Protokoll der Sitzung vom 07.10.2011

Das ist das Webmuster Ihres Haushalts: Sie wollen das Parlament entmündigen und Persilscheine für die Minister und Ministerinnen haben.

Die Personalpolitik wurde heute auch schon mehrfach angesprochen. In diesem Zusammenhang will ich nur auf einen Punkt eingehen. Hierzu finden wir im Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes Ihren Vorschlag, die Altersantragsgrenze für den Ruhestand bei Landesbeamtinnen und -beamten vorzuverlegen.

Dazu sage ich Ihnen: Das ist die falsche Schraube, an der Sie in der Personalpolitik drehen. Denn welche Landesbeamten betrifft das denn? - Das betrifft die Polizei sowie die Lehrerinnen und Lehrer, die in Mangelfächern tätig sind und deswegen damals verbeamtet wurden.

Ich sage Ihnen: Wir brauchen eine flexible, eine attraktive Teilzeitregelung. Wenn wir attraktive Teilzeitregelungen haben, dann können wir beides tun: In den Bereichen, in denen wir über diese Regelungen Mittel generieren, können wir Mittel einsparen, und in den Bereichen, in denen wir junge Menschen brauchen, nämlich in den Schulen und bei der Polizei, erlauben uns diese freiwerdenden Mittel, diese jungen Menschen an das Land zu binden; denn wir wollen doch nicht heute die Menschen gehen lassen, die wir morgen hier im Land brauchen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Dalbert, es gibt eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schröder. Möchten Sie diese beantworten?

Aber klar, Herr Schröder.

Ich mache es ganz kurz. Das ist nur eine Verständnisfrage.

Als Sie problematisiert haben, dass der Haushaltsgesetzgeber der Landesregierung gestattet, im Rahmen der Deckungsfähigkeit von Haushaltstiteln Spielräume zu eröffnen - wenn der Haushaltsgesetzgeber sich dazu entscheidet, diese Flexibilität innerhalb der Ressorts zu gestatten -, haben Sie das als „Ermächtigungsgesetz“ bezeichnet. Ist das richtig? Oder wollen Sie das an dieser Stelle anders ausdrücken?

Ich nehme den Ausdruck zurück. Das tut mir leid.

Okay. Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Gehen wir weiter auf der Seite der Einsparungen und Einnahmen. Zu den möglichen Einsparungen im Bereich des Personals habe ich bereits etwas gesagt.

Es gibt eine für Grüne ganz interessante Stelle in dem Entwurf des Haushaltsgesetzes, nämlich § 17. Darin reden Sie von Energieeinsparungen, die Sie ermöglichen wollen, und zwar auch durch eine Vorfinanzierung durch Dritte, sofern die entstehenden Kosten aus den Einsparungen an Betriebskosten innerhalb von zehn Jahren getragen werden können. Die Mittel, die aufgewendet werden, sollen sich also innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren amortisieren.

Dazu muss ich Ihnen Folgendes sagen: Das sieht zwar grün aus, das ist aber nicht grün, weil sich nämlich Investitionen nennenswerter Art in die Energieersparung innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren überhaupt nicht amortisieren können.

Ich möchte einen weiteren Punkt im Hinblick auf die Einnahmen ansprechen. Es gibt auch Stellen, über die wir uns freuen und die wir prima finden. Es freut uns, dass Sie eine alte grüne Forderung aufnehmen, nämlich die Erhebung eines Wassercents. Das finden wir richtig gut. Das ist gut im Sinne eines schonenden Umgangs mit den Ressourcen des Landes und das tut dem Landeshaushalt gut.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Allerdings muss ich sagen, dass ich mir auch an dieser Stelle eine konsequentere Ausgestaltung des Umgangs mit Ressourcen gewünscht hätte. Ich hätte mir eine Diskussion über die Erhebung der Förderabgabe nach dem Bundesbergbaugesetz vorstellen können oder auch eine intensive Debatte zu der Frage, ob wir die Infrastruktur im

mer weiter ausbauen müssen oder ob wir nicht vielmehr in den Erhalt der Infrastruktur investieren müssen. Aber das ist an dieser Stelle leider nicht passiert.

Gestatten Sie mir noch ein Wort zum Schluss. Im Zusammenhang mit Ihren Vorschlägen zum Wassercent und zur Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 4,5 % auf 5 % erwarten Sie Mehreinnahmen in Höhe von insgesamt 21 Millionen € im Jahr 2013. Dieser Betrag in Höhe von 21 Millionen € muss von den Menschen in Sachsen-Anhalt direkt oder indirekt aufgebracht werden.

Ich sage Ihnen: Sagen Sie den Menschen, was sie dafür bekommen. Nehmen Sie nicht dieses Geld von den Menschen im Land und stecken es einfach in die Haushaltskonsolidierung, sondern sagen Sie ihnen konkret, was sie dafür bekommen. Werden dafür pro Jahr 20 Schulen zu Ganztagsschulen ausgebaut? Werden die Kitagruppen verkleinert? Was passiert mit diesem Geld?

Ich glaube, die Akzeptanz der Politik in unserem Land hängt davon ab, dass Sie den Menschen sagen, welche Zukunftsprojekte Sie für sie gestalten und in welcher Weise Sie ihr Geld für diese Zukunftsprojekte verwenden wollen. Gestatten Sie den Menschen, Sie und Ihre Politik an der Antwort auf genau diese Frage zu messen. - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dalbert. - Für die Fraktion der SPD spricht nun die Fraktionsvorsitzende Frau Budde.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man könnte sagen, den Letzten oder - ich möchte das einmal anders formulieren - die Letzte beißen die Hunde. Interessant ist, dass sich die Themen, die die Fraktionen in ihren Haushaltsreden angesprochen haben, ähneln. Das zeigt zumindest, dass wir alle sehr genau wissen, welche Themen für unser Land wichtig sind.

Herr Gallert, natürlich kann man nicht oft genug wiederholen, dass das Haushaltsrecht das vornehmste Recht des Parlaments ist und dass die Haushaltsdebatten natürlich zu den wichtigsten Ereignissen des Hohen Hauses gehören.

Frau Dalbert, über das Haushaltsbegleitgesetz wird auch in den Ausschüssen beraten. Wenn es dazu Nachfragen oder Erklärungsbedarf gibt, dann sind die Ausschüsse der richtige Ort, um das so lange miteinander zu besprechen, bis man sich entweder einig ist oder bis die Mehrheit durchschlägt - auch das wird passieren.

Ich möchte zum Thema EU-Strukturfonds sagen, dass man sehr sorgsam mit den Umschichtungen

umgehen muss, dass man aber auch darüber reden muss, dass Mittel bisher nicht abgeflossen sind und möglicherweise auch nicht mehr zum Abfluss kommen werden, aus welchen Gründen auch immer. Auch meine Umweltpolitiker hegen ab und zu den Verdacht, dass das eine oder andere Programm so geschrieben worden ist, dass die Mittel gar nicht abfließen können.

Aber es ist gut, zumindest die Mittel, die aufgelaufen sind, für bestimmte Bereiche, die auch sinnvoll sind, zu verwenden, zum Beispiel für Stark III und für Investitionen, die zur Energieeffizienz beitragen. Man muss aber genau und sorgsam schauen, wie die Förderprogramme neu aufgestellt werden und wie mit den noch vorhandenen Mitteln umgegangen wird.

Die Haushaltsdebatten in unserem Hohen Hause unterliegen einem gewissen Ritual. Der Finanzminister bringt den Haushaltsplanentwurf ein. Im Übrigen hat er seine Rede nicht nach meinen Vorgaben geschrieben, sondern er hat sie allein geschrieben. Er ist ein sozialdemokratischer Finanzminister - das nur, falls jemand irgendwann einmal Zweifel daran gehegt haben sollte.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Ich war es nicht; ich bin nicht schuld. Aber meine Rede ist ähnlich. Sie sehen, unsere Ideen sind gleich.

Die Regierungsfraktionen werden natürlich in einem bestimmten Maße applaudieren. Das wird bei uns eher die bayerische Maß sein. Vielleicht ist der Krug bei anderen etwas kleiner. Die Opposition wird nach Kräften kritisieren und das Lob eher in der Größe eines Kölsch - das ist mit 0,1 l etwas kleiner - ausfallen lassen.

Das ist aber nicht nur ein bewährtes Ritual in einer funktionierenden Demokratie, sondern es ist auch gut, dass diese unterschiedlichen Auffassungen deutlich gemacht werden. Denn mit dem Haushaltsplan verbindet sich nichts Geringeres als die konkreten Gestaltungsmöglichkeiten für die nächsten zwei Jahre und - bei manchen Themen - darüber hinaus.

Nach den Regeln der Mediengesellschaft wäre es also folgerichtig, den Regierungsentwurf in den Himmel zu loben und ihn mit Superlativen zu bedenken. Das möchte ich nicht tun. Das möchte ich deshalb nicht tun, weil es gar nicht nötig ist. Denn wir liegen - das ist richtig gesagt worden - nach den Berechnungen des Instituts für die Deutsche Wirtschaft mit unserer Konsolidierungsquote auf Platz 3. Die Ampel steht für Sachsen-Anhalt auf grün.

Das ist Lob für den Haushalt an sich und das ist gut so. Deshalb müssen wir es nicht noch zusätzlich mit Superlativen bedenken. Das schafft die

Voraussetzungen dafür, dass wir in den nächsten Jahren überhaupt noch Handlungsfähigkeit in unserem Haushalt haben. Das bewahrt die haushaltspolitischen, die finanzpolitischen und auch die finanziellen Handlungsoptionen für die kommenden Jahre in unserem Bundesland.

Wir reden auch nicht nur über diesen Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2012 und 2013. Wir reden nicht nur über die Haushaltsjahre 2012 und 2013. Wir reden nicht nur über die Projekte, die kurz vor uns liegen. Wir reden vielmehr über die langfristige finanzpolitische Strategie unseres Landes. Diese Strategie beinhaltet in der Tat auch die Konsolidierung des Haushaltes, die Gesundung der Finanzen und - das ist heute lediglich in der Rede des Finanzministers zum Ausdruck gekommen - die Entwicklung der Wirtschaft. Oder habe ich nicht richtig zugehört?

(Herr Schröder, CDU: Nicht richtig zugehört! - Herr Borgwardt, CDU: Investitionen!)

Wir wollen, dass wir in einigen Jahren sagen können: Sachsen-Anhalt steht nicht nur früher auf, sondern es steht auch auf eigenen Beinen. Und natürlich: Hier bleiben nur noch ganz wenige sitzen; dafür bleiben sie aber im Land und arbeiten hier.

(Beifall bei der SPD)

Wie die Haushaltsberatungen in den nächsten Wochen ablaufen, wissen wir. Der Haushaltsplanentwurf wird zur Beratung in die Ausschüsse überwiesen. Das Parlament taucht in die Tiefen der Titelgruppen ein und die Ausschüsse übernehmen das Feintuning des Haushalts. Die Technik ist also klar.

Die Situation des Landes ist ebenfalls bekannt. Wir haben ein Haushaltsvolumen von 10 Milliarden € pro Jahr. Wir haben Schulden in Höhe von 20 Milliarden € angehäuft. Wir wissen, dass der Solidarpakt bis zum Jahr 2020 ausläuft. Es gibt wohl kaum eine Chance, einen neuen zu bekommen; das heißt, wir werden uns damit abfinden müssen. Wir als Parlament haben ein Verschuldungsverbot in die Landeshaushaltsordnung aufgenommen. Zudem gibt es eine Schuldenbremse im Grundgesetz. - Das sind die Rahmenbedingungen.

Wir wissen auch, was der Landesrechnungshof möglicherweise zu diesem Haushaltsplan sagen wird: Es wird nicht genug gespart; das ist kein Sparhaushalt, es wird an den falschen Stellen gespart und das ist überhaupt kein guter Haushalt. So war zumindest das Ritual der letzten Jahre.

Dem, meine Damen und Herren, möchte ich widersprechen, und zwar schon heute bei der Vorlage des Entwurfs eines Haushaltsgesetzes. Denn ein Haushaltsplan ist nicht nur dann gut, wenn er sich den Titel „Größter Sparhaushalt aller Zeiten“ auf den Aktendeckel kleben kann, und er ist nicht nur dann gut, wenn möglichst viel gestrichen oder ein

gespart wird. Er ist dann gut, wenn er ausgeglichen ist und wenn mit den vorhandenen Mitteln das Beste für das Land Sachsen-Anhalt und seine Entwicklung getan wird und wenn er trotzdem vorausschauend in die Zukunft gerichtet ist.

(Zustimmung bei der SPD und von Herrn Schröder, CDU)

Auch ich möchte einige Schwerpunkte des Haushaltes ansprechen. Der Schwerpunkt des Haushalts ist das Thema Bildung. Das ist aus unserer Sicht auch das nachhaltigste Instrument zur Bekämpfung der Armut in unserem Land, zur Verbesserung der persönlichen Lebenschancen, zur Bekämpfung des Fachkräftemangels und zum Erhalt der Innovations- und Wirtschaftskraft in Sachsen-Anhalt.

Ich möchte dazu drei Beispiele nennen. Erstens. Beginnend mit dem Haushaltsjahr 2013 sind zumindest vorausschauend schon einmal mehr Mittel für die Ganztagsbetreuung in den Kindertagesstätten eingestellt worden. Unser Ziel ist es, dass alle Kinder wieder die Möglichkeit haben, an allen Angeboten in den Kindertagesstätten teilzunehmen, unabhängig von dem sogenannten Status ihrer Eltern.

Wir wissen, dass es drei große Gruppen gibt, die um den Einsatz der Mittel ringen: die Träger, die Erzieherinnen und Erzieher sowie die Kinder. Natürlich wissen wir noch nicht, ob die Mittel ausreichen werden oder nicht. Es scheint momentan so zu sein, dass von diesen drei Gruppen die Kinder die kleinste Lobby in der öffentlichen Diskussion haben. Die Träger und die Erzieherinnen und Erzieher sagen sehr genau, was sie wollen. Wir als Parlament sollten genau darauf achten, dass das Thema Kinder nicht zu kurz kommt. Bei der Gestaltung des Gesetzes sollten wir als Lobbyisten der Kinder auftreten.