Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Für die SPDFraktion spricht jetzt die Abgeordnete Frau GrimmBenne. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich darf es kurz machen. Viel

leicht wäre es wichtig, noch einmal darzustellen, wie die gemeinsame Beschlussempfehlung, die bei einer Enthaltung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einstimmig gebilligt worden ist, zustande gekommen ist.

Das Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Sachsen-Anhalt

stammt aus dem Jahr 2002. Grundsätzlich ist es zu befürworten, dass die Regelungen in einem Gesetz der Wirklichkeit und der Lebensnotwendigkeit entsprechend angepasst werden.

Ich habe schon mehrmals erlebt, dass es in der Öffentlichkeit Bestrebungen gab, dieses Bestattungsgesetz zu ändern. Dafür muss man jedoch politische Mehrheiten bekommen. Ähnlich wie bei der Sterbekultur ist es auch bei der Bestattungskultur so, dass es dazu unterschiedliche Auffassungen gibt.

Auch in unserer Fraktion gab es zu verschiedenen Punkten keine Einstimmigkeit, sodass man sagen konnte: Dieses oder jenes wird befürwortet. Es sind individuelle Einzelentscheidungen.

Man kann natürlich sagen: Ja, wir haben es nicht hinbekommen, Vorschläge zu machen. Das zeigt aber auch, wie unterschiedlich im Land SachsenAnhalt die Bestattungskultur gesehen wird.

Wir waren uns einig, den Handel und die Nutzung von Steinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit zu verhindern. Aber selbst der Abgeordnete Steppuhn musste erkennen, dass das, was er und wir politisch wollen, juristisch sehr schwer umzusetzen ist.

(Ministerpräsident Herr Dr. Haseloff betritt den Plenarsaal - Herr Gallert, DIE LINKE, auf dem Platz des Ministerpräsidenten sit- zend und sich mit Minister Herrn Bullerjahn unterhaltend: Zu spät! - Heiterkeit bei allen Fraktionen - Herr Scheurell, CDU: Das wird nichts! - Ministerpräsident Herr Dr. Haseloff: Das habe ich kommen sehen! - Herr Gallert, DIE LINKE: Jetzt traut er sich gar nicht mehr raus! - Heiterkeit)

Kollegin Grimm-Benne, gedulden Sie sich einen Moment.

Ich habe genügend Zeit.

Hier vorn wird der Regierungswechsel geübt. - Jetzt ist wieder Ordnung eingezogen. Sie haben das Wort.

(Zuruf von der CDU: Auch der Versuch ist strafbar!)

Es ist auch die Frage, wie man einen Regierungswechsel würdevoll bestatten kann. Das ist aber dieser Problematik jetzt nicht angemessen.

(Frau von Angern, DIE LINKE: Dazu gibt es eine bessere Chance!)

Ich mache es jetzt einfach kurz: Ich bitte um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales.

(Beifall bei der SPD - Herr Striegel, GRÜNE: Das Thema wird beerdigt!)

Der ersten Juristin folgt die zweite Juristin. Frau von Angern, Sie haben für die Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte.

Interessante Bewertung, Herr Präsident.

Das war eine Feststellung.

Eine Tatsachenfeststellung, genau. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Seit der Initiative, die wir gemeinsam im Mai 2014 mit dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und unserem Antrag gestartet haben, haben wir viele Diskussionen nicht nur wahrnehmen können, sondern auch selbst geführt. Es ist festzustellen, dass es kein politisches, sondern ein sehr individuelles Thema ist, dem sich die Menschen sehr unterschiedlich nähern. Daher kann ich das, was Frau GrimmBenne vor der Bemerkung zum Regierungswechsel sagte, durchaus teilen.

(Herr Schröder, CDU: Ha, ha!)

- Noch lachen Sie, Herr Schröder. - In den Diskussionen ist aber stets deutlich geworden, dass in der Bevölkerung sehr wohl der mehrheitliche Wunsch besteht, auch über den Tod hinaus über das eigene Schicksal zu entscheiden, und diesbezüglich kein oder wenig Raum für den Staat ist. Das empfand ich als ein sehr wichtiges Signal an uns Politiker, das wir durchaus aufnehmen sollten.

Es gab sehr viele Anregungen, die weder wir noch die Bündnisgrünen auf der Agenda hatten, und insofern ist es das Signal, dass hier sehr wohl ein Änderungsbedarf besteht.

Wir haben zwei Beschlussempfehlungen vorliegen, einmal zu dem Gesetzentwurf der GRÜNEN und dem Entschließungsantrag der GRÜNEN, wobei ich schon jetzt sagen möchte, dass wir Beschlussempfehlung nicht zustimmen werden. Wir

bedauern es sehr, dass hier kein weiterer Schritt vorangegangen wird. Wir werden allerdings der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dass grundsätzlich Einigkeit über einen Reformbedarf besteht, zustimmen. Das ist der kleinste gemeinsame Nenner, der derzeit aufgrund der Koalition möglich war, aber immerhin.

Es ist gut und richtig, dass wir damit signalisieren, dass wir weiterhin an dem Thema dranbleiben und weiter darüber diskutieren werden. Ich denke, dass die ethnische Vielfalt, die wir in Deutschland, in Sachsen-Anhalt haben, keiner Nivellierung über den Tod hinaus weichen sollte.

Ich halte es für sehr zeitgemäß, auch bei dem Thema Bestattungskultur religionsungebundenen Menschen bestimmte Zugänge und Entscheidungen nicht zu verwehren. Deswegen kann ich nur wiederholen: Schauen wir nach Europa. Dann sehen wir, was möglich ist. Warum kann ich in Prag die Urne meines Vaters durchaus auf meinem Grundstück begraben, aber in Deutschland will es mir der Staat verbieten? - Hier darf ich es nicht, hier wird eine vermeintliche Traditionskultur vorgehalten, die das nicht ermöglichen soll. Das erschließt sich mir nicht.

Frau Lüddemann äußerte bereits, was die beiden großen Kirchen gesagt haben: Ja, wir stimmen der sarglosen Bestattung in Sachsen-Anhalt zu. Wir halten das für zeitgemäß. Wir halten das gegenüber den anderen großen Religionen für zeitgemäß.

Ich kann nur sagen: Die Einzigen, die dagegen waren - immer und in jeder Diskussionsrunde -, waren die Bestattungsunternehmen. Dazu muss man ganz klar sagen: aus materiellen Gründen. Diese haben Sie mit Ihrer Entscheidung gestärkt, was ich wirklich sehr bedauere.

(Herr Scharf, CDU: Das ist doch nicht wahr, was Sie erzählen! - Unruhe)

Ich finde, diesbezüglich sollten wir in der nächsten Wahlperiode unbedingt einen Schritt weitergehen.

(Unruhe)

Auch möchte ich hier sehr deutlich sagen - dabei werde ich noch ein wenig intensiver als Frau Lüddemann -, dass mich Ihr Umgang, den Sie mit den sogenannten Sternen- oder Schmetterlingskindern an den Tag gelegt haben, dann doch sehr verwundert hat. Nach wie vor wird in dem Gesetz stehen, dass die Pflicht besteht, sofern nicht von dem Anspruch Gebrauch gemacht wird, dass die Eltern die Bestattung vornehmen, die Kinder hygienisch einwandfrei und dem sittlichen Empfinden entsprechend zu beseitigen. - Ich finde, so etwas gehört nicht in ein Gesetz des Jahres 2015.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Dass die CDU-Fraktion das nach wie vor mitträgt, ist für mich völlig unverständlich.

Aber auch diesbezüglich hoffe ich auf die nächste Wahlperiode, auf eine andere Konstellation und auf ein Ende dieser Formulierung im Gesetz.

Ein Punkt, der mir ebenfalls sehr wichtig ist - unserer Fraktion war es wichtig, dieses Thema auf die Tagesordnung zu setzen -, betrifft die zweite Leichenschau bzw. die Qualifizierung zur Leichenschau. Daher bedauere ich es sehr, dass der Sozialminister hierzu nicht gesprochen hat. Er hat mir damals, als ich diese Kleine Anfrage gestellt habe, ausdrücklich gesagt: Ja, hier gibt es Änderungsbedarf. - Aber bis jetzt ist nichts geschehen. Es ist nicht mit den Ärztinnen und Ärzten gesprochen worden. Die Kassenärztliche Vereinigung, die Ärztekammer und das Rechtmedizinische Institut sind bereit, aktiv zu werden und hierbei für mehr Qualität zu sorgen. Es wäre ein Einfaches gewesen, eine verbindliche Pflicht zur zweiten Leichenschau bei der Erdbestattung zu realisieren. Das hätte nicht wehgetan und auch nicht mehr gekostet.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Ministerin Frau Prof. Dr. Kolb)

Ich kann es nicht nachvollziehen. Das hätte spätestens nach dem, was in Halle passiert ist, erfolgen müssen. Der Mörder der bulgarischen Studentin in Halle ist bis zum heutigen Tage nicht gefunden worden.

Natürlich kann ich mich jetzt nicht hinstellen und sagen: Es wäre sicher anders gewesen, wenn eine höhere Qualität an den Tag gelegt und sofort erkannt worden wäre, dass hierbei ein Tötungsdelikt vorliegt, und man sofort hätte ermitteln können. „Hätte, hätte!“ - aber es hätte eben die Chance bestanden. Daher bedauere ich es sehr, dass Sie auch hierzu überhaupt keinen Willen zeigen. Ich hoffe zumindest, dass Sie erkannt haben, dass Bedarf besteht.

Wie gesagt: In der nächsten Wahlperiode sehen wir uns wieder und dann werden wir das wieder angehen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Damit ist die Debatte beendet. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren.

Zunächst stimmen wir über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales in der Drs. 6/4624 zum Gesetzentwurf nebst Entschließungsantrag ab. Wer der Beschlussempfehlung in der Drs. 6/4624 zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Frak

tionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? - Keine. Damit ist der Beschlussempfehlung zugestimmt worden.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales in der Drs. 6/4625. Die Änderungen, die Frau Dirlich vorgetragen hat, sind Ihnen allen noch gegenwärtig?

(Zuruf: Ja!)

Ich frage: Wer der Beschlussempfehlung, wie sie ergänzend vorgetragen worden ist, zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion DIE LINKE, die CDU - -

(Herr Borgwardt, CDU: Moment mal! - Zu- rufe von der LINKEN und von der SPD - Un- ruhe)