Protokoll der Sitzung vom 06.10.2011

Durch angestrengtes Falschinterpretieren wird Ihr Beitrag nicht besser. Ich habe mich ausdrücklich dafür ausgesprochen, dass wir, wenn wir Erhöhungsvorschläge für die Finanzausgleichsmasse unterbreiten, auch Gegenfinanzierungsvorschläge benötigen, und diese schließen eine Neuverschuldung nicht ein. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Erben. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Grünert noch einmal das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Ich muss schon etwas schlucken. Herr Finanzminister, seit dem Jahr 2002 unterbreiten wir Vorschläge, bringen uns in die Debatte ein, wenn sie denn stattfindet und nicht in den Ausschüssen ausgesessen wird, weil man der Meinung ist, die Mehrheit hat das Sagen und der Rest wird ausgeklinkt - auch das hatten wir zur Genüge.

Herr Erben, ich habe das Gefühl, Sie waren die letzten fünf Jahre als Staatssekretär nicht da; denn das, was Sie gerade vorgeschlagen haben, das hätten Sie doch umsetzen können. Wir haben einen - das habe ich vorhin eindeutig gesagt - objektiven, für die Kommunen nachvollziehbaren Maßstab angesprochen. Dass dieser nicht die ganze Warenhauspalette widerspiegelt, das ist doch völlig klar.

Aber es kann doch nicht angehen, dass Sie mal eben fünf Jahre der Haushaltskonsolidierung ignorieren und dann sagen, mit dem Stichjahr 2008 sei alles geheilt. Das ist doch nicht so. Wir haben Kommunen, die haben den sogenannten freiwilligen Wirkungskreis auf null gefahren. Das wissen Sie als ehemaliger Staatssekretär eigentlich.

Wenn der Finanzminister mir dann auch noch vorwirft, mit dem Ausgleichsstock würde ich ein neues Fass aufmachen, dann frage ich mich, wer die Antwort auf meine Kleine Anfrage geschrieben hat, in der zu lesen war, dass 122 Kommunen dafür

entschädigt worden sind, dass die Landesregierung damals das kommunale Haushalts- und Rechnungswesen eingeführt hat, was angeblich nicht zu einer Mehrbelastung führen sollte und jetzt aus dem Bedarfsstock refinanziert wird. - Nur 19 Kommunen bekommen Zuwendungen aus dem Bedarfsstock. Das ist doch die Wahrheit.

Zur Wahrheit gehört auch, dass wir seit dem Jahr 2007, als die Kreise neu gebildet worden sind, bis heute auf eine Funktionalreform warten, die ihren Namen verdient. Das hatten Sie als SPD sich auf Ihre Fahnen geschrieben. Die Funktionalreform nach der Gemeindegebietsreform ist noch völlig offen. Dazu gab es gar nichts, überhaupt nichts. Das Einzige, was Sie getan haben, ist eine Nivellierung des Schuldenstandes der Kommunen, um damit den Zugang zum Bedarfsstock zu erschweren. Das ist doch die eigentliche Situation.

Ich möchte auch zu dem Punkt Finanzierung etwas sagen. Ich lese meinen Beitrag zu diesem Punkt ab, weil es mir wirklich wichtig ist, das richtig darzustellen. Mit dem vorliegenden Regierungsentwurf zum FAG unterbietet die Landesregierung den Haushaltsansatz des Jahres 2011 im Jahr 2012 um 69 Millionen € und im Jahr 2013 um 51 Millionen € - das ist nicht unser Zahlenwerk, sondern das der Landesregierung -, obwohl aufgabengerecht finanziert wird.

In der Summe sind das 120 Millionen € im Vergleich zum Jahr 2011. Im Vergleich zum Jahr 2010 wären es 125 Millionen €. Das heißt, die Forderungen der LINKEN begründen einen Mehrbedarf für das Jahr 2012 in Höhe von 192 Millionen € und für das Jahr 2013 in Höhe von 174 Millionen €. Für zwei Jahre wären es in der Summe 366 Millionen € mehr.

Da die Landesregierung behauptet, wie eben auch durch den Finanzminister geschehen, dass dies einen aufgabenbezogenen Ansatz widerspiegelt, müssten wir dann die „eingesparten“ 120 Millionen € von der Summe von 366 Millionen € abziehen. Dann liegen wir, um dieser Zielstellung gerecht zu werden, bei einem Mehrbedarf in Höhe von 241 Millionen € oder 246 Millionen €.

Wenn ich davon ausgehe, dass der Haushaltsansatz der Landesregierung für den Doppelhaushalt für die Jahre 2012/2013 im Vergleich zum Jahr 2011 ein Mehr in Höhe von 250 Millionen € aufweist, dann frage ich mich, wo Sie einen Mehrbedarf sehen. Das heißt, die Refinanzierung wäre über diese Strecke machbar. Bei diesen Berechungen habe ich den Nachtragshaushalt noch nicht berücksichtigt. Lassen Sie sich das einmal durch den Kopf gehen. Wir können in den Ausschüssen gern weiter darüber nachdenken.

Eines noch. Ich kann mich bei der Bürgermeisterkonferenz nicht hinstellen - die Bürgermeister haben angesprochen, dass die Investitionsquote unter 10 % liegt und dass sie immense Probleme bei

der zukünftigen Sicherstellung sowohl der Brückenbauwerke als auch der öffentlichen Häuser haben - und so tun, als ob uns das nicht interessierte. Irgendwann ist die Kreditfähigkeit der Kommunen aufgebraucht. Und das kann man doch nicht ernsthaft so stehen lassen. Deswegen war unser Ansatz: Wir wollen mindestens diese 150 Millionen € haben.

Zu den sogenannten Hochzeitsprämien. Ich habe nicht gesagt, dass das falsch wäre. Ich habe aber gesagt, dass die Wirksamkeit, sodass die Kommune investiv tätig werden kann, in diesem Jahr gar nicht mehr gegeben ist. Es wird aber der Eindruck vermittelt, als ob sie in diesem Jahr noch wirksam würden.

(Minister Herr Bullerjahn: Das ist doch Quatsch, was Sie erzählen!)

- Herr Bullerjahn, genau diese Bilder erzeugen Sie in der Öffentlichkeit. Die sind nicht umsetzbar. Dann muss man eben sagen: Nein, das wird in diesem Jahr nicht mehr kassenwirksam; es kann nicht mehr in Investitionen umgesetzt werden.

Eine letzte Bemerkung sei mir gestattet. Wenn das Land den Kommunen über die Sonderprogramme Stark II und Stark III Investitionen ermöglicht, dann legt das Land fest, was als investitionswürdig erachtet wird. Ich kann auch die 30. wunderschöne Kindertagesstätte bauen - wenn ich nur 20 Kindertagesstätten benötige, dann habe ich keine Chance, über eine andere Schiene Investitionen auszulösen.

Ich kann Ihnen klipp und klar sagen, was mich an dieser Art und Weise stört: Auf der einen Seite wird die Entschädigungsleistung von Abgeordneten oder Mandatsträgern in die Konsolidierungsmaßnahme eingerechnet, auf der anderen Seite wird ihnen durch das Programm Stark III eine neue Möglichkeit der Kreditaufnahme eröffnet, die letztendlich wieder zu einer Verschuldung führt. Das habe ich vorhin gemeint: Zu einer langfristigen Entschuldung führt diese Art von Agieren überhaupt nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Grünert. - Jetzt hat sich Herr Erben gemeldet. Ich hatte ihn übersehen. Es ist wie in der Schule: Diejenigen in der ersten Reihe übersieht man meist.

(Herr Erben, SPD: Ich verzichte!)

- Er zieht seine Wortmeldung zurück. Dann kommen wir zum Abstimmungsverfahren.

Als Erstes stimmen wir über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/441 ab. Der Gesetzentwurf soll - so habe ich es gehört - zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Finanzen und zur Mitberatung in den Ausschuss für

Inneres überwiesen werden. Habe ich das richtig verstanden, Herr Grünert? - Dann stimmen wir darüber insgesamt ab. Wer der Überweisung an die genannten Ausschüsse zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die große Mehrheit der Abgeordneten. - Somit ist der Gesetzentwurf in die genannten Ausschüsse überwiesen worden.

Nun stimmen wir über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drs. 6/448 ab. Dazu ist keine Überweisung zur Mitberatung beantragt worden, aber ich gehe davon aus, dass dieser Gesetzentwurf wie der vorherige in die genannten Ausschüsse überwiesen werden soll. - Dazu gibt es keine Wortmeldung. Ich lasse nun darüber abstimmen. Wer der Überweisung des Gesetzentwurfes zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Finanzen und zur Mitberatung in den Ausschuss für Inneres zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist ebenfalls die große Mehrheit der Abgeordneten. Somit ist der Gesetzentwurf in die genannten Ausschüsse überwiesen worden und der Tagesordnungspunkt 5 ist erledigt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 6:

a) Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Zusammenführung des staatlichen Hochbaus mit den immobilienbezogenen Aktivitäten des Landes

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 6/449

b) Beratung

Künftige Struktur des Landesbetriebes Bau (LBB) und des Landesimmobilienmanagements Sachsen-Anhalt (Limsa)

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/440

Alternativantrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/458

Der Minister der Finanzen bringt nun den Gesetzentwurf der Landesregierung ein. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf will die Landesregierung, das Liegenschaftsmanagement des Landes - Limsa - sowie die hochbaubezogenen Aufgaben des Landesbetriebes Bau - LBB - zum 1. April 2012 zu einem gemeinsamen Landesbetrieb zusammenführen. Ich habe im Vorfeld dazu schon viel gehört und gelesen. Das war zum Teil recht abenteuerlich. Ich versuche, den Gesetzentwurf ganz sachlich einzubringen.

Bereits im August 2008 - ich bitte mir zuzuhören - stand in einem vom MLV, also vom Kolle

gen Daehre, den ich schätze und mit dem ich gut zusammengearbeitet habe, in Auftrag gegebenen Evaluationsbericht von PwC zum Landesbetrieb Bau zu lesen:

„Die Zusammenarbeit zwischen der Bauverwaltung und dem Liegenschaftsmanagement ist durch vielfältige Abstimmungsprozesse und Redundanzen gekennzeichnet. Ein ganzheitliches Liegenschafts- und Gebäudemanagement mit einer Orientierung am Lebenszyklus einer Immobilie ist durch die bestehende Trennung nicht möglich.“

Aus diesem Gutachten wurde dann die Konsequenz abgeleitet - das lag, so glaube ich, in der Natur des Gutachtens -, das Liegenschaftsmanagement in den LBB zu integrieren und dem MLV zu unterstellen, auch wenn Sachsen-Anhalt das einzige Land gewesen wäre, das so etwas umgesetzt hätte. Das Gutachten als solches ist, so denke, belastbar. - Dies war die Grundlage.

Die Analyse war richtig: zu zersplittert und deshalb zu aufwendig und auch zu teuer. Dabei können zum Teil die Strukturen und auch die handelnden Personen nichts dafür. Vielmehr wurde eine ganz nüchterne Feststellung getroffen.

Noch vor der Landtagswahl haben Kollege Daehre und ich gemeinsam mit der IB nach neuen Lösungsmöglichkeiten gesucht, und dazu habe ich mich auch öffentlich bekannt. Die Frage war, inwieweit die Investitionsbank an einer zukünftigen Lösung, also mit Blick auf die Finanzierung und die Strukturierung mitwirken kann. Um Zeit und Geld zu sparen, haben wir das dann getan. Es wurde ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches aufgrund seiner Qualität Grundlage für vernünftige Diskussionen vor und auch nach der Wahl war.

Wichtig war es, den Status quo festzuhalten, den Ländervergleich und das enthaltene Optimierungskonzept vorzustellen. Der Ist-Zustand ist - so die Gutachter nach ausführlicher Analyse - geprägt von einer fehlenden zentralen Datenverfügbarkeit, von der mangelnden Kenntnis der Werte und der Kostentransparenz. Daraus resultieren fehlende Steuerungs- und Controllinginstrumente.

(Unruhe)

Herr Minister, ich würde gern für Sie um etwas Ruhe bitten. Es murmelt.

Ich danke Ihnen ausdrücklich, Herr Präsident.

Bitte schön, Herr Minister.

Das sind diejenigen, die hinterher wieder kritische Fragen stellen.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Hast du eine Strich- liste dabei?)

- Ja, so eine geritzte. - Es fehlen außerdem einheitliche Ziele, Strategien und Anreize für die Nutzer bzw. Mieter zum wirtschaftlichen Umgang mit den Immobilien und erfolgsorientierte Führungs- und Steuerungssysteme.