Nur ein Punkt vielleicht. Die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit den Ehen im Rahmen des Besoldungsrechts ist, denke ich, ein besonderer Aspekt, den zu regeln es etwas gedauert hat. Auch hierfür gilt das Motto „Lieber spät als nie“, sodass ich die späte Einsicht nur begrüßen kann.
Damit liegt Sachsen-Anhalt nicht nur im Trend. Vielmehr steht es unserem Land - dieser festen Überzeugung bin ich - gut zu Gesicht, wenn die Gleichstellung auch bei einem scheinbar so trockenen Thema wie der Besoldung praktiziert wird; denn damit werden die konkreten Lebensumstände der betroffenen Menschen verbessert. Das ist gelebte Toleranz und Weltoffenheit, die jetzt endlich umgesetzt wird.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sicherlich sind mit einem solchen Gesetz auch höhere Kosten verbunden. Und in einer schwierigen Haushaltslage sind Mehrkosten in Höhe von insgesamt 2,4 Millionen € im Jahr nicht ganz einfach zu erwirtschaften. Ich halte dies jedoch für einen vertretbaren Preis, wenn es dafür ein modernes Besoldungsrecht gibt, das die Unterstützung von Familien mit Kindern verbessert, das die Diskriminierung abbaut und den Verwaltungsaufwand verringert.
Ich gebe meinen Vorrednerinnen darin Recht, dass man über das Leistungsprinzip an der einen oder anderen Stelle noch einmal reden muss. Die Gewerkschaften und die kommunalen Spitzenverbände haben in ihren Stellungnahmen an genau diesem Punkt eingehakt.
Also lassen Sie uns die Beratung zügig durchführen, wir haben viel darüber zu debattieren. Lassen Sie uns weitere Verzögerungen vermeiden.
Wir plädieren ebenfalls für die Überweisung zur federführenden Beratung an den Finanzausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss und den Ältestenrat. Verehrte Kollegen! Darüber hinaus plädieren wir für eine Überweisung an den Ausschuss für Recht und Verfassung sowie an den Bildungsausschuss; denn es sind auch Regelungen betroffen, die in diese Ausschüsse gehören. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Fischer. - Damit ist die Debatte beendet und wir stimmen ab. Es wurde beantragt, diesen Gesetzentwurf zur federführenden Beratung an den Finanzausschuss - das dürfte klar sein - und zur Mitberatung an den Ältestenrat, den Innenausschuss, den Ausschuss für Recht und Verfassung und den Bildungsausschuss zu überweisen. Werden noch weitere Ausschüsse gewünscht?
- Wenn das nicht der Fall ist, stimmen wir darüber insgesamt ab. Wer stimmt einer Überweisung des Gesetzentwurfs an die genannten Ausschüsse zu? - Das ist offensichtlich die Mehrheit. Dann ist das so beschlossen worden und der Tagesordnungspunkt 8 ist beendet. Der Tagesordnungspunkt 9 wird morgen als zweiter behandelt.
Entwurf eines Gesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz - BGStG LSA)
Ich bitte nun den Minister für Gesundheit und Soziales Herrn Norbert Bischoff, den Gesetzentwurf einzubringen. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach Artikel 38 der Landesverfassung stehen ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen unter dem besonderen Schutz des Landes. Das Land fördert ihre gleichwertige Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft.
Die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen und ihr Recht auf Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft stehen eigentlich schon seit den 90er-Jahren im Mittelpunkt, sowohl auf der Bundes- als auch auf der Landesebene. Im Jahr 1994 wurde das Grundgesetz in Artikel 3 Abs. 3 mit der Klarstellung ergänzt:
Wir waren mit unserem damaligen Gesetz für Chancengleichheit und gegen Diskriminierung behinderter Menschen aus dem Jahr 2001 nach Berlin das erste neue Bundesland, das eine gesetzliche Regelung zur Verhinderung und Beseitigung der Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen verabschiedet hat.
Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes wurde damals ein Rechtsanspruch auf die Verhinderung von Benachteiligung und Diskriminierung, auf den Abbau von Barrieren und die Beteiligung am sowie die Interessenvertretung im politischen Geschehen realisiert. Dieses Gesetz entspricht aber nicht mehr den aktuellen Erfordernissen. Deshalb soll es durch das im Entwurf vorliegende Gesetz ersetzt werden.
Hinzu kommt, dass seit dem Jahr 2002 auf der Bundesebene das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen existiert. Dieses Gesetz verpflichtet die Landesbehörden, soweit sie Bundesrecht ausführen, dies auch in Landesrecht umzusetzen. Dasselbe gilt für die Ausführung des Behindertengleichstellungsgesetzes, für die entsprechenden Verordnungen in diesem Gesetz, zum Beispiel für das Recht auf barrierefreie Kommunikation. Das war, glaube ich, einer der Schwerpunkte und ein Auslöser dafür, diese Bestimmungen gesondert aufzunehmen.
Vorgaben zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen und zum Diskriminierungsverbot enthält insbesondere auch das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Es gibt schon mehrere Gesetze, die sich damit beschäftigen, etwa die Sozialgesetzbücher, hierbei besonders das Sozialgesetzbuch IX, die Landesbauordnung, mittlerweile auch schon in mehreren Novellen, das Prozessrecht und andere. Mit diesen Rechtsvorschriften haben die Behindertengleichstellungsgesetze zahlreiche Schnittstellen und bilden sozusagen die programmatische behindertenpolitische Klammer.
Die Gründe für ein neues Landesgesetz sind verschiedener Art. Zum einen zeigt ein Vergleich des geltenden Gesetzes, das wir haben, mit den Behindertengleichstellungsgesetzen des Bundes und der Länder, insbesondere im Bereich der Barrierefreiheit und der Sicherstellung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, dass wir eine Überarbeitung und eine Klarstellung brauchen.
Zum anderen ist auch durch die Weiterentwicklung der Gegenstände der Gleichstellung und Teilhabe in Gesetzgebung, Wissenschaft und Praxis, aber auch aufgrund der am 26. März 2009 - also vor fast einem Jahr - innerstaatlich in Kraft getretenen UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, kurz Behindertenrechtskonvention, eine Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt notwendig geworden.
Die Initiative zu dieser Gesetzgebung ist von den Betroffenen selbst ausgegangen. Der Gesetzentwurf basiert auf den Vorschlägen des Landesbehindertenbeirats. Diesem war es ein besonderes Anliegen, die bewährten Regelungen des geltenden Gleichstellungsgesetzes fortzuschreiben und weiterzuentwickeln sowie gleichzeitig die eben genannten Regelungen auf der Ebene der UN - also weltweit -, der EU und der Länder mit aufzunehmen und natürlich auch die Frage der Rechtsförmlichkeit noch einmal neu zu fassen.
Inhaltlich ist die Behindertenpolitik des Landes SachsenAnhalt verstärkt auf das Ziel der Teilhabe aller Menschen an der Gemeinschaft auszurichten und - das ist eigentlich eine Voraussetzung dafür - auf die Schaffung einer barrierefreien Umgebung für alle Menschen. Die schrittweise Herstellung der Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen ist nicht nur behindertenpolitisch von zentraler Bedeutung, sondern hat auch einen großen volkswirtschaftlichen Nutzen. Aufgrund des Anwachsens des Anteils älterer Menschen in unserer Gesellschaft ist es eigentlich ein vorrangiges Ziel, die Barrierefreiheit auf alle Bevölkerungsgruppen auszudehnen.
Die Nutzbarkeit der vorhandenen Infrastruktur wird in einer älter werdenden Gesellschaft durch die Herstellung der Barrierefreiheit wesentlich erhöht. Das gilt gleichzeitig für die Belange von Familien mit Kindern. Das gilt auch für alle Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.
Der Entwurf sieht eine Neustrukturierung des Gesetzes in sechs Abschnitte vor. Einige kurze Anmerkungen dazu.
Unter dem Abschnitt I werden die allgemeinen Bestimmungen zusammengefasst, also die Begriffsbestimmungen des Gesetzes.
Abschnitt II enthält die Ausgestaltung des Rechts auf Gleichstellung und Teilhabe. Es geht also um die Teilhabe behinderter Menschen am öffentlichen Leben sowie um die gemeinsame Erziehung und Bildung in öffentlichen Einrichtungen und auch um die Frage von Fachprogrammen. Der Abschnitt II enthält also alles, was Menschen mit Behinderungen dient.
Der Abschnitt III ist explizit der Barrierefreiheit gewidmet. Es geht nicht nur um die Ausdehnung des im Land Erreichten. Es geht eben nicht nur darum, die Barrierefreiheit in der physischen Umwelt umzusetzen; es geht immer mehr auch darum, die Frage der Informations- und Kommunikationsangebote einzubeziehen.
In einer Gesellschaft, in der die Kommunikation an vorderster Stelle steht, sollten auch Menschen mit Behinderungen an den Möglichkeiten, die wir durch die Digitalisierung und durch das Internet haben - dort kommunizieren die Menschen heutzutage vorrangig -, teilhaben können. Die barrierefreie Nutzung der modernen Technologien bedarf besonderer Regelungen. Diesbezüglich sind die Landesregierung und insbesondere die Staatskanzlei zu loben, weil sie einen barrierefreien Zugang zu ihrem Portal haben. Das haben übrigens nicht alle Länder.
Unter Abschnitt IV sind die Anlehnungen an die Bestimmungen des SGB IX und an die Behindertengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder im Verfahrensrecht zusammengefasst. Es geht also um die Durchsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderungen.
Unter Abschnitt V geht es um die Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen und um den Beauftragten der Landesregierung, aber auch um den Runden Tisch und den Behindertenbeirat. Das sind ganz wichtige Organe, die Beratungsaufgaben für das Ministerium und Aufgaben der Vernetzung untereinander wahrnehmen.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal ausdrücklich Danke sagen für die Arbeit des Landesbehindertenbeirates und des Runden Tisches - ich und auch viele von Ihnen waren ein paar Mal dabei -; denn ohne die Anregungen und das Initiativrecht - das muss man ihnen wirklich zugestehen - wären wir wahrscheinlich nicht so weit. Deshalb einen herzlichen Dank dafür.
Abschnitt VI enthält die Übergangsregelungen zur Ablösung des alten durch das neue Recht und zum Inkrafttreten der Gesetzesnovelle.
Dem vorgelegten Entwurf liegt auch die in der Behindertenrechtskonvention zum Ausdruck gebrachte Erkenntnis zugrunde, dass das Verständnis von Behinderungen sich ständig weiterentwickelt und dass Behinderungen aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren entstehen.
Die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in das gesellschaftliche Leben ist damit ein fortwährender Prozess und eine dauerhafte Herausforderung an uns alle. Dabei ist - auch darauf weist die Behindertenrechtskonvention zutreffend hin - der wertvolle Beitrag, den Menschen mit Behinderungen zum allgemeinen Wohl und zur Vielfalt ihrer Gemeinschaft leisten und leisten können, anzuerkennen.
Sie haben vielleicht in den letzten Tagen die öffentliche Darstellung der Paralympics im Fernsehen gesehen. Vor vielen Jahren - darüber haben wir manchmal auch hier im Landtag debattiert - war es so selbstverständlich nicht, dass sie nahezu dieselbe Anerkennung erfahren wie die Olympischen Spiele selbst. Manch einer hat dabei auch gefühlsmäßig mitbekommen, was Menschen mit Behinderungen zu leisten in der Lage sind und wie sie sich feiern können und wie manche durch ihre Willenskraft auch Anregungen geben können und Vorbild sein können für alle anderen Menschen, die ohne Behinderungen leben dürfen.
Die Förderung des vollen Genusses der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch Menschen mit Behinderungen sowie ihre ungeschränkte Teilhabe werden ihr Zugehörigkeitsgefühl verstärken und zu erheblichen Fortschritten in der menschlichen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft führen. Diesen fundamentalen Gedanken, der in der Präambel der Behindertenrechtskonvention zum Ausdruck kommt, gilt es mit Leben zu erfüllen. Hierzu dient auch der vorliegende Vorschlag zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes des Landes. - So weit zur Einbringung.
Ich mache zwei Anmerkungen zu den Änderungsanträgen der Fraktion DIE LINKE, die ohnehin mit überwiesen werden. Der eine betrifft die Frage der hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten. - Das habe ich jetzt doch auf dem Platz liegen lassen.
Es ist darauf hinzuweisen, dass in der Formulierung jetzt das Wort „sollen“ enthalten ist. Der Passus ist damit immerhin schon abgemildert worden. Die kommunalen Spitzenverbände und das Innenministerium haben darauf hingewiesen, dass das mit Blick auf die finanziellen Belastungen möglichst nicht enthalten sein sollte. Deshalb haben wir es erst einmal nicht aufgenommen. Im Referentenentwurf war es ursprünglich enthalten. Die kommunalen Spitzenverbände weisen auch auf die kommunale Autonomie hin und sagen, das regeln wir schon selbst.
In Absatz 2 ist der Passus enthalten, dass das Nähere eine Hauptsatzung regelt. Dieser rechtsförmliche Passus ist unschädlich. Aber damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass das Wort „sollen“ in der Hauptsatzung geregelt werden soll. Darüber müsste man sich im Ausschuss noch unterhalten.
Meine zweite Ausführung betrifft den Änderungsantrag hinsichtlich der Monitoring-Stelle. Diese ist in Artikel 33 der Menschenrechtskonvention ausdrücklich als verfahrensmäßige Anforderung für die Umsetzung geregelt. Auf der Bundesebene ist es tatsächlich umgesetzt worden; dort ist die Monitoring-Stelle auf das Deutsche Institut für Menschenrechte in Berlin übertragen worden. Dieses dient also als Ansprechpartner für die Menschen in der Bundesrepublik.
Es ist natürlich zu überlegen, ob man das auch im Land macht. Bisher haben wir davon Abstand genommen, weil sich alle Bundesländer damit schwertun. Das liegt sicherlich daran, dass eine solche Stelle erstens Geld kostet und dass man zweitens Personalstellen dafür braucht. Es wäre wichtig, dass wir darüber im Ausschuss beraten; denn das betrifft auch haushaltsrechtliche Dinge. Wenn wir diese Stelle aufnehmen wollen, müssen wir uns darüber verständigen, ob sie in den Nachtragshaushalt oder in den nächsten Haushalt aufgenommen werden soll. - Ich danke Ihnen für Ihr Zuhören.