Protokoll der Sitzung vom 28.01.2016

verblieben sind, einen eigenen Komplex zu erarbeiten, verkürzt.

(Zuruf von der LINKEN: Ach herrje!)

Ich wollte eigentlich mit dem Lob beginnen, konnte mich aber zu dieser Reihenfolge noch nicht durchringen.

(Heiterkeit bei der CDU - Herr Gallert, DIE LINKE: Ich befürchte, das liegt an Ihrer Per- sönlichkeit, Herr Leimbach!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Tatsächlich hat die Opposition das Instrument PUA ganz gut genutzt. Der Vorsitzende - und insoweit ist das Lob, das Herr Miesterfeldt ausgesprochen hat, uneingeschränkt zutreffend - hat die Sitzungen fair und objektiv geleitet.

Gleichwohl, meine sehr verehrten Damen und Herren, erhalten die Berichte Passagen, die mit dem Untersuchungsausschussgesetz unseres Landes nicht zu vereinbaren sind. Man hat beispielsweise den geschätzten Präsidenten des Landesrechnungshofes zum Kronzeugen deklariert, aber die offizielle Stellungnahme der Landesregierung zu dem Bericht des Landesrechnungshofes ignoriert. In meinen Augen ist das ein krasser Fall von Realitätsverweigerung. Gegen die Grundsätze der StPO sind entlastende Beweise missachtet worden, um einen Rest von Skandal bewahren zu können. Kein seriöser Journalist würde so entspannt über vorliegende Rechercheergebnisse hinwegschreiben wie Sie in Ihren Sondervoten.

Die LINKEN vermitteln in ihrem Sondervotum zusätzlich noch den Eindruck, als wären die Erkenntnisse im parlamentarischen Untersuchungsausschuss ausschließlich auf ihre Tätigkeit zurückzuführen. Die Bilanz ist deshalb zwiespältig.

Wir haben im Ausschuss so kolossale Fehlleistungen erlebt, so unverfrorene Naivität und durchaus auch abgebrühten Egoismus bei den Zeugen. Das war ein tiefer und unangenehmer Einblick in die Wirklichkeit von Landesgesellschaften. Mit den vom Landtag beauftragten Untersuchungsgegenständen hatte das aber wenig zu tun. Nach den Prinzipien von Bilanzklarheit und Bilanzwahrheit muss deshalb eher ein zurückhaltendes Bild gezeichnet werden, weniger spektakulär, aber gerecht.

Von den fünf beweiserheblichen Fragestellungen sind drei mit „Nein“ zu beantworten und zwei mit „teilweise Ja“. Für politische Schrotflinten, selbst vor einer Landtagswahl, ist das eine schwache Treffergenauigkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Aufmerksamkeit der Opposition als führend im Ausschuss hat sich dann folglich verändert: weg von den anfänglichen Fragestellungen, als man

noch Spuren politischer Einmischung oder gar die Duldung der Einstellungen oder des egoistischen Verhaltens von Dinnies von der Osten suchte - Fehlanzeige.

Der Ausschuss suchte dann finanzielle Millionenrisiken für das Land - letztlich wohl ebenfalls Fehlanzeige, obwohl die Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN sogar noch in der letzten Woche behauptete, dem Land würden Risiken in Höhe von 70 Millionen € drohen. Selbst der Kollege Meister hat richtigerweise in seiner Rede kein Wort darüber verloren.

Im letzten Jahr dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, erfolgte die Suche nach einer planmäßigen Begünstigung der Familie des Freundes des Finanzministers: günstige Umstände - ja, Plan - nein.

Dann richtete sich die Aufmerksamkeit auf die Umstände des Zinserlasses, was auch wieder nichts mit dem Untersuchungsauftrag zu tun hatte. Das war bestenfalls ein halber Punkt.

Wenn dann nicht diese ominösen Aktenfunde vor zwei Wochen gewesen wären, meine sehr verehrten Damen und Herren, hätte das Thema IBG nur noch einige wenige Experten und Akteure in den Medien und im Ausschuss interessiert. Aber 124 Kartons und zwei Einkaufswagen - diese Umstände waren Wasser auf die Mühlen derjenigen, die das Land und die Unternehmen sehr skeptisch beobachten.

Die Aufbauschungen über die - zugegebenermaßen - irritierenden Aktenfunde sind in meinen Augen aber ein Begleitschaden unserer sehr gehypten Wahrnehmung der Geschichte der IBG. Die Kuriositäten verstellen die Aufmerksamkeit für folgende, wie ich finde, zusammenfassende Feststellungen:

Erstens. Letztlich gab es nach zweieinhalb Jahren nur wenige neue Erkenntnisse über das hinaus, was die Medien bereits im Sommer 2013 berichtet haben. Ein gezieltes Schaffen von Rahmenbedingungen durch die Landesregierung, um unzulässigen Fördermittelvergaben Vorschub zu leisten, konnte den Erkenntnissen des Untersuchungsausschusses zufolge nicht festgestellt werden. Vielmehr kam es vorliegend eher zu einem Zusammentreffen verschiedener Faktoren, die das vorsätzliche und pflichtwidrige Verhalten eines Einzelnen begünstigten.

Zweitens. Eine politische Einflussnahme bei Beteiligungen ist nicht bewiesen worden. Die Mutmaßungen der Opposition gerade zu Beginn der Arbeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses haben sich nicht bewahrheitet.

Drittens. Das egoistische System von der Osten und seiner Kumpane war perfide und sehr gut

verdeckt. Gleich mehrere, richtigerweise kritisierte Schwachstellen in der Architektur der GmbH haben dieses System erheblich erleichtert: kein Vieraugenprinzip, Minijobs für den Geschäftsführer der IBG nach der Privatisierung. Deswegen ist es mehr als nur empörend, was sich ein vom Land gut bezahlter Geschäftsführer an persönlicher Bereicherung erlauben konnte.

Man hat im Jahr 1998 einen konservativen Banker hinausgeschmissen und einen Berliner Zocker geholt, der mit seinen Beteiligungsunternehmen übrigens selbst schon einmal Pleite gemacht hat und den man nun Millionen zur Verwaltung in SachsenAnhalt anvertraute.

Lieber Herr Meister, Sie sagten, es habe kein System von der Osten gegeben. Aber 70 % Ihrer Rede befassten sich ausschließlich mit dieser Person. Das ist ein kleiner Widerspruch, den Sie wahrscheinlich nicht auflösen können oder nur dann auflösen können, wenn Sie eine politische Verantwortung konstruieren wollen.

Selbst die anfänglich gefeierte Q-Cells-Akquisition gibt bei genauem Hinsehen viel Anlass für interessante Fragestellungen.

Aus einer Kreuzberger Atomkraftgegnergruppe, wie es der „Tagesspiegel“ schrieb, hat Q-Cells - dabei waren von der Osten und unsere Beteiligungsgesellschaft wesentliche Akteure - Millionäre gemacht. Diese Millionäre kamen ein paar Jahre später zum Land und lockten mit 20 Millionen € Eigenkapital, nachdem sie einen Exit bei Q-Cells organisiert hatten und sagten: Es wäre schön, wenn wir auch privates Kapital zur Verstärkung der Förderung innovativer junger Unternehmen mit einbauen könnten. - So kam es dann auch.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Viertens. Unmittelbarer finanzieller Schaden ist dem Land nicht entstanden. Die fehlenden Vor-OrtKontrollen, die im Landesrechnungshofbericht im Sommer noch kritisiert wurden, sind nachgeholt worden. Ich glaube, dass es keinen Anlass gibt, das Ganze weiter zu problematisieren. Weder aus den Akten noch aus den Aussagen und auch nicht von den Whistleblowern, die der eine oder andere im Ausschuss hatte, sind weitere Schäden für das Land aufgezeigt worden.

Fünftens. Ein Zusammenhang zwischen der

Freundschaft von Hübner Junior zu Minister Bullerjahn und der großen Konzentration der Beteiligung an der Schlossgruppe Hübner ist nicht erwiesen. Die Rettung der Schlossgruppe mit europäischen Mitteln entsprach nicht den Vorschriften. Das hat das Wirtschaftsministerium mittlerweile eingeräumt. Zum Glück für das Land, für die Arbeitsplätze und am Ende auch für die Familie Hübner ist es gerade noch einmal gut gegangen. Das Geld ist wieder in der Kasse.

Der Erlass von Steuerzinsen war in den Augen Einzelner rechtswidrig, auf jeden Fall aber so grottenschlecht gehandhabt, dass am Ende der unbeteiligte Minister fast den größten Schaden erleiden musste.

Sechstens. Die IBG-Affäre war ganz sicher kein Beweis überlegener Qualität unserer Administration, aber weit weniger skandalös als am Anfang befürchtet. Die steuernde Verwaltung hat sich an vielen Stellen blamiert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Beispielsweise in Bezug auf die Leistungen des sogenannten Kompetenzteams oder den Bieter, der selbst einen genauen Einblick in die Bieterverläufe, in die Ausschreibungsverläufe hatte, mit einem Berater des Landes, der sich hinterher als befreundet mit dem System von der Osten herausstellte, hat das Land nichts getan, um Vertrauen zu begründen.

Siebtens. Das wichtige Arbeitsplatzförderinstrument „Beteiligung an jungen, innovativen Unternehmen“, das Minister Schucht 1997/1998 auf den Weg gebracht hat, hat leider an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Als CDU-Fraktion bedauern wir das sehr. Wir ärgern uns über die Fehler, die gemacht wurden, und möchten sie nicht kleinreden. Die absolut richtige und wichtige Idee ist beschädigt. Die negativen Erfahrungen mit der IBG werden uns aber Mut machen, es in Zukunft besser, sorgfältiger und erfolgreicher zu machen.

Achtens. Die parlamentarische Kontrolle durch einen Untersuchungsausschuss ist sinnvoll, um eine manchmal nachlässige Verwaltung zu binden. Die parlamentarische Kontrolle ohne wirklichen Grund in der nächsten Wahlperiode fortsetzen zu wollen, verkehrt die Vorzeichen und ist eher Ausdruck von detailverliebter Neugier als von politischer Notwendigkeit.

(Zuruf von der LINKEN: Ach ja!)

- Diese Kritik müssen Sie einstecken. Sie sollten einmal in Ihrem Sondervotum nach einer Begründung suchen. Das alles sind Mutmaßungen.

Ich komme zum Schluss. Bei meinen Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion möchte ich mich für die ausgesprochen gute und professionelle Zusammenarbeit bedanken, bei den Kollegen der SPD-Fraktion für ihre entspannte Souveränität.

Den Kollegen von der Opposition möchte ich meinen persönlichen Respekt für die Zusammenarbeit im Ausschuss entbieten. Das war eine anstrengende Arbeit, wie ich fand, sehr aufwendig, aber für mich keine vertane Zeit. Ich habe manche überraschenden Erfahrungen machen können - ich konnte es kaum glauben - und habe viel dazugelernt. Abschließend für meine letzte Rede im Landtag, jedenfalls als Abgeordneter: Das gilt gleicher

maßen für die übrige Zeit hier im Landtag. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Es gibt Nachfragen von dem Kollegen Gallert, von Herrn Henke und Herrn Meister. Herr Leimbach, würden Sie die entgegennehmen und beantworten?

Bekanntermaßen mit großer Freude.

(Heiterkeit)

Herr Gallert, bitte sehr.

Herr Leimbach, der Kollege Robra hatte schon Angst, dass ich ihn enttäusche und keine Frage stelle. Dann werde ich das natürlich auch bei Ihnen machen.

Sie sprachen in Ihrer Rede davon, es könne überhaupt keine Rede davon sein, dass durch die IBG ein Schaden in Höhe von 70 Millionen € auf das Land zukommen könnte. Wenn Sie das sagen, dann sind Sie schlauer als wir alle, Herr Leimbach. Meines Wissens ist sowohl die Agentur OLAF noch dran, als auch ist die Bewertung der Europäischen Kommission überhaupt nicht abgeschlossen, weil es eine Beantragung der Erstattung dieser Summe bei der Kommission bis heute überhaupt nicht gibt.

Woher wissen Sie eigentlich - haben Sie da geheime Drähte -, dass wir die gesamten dort eingesetzten europäischen Mittel wirklich von der EU erstattet bekommen? - Diese Aussage wäre mir neu.

Herr Gallert, Sie waren ja nun wahrlich nicht alle Tage im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss dabei.

Aber Sie wissen, dass wir uns mit fehlenden VorOrt-Kontrollen nur am Rande, nämlich in der Zeit der Befassung mit dem Prüfbericht des Landesrechnungshofs, auseinandergesetzt haben. In diesem Prüfbericht des Landesrechnungshofs sind für eine Reihe von Beteiligungen die fehlenden Vor

Ort-Kontrollen als mögliches Rückforderungsrisiko der Europäischen Union bezeichnet worden. Das können Sie möglicherweise nicht wissen. Sie können, weil Sie ja die Antwort der Landesregierung auf den Bericht des Landesrechnungshofs ignoriert haben, auch die Antwort der Landesregierung zu diesem Punkt nicht berücksichtigen.

Die Landesregierung hat mittlerweile erklärt, den größten Teil dieser Vor-Ort-Kontrollen nachgeholt zu haben. Damit ist das drohende Rückforderungsrisiko wegen fehlender Vor-Ort-Kontrollen im Ausschuss zu Recht nicht weiter thematisiert worden, weil es bestenfalls ein theoretisches Risiko ist. Das scheint Ihnen aber offensichtlich schon zur Dramatisierung der Umstände auszureichen.