Der Weg ist ein sehr weiter, aber ich drücke mich nicht um die Antwort. Ich glaube, die Polizei bzw. die Staatsanwaltschaft hat entsprechende Strafanzeigen gefertigt. So es zu Straftaten gekommen ist, werden diese verfolgt werden. Ich bin der Letzte, der Straftaten legitimieren will, so sie denn passiert sind. Ich teile das ausdrücklich nicht. Punkt.
Vielen Dank, Herr Striegel. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Schröder. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
„Unsere Demokratie lebt von der Achtung der Menschenwürde und dem Respekt gegenüber Andersdenkenden. Jedwede Form des politischen und religiösen Extremismus stellt diese Grundlagen des Zusammenlebens infrage. Daher ist jeder Form von
Radikalisierung und deren Verharmlosung mit Entschiedenheit und mit allen rechtsstaatlichen Mitteln entgegenzutreten.“
„Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und religiöse Intoleranz dürfen in unserem Land keine Chance haben.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Zitat stammt aus dem Grundsatzprogramm meiner Partei. Ich bin froh, dass wir ein gutes und ein klares Programm haben. Gleichzeitig bin ich betrübt, dass ich mehrfach Anlässe hatte, aus diesem Grundsatzprogramm, insbesondere diese Stelle, im Hohen Haus zu zitieren.
Politik und Medien erhalten in diesen Tagen viel Post. Ihr Inhalt ist teilweise erschreckend und teilweise erschreckend hilflos. Viele beklagen scheinbar, dass den Menschen in ihrer gefühlten Ohnmacht und Überforderung eine Art mainstreamtaugliche Stimme abhandengekommen sei. Die Debatte polarisiert sich. Sie wird unversöhnlicher. Sie wird radikaler. Sie wird undifferenzierter und damit auch immer ungerechter und falscher.
Wir können das sicherlich gemeinsam im Chor der Demokraten beklagen. Die Frage ist aber: Reicht das? Reichen moralische Appelle? Reicht das Beziehen einer klaren Haltung? - Nein. So sagte es Kollegin Katrin Budde gerade: Wir brauchen auch einen funktionierenden Staat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Staatsversagen und Kontrollverlust nähren Protest und Widerstand.
Die Zustimmung zur Asyl- und Flüchtlingspolitik der Bundesregierung ist in den zurückliegenden Wochen spürbar gesunken. Bei vielen Bürgerinnen und Bürgern ist das Vertrauen in die staatliche Handlungsfähigkeit erschüttert. Dieses Vertrauen müssen wir wieder aufbauen. Ein wesentlicher Bestandteil dessen ist die Begrenzung der Zuwanderung auf ein Maß, das die gesellschaftliche Akzeptanz nicht übersteigt und das die Integrationsfähigkeit unserer Menschen auch langfristig gewährleistet.
Mögliche Fehlanreize, die eine Zuwanderung begünstigen, sind abzubauen. Ein einheitlicher europäischer Standard über die materielle und medizinische Versorgung ist zu definieren. Die Bundesrepublik Deutschland muss in Europa wie auch in den Herkunftsländern deutlich signalisieren, dass die Grenzen der Aufnahmefähigkeit erreicht sind.
Die enge Zusammenarbeit mit den europäischen Nachbarn in der Flüchtlingsfrage ist unabdingbar, um zu Lösungen zu kommen, die auch langfristig tragbar sind.
Ich will deutlich sagen: Die bisher erreichten Kompromisse in der deutschen Asylpolitik weisen alle in die richtige Richtung. Dennoch handelt es sich um Maßnahmen, deren Wirkung sich erst nach einer gewissen Zeit entfaltet. Um hier nicht stehen zu bleiben, braucht es weitere Maßnahmen, die möglichst zeitnah zu ergreifen sind. Während wir diese Maßnahmen ergreifen und während wir diese Handlungsfähigkeit zurückgewinnen wollen, ist klar und bleibt klar: Es darf keine Entschuldigung, es darf kein Verständnis für Gewalt geben.
Deswegen sage ich noch einmal für meine Fraktion ganz deutlich: Morddrohungen, Messerangriffe, Übergriffe auf Büros von Politikern oder Brandanschläge auf Unterkünfte, Attacken auf Unterstützer und Ehrenamtliche bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise - das alles sind unentschuldbare Rechtsverstöße. Unsere parlamentarische Demokratie muss hier klar Flagge zeigen.
Niemals darf Gewalt in Wort und Tat als Mittel der politischen Auseinandersetzung auch nur den Hauch einer Rechtfertigung erhalten. Die Meinungsfreiheit gibt uns nicht das Recht, andere Rechte zu verletzen. Die eigene Meinungsfreiheit hört dort auf, wo die des anderen anfängt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was juristisch relevant ist, ist deswegen nur die eine Seite des Bildes. Es geht natürlich auch um die Frage: Welche Folgen hat denn meine Meinungsäußerung, vor allen Dingen dann, wenn ich meine Meinung straffrei äußern kann? Wann fängt denn nun Hetze, konkret rassistische Hetze, an? - An dieser Stelle scheinen die Akzente und die Meinungen in diesem Haus etwas auseinanderzugehen.
Ich frage: Verstärken wir die Ängste und Sorgen nur deshalb, weil wir ihnen in der politischen Debatte einen Raum geben, wie dies Wolfgang Schäuble tut? Ist zum Beispiel der Magdeburger Oberbürgermeister ein Anheizer und Brandstifter, nur weil er die Belastungsgrenze der Kommune aufzeigt? Ist ein Rassist, wer von Ausländern begangene Straftaten auch als solche benennt?
Provokant kann man fragen: Kann denn der Vorwurf der Hetze möglicherweise selbst zur Hetze werden? Diskutieren wir die kritikwürdige Wortwahl des Vorsitzenden des Philologenverbandes, wie hier mehrfach getan? Sprechen wir ihm die Herzensbildung ab, wie Kollege Striegel dies getan hat? Oder nehmen wir auch zur Kenntnis, wie sich
der Schülerrat und der Schulelternrat verhalten haben, die sich vor ihren Gymnasiallehrer und Schulleiter gestellt und ebenfalls von einer Hetze gesprochen haben?
Gehört es nicht in einer Debatte wie der heutigen Debatte dazu, beides wenigstens in den Blick zu nehmen? - Es macht mich betroffen - ich will das ganz ausdrücklich sagen, weil dieser Vergleich so hinkend und so schmerzhaft ist -, wenn mir Bürger offen sagen, sie fühlten sich wieder an DDR-Zeiten erinnert.
Ich weiß, dieser Vergleich stimmt nicht. Viele fragen aber: Was darf man denn in Deutschland noch sagen? Herrschen wirklich Sprech- und Denkverbote in öffentlichen Debatten? Existiert eine gedankliche Bevormundung? - Es macht mich nachdenklich, wenn es auch diese Stimmen gibt. Wir können ja dazu anderer Meinung sein.
Aber ich sage ganz deutlich: Ein Klima der Alternativlosigkeit, eine Gängelei des Sprechens, eine Tabuisierung von Themen, ein Ausfiltern von Protest - dies alles wäre ganz und gar etwas Undemokratisches, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wie es der Ministerpräsident gesagt und einen differenzierten Blick angemahnt hat: Wir müssen in einer Demokratie im Ringen um beste Lösungen streiten dürfen. Wir müssen aushalten, dass Menschen etwas anderes wollen als wir.
Die AfD ist heute mehrfach genannt worden. Die AfD ist nicht wirklich eine Alternative für Deutschland. Das wissen wir.
Wir werben als Union für uns, für die eigene Stärke. Die AfD ist zweifellos eine konkurrierende Kraft, keine Frage. Wenn aber Vertreter der AfD, wenn Vertreter einer Partei, die in Deutschland zugelassen ist, auch wenn das vielen nicht passt, Opfer von gewalttätigen Angriffen werden, wenn, wie von der Berliner Schaubühne in dem Stück „Fear“ aufgeführt, angeblich die EU-Parlamentsabgeordnete Beatrix Storch mit Bild und Privatadresse und Sätzen wie, denen müsse man in den Kopf schießen, dargestellt wird, dann frage ich mich, ob das in den Kontext gehört: Die haben es
Ist es hinzunehmen, dass Abgeordnete, auch meiner Fraktion, Morddrohungen erhalten? Sind Angriffe auf die Landesgeschäftsstelle, Schmierereien, Übergriffe, Sachbeschädigungen von Abgeordnetenbüros, Morddrohungen von Linksextremisten usw. hinzunehmen?
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir hatten im Vorfeld der heutigen Aktuellen Debatte nicht wirklich die Möglichkeit, auf den Text Einfluss zu nehmen. Auch das will ich deutlich sagen. Die gemeinsame Einbringung eines Themas zur Aktuellen Debatte wäre heute möglich gewesen, wenn man es gewollt hätte. Unsere Bedingung war nur eine einzige: Gewalt, egal aus welcher Ecke sie kommt, darf kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein. - Das haben wir gewollt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor jetzt wieder gesagt wird, das sei doch selbstverständlich, bevor jetzt wieder der Relativismusvorwurf kommt, will ich sagen, dass ich glaube, dass der wichtige Kampf gegen Rechtsextremismus und Ausländerhass dadurch nicht entwertet würde. Dieser wird auch nicht dadurch entwertet, dass man aus Statistiken nüchtern ableiten kann, dass auch Gewalttaten aus dem linken Spektrum - Brand- und Sprengstoffdelikte, Eingriffe in den Verkehr, Körperverletzungen, Landfriedensbruch, Raub, Widerstand gegen die Staatsgewalt - in nennenswertem Umfang registriert werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gewalt muss nicht nur dann thematisiert werden, wenn sie rechtsextremistisch und rassistisch begründet wird. Die CDU wünscht sich heute, dass sich der Landtag nicht nur rassistischer und politischer Hetze und Gewalt entgegenstellt, sondern jeglicher Gewalt in der politischen Auseinandersetzung eine klare Absage erteilt.
Wenn das so selbstverständlich gewesen wäre, dann hätte es heute durchaus einen gemeinsamen Text aller Fraktionen geben können. - Danke schön.