Protokoll der Sitzung vom 28.01.2016

(Frau Feußner, CDU: Woher sollen die kom- men, wenn sie alle am Gymnasium sind?)

- Es gehen ja nicht alle zum Gymnasium.

(Frau Feußner, CDU: Es ist doch mehr als 50 %!)

- Der Übergang betrug im letzten Schuljahr 46,8 %. Das heißt, die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler ist nicht am Gymnasium.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Gründe sind vielfältig. Wir können nur spekulieren. Das haben wir hier auch gemacht. Ist es der Leistungsdruck? Haben die Kinder zu viele Veranstaltungen nach der Schule? Haben Sie überhaupt noch Zeit, sich zu regenerieren? - Das alles sind Dinge, die wir nicht wissen, da sie nicht erhoben worden sind. Es wäre wirklich interessant, ob diese Studie, die NEPS, darüber Aussagen trifft.

Eine Möglichkeit, die ich sehe, sind die kompetenzorientierten Lehrpläne, die jetzt eingeführt werden, um mehr Freiräume zur individuellen Förderung zu schaffen. Das ist ein Knackpunkt, den wir stärken müssen.

Ich stimme Ihnen zu, Frau Hohmann, dass wir im Bereich der multiprofessionellen Teams an den Gymnasien mehr tun müssen. Die Unterstützungssysteme müssen ausgebaut werden. Bisher haben wir uns immer auf andere Schulformen konzentriert. Also, es ist wichtig, den Schulerfolg zu sichern. Die Schulsozialarbeit findet meist in den Sekundarschulen und in den Grundschulen statt, an den Gymnasien jedoch kaum. Das muss sich ändern. Darin stimme ich Ihnen zu.

(Zustimmung bei der SPD)

Lassen Sie mich zusammenfassen: Wir sind dafür, die Übergänge flexibler zu gestalten. Wir stehen für längeres gemeinsames Lernen, für das längere Offenhalten der einzelnen Bildungsabschlüsse. Wir

wollen den Bereich Ganztag und multiprofessionelle Teams an den Gymnasien mehr fördern und ausbauen.

In Bezug auf die andere Gründe, weshalb viele Schülerinnen und Schüler das Abitur am Gymnasium nicht schaffen, müssen wir in den nächsten Jahren die Forschung voranbringen und uns anschauen, was geforscht wird, um daraus unsere Rückschlüsse ziehen zu können. - Danke schön.

Vielen Dank, Herr Kollege Wanzek. - Das letzte Wort hat für die fragestellende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Professor Dr. Dalbert. Bitte schön, Frau Kollegin.

Danke, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will nur auf drei Punkte eingehen; denn wir haben Einigkeit: Über die Verläufe wissen wir nichts. Dazu kann ich nur sagen: Es ist skandalös, dass wir das nicht wissen. Es wäre ein Leichtes gewesen, hierzu Forschungsaufträge auch für das Land Sachsen-Anhalt auszuschreiben, Herr Wanzek, damit wir über unser Schulsystem Bescheid wissen.

Lassen Sie mich auf drei Punkte, die auch in der Debatte angesprochen worden sind, eingehen. Es wundert mich nicht, Herr Güssau, was Sie über die Schullaufbahnempfehlung nach der 4. Klasse sagen. Sie haben es noch immer nicht verstanden, deswegen sage ich es gern noch einmal. Das Problem bei einer Schullaufbahnempfehlung nach der 4. Klasse ist, dass Sie es nicht entscheiden können.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Sie können es nicht entscheiden. Sie wissen nicht, wie sich ein Zehnjähriger entwickeln wird,

(Herr Lange, DIE LINKE: Genau so ist es!)

ob er sich so entwickeln wird, dass er problemlos am Gymnasium mitmachen kann oder ob er sich eher in eine handwerkliche Richtung entwickelt. Das können Sie mit zehn Jahren nicht entscheiden. Das ist das Problem.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Daran doktern wir herum. Das ist die Crux. - Das ist der erste Punkt.

Ich finde es unglaublich, Herr Güssau, was Sie hier gebracht haben. Aus rein ideologischen Motiven machen Sie hier die Gymnasien schlecht.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die Gymnasien sind gut, sie leisten eine gute Arbeit. Herr Minister hat es dargestellt. Die Schulen leisten besonders in den naturwissenschaftlichen Fächern gute Arbeit.

(Zustimmung bei der LINKEN)

In nationalen Vergleichen stehen wir gut da. Der Minister hat dargestellt, dass wir bei den Vergleichsarbeiten an den Gymnasien gut dastehen. Und Sie stellen sich hier hin und tun so, als ob an unseren Gymnasien Tohuwabohu herrsche und das Chaos ausgebrochen wäre. Das ist einfach unglaublich, was Sie sagen, und zwar nur, weil Sie den Zugang zu dieser Bildungseinrichtung zurückfahren wollen. Das halte ich wirklich für unglaublich.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Auch bei der Sitzenbleiberrate - das habe ich dargestellt - liegen wir im Durchschnitt. Ich halte das Sitzenbleiben für eine völlig verfehlte didaktische und pädagogische Maßnahme. Hätten wir nicht diese ausgesprochen ungerechte Oberstufenverordnung, sodass mehr als 5 % der Schülerinnen und Schüler in der 11. Klasse sitzenbleiben, dann wären wir noch besser.

(Zurufe von der CDU)

Es ist einfach unglaublich, die Gymnasien hier so runterzureden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Dass ich hier mal im Landtag stehe und so brennend die Gymnasien verteidige, hätte ich mir auch nicht träumen lassen.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Aber irgendwie gehört auch das zur Wahrheit.

(Zuruf von der CDU)

Wenn wir ein Zweisäulen-Schulmodell anstreben, dann wollen wir, dass es in beiden Säulen gut zugeht. Deshalb kann man eine Säule nicht einfach schlechtreden.

Zum letzten Punkt. Sie wollen den Zugang zu den Gymnasien beschränken. Diesbezüglich müssen wir uns noch einmal die Zahlen anschauen. Ich habe sie eben schon genannt. Wir stehen im Bundesvergleich schlecht da. In Sachsen-Anhalt haben im Altersjahrgang nur 29 % die Hochschulzugangsberechtigung, im Bundesdurchschnitt sind es 40 %. In zehn Jahren konnten wir uns hierbei nur um 2 % steigern, im Bundesdurchschnitt beträgt die Steigerung über 10 %.

Wie wollen Sie diese Disparität denn erklären, warum wir darin so schlecht sind? - Unsere Kinder sind doch nicht dümmer. Das ist doch nicht der Grund. Sie können mir doch nicht erzählen,

dass wir deshalb weniger Kinder mit Hochschulzugangsberechtigung haben, weil die Kinder in unserem Land dümmer sind.

Es kann doch nicht das Ziel sein, weniger Kinder an die Gymnasien zu bringen. Das ist der Elternwille. Je besser die Gemeinschaftsschulen werden, desto weniger werden vielleicht ans Gymnasium wechseln, weil sie an der Gemeinschaftsschule das Abitur erwerben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Aber das ist ausschließlich eine Frage des Elternwillens, wo sie ihre Kinder hinschicken. Das sollte frei sein von unseren ideologischen Debatten. Ich kann Ihnen sagen, ich habe ein klares Anliegen: Ich will gute Gemeinschaftsschulen und gute Gymnasien. Dann haben die Eltern auch eine gute Möglichkeit, sich zu entscheiden. Wenn wir dann noch zwischen Grundschulen und Gemeinschaftsschulen Schulverbünde machen, dann werden auch die Übergänge besser gestaltet und wir alle sind in unserem Land dann besser aufgestellt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Frau Kollegin, wollen Sie Fragen beantworten? - Dann beginnt Frau Feußner und Herr Güssau setzt fort.

Das dachte ich mir jetzt.

Frau Dalbert, die erste Sache ist, wer Ideologie in die Sache bringt, aber darum will ich mich jetzt nicht streiten. Ich glaube, Ihre Ideologie ist eine schon jahrelang festgelegte, die sich in keiner Weise nach rechts oder links bewegt.

Nein, Frau Feußner ist in der Bildung völlig ideologiefrei.

Diesbezüglich müssen wir uns sicher nicht unterhalten. Das ist auch nicht meine Frage. - Sie sprachen von dem Versagen unserer Schüler.

Doch. Sie haben gesagt, wieso wir so viele Kinder in dem Gymnasium haben, die es nicht bis zum Abitur schaffen.