Protokoll der Sitzung vom 11.11.2010

Einerseits ist die Frage zu stellen, warum die Vorzüge klassischer Medien, insbesondere die Tages- und Wochenzeitungen, heute gerade in der Gruppe der Jugendlichen deutlich weniger Menschen ansprechen. Andererseits ist das gewandelte Mediennutzungsverhalten ein Fakt, dem sich die Politik nicht verschließen kann.

Klar ist, dass Eigenverantwortung im Umgang mit Medieninhalten oberste Priorität haben muss. Deswegen ist es richtig, das europaweit als vorbildlich eingeschätzte Prinzip der regulierten Selbstregulierung zu stärken, wie es dieser Jugendmedienschutzstaatsvertrag vorsieht. Neben einem verantwortlichen Umgang mit Medieninhalten, der heute zum unverzichtbaren Rüstzeug für alle Nutzerinnen und Nutzer moderner Medien geworden ist - Stichwort Medienkompetenz - wollen wir aber auch die Grundlagen für einen wirksamen Jugendmedienschutz schaffen.

Staatsminister Robra ist auf die Ziele und Hintergründe der Neugestaltung des Jugendmedienschutzes in seiner Rede zur Einbringung des Gesetzes in den Landtag bereits ausführlich eingegangen. Ich will das deswegen hier nicht im Detail wiederholen.

Wichtig ist aus meiner Sicht, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sein soll und kein rechtsfreier Raum ist. Wir wollen einen wirksamen Schutz von Kindern und Jugendlichen vor unzulässigen und ungeeigneten Inhalten. Hierfür eröffnet der Staatsvertrag die Möglichkeit, auf freiwilliger Grundlage Jugendschutzprogramme zu nutzen. So wird dem Anbieter die Möglichkeit an die Hand gegeben, seiner Verantwortung für den Jugendmedienschutz auf freiwilliger Basis nachzukommen.

Sobald die anerkannten Jugendschutzprogramme auf dem Markt sind, kann der Anbieter Jugendmedienschutz dadurch gewährleisten, dass er sein Angebot mit einem freiwilligen Alterskennzeichen versieht. Die Altersstufenregelung aus dem Jugendschutzgesetz des Bundes wird dafür übernommen und damit eine einheitliche Grundlage geschaffen. Grundsätzlich können zwar nur eigene Inhalte mit einer solchen Alterskennzeichnung versehen werden, der Entwurf erkennt aber das Interesse so genannter User-Generated-Contents oder Web-2.0-Angebote an einer freiwilligen Alterskennzeichnung an.

Ich will deutlich sagen, dass für Web-2.0-Anbieter keine neuen Überprüfungspflichten gegenüber fremden Inhalten entstehen; denn die allgemeinen Vorschriften des Jugendmedienschutzstaatsvertrages richten sich an die Inhalteanbieter. Ich bin auch dankbar dafür, dass der Entwurf des Staatsvertrages noch einmal den Hinweis herausarbeitet, das eine Anpassung „an den jeweiligen Stand der Technik“ nötig ist. Damit trägt man der dynamischen Entwicklung des Internets Rechnung und knüpft konkrete Anforderungen an die Eignung der Jugendschutzprogramme (§ 11 Abs. 2 Satz 1).

Mit den in § 11 Abs. 2 Satz 2 aufgeführten Mindestvoraussetzungen stellen wir sicher, dass Jugendschutzpro

gramme nur dann die in diesem Staatsvertrag vorgesehenen Wirkungen entfalten, wenn sie den Anforderungen, die von staatlicher Seite an den Jugendschutz zu stellen sind, genügen.

Mit dem Staatsvertragsentwurf wird die Durchsetzung von Jugendschutzprogrammen nicht nur auf der Anbieter- sondern auch auf der Nutzerseite gefördert. Wir wollen, dass Eltern, wenn sie dies wünschen, so genannte nutzerautonome Programme auf dem PC installieren können, um ihren Kindern einen altersgerechten Internetzugang zu ermöglichen. Denn nur dann werden vorhandene freiwillige Alterskennzeichnungen genutzt, die für das Kind unerwünschte Inhalte herausfiltern können.

Der Entwurf sieht ausdrücklich vor, dass auch Accessprovider ihre Kunden auf die Möglichkeit hinweisen sollen, dass ein solches Jugendschutzprogramm installiert werden kann. Der Staatsvertrag berücksichtigt die von der Internetwirtschaft und der FSM geforderten gesetzlichen Privilegierungen. Ein Jugendschutzprogramm gilt als anerkannt, wenn eine anerkannte Institution der freiwilligen Selbstkontrolle ein Jugendschutzprogramm positiv beurteilt und die KJM es nicht innerhalb von vier Monaten beanstandet.

Klar ist, dass der Jugendmedienschutz mit der rasanten Entwicklung der Medienlandschaft Schritt halten muss. Deswegen bin ich dankbar, dass die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien auch einen ergänzenden Punkt II umfasst, der dem Anliegen des Jugendmedienschutzes größere Bedeutung beimisst. Wir gehen damit über die Protokollerklärung aller Länder hinaus und wünschen uns, dass die Bestimmungen dieses Staatsvertrages bereits nach zwei Jahren einer Evaluation unterzogen werden. Die große Einmütigkeit, mit der wir diese Entscheidung getroffen haben, macht mich zuversichtlich, dass wir diese Evaluation als Chance für eine grundlegende Neukonzeptionierung des Jugendmedienschutzes nutzen.

Meine Damen und Herren! Damit ist die Debatte abgeschlossen. Wir stimmen jetzt ab. Es sind zwei verschiedene Verfahren.

Zunächst einmal empfiehlt der Ausschuss, den Gesetzentwurf mit den entsprechenden Änderungen anzunehmen. Wir können über die einzelnen Teile, die Überschrift und das Gesetz in seiner Gesamtheit abstimmen. Wer stimmt dem allen zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Das Gesetz ist angenommen worden.

Dann haben wir noch die Entschließung zu dem Gesetz. Wer stimmt dieser Entschließung zu? - Offensichtlich alle. Damit ist das so beschlossen worden. Sowohl das Gesetz als auch die Entschließung sind beschlossen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 14 beendet.

Ich rufe jetzt erneut den Tagesordnungspunkt 13 auf:

noch: Zweite Beratung

Verbreitung kinderpornografischer Daten im Internet durch Löschung verhindern

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/2545

Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drs. 5/2575

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verfassung - Drs. 5/2894

Dazu hat es einige Verständigungen gegeben. Es musste auch geklärt werden, wem die Landesregierung tatsächlich zugestimmt hat. Das ist jetzt geklärt. - Bitte, Frau von Angern.

(Unruhe)

Ich bitte um Aufmerksamkeit, weil wir das nicht schriftlich verteilen können. Frau von Angern liest es vor.

Herr Rothe hatte vorgeschlagen, dass wir den Beschlusstext, der im Bundesrat mit den Stimmen der Landesregierung - ich habe mich noch einmal vergewissert - beschlossen worden ist, in den Punkt 1 übernehmen. Das würde bedeuten, dass wir in der vorletzten Zeile des Punktes 1 die Wörter „Grundsatz ‚Löschen und Sperren’“ streichen und die Formulierung einfügen - das ist der Vorschlag -: „Vorrang der Löschung von Internetseiten mit entsprechenden Inhalten“.

Das ist der Änderungsantrag, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt dem zu? - Das sind die Koalitions

fraktionen. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Gibt es Stimmenthaltungen? - Die LINKE und die FDP. Der Änderungsantrag ist angenommen worden.

Dann ist gewünscht worden, dass über die beiden Teile getrennt abgestimmt wird. Ich rufe also zunächst den nun geänderten ersten Punkt auf. Wer stimmt dem zu? - Die Koalition. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Gibt es Stimmenthaltungen? - So wie eben. Punkt 1 ist angenommen worden.

Wir stimmen jetzt über den zweiten Punkt ab. Wer stimmt dem zweiten Punkt zu? - Die Koalition und die LINKE. - Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Die FDP-Fraktion. Punkt 2 ist angenommen worden.

Damit ist das in der so geänderten Fassung beschlossen worden und somit auch der Tagesordnungspunkt 13 abgeschlossen.

Unser heutiges Programm ist abgearbeitet. Morgen geht es - wie immer um 9 Uhr - mit dem Tagesordnungspunkt 2 mit der Regierungserklärung der Ministerin Frau Professor Dr. Angela Kolb zum Thema „Opferschutz in Sachsen-Anhalt - Bilanz und Perspektive“ weiter. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen parlamentarischen Abend und eine geruhsame Nacht.

Schluss der Sitzung: 19.16 Uhr.