtig über vier Weltkulturerbestätten und befindet sich damit an der Spitze der deutschen Bundesländer. Demzufolge hat das kleine Land Sachsen-Anhalt für diesen kulturellen Beitrag auch eine große Verpflichtung. Die Spitzenposition unseres Landes wurde mir persönlich beim Besuch der Wanderausstellung deutlich, die durch den Verein Unesco-Welterbestätten Deutschland e. V. initiiert wurde und im Jahr 2006 im Rathaus der Lutherstadt Wittenberg veranstaltet wurde. Ich denke, das ist auch an dieser Stelle deutlich gemacht worden.
Um nun die Aufnahmeliste für Deutschland zu erreichen, müssen entsprechende Beschlüsse der Kultusministerkonferenz und auch des Auswärtigen Amtes vorliegen. Auf den deutschen Anmeldelisten stehen für die Jahre 2015 und 2016 die Franckeschen Stiftungen und der Naumburger Dom nebst dem landschaftlichen Umfeld. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass die Begründung vom Antragssteller nicht ganz korrekt dargestellt wurde. Die Vorbereitungen dafür laufen; wir haben es eben gehört.
Die Antragsstellung bedarf zudem bestimmter Zeitvorläufe. Die entsprechenden Kriterien müssen eingehalten werden und die Anmeldung ist fachlich gründlich vorzubereiten.
Ich kann dem strategischen Vorgehen und auch der Begründung des Kultusministers gut folgen, keine weiteren Denkmäler auf die Anmeldeliste zu setzen. Dabei möchte ich auch nicht eine Wertung oder gar eine Herabsetzung der regionalen Bemühungen, zum Beispiel die der Stadt Halberstadt, vornehmen. Erneute Anmeldungen könnten eher die Chance der bereits angemeldeten Denkmäler schmälern.
Hinzu kommt aus meiner Sicht ein weiterer Aspekt, nämlich die Diskussion und die kritische Frage, ob die bisherige Welterbeliste nicht zu europalastig sei, zum Beispiel im Vergleich zu Afrika. Das wurde bereits angesprochen. Genau vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass künftig auf eine ausgewogenere Auswahl geachtet wird. Ich meine, an dieser Stelle ist weniger auf jeden Fall mehr.
Daher sollte über den Sachstand und über die Diskussionsansätze von heute im Fachausschuss diskutiert werden. Wir hätten auch die Möglichkeit, dieses wichtige kulturelle Thema in dem zuständigen Ausschuss zu behandeln. Ich beantrage deshalb die Überweisung des Antrages an den zuständigen Fachausschuss. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.