Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

Wiedereinstieg gekostet. Im Vergleich zu vielen anderen Projekten ist das eher ein kleiner Betrag.

Die Skrupel der CDU-Fraktion haben wir wohl vernommen, aber auch die mangelnde Durchsetzungsfähigkeit registriert.

Es wäre gut gewesen, wenn das Urteil zu einem Wechsel im System der Besoldung geführt hätte. Darauf haben Sie ausdrücklich verzichtet. Dieser Gesetzentwurf schafft keinen Rechtsfrieden; es ist das falsche Signal an unsere Beschäftigten. Unsere Fraktion wird ihn ablehnen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Danke, Herr Kollege Knöchel. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Schachtschneider. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Vielleicht kann ich, wenn Herr Knöchel denn zuhört, auf einige Skrupel eingehen bzw. die Skrupel, die bei ihm zutage getreten sind, ausräumen.

Am 5. Mai dieses Jahres hat das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil festgestellt, dass die Besoldung der Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im Zeitraum von 2008 bis 2010 unzureichend war. Dies war die Aufgabe, die uns das Bundesverfassungsgericht gestellt hat.

In den Anhörungen im Ausschuss, aber auch in Gesprächen, die wir mit Vertretern des Richter- und Verwaltungsrichterbundes geführt haben,

wurde deutlich gemacht, dass alle Beteiligten nach Lösungen suchen - dabei möchte ich auch das Finanzministerium erwähnen -, diese Lösungen lagen aber so weit voneinander entfernt, dass man leider keinen Konsens finden konnte. Dies bedauere ich. Das ist ausdrücklich so ein Skrupel.

Man kann die Besoldungshöhe in der Gruppe R 1 nicht völlig losgelöst von der Besoldung der Besoldungsordnung A sehen. Für Letztere steht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes noch aus. Ich glaube, sie ist für Frühjahr 2016 vorgesehen. Genau an diesem Punkt gibt es Bedenken seitens des Finanzministeriums hinsichtlich der Auswirkungen auf die Höhe eventueller Nachzahlungen für alle Beamten.

Wenn wir angesichts der Größenordnung der Besoldung für die Gruppe R 1 im vorliegenden Gesetzentwurf über rund 900 000 € reden, dann würde eine weitere Anhebung auf x % und die gleichzeitige Übertragung auf alle Beamten zu einem zwei- bis dreistellige Millionenbetrag führen.

Lassen Sie mich zum vorliegenden Gesetzentwurf zurückkommen. Die vom Bundesverfassungsgericht angewendeten Kriterien, deren Deutung und Auslegung sowie die angestellten Berechnungen wurden seitens der Verbände, aber auch des Ministeriums sehr unterschiedlich betrachtet. Hier wäre - jetzt kommen die Skrupel wieder - eine mögliche Schnittstelle für einen Konsens gewesen.

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf, der eine Nachzahlung für die Jahre von 2008 bis 2010 in Höhe von 2,7 %, 0,1 % und 2,3 % vorsieht, ist ein Schritt. Ich sollte es vielleicht so sagen: Es ist ein kleiner Schritt, der aber in die richtige Richtung geht. Diesen Schritt sollten wir heute gehen.

Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Kollege Schachtschneider. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt der Abgeordnete Herr Meister das Wort. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat uns in einem Urteil vom 5. Mai 2015 unangenehmerweise Hausaufgabe aufgegeben. Das Gericht war aufgrund mehrerer Klagen mit der Frage befasst, ob wir, also das Land Sachsen-Anhalt, unsere Richterinnen und Richter ordnungsgemäß besolden oder ob unsere Besoldungsregelung, insbesondere die Höhe der Besoldung, gegen die Verfassung verstößt. Tatsächlich kam das Gericht zu dem Schluss, dass dies der Fall ist.

Landesregierung und Landtag müssen sich daher nun mit grundsätzlichen Fragen der Gestaltung der Besoldung befassen und mit einem Gesetz die festgestellten Mängel abstellen. In Erfüllung dieser Hausaufgabe wurde uns der heute in zweiter Lesung zu beratende Gesetzentwurf vorgelegt. Der Entwurf stieß auf deutliche Kritik, zum Teil auch auf Empörung bei den Betroffenen. Ich will nicht zu kleinteilig werden, möchte aber den Grund für die Kritik, die seitens meiner Fraktion geteilt wird, grob umreißen.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner aktuellen Rechtsprechung für die Bewertung der Frage, ob eine Besoldung den verfassungsrechtlichen Standards genügt, ein komplexes Prüfungsschema entwickelt; letztlich hat es fünf Kriterien aufgestellt.

Solange mindestens drei Kriterien eingehalten werden, spricht einiges für eine Verfassungsgemäßheit der Besoldung. Bei der Einhaltung von

lediglich zwei oder weniger Kriterien sieht das Gericht die Vermutung einer verfassungswidrigen Unteralimentation gegeben, das heißt, die Richter bekommen weniger, als ihnen zusteht.

Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf sieht das Reißen von zwei dieser Kriterien vor. Das ist bereits im Grundsatz ein recht knappes Vorgehen. Richtig schön ist die Nichterfüllung auch nur eines Kriteriums eigentlich nicht.

Ein von der Landesregierung gehaltenes Kriterium ist die Abweichung des Besoldungsindexes vom Referenzindex. Die Untergrenze liegt bei 5 %. Die Landesregierung pirscht sich mit 4,99 % absurd eng an diese Grenze heran. Die Richterschaft ist empört.

Ob man bei zwei gerissenen Kriterien und bei einem nur um 0,01 Prozentpunkte gehaltenen Kriterium insgesamt noch von einer verfassungsgemäßen Besoldung ausgehen kann, erscheint mir keineswegs sicher.

Vollends absurd wird die Sache, wenn man bedenkt, dass Sachsen-Anhalt für unterschiedliche Zeitpunkte unterschiedliche Kriterien berücksichtigt. Kann man wirklich, wenn eines der anderen Kriterien günstiger zu erreichen ist, beliebig wechseln? Und wenn man es kann, sollte man es wirklich tun? Ist das ein fairer Umgang mit den Bediensteten des Landes?

Dass die rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes dann nicht für alle Zeiträume allen zugute kommt, sondern dass es Teile der Betroffenen zwar schriftlich haben, dass sie nicht verfassungskonform besoldet wurden, dies aber für einige Zeit so bleibt, sorgt auch nicht gerade für gute Stimmung.

Entspricht das Land in der Besoldungsfrage tatsächlich seiner Fürsorgeverpflichtung?

Ich meine, wir als Land sollten ein verlässlicherer Partner und ein verlässlicherer Dienstherr sein. Ich will aber nicht einer oppositionellen Versuchung erliegen und goldene Zeiten versprechen. Auch eine in einer anderen Form zusammengesetzte Regierungskoalition wird auf die Finanzen sehen müssen und hat eine Gesamtverantwortung für die Menschen und für die Finanzen des Landes. Auch dabei werden nicht alle Blütenträume reifen.

Das jetzige Verhalten und Vorgehen halte ich aber schon in seiner Form, aber letztlich auch inhaltlich und finanziell für eine Zumutung. Die dringend notwendige Herstellung des Rechtsfriedens wird so nicht gelingen. Daraus erwachsen uns letztlich aber auch finanzielle Risiken.

Die nächste Entscheidung zur Beamtenbesoldung ist bereits in Kürze zu erwarten; Herr Schachtschneider hat dies bereits erwähnt. Bei der Umsetzung des jetzigen Gesetzentwurfes ist mit einer

beachtlichen Zahl neuer Verfahren zu rechnen; dies hat die Richterschaft bereits angekündigt. Es bedarf nicht allzu großer prophetischer Gaben, um die Vorhersage zu wagen, dass uns diese Fragestellungen wieder im Landtag beschäftigen werden.

Den jetzt vorliegenden Gesetzentwurf wird meine Fraktion ablehnen. - Danke schön.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Herrn Knöchel, DIE LINKE)

Vielen Dank, Kollege Meister. - Für die Fraktion der SPD spricht jetzt die Abgeordnete Frau Niestädt. Bitte, Frau Kollegin.

Danke schön, Herr Präsident. - Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Ja, mit dem Besoldungs- und Versorgungsrechtsänderungsgesetzes heilen wir rechtzeitig die vom Bundesverfassungsgericht festgestellte und zum 1. Januar 2016 zu beseitigende Verfassungswidrigkeit der Besoldung der Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte.

Das Bundesverfassungsgericht hat in der Entscheidung vom 5. Mai 2015 die Richterbesoldung für den Zeitraum von 2008 bis 2010 für verfassungswidrig erklärt. Für diesen genannte Zeitraum sah das Verfassungsgericht die Besoldung der Richter als zu gering an und hielt die Alimentierungsverpflichtung des Landes für seine Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte nicht für erfüllt.

Das ist mit dem vorliegenden Gesetzentwurf beseitigt, sogar übererfüllt, weil wir rückwirkend zum 1. April 2011 die Verfassungswidrigkeit der Bezahlung für alle Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte - dies war vom Gericht nicht gefordert - beseitigt haben.

(Herr Knöchel, DIE LINKE: Nobel, nobel!)

Das Antragserfordernis für diese Nachzahlung, das sich noch in einem Referentenentwurf auf der Ebene der Landesregierung befand, war aber bereits im Gesetzentwurf, wie wir meinen, völlig zu Recht, nicht mehr enthalten.

Wenn auch heute wieder von Ihnen moniert wird, man hätte großzügiger sein können, man hätte die Kriterien anders auslegen können, dann möchte ich daran erinnern, dass wir hier auch mit Steuergeldern umgehen.

(Zuruf von Herrn Knöchel, DIE LINKE)

Da verbietet es sich, Herr Knöchel, richtig mit dem Füllhorn auszuschütten, wie es von manchen - nicht heute hier, sondern in den Beratungen - ge

fordert wurde, alles zu über 100 % zu erfüllen. Das geht nicht.

(Herr Knöchel, DIE LINKE: Man kann hier nicht von einem Füllhorn sprechen!)

Wir als Gesetzgeber haben eine amtsangemessene Besoldung zu gewähren. Was das bedeutet, hat uns das Verfassungsgericht aufgeschrieben. Alles darüber hinaus, sage ich, wäre eine Bevorzugung von besonderen Bevölkerungsgruppen gegenüber allen anderen. Das kann ich nicht vertreten. Das will ich auch nicht.

Von daher ist es richtig, den Richterspruch des Verfassungsgerichtes zu erfüllen. Der hieß nun einmal, es müssen mindestens drei der fünf Kriterien erfüllt werden. Das waren das Lohnentwicklungskriterium, die Tarifsteigerung, die Verbraucherpreise und die Besoldungsentwicklung, einmal intern, aber auch im Benchmark mit dem Bund und den anderen Ländern.

Ich möchte nur eines kurz zur Erinnerung sagen: Das Kriterium der Lohnentwicklung im Land - das vergisst man vielleicht manchmal - hat sich maßgeblich aus der Anpassung Ost an West entwickelt. Da bleibt festzustellen, dass ein vergleichbarer Anpassungsprozess bei den vier Klägern nicht stattgefunden hat und vom Verfassungsgericht auch nicht in die Betrachtung einbezogen wurde. Ich will nicht mutmaßen und unken wie andere. Aber auch das bleibt einfach festzustellen.

Der Gesetzentwurf enthält genau die vom Verfassungsgericht eingeforderte Nachbesserung. Sie erfüllt sie nicht über. Sie sagt nicht: wie auch immer. Sie sagen, sie erfüllt sie, aber ganz knapp. Aus meiner Sicht wird dieses Urteil erfüllt. Ich empfehle daher die Zustimmung zu der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses.

(Zuruf von Herrn Knöchel, DIE LINKE)

Wenn es ein Urteil geben wird, das zur A-Besoldung zu erwarten ist, muss man darüber reden, wenn es vorliegt. Ich sage, wenn mir jemand sagt, wir müssen einmal schauen, die Finanzen müssen und das Geld muss - - Es muss immer unter finanziellen Gesichtspunkten betrachtet werden.

Wenn es ein Urteil gibt und die Bedingungen des Urteils erfüllt sind, kann ich nicht davon ausgehen, dass der Rechtsfrieden nicht hergestellt wurde. Dann kann ich zur Kenntnis nehmen, dass es den Klägern nicht gefällt, dass man sagt, wir hätten aber mehr erwartet. Aber dann muss ich auch zur Kenntnis nehmen: Wir haben nach 2010 immer - nicht wie andere Bundesländer - die Anpassung der Besoldung an die Tarifentwicklung vorgenommen. Es ging hierbei um die Jahre 2008 bis 2010.