Protokoll der Sitzung vom 08.10.2010

Aber wir wissen auch, wie die politischen Konstellationen in der Vergangenheit in Bremen waren. Bremen war hauptsächlich über die Gesamtschule strukturiert. Die Gesamtschule hat in Bremen dazu geführt, dass Bremen an letzter Stelle bei Pisa stand, und nichts anderes.

(Zustimmung bei der CDU - Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Pisa ist nicht alles!)

- Pisa ist nicht alles, aber für euch war es bisher immer sehr viel.

(Zurufe von der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Ich will die FDP jetzt nicht zwingend in Schutz nehmen. Aber Sie haben doch nicht von expliziten Modellen gesprochen, sondern Sie haben sich lediglich für einen Schulfrieden ausgesprochen. Dazu, wie er inhaltlich aussehen soll, habe ich in der Rede von Herrn Kley nichts gehört. Das suggeriert vieles. Das kann man auch offen lassen.

Die derzeitige Koalition hat in einer aus meiner Sicht klugen und weitsichtigen Entscheidung vereinbart, in dieser Koalition keine strukturellen Veränderungen vorzunehmen. Dafür wurde der Bildungskonvent eingerichtet - das wissen wir alle, wie wir hier sitzen -, um über zukünftige wegweisende Bildungskonzepte zu diskutieren.

Die Ergebnisse des Konvents sind uns allen bekannt. Der Abschlussbericht liegt jedem vor. Aber eines wurde durch die Arbeit des Konvents deutlich: Eine gemeinsame Linie über alle Verbände, Parteien und Praxisvertreter hinweg gab es nicht.

Die unterschiedlichsten konzeptionellen Vorstellungen bestehen nicht nur zwischen den Parteien, die hier im Landtag sitzen, nein, auch zwischen den anderen Beteiligten, den Verbänden und den Praxisvertretern.

Abschließend wurde also nur ein kleinster gemeinsamer Nenner gefunden, der viele bzw. auch ganz unterschiedliche Interpretationen zulässt, was wir in den Diskussionen häufig schon bemerkt haben. Das werden wir in Zukunft auch im Wahlkampf noch bemerken.

Es wäre wünschenswert gewesen, wenn wir uns - ähnlich wie in Bremen - auch im Bildungskonvent auf einen so genannten Schulfrieden hätten verständigen können. Aber einen solchen Antrag hat es von keinem der Vertreter oder der Parteien im Konvent gegeben. Wahrscheinlich war man sich viel zu schnell darüber im Klaren, dass dies nicht gelingen wird. Also auch die FDP hat im Bildungskonvent einen solchen Antrag nicht gestellt.

Aber unser Ministerpräsident Herr Böhmer, der diesen Schulfrieden in einem Pressegespräch empfahl - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis -, sagte:

„Ich rate sogar zu einem Schulfrieden wie in Bremen, wo zehn Jahre lang das Schulsystem nicht angetastet werden darf. Das Schulsystem so oft durcheinander zu würfeln, hat uns jedenfalls geschadet.“

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Er hat diese Intention zwar nicht weiter verfolgt - zumindest ist es mir nicht bekannt -, aber vielleicht war das als Auftrag für die nächste Legislaturperiode zu verstehen. Daran gemeinsam zu arbeiten lohnt sich zumindest immer. Unsere Schülerinnen und Schüler, unsere Lehrerinnen und Lehrer und unsere Eltern werden uns dies danken. Sie wollen alle eine klar verständliche Schulstruktur. Sie haben Angst vor ständigen Veränderungen, sie wollen keine Experimente.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Sie möchten Kontinuität.

(Zustimmung bei der CDU)

Das sollten wir als Politiker nun wirklich einmal ernst nehmen.

Ich sage Ihnen noch zum Schluss, meine Damen und Herren: Wir haben keine Angst vor neuen Schulstrukturen, weil ich davon überzeugt bin, dass wir in der nächsten Legislaturperiode wieder regieren werden und dem sozusagen keinen Raum geben und diese auch nicht verändern werden.

(Zustimmung bei der CDU - Unruhe bei der LIN- KEN)

Frau Feußner, möchten Sie eine Frage von Frau Mittendorf beantworten?

Gerne.

(Zuruf von der FDP: Die Oppositionsfraktionen!)

- Wer hat denn den Antrag gestellt? Ihr habt ihn doch gestellt, und nun wundert euch nicht, wenn hierzu Fragen kommen.

Liebe Kollegin Feußner, ich würde doch noch einmal zurückfragen wollen, weil Sie gesagt haben, es hätte im Bildungskonvent keine gemeinsame Linie gegeben. Wie erklären Sie denn, dass wir Abstimmungsergebnisse zu allen Empfehlungen haben, die entweder einstimmig waren oder bei mehr als 90 % und mindestens bei 80 % lagen? Das ist die erste Frage.

Die zweite Frage betrifft den Ruf nach dem Frieden. Es ist schwierig, wenn man immer für den Frieden ist. Ich bin auch für den Frieden. Die Frage ist, welches die Konditionen für den Frieden sind. Könnten Sie sich vorstellen, Frau Feußner, einen Schulfrieden nach den Konditionen zum Beispiel eines Bremer Modells abzuschließen - strukturell und im Prinzip auch damit verbunden die inhaltlichen Debatten?

Ich beginne mit der letzten Frage. Frau Mittendorf, ob ich mir vorstellen könnte, einen Schulfrieden nach dem Bremer Modell zu installieren, dazu will ich Ihnen sagen: Was ich mir vorstelle, das weiß ich. Aber wenn man einen Schulfrieden schließen möchte, gehören viele dazu, und da müssen sich alle an einen Tisch setzen.

Ich werde jetzt einen Teufel tun und sagen, wie ein solcher Schulfrieden aussehen soll. Natürlich hat jeder von uns eine gewisse Vorstellung, wenn man es jeweils machen möchte. Es ist doch erst einmal der Schritt in die richtige Richtung zu fragen, ob man es machen möchte oder ob man es prinzipiell ablehnt. Da habe ich schon bemerkt, dass Ihre Partei und auch die LINKE einen Kompromiss diesbezüglich rigoros ablehnen. Das haben Sie zumindest beide in Ihren Beiträgen deutlich gemacht.

(Zuruf von Frau Mittendorf, SPD)

Das Zweite war - - Helfen Sie mir noch einmal bei der ersten Frage.

(Frau Mittendorf, SPD: Warum es keine gemein- same Linie gibt!)

- Die gemeinsame Linie. Da haben Sie mir vielleicht nicht richtig zugehört. Ich habe in meinem Redebeitrag gesagt: Bezüglich einer Schulstruktur gab es keine gemeinsame Linie. Wir haben natürlich viele Beschlüsse zu inhaltlichen Dingen sogar einstimmig oder mehrheitlich im Bildungskonvent gefasst. Das will ich gar nicht in Abrede stellen. Aber zur Schulstruktur - das habe ich in meinem Redebeitrag explizit benannt - haben wir doch ein wirklich sehr weich gewaschenes Papier verabschiedet,

(Frau Mittendorf, SPD: Es gab Konsens!)

allesamt, die wir hier sitzen, zumindest die Vertreter des Konvents, in dem es keine klare, eindeutige Linie gibt. Ich habe in meinem Redebeitrag gesagt: Wir haben den

kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden, und mehr auch nicht.

(Frau Mittendorf, SPD: Aber Sie haben zuge- stimmt!)

Aber der ist in alle möglichen Richtungen deutbar. Ihr deutet das dahin gehend, dass wir jetzt das längere gemeinsame Lernen in ganz Sachsen-Anhalt einführen, wir deuten den Beschluss anders und die LINKE deutet das wieder anders und die FDP deutet ihn auch wieder anders. So viel zu diesem Beschluss, der angeblich so klar ist. Er ist eben nicht so klar, sonst würde nicht jeder etwas anderes dort herauslesen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Feußner. - Nun hören wir zum Abschluss noch einmal Herrn Kley. Bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie richtig gesagt wurde, zielt unser Antrag darauf hin, darüber zu diskutieren, ob man in dem bestehenden Schulsystem Ruhe behält, wobei von unserer Seite - das als Antwort auf Ihre Frage, Herr Höhn - nicht gesagt wurde, wie das Schulsystem aussehen soll, sondern es ging einfach um die Konstanz.

Denn jeder, der hier das Wort geführt hat, kann keine Beweise anführen, dass ein anderes Schulsystem andere Folgen bezüglich der Fördermöglichkeiten junger Menschen, bezüglich der Ergebnisse und Ähnlichem hätte. Das heißt, die bei uns vorhandenen Studienergebnisse weisen nicht diese Signifikanz aus, die es, wie die Frau Ministerin sagte, opportun erscheinen lassen, die hohen Transformationskosten auf uns zu nehmen, um ein anderes Schulsystem zu installieren.

Es gibt keinen Beweis, dass ein Schulsystem, welcher Art auch immer, besser wäre als das bestehende. Es gibt nur den Beweis, dass langfristige Konstanz immer positiver ist als ständige Veränderung.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie offensichtlich alle darüber diskutieren möchten, ob der Begriff Frieden hier angebracht ist, dann mag das den Fraktionen zugestanden sein. Dass eine Ministerin sich über den Wunsch ihres eigenen Ministerpräsidenten lustig macht, erstaunt schon. Diesen Stil gab es früher nicht. Aber offensichtlich ist der Aufruf des MP nicht bei allen angekommen, sondern dient immer noch dazu, den einen oder anderen lustigen Schlenker in die Diskussion zu bringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! An dieser Stelle möchten wir noch einmal deutlich das Signal setzen, darüber wirklich nachzudenken und in den Schulen zu fragen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, lesen Sie nicht in Ihrem Parteiprogramm, gehen Sie zu den Lehrerinnen und Lehrern, gehen Sie zu den Eltern und fragen Sie, was die möchten!

(Zurufe von der LINKEN)

Die möchten keine ständigen Veränderungen, die wollen endlich Qualität, die wollen Weiterbildung haben, die wollen klare Strukturen und Richtlinien haben und dementsprechend arbeiten können. Lassen Sie Ihnen diese

Chance endlich! Lassen Sie gute Schule da, wo sie hingehört!

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kley. - Damit ist die Debatte beendet und wir stimmen ab. Es wurde beantragt, den Antrag in der Drs. 5/2869 in den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu überweisen. Wer stimmt dem zu? - Die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - DIE LINKE und die FDP. Damit ist diese Überweisung mehrheitlich beschlossen worden und der Tagesordnungspunkt 18 ist beendet.

Ich kann nun den Tagesordnungspunkt 20 aufrufen: