Protokoll der Sitzung vom 08.10.2010

und zwar rechtzeitig bevor die erste Tonne CO2 unter der Altmark verschwindet. Doch von Minister Hövelmann ist bisher kein Sterbenswörtchen in dieser Richtung zu vernehmen.

Meine Damen und Herren! Bereits die Aussicht auf die zukünftige CO2-Ablagerung könnte sich wie ein Mehltau über die Regionalentwicklung der Altmark legen. Ich denke dabei besonders an den Tourismus.

CCS in der Altmark bedeutet auch dann noch Entwicklungseinschränkungen und finanzielle Belastungen für die öffentliche Hand, wenn der Tross der Verpresser schon längst weitergezogen ist. Woher kommt dann das notwendige Geld? Zumindest nicht aus einer dauerhaften Nutzung der Geothermie, die gerade in diesem Bereich der Altmark über die einzig nutzbaren Potenziale in Sachsen-Anhalt verfügt. Eine Entscheidung zu CCS heute bricht zugleich den Stab über diese regenerative Energiequelle.

Meine Damen und Herren! Wurden diese bisher aufgeführten Fakten von allen an der Kabinettsentscheidung vom 20. Juli 2010 Beteiligen auch bedacht, als sie den Entwurf der Verordnung über den Landesentwicklungsplan durchwinkten? - Ich glaube kaum.

Hinzu kommt, dass die CO2-Ablagerung in der Altmark noch immer einer Rechtsgrundlage entbehrt. Skandalös ist es geradezu, als Zweck der CO2-Verpressung die Austreibung der letzten Gasreste aus der weitgehend erschöpften Lagerstätte anzuführen, obwohl es sich bei der CO2-Verbringung um eine dauerhafte Ablagerung handelt, vergleichbar mit den Filterstäuben in Teutschenthal.

Herr Minister Haseloff, haben Sie im Kabinett den Zielformulierungen zu CCS zugestimmt? Wenn ja, dann ist alle bisher von Ihnen geübte Kritik nur Makulatur. Die fehlende Rechtsgrundlage, der für eine sachgerechte

landesplanerische Abwägung unzureichende Wissensstand und die noch nicht sicher genug abschätzbaren Risiken verbieten zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine landesplanerische Zielaussage pro CCS.

Es macht auch keinen Sinn, ein Dokument mit so weitreichender Rechtswirkung wie den Landesentwicklungsplan auf Referentenentwürfen oder dauernd wechselnden Gesetzentwürfen für ein Bundesgesetz aufzubauen.

(Beifall bei der LINKEN)

So ordnete der letzte Referentenentwurf - dieser ist nicht mehr aktuell - das CCS-Gesetz völlig überraschend dem Bereich der Luftreinhaltung zu und beschränkte sich ausdrücklich nur auf Demonstrations- und Forschungsvorhaben. Die Formulierungen im LEP reichen aber viel weiter. Es ist also absehbar, dass für den avisierten Zeitraum der Gültigkeit des neuen Landesentwicklungsplanes keine landeplanerische Notwendigkeit besteht, eine Flächensicherung für die großflächige Verbringung von CO2 vorzunehmen.

So wie das Gas über Jahrmillionen in mehr als 1 000 m Tiefe ruhte, so können nun die Speicherräume ruhig auch noch etwas warten. Möglicherweise ist es für Sachsen-Anhalt nachhaltiger und zukunftsweisender, wenn diese statt CO2 Druckluft aufnehmen würden, um als Pufferspeicher für den unstet anfallenden Windstrom zu dienen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Abtrennung der CCS-Problematik von der Aufstellung des Landesentwicklungsplanes würde einen der kardinalen Kritikpunkte entschärfen. Die komplizierte Sach- und Rechtsproblematik würde nicht länger im Rahmen eines komplexen Sachbündels LEP diskutiert werden müssen, sondern könnte allein, der Brisanz angemessen und schrittweise mit dem stattfindenden Erkenntnisgewinn geschehen, und die Landesregierung könnte sich über die Sicherheitsfragen klar werden.

Die Koalitionsfraktionen haben eingangs der parlamentarischen Beratung des Landesentwicklungsplans mit markigen Worten deutlich gemacht, dass sie keinerlei substanzieller Veränderung des Verordnungsentwurfs zustimmen werden, wenn dadurch die Inkraftsetzung vor dem Ende der Wahlperiode gefährdet würde.

Wie schon bei der Novelle zum Landesplanungsgesetz fällt auch beim Landesentwicklungsplan selbst eine Anhörung dem angeblichen Zeitdruck zum Opfer. Wir kommen mit unserem Antrag der Koalition sogar noch entgegen, denn das verschafft der Landesregierung ein Zeitpolster, um entsprechend reagieren zu können. Im Gegensatz zur Abwägung des Kabinetts, das viel zu zeitig irreversible Weichenstellungen vorgenommen hat, bleiben im Falle unseres Antrages alle Optionen erhalten.

Wir verlangen von Ihnen, Herr Scheurell, ja nicht eine Grundsatzentscheidung über die CCS-Technologie insgesamt. Der Antrag fragt ja nicht: Brauchen wir CCS überhaupt? - Das überlassen wir Ihnen, auch wenn DIE LINKE nach der Rücknahme des Atomausstiegs erst recht keinen Bedarf für eine weitere so genannte Brückentechnologie in die energiepolitische Vergangenheit sieht.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von Herrn Scheu- rell, CDU - Herr Franke, FDP: Brandenburg sieht das anders!)

Denn CCS ist kein Brückenschlag in die Zukunft, sondern verschiebt nur das energiepolitisch Erforderliche um die Laufzeit einer Kraftwerksgeneration.

Ich stimme bestimmt nicht oft mit Ihnen, Herr Kollege Franke von der FDP, überein. Aber wo er Recht hat, hat er Recht. Mit CCS verschieben wir die Probleme aus der Luft unter die Erde. - Danke.

Herr Dr. Köck, es gibt eine Nachfrage von Herrn Franke.

Bitte sehr, Herr Franke.

Herr Dr. Köck, Sie haben vorhin die beiden Bundesländer genannt, die sich im Moment im Bundeskabinett vehement gegen die Verabschiedung des Referentenentwurfs wehren - Schleswig-Holstein und Niedersachsen sehr stark. Wissen Sie überhaupt - das ist meine Frage -, dass es einen Wirtschaftsminister in Deutschland gibt, der vehement auf eine schnelle Verabschiedung des CCS-Gesetzes drängt

Der schon Genehmigungen erteilt hat.

und auch vorgeschlagen hat, den langwierigen Klageweg durch drei Gerichtsinstanzen auf zwei zu verkürzen? Das ist der Wirtschaftsminister der LINKEN in Brandenburg Ralf Christoffers. Das ist Ihnen bekannt?

Ja, selbstverständlich. Aber wir haben nun einmal eine föderale Republik und wir können anders entscheiden.

(Beifall bei der LINKEN - Lachen und Zurufe bei der CDU und bei der FDP)

Für SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Bergmann.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Köck, in vielen Punkten pflichte ich Ihnen bei. In einigen aber nicht. Ich bin froh, dass Sie nicht zu sehr auf den Landesentwicklungsplan und auf die Dinge eingegangen sind, die Sie dazu gesagt haben. Denn ich hätte es schade gefunden, wenn Sie das Thema, das Sie heute per Antrag auf die Tagesordnung gebracht haben, jetzt dazu genutzt hätten, um lediglich ein Hindernis und eine Bremse in das Thema Landesentwicklungsplan einzubauen. Das Thema CCS eignet sich nicht dafür, den Landesentwicklungsplan zu Fall zu bringen. Das sage ich hier ganz klar und deutlich.

(Zustimmung bei der SPD, von Herrn Scheurell, CDU, und bei der FDP)

Es ist angedeutet worden; es war teilweise so zu verstehen.

Ich möchte zunächst auf das Thema CO2 eingehen. Wir wissen alle - manchmal ist es trotzdem gut, das zu wiederholen -, dass CO2 in der Atmosphäre dazu dient und dazu führt, dass wir auf dieser Erde überhaupt leben können. Der so oft diskutierte Treibhauseffekt sorgt dafür, dass wir auf der Erde leben können. Der Aufwuchs an CO2, der insbesondere durch das Verbrennen fossiler Energieträger kommt, führt dann zu einer Zunahme dieser CO2-Schicht und zu der Klimaerwärmung, die wir alle möglichst nicht haben wollen.

Dass hierzu in der Vergangenheit Alternativen bzw. Lösungsmöglichkeiten gesucht worden sind, halte ich im Hinblick auf die Klimapolitik für äußerst korrekt und sinnvoll. Ich gestehe hier ganz offen - ich glaube, es geht kaum jemandem anders hier; alles andere würde ich für eine Lüge halten -, dass wir anfangs, als wir zum ersten Mal davon gehört haben, dass man CO2 eventuell auch speichern kann, eigentlich positiv angetan waren, weil wir gedacht haben, das wäre eine Möglichkeit, CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen.

Wir alle haben inzwischen gelernt, dass das zwar geht, aber unter Gefahren und dass es nicht unbedingt einen guten Effekt bringt. Denn die Wirksamkeit der Braunkohle- und Steinkohlekraftwerke sinkt dabei beträchtlich und der Rohstoffbedarf steigt um ca. 30 % gegenüber der Technik, CCS nicht anzuwenden. Das würde dann dazu führen, dass wir einen viel zu schnellen Ressourcenverbrauch hätten. Das ist nicht gewollt.

Ich kann also niemandem vorwerfen, dass er in der Vergangenheit in dieser Richtung gedacht hat. Ich kann auch niemandem vorwerfen, dass er das einmal für gut befunden hat.

Wir müssen uns aber auch den neuen Erkenntnissen stellen. Diese sollten insbesondere auch im Hinblick auf das Erdgasfeld in der Altmark dazu führen - Herr Dr. Köck, dabei liegen wir, glaube ich, wieder auf einer Linie -, dass das so nicht im Landesentwicklungsplan stehen kann. Dazu werden sich dann die Koalitionsfraktionen auch mit einem Änderungsantrag im zuständigen Ausschuss äußern.

Eine Abtrennung des Verfahrens, wie es von Ihnen gewünscht wird, halten wir aus rechtlichen Gründen für falsch. Mir ist klar, was Sie wollen. Auch das kann ich nachvollziehen. Rechtlich können wir das aber heute nicht mittragen. Das, denke ich, stört Sie aber nicht weiter, weil Sie auch die Gelegenheit haben, dann im Ausschuss noch einmal mit uns darüber zu diskutieren.

Wir wissen auch, dass die gesetzlichen Grundlagen aus Berlin zu CCS fehlen. Das, was wir bisher als Entwurf kennen, reicht auch uns in keiner Weise aus, um vertrauensvoll bestimmte Dinge zu tun. Die Nichtregierungsorganisation in Berlin muss noch einiges nacharbeiten, um zu zeigen, dass sie überhaupt in der Lage ist, so etwas zu regeln.

Weiterhin wissen wir, dass es einige Dinge gibt, die in Konkurrenz zu CCS stehen, wie zum Beispiel die Speicherung von Methan, die Speicherung von Druckluft oder die Geothermie. Das muss abgewogen und geschaut werden, was für die Altmark künftig wirtschaftlich sinnvoll ist.

Aus diesem Grund möchte ich auch mit Ihnen von der Opposition gemeinsam darüber nachdenken, wie wir das

dann formulieren könnten oder welche wirtschaftliche Option wir uns auch für die Erdgaslagerstätte in der Altmark offen halten können.

Zur Meinung der SPD muss ich ansonsten nichts sagen. Das haben Sie alle der Presse entnommen. Ich weiß, dass wir danach auch Lob bekommen haben, wenngleich es unterschiedlich verpackt war.

In diesem Sinne freue ich mich auf eine sehr sachliche Diskussion im Ausschuss. Wir werden das dann in der Sitzung hier, wenn wir über den LEP reden, endgültig einbringen. Ich glaube, dass wir dann doch viele zufriedenstellen werden, letztlich auch die meisten aus der Initiative in der Altmark. Wie gesagt, wird es aber ohne eine wirtschaftliche Nutzung der Erdgaslagerstätte nicht gehen können, eigentlich nicht gehen sollen.

Ich verstehe Ihr Nicken vorhin, Frau Hunger, auch als Zustimmung dahin gehend, dass Sie die wirtschaftliche Nutzung auch nicht grundsätzlich ausschließen.

In diesem Sinne freue ich mich auf die Diskussion und bedanke mich fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Herrn Gürth, CDU)

Herr Bergmann, es gibt eine Nachfrage von Frau Hunger. - Bitte sehr.

Herr Bergmann, Sie haben vorhin gesagt, Sie haben rechtliche Bedenken, weshalb Sie diesem Antrag jetzt nicht zustimmen können. Ich würde gern genauer wissen, wo Sie diese Einschränkung sehen.

Sie fragen hier gerade einen Nichtjuristen. Wir hatten uns beim GBD erkundigt, wie das Einvernehmen zwischen dem Landtag und der Landesregierung bezüglich des Landesentwicklungsplanes vom Ablauf her hergestellt werden muss. Wir sehen eine Heraustrennung eines einzelnen Stückes aus dem Verfahren als problematisch an. Es ist nicht zu sagen, ob das nicht dazu führt, dass wir hinterher zu einer völligen Neuauslegung kommen.

Wir, der Landtag, können aber - und das macht Sinn - einen Vorschlag unterbreiten. Der Landtag kann den Landesentwicklungsplan unter einem Vorbehalt akzeptieren. Die Regierung kann sich diesen dann zu eigen machen und das bestätigen. Diesen Weg wollen wir konsequent weitergehen.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)