- Meine Damen und Herren! Ganz ruhig bleiben. Es gibt den Tagesordnungspunkt 13 a und 13 b. Über die Beschlussempfehlung unter Punkt 13 a haben wir bereits abgestimmt.
Jetzt geht es um die Beschlussempfehlung, die im Ausschuss immerhin eine Mehrheit von 11 : 0 : 1 Stimmen erhalten hat. Frau Kollegin Dirlich als Berichterstatterin hat einige Änderungen - man möchte sagen, redaktioneller Art, aber sie hatten schon ein gewisses Gewicht - vorgetragen, die hier bereits abgestimmt worden sind. Es waren nicht ihre persönlichen Änderungswünsche. - Alles klar?
Jetzt stimmen wir noch einmal ab über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales in der Drs. 6/4625 in modifizierter Fassung. Wer stimmt der Beschlussempfehlung zu? - Von links bis ziemlich rechts. Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Alle anderen Fraktionen haben der Beschlussempfehlung zugestimmt.
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Besoldungs- und Versorgungsrechtsergänzungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt
Die erste Beratung fand in der 95. Sitzung des Landtages am 17. September 2015 statt. Berichterstatterin ist die Abgeordnete Frau Niestädt. Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.
Das freut mich sehr. - Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Ihnen liegt in der Drs. 6/4603 die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Finanzen zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Besoldungs- und Versorgungsrechtsergänzungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vor.
Der Gesetzentwurf wurde in der 95. Sitzung des Landtages am 17. September 2015 in erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Finanzen sowie zur Mitberatung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung überwiesen. Ziel der Gesetzesänderung war die Anpassung des Besoldungs- und Versorgungsrechtsergänzungsgesetzes an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts.
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil vom 5. Mai 2015 festgestellt, dass die Grundgehaltssätze der R1-Besoldung der Jahre 2008 bis 2010 in Sachsen-Anhalt verfassungswidrig bemessen gewesen sind. Der Landesgesetzgeber wurde verpflichtet, verfassungskonforme Regelungen mit Wirkung spätestens vom 1. Januar 2016 zu treffen und den Verfassungsverstoß rückwirkend hinsichtlich der Kläger der Ausgangsverfahren - Besoldungsgruppe R 1 - und in den noch offenen Verfahren der gesamten R-Besoldung zu beheben.
Um eine verfassungskonforme Besoldung sicherzustellen, werden auch die Jahre 2011 ff. für alle Richterinnen, Richter, Staatsanwältinnen und
Der von der Landesregierung vorgelegte Gesetzentwurf sah eine Beseitigung des Verfassungsverstoßes durch die Gewährung einer prozentualen Nachzahlung der Grundgehälter und Amtszulagen der Besoldungsordnung R für die Jahre 2008 bis 2014 für die Kläger der Ausgangsverfahren und für Richterinnen und Richter sowie für Staatsanwälte und Staatsanwältinnen, deren Verfahren noch offen sind, mit 2,7 % für das Jahr 2008, mit 0,1 % für das Jahr 2009, mit 2,3 % für das Jahr 2010, mit 1,4 % für das Jahr 2011, mit 0,3 % für das Jahr 2012, 0 %, also nichts, für das Jahr 2013 und 0,1 % für das Jahr 2014 vor.
Für alle anderen Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte wird der Verfassungsverstoß durch die Gewährung einer prozentualen Nachzahlung der Grundgehälter und Amtszulagen der Besoldungsordnung R für den Zeitraum ab dem Inkrafttreten des Landesbesoldungsgesetzes am 1. April 2011 im entsprechenden Umfang rückwirkend behoben.
In der 92. Sitzung des Finanzausschusses am 5. Oktober 2015 hat der Ausschuss wegen der zeitaufwendigen Beratung des Nachtragshaushalts das mündliche Anhörungsverfahren auf die Sitzung am 28. Oktober 2015 verschoben. Eine vorläufige Beschlussempfehlung in der Fassung der synoptisch dargestellten Änderungsempfehlungen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes wurde trotzdem erarbeitet und mit 8 : 5 : 0 Stimmen beschlossen.
In der 93. Sitzung am 28. Oktober 2015 holte der Ausschuss für Finanzen die Anhörung mit den Vertretern des Bundes der Richter und Staatsanwälte in Sachsen-Anhalt und dem Verband der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter in Sachsen-Anhalt nach.
Der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung hat in der 56. Sitzung am 30. Oktober 2015 den Gesetzentwurf beraten und eine Beschlussempfehlung erarbeitet. Dem mitberatenden Ausschuss lag ein Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen vor, in dem die Einfügung eines neuen Artikels 2 - Landesrichtergesetz - und die Änderung der Gesetzesüberschrift in „Gesetz zur Änderung besoldungs- und richterrechtlicher Vorschriften“ beantragt wurde. Dieser Änderungsantrag wurde mit 7 : 1 : 3 Stimmen beschlossen, die Beschlussempfehlung mit 7 : 0 : 4 Stimmen.
In der 94. Sitzung am 25. November 2015 hat der Finanzausschuss das Gesetz zur Änderung des Besoldungs- und Versorgungsrechtsänderungsgesetzes endgültig beraten und in der Fassung der Beschlussempfehlung des mitberatenden Ausschusses mit einer Änderung der Fundstelle in Artikel 1 mit 6 : 3 : 0 Stimmen beschlossen. Diese Beschlussempfehlung liegt Ihnen nunmehr in der Drs. 6/4603 vor.
Im Namen des Ausschusses für Finanzen bitte ich um Zustimmung zur vorliegenden Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Kollegin Niestädt. - Die Landesregierung wartet noch mit der Entscheidung, ob sie einen Redebeitrag liefern wird; sie möchte erst die Fraktionen hören. Deshalb hat nun für die Fraktion DIE LINKE Herr Knöchel das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Es ist schön, dass die Landesregierung wartet. Ich warte dann auf ihren Beitrag und freue mich, darauf zu erwidern.
Nun zum Gesetzentwurf. Wenn es eine Rangliste von Gesetzentwürfen gäbe, die besser nie in das Parlament eingebracht worden wären, belegt der heute zur Debatte stehende Gesetzentwurf einen der ersten Plätze.
Er reiht sich in eine Vielzahl besoldungsrechtlicher Fehlentscheidungen für die Bediensteten unseres Landes ein. Mit der Föderalismusreform, welche die Besoldung der Beamten und Richter in die Hoheit des Landes legte, begann jener Umgang mit dem Landespersonal, der zur Klage der Richterinnen und auch der Beamten vor dem Bundesverfassungsgericht führte.
Zuerst wurde die jährliche Sonderzahlung gestrichen, dann erfolgte die Abkopplung der Beamtenbesoldung vom Tarifgeschehen des öffentlichen Dienstes und zu guter Letzt wurde die Kostendämpfungspauschale eingeführt.
Die Verfassungsgerichtsbarkeit hat sich aus guten Gründen in den vergangenen Jahrzehnten bei Besoldungsfragen zurückgehalten. Die Beamtenbesoldung ist Ausfluss der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, die dem Alimentationsprinzip folgt.
Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessen Unterhalt zu gewähren.
Der Beamte muss über ein Nettoeinkommen verfügen, das seine rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit gewährleistet und ihm über die Grundbedürfnisse der Lebenshaltung hinaus im Hinblick auf den allgemeinen Lebensstandard und die damit verbundenen Verbrauchs- und Lebensgewohnheiten einen amtsangemessenen Lebenskomfort ermöglicht. Dabei ist die allgemeine wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung zu beachten. - Das war die Definition des Alimentationsprinzips.
Bei der Konkretisierung der amtsangemessenen Alimentation hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum. Das Alimentationsprinzip ist dabei Grundlage und Grenze der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers.
Dem Beamten steht, wenn auch nicht hinsichtlich der Höhe und der sonstigen Modalitäten, so doch hinsichtlich des Kernbestandes ein grundrechtgleiches Recht durch Artikel 33 Abs. 5 des Grundgesetzes zu.
Seiner Verantwortung, das Alimentationsprinzip auszufüllen, ist der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt unzureichend nachgekommen.
In dem Urteil die Richterbesoldung betreffend hat das Bundesverfassungsgericht anhand von fünf Prüfungskriterien Orientierungen und Prinzipien formuliert, die eine Aussage darüber treffen können, ob die Besoldung noch verfassungsgemäß sei.
In der Summe verwarf es die Regelung des Landes. Statt die Besoldung aller Richter und Beamten zu überprüfen, hat sich die Landesregierung und die Koalition zur Rosinenpickerei entschieden und die Kriterien so gerechnet, dass von den fünf Kriterien jeweils zwei den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtes nicht genügten und eines knapp über der Minimalgrenze liegt. Die Klagen gegen diese Praxis sind bereits angekündigt.
Auch dass diese Korrektur nur auf die Richterinnen und Richter anzuwenden ist, die sich gegen die bisherige Besoldungspraxis gewehrt haben, führt nicht zu Rechtsfrieden und Besoldungsgerechtigkeit.
Das Argument eines Teils der Koalition, dass dieses Gesetz vor dem Hintergrund der anhängigen Klagen gegen die A-Besoldung so zu formulieren sei, um den Rechtsstand des Landes vor dem Verfassungsgericht nicht zu gefährden, ist absurd.
Verantwortliche Politik hätte bedeutet, das Urteil zum Anlass zu nehmen, die gesamte Beamtenbesoldung zu überprüfen und vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen.
Glauben Sie wirklich, das Verfassungsgericht wird Ihretwegen von den Grundsätzen seines Urteils Abstand nehmen?
Nach der Auffassung meiner Fraktion ist eine gerechtere Besoldung gegeben, wenn zwischen Beamtenbesoldung und tariflicher Vergütung ein Gleichklang besteht.
Denn nur das in Tarifverhandlungen erzielte Ergebnis ergibt auf Dauer einen guten Kompromiss zwischen der gesamtwirtschaftlicher Entwicklung und dem Ausgleich gestiegener Lebenshaltungskosten. Davon haben Sie die Besoldungsempfänger abgekoppelt.
Deshalb haben wir den Wiedereinstieg in die Jahressonderzahlung beantragt. Leider waren Sie nicht einmal zu diesem Schritt bereit.