Die Kernpunkte der Kritik sind vorgetragen worden. Ich muss diese nicht wiederholen. Es geht um das Nebeneinander der Richterräte und der Präsidialräte. In diesem Zusammenhang war auch von alten Zöpfen die Rede.
Ich bin eigentlich immer sehr aufgeschlossen dafür, wenn von den Richterverbänden selbst das Bedürfnis vorgetragen wird, solche alten Zöpfe abzuschneiden, dass man dann auch versucht, dem politisch weitgehend beizutreten.
Noch haben wir es mit einer Justiz zu tun, die in ihren Grundstrukturen aus dem 19. Jahrhundert stammt und nicht unbedingt in allen Teilen von einem modernen, nach Partizipation strebenden Staatsverständnis geprägt ist. Deswegen gibt es solche Ansätze.
Ich kann den Ansatz nur unterstützen, solche alten Zöpfe abzuschneiden. Wir sind uns aber einig, dass wir in diesem Fall Neuland beschreiten würden. In keinem anderen Bundesland ist das bisher politisch thematisiert worden
und es gibt dazu unterschiedliche Rechtsauffassungen. Die Landesregierung, das Justizministerium, meint, das alles gehe verfassungsrechtlich überhaupt nicht, und die Richterverbände haben ihre eigene rechtliche Begründung, weshalb es gehen würde.
Ich denke, wir sind gut beraten, wenn wir uns hier nicht oberlehrerhaft hinstellen, sondern wenn zunächst einmal eine bundesweite Klärung erreicht wird, was den Ländern im Richterrecht nach der Föderalismusreform an Regelungszuständigkeiten zukommt. Deshalb haben die Regierungsfraktionen einen Entschließungsantrag eingebracht, um auf eine Klärung zu drängen. Frau Ministerin hat ausgeführt, dass sie sich dieser Aufgabe stellen will.
Dann, Herr Wolpert, zur Übernahme der niedersächsischen Regelung. Als der Deutsche Richterbund das so massiv vorgetragen hat, habe ich auch gesagt: Okay, dann machen wir das so wie in Niedersachsen. Das ist ja nicht das erste Mal, dass wir von Niedersachsen abschreiben. Das kann man im Justizministerium.
(Herr Tullner, CDU: Wir schreiben doch nicht ab! - Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Manchmal bleibt so- gar der Name stehen! - Herr Kosmehl, FDP: Ma- chen wir das, abschreiben?)
Wenn man aber genauer hinsieht, dann kann man in der Tat feststellen, dass das Niedersächsische Richtergesetz im Verhältnis 1 : 1 Regelungen übernommen hat
- sehr detailverliebt - aus dem Niedersächsischen Personalvertretungsgesetz. In dem Richtergesetz steht zum
Beispiel, dass ein Benehmen mit dem Richterrat herzustellen ist, wenn es um Beförderungsrichtlinien geht.
(Herr Stahlknecht, CDU: Hört, hört! - Herr Tullner, CDU: Diese Beurteilung maße ich mir nicht an! - Unruhe)
Das müssen wir nicht unbedingt übernehmen. Hier durch die Hintertür niedersächsisches Personalvertretungsrecht einzuführen, war jedenfalls nicht das Anliegen der Regierungskoalition,
sondern wir haben an den Stellen, an denen es sinnvoll und machbar ist, einen Änderungsantrag zur Erweiterung der Beteiligungsrechte eingebracht. Das schließt nicht aus, das ganze Paket dann, wenn klar ist, was die Länder dürfen, noch einmal aufzumachen.
Zur Nebentätigkeit kann ich das bestätigen, was Herr Stahlknecht hier schon vorgetragen hat. Das muss ich nicht wiederholen; aber eine Anmerkung: Das wiederum haben die Richterverbände in der Anhörung nicht kritisiert, Herr Wolpert.
Zu dem Änderungsantrag hat Herr Stahlknecht auch ausgeführt. Es handelt sich um rein rechtstechnische Änderungen. Diese müssen hier nicht noch einmal näher ausgeführt werden.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bitte um Ihre Zustimmung zur Beschlussempfehlung, zum Änderungsantrag und zum Entschließungsantrag. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der SPD - Herr Tullner, CDU: Kurz war es nicht! - Herr Stahlknecht, CDU: Aber es war eine frische Rede!)
Sehr geehrter Herr Kollege Brachmann, wenn Sie schon sagen: Sachsen-Anhalt, Land der Frühaufsteher - -
Herr Kollege Brachmann, können Sie vielleicht einmal erhellen, worin Ihre Angst liegt, die Angst, als Land Sachsen-Anhalt in einem Richtergesetz hinsichtlich der Präsidialräte und der Richterräte eine Entscheidung zu treffen, die sich vielleicht andere Bundesländer zu eigen machen, und warum Sie warten wollen, bis sich alle anderen die Gedanken gemacht haben, um das dann übernehmen zu können? Warum sollten wir nicht einmal Vorreiter sein? - Die erste Frage.
Die zweite Frage: Sie haben darauf abgestellt, dass die Rechtsmeinung des Justizministeriums, welches es für verfassungswidrig hält, so entscheidend sei. Können Sie mir in diesem Zusammenhang noch die Frage beantworten, wer in Deutschland und in Sachsen-Anhalt über die Verfassungsgemäßheit eines Gesetzes entscheidet?
Zur ersten Frage, Herr Kosmehl. Ich habe kein Problem damit, dass wir auch einmal eine Vorreiterrolle spielen, dass Sachsen-Anhalt auch einmal vorangeht.
- Frühaufsteher, genau. - Wenn es aber - das berührt dann schon die zweite Frage - um einen Regelungsbereich geht, in dem sich die Juristen trefflich streiten - zu der Frage, wer entscheidet das denn -, und wenn der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst den Abgeordneten mitgibt, dass man es so belassen sollte, wie es ist, wenn man jedes verfassungsrechtliche Risiko vermeiden wolle, dann ist es unsere politische Überzeugung, dies zu klären.
Man kann auch durch eine entsprechende Änderung des Richterrechts des Bundes dafür sorgen, dass klar ist, welche Regelungsspielräume die Länder im Bereich des Richterrechts haben. Wenn das vor der Klammer geklärt ist, dann bin ich der Erste, der die Initiative mit unterschreibt, um das im Sinne der Reform nach vorn zu tragen.