Auch wir werden von außen bewertet. Ich habe darüber in den letzten Wochen nicht allzu viel gesprochen. Standard & Poor’s hat uns Ende des Jahres 2011 bewertet und uns ins Stammbuch geschrieben - das fand ich nicht schlecht, wollte es aber nicht mit den Haushaltsberatungen vermengen -, dass wir einen stabilen Ausblick haben. Die Rating-Agentur hat unsere Zahlen für das Jahr 2011 übrigens schon unterstellt. Sie wird uns im März 2012 noch einmal bewerten; darüber werde ich auch im Ausschuss berichten.
Aber man sieht durchaus Unterschiede. Wir dürfen uns jetzt nicht zu sehr auf die Schulter klopfen; aber ich möchte zumindest darauf hinweisen, dass es schon noch unterschiedliche Entwicklungen in Europa gibt. Für uns ist das auch insofern wichtig, als wir das manchmal schon gar nicht mehr wahrnehmen.
Des Weiteren - Herr Erdmenger, damit werden wir in den nächsten Monaten sicherlich noch zu tun haben; ich hätte es in den letzten 18, 19 Jahren, in denen ich mich schon mit dem Haushalt beschäftige, nie geglaubt - können wir insbesondere bei den kurzfristigen Anleihen mittlerweile unter 0,09 % agieren, Tendenz fallend. Wenn das vor Jahren jemand gesagt hätte - unglaublich! Bitte denken Sie jetzt nicht, dass könnte man auf das Private übertragen; das gelingt nicht. Aber Sie haben gesehen, dass der Bund sogar noch Geld dafür bekommt, dass er das macht. Das war im politischen Raum in den letzten 20 Jahren unvorstellbar.
Es hat also Auswirkungen, wie andere uns bewerten, ob uns das passt oder ob uns das nicht passt. Aber es ist schon so, dass sie sagen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Sie sagen uns aber auch - das möchte ich hier gern anführen -, was wir in den ersten zehn Jahren hätten tun müssen, damit die Bewertung noch besser gewesen wäre.
Der Kurs, den wir eingeschlagen haben, findet - das möchte ich ergänzen - auch Unterstützung beim Stabilitätsrat. Wir haben - ich habe es beim letzten Mal schon erwähnt und im November 2011 noch einmal bestätigt - den Hinweis bekommen, dass wir kein Haushaltsnotlageland sind. Trotzdem bekommen wir Unterstützung und müssen diese Unterstützung nutzen - wir tun es vor allem für die Kommunen -, damit wir nicht in die Lage kommen, irgendwann auch die gelbe oder die rote Karte gezeigt zu bekommen.
Diese Bewertungen sollten uns nicht abheben lassen. Sie zeigen aber, dass wir die Entscheidungen der letzten Jahre nicht bereuen müssen, dass wir das aber durchhalten müssen. Sonst sind wir sehr schnell dort, wo andere jetzt sind. Wir werden das kritisch begleiten.
Ich sage das deswegen immer wieder so offensiv, weil wir uns in einem Wettbewerb um Köpfe und Investoren befinden, und in einem solchen sind diese Dinge auch nach außen zu tragen. Wenn jemand sagt: „Zehn Jahre lang müsst ihr das durchhalten, ihr seid auf einem guten Weg“, ist das für einen Investor, ob nun in der Industrie oder am Finanzmarkt, durchaus eine wichtige Aussage für die Prüfung von Standortentscheidungen.
Wir planen selbstverständlich - wir haben es auch schon getan -, uns bei den Jahresabschlüssen mit den deutschen Ländern zu vergleichen. Das ist im Moment schwierig; die Jahresabschlüsse liegen noch nicht vor. Wir haben es hinsichtlich der geplanten Nettokreditaufnahme getan. Diesbezüglich gibt es bei den Notlageländern jetzt Planungen zwischen 1,1 Milliarden € und 490 Millionen €. Wir liegen dazwischen. Ich komme gleich zu den Schwerpunkten des Haushalts.
Andere Länder, etwa Sachsen, das schon im Jahr 2011 getilgt hat, als wir wegen des strukturellen Defizits, das wir noch haben, noch gar nicht dazu in der Lage waren, haben vor, auch im Jahr 2012 kontinuierlich ihre an sich schon geringe Verschuldung weiterhin abzusenken, indem sie tilgen. Nur Brandenburg plant bisher eine Neuaufnahme von Schulden. Aber ich glaube, es wird nicht so bleiben, im Vollzug wird das noch anders werden.
Thüringen - hierbei habe ich ein wenig schmunzeln müssen - plant eine Tilgung von 1,5 Millionen €. Ich glaube, das ist eher symbolisch gemeint; diese Zahl wird sich sicherlich noch ändern. Die ostdeutschen Länder insgesamt werden die Chance nutzen, ohne neue Schulden in die Tilgung einzustei
gen, um die Lasten, die aufgrund des Rückgangs der Mittel aus dem Solidarpakt auf sie zukommen, zu schultern.
Wir - das zeigen die Beispiele, die ich genannt habe, die aber bei einer Tiefenprüfung noch ein wenig erhellt werden - sind auf dem Weg von hinten in die Mitte, wenn man es einmal aus der Sicht einer Fußballtabelle sieht. Aber es ist nach oben noch Luft, weil andere - etwa die Bayern trotz der Einzahlungen in Höhe von 10 Milliarden € in ihre Landesbank - das durch ihre jahrelange nicht so hohe Verschuldung bisher völlig anders gehandhabt haben.
Unsere Gesamtsituation zeigt auch - die Zahlen liegen erst für das erste Halbjahr vor -, dass wir bezüglich des Wachstums nicht schlecht dastehen - wir müssen warten, was im zweiten Halbjahr erreicht worden ist - und dass die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt positiv ist. Wir sind uns, glaube ich, alle darin einig, dass es wichtig ist, dass es auf dem Arbeitsmarkt qualitativ besser wird.
Damit bin ich wieder bei dem Thema Einkommen und bei der Frage: Wer bleibt hier, wer sieht seine Entwicklung hier? - Das entlastet die öffentlichen Haushalte, weil den Planungen bisher noch eine völlig andere Arbeitsmarktentwicklung zugrunde lag. Hierbei kann sich Deutschland sehen lassen - über die Bundesregierungen der letzten Jahre hinweg. Denn dem Trend, den wir haben, immer mehr echte, auch dauerhafte Arbeitsplätze in Deutschland zu schaffen, steht noch immer ein Abbau auf dem Arbeitsmarkt in anderen Ländern gegenüber.
All das, bis hin zu dem Punkt, dass das Konjunkturprogramm II komplett abgerufen wurde, ist nicht schlecht. Ich kann mich noch gut daran erinnern, welch heftiger Streit über das Konjunkturprogramm geführt wurde. Vergessen! Es ist wie immer: Wenn etwas klappt, erscheint dazu eine kleine Spalte. Stellen Sie sich einmal vor, wir hätten 100 Millionen € noch nicht ausgereicht - dann hätte ich eine ganze Seite bekommen. So ist das nun einmal, darüber darf man sich nicht wundern.
Ich glaube schon, dass das Konjunkturprogramm vernünftig gelaufen ist. Eine endgültige Bewertung steht noch aus. Diese werden wir zuerst im Kabinett vornehmen und sie dann dem Ausschuss und dem Landtag insgesamt zuleiten, auch mit der regionalen und fachlichen Aufteilung.
Diese Gesamtschau möchte ich jetzt zuspitzen auf zwölf Punkte, die den vorliegenden Haushalt ausmachen. Bei den Zahlen werde ich mich ein wenig zurückhalten. Die liebe Angelika musste schon zuhauf Zahlen nennen. Ich glaube, es ist gut, wenn wir das mit den Zahlen nicht übertreiben. Sie würden sie sich trotzdem nicht merken. Es gibt genügend Papiere, in denen alles steht, wenn es Sie
Ich habe mir schon anhören müssen: Das ist politisch überhaupt nichts! Ich habe gerade gesagt: Für ein Land wie Sachsen-Anhalt ist die Aussage: „Wir machen keine neuen Schulden“, nicht alltäglich. Wir haben gemeinsam 21 Milliarden € Schulden angesammelt, im Durchschnitt eine Milliarde pro Jahr. Vor diesem Hintergrund ist eine solche Aussage sehr wichtig. Ich hoffe - das gilt hoffentlich für uns alle -, dass wir auch in den nächsten Jahren keine neuen Schulden mehr machen werden
und dass wir klug genug sind, eine Politik zu betreiben, die Vorsorge trifft, damit man bei einer veränderten wirtschaftlichen Entwicklung nicht jedes Mal wieder ins Schleudern gerät.
Wir hatten im Haushaltsplan 2011 noch eine erlaubte Neuverschuldung in Höhe von 540 Millionen €; wir liegen derzeit bei einer Neuverschuldung in Höhe von 240 Millionen €. Wären wir uns mit Europa über die Rückzahlung oder Überweisung der Gelder aus der ersten Förderperiode einig geworden, hätten wir das hinbekommen, was Kriemhild und du uns mitgegeben habt.
Wir hätten gern weniger als 200 Millionen € neue Schulden gehabt. Das bekommen wir nun nicht hin. Aber ich glaube, 240 Millionen € können sich auch sehen lassen, auch vor dem Hintergrund, dass wir den Tilgungsplan beschließen und eine Zinsbelastung haben, die es uns ermöglicht, dabei sehr gut durchzukommen, wenn wir es schnell wieder abarbeiten, ohne dass sich die Zinsen schnell bewegen.
Ich habe es schon gesagt, auch öffentlich, und ich habe es heute auch gelesen: Dies ist kein reiner Sparhaushalt. Aber es ist auch Unsinn, das irgendwie wie eine Überschrift vor sich herzutragen.
In der derzeitigen wirtschaftlichen Situation war es wichtig, beides hinzubekommen: keine neuen Schulden zu machen und gleichzeitig Vorsorgeelemente zu installieren und zu investieren, damit wir die Wirtschaft entwickeln können. Ich glaube, mit dieser Strategie sind wir bisher gar nicht schlecht gefahren. Insofern ist Punkt 1 - keine neuen Schulden - für mich ein sehr zentraler Punkt in diesem Landeshaushalt.
Zweitens. Wir beginnen schon im Jahr 2013 mit der Tilgung der Schulden. Dafür bin ich den Sprechern der beiden Regierungsfraktionen sehr dankbar. Das war nicht unsere Strategie; das hat sich
aber so ergeben. Der Finanzausschuss insgesamt hat das über alle Fraktionen hinweg auch unterstützt.
Das heißt, wir fangen erstmalig damit an, Schulden abzubauen. Ich hoffe, dass das zum Alltag in der Politik wird. Denn Gnade uns Gott, wenn die Zinssätze wieder eine andere Höhe erreichen, wie es andere Länder schon vor Jahren erlebt haben. Dann würden die Zinsen zu einer sehr schweren Last für unseren Haushalt.
Ich habe den Betrag vorhin genannt: 21 Milliarden €. Wir beginnen mit der Tilgung von 25 Millionen €. Ich habe schon mehrmals darauf hingewiesen, dass wir ungefähr 300 Millionen € pro Jahr tilgen müssen, damit wir trotz der negativen Bevölkerungsentwicklung die Pro-Kopf-Verschuldung senken können. Das in den nächsten Jahren konstant zu erreichen, muss unser Ziel sein. Der Tilgungsbetrag von 300 Millionen € darf nicht mehr in Frage gestellt werden.
Ich habe vorhin von Angelika Klein gehört, dass Sparen allein nicht ausreichen werde, um ohne neue Schulden auszukommen. Sie hat - wenn ich sie richtig verstanden habe - gesagt, man könne vielleicht den Altlastenfonds auflösen. Einmal abgesehen davon, dass das gar nicht geht, weil es sich um Bundesmittel handelt, die wir für Sanierungen lediglich zur Verfügung stellen können, ist das genau der falsche Weg, liebe Angelika. Mit einmaligen Beträgen aus solchen Auflösungen jährlich Schulden in Höhe von 300 Millionen € zu tilgen, funktioniert nicht. Dies wird nur gelingen, wenn wir jedes Jahr wieder strukturelle Anpassungen vornehmen.
Ich werde einige Sachen aufzeigen. Das tun wir doch schon laufend. Insofern glaube ich, bereits mit dem Jahresabschluss, mit den Zinsentwicklungen, mit den jetzigen Steuereinnahmen pro Monat ist das möglich. Herr Kollege Erdmenger, wir werden uns am Ende des Jahres schon in die Augen schauen und einmal darüber reden, ob das Steueraufkommen meinen Annahmen oder Ihren Annahmen entspricht. Es ist aber nicht sinnvoll, jede Woche Kaffeesatzleserei zu betreiben.
Drittens. Dieser Punkt ist genau so wichtig wie die anderen. Wir haben wieder damit begonnen, ausführlich Vorsorgeelemente zu stärken. Im Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2012 und 2013 sind dafür immerhin Mittel in Höhe von 200 Millionen € vorgesehen, die übrigens erst einmal aufzubringen waren.
Ich merke es in der öffentlichen Diskussion bis hin zu den Artikeln in den Zeitungen: Der Punkt, dass wir Schulden tilgen, dass wir keine neuen Schulden mehr machen, spielt kaum eine Rolle. Einen Ansatz von 500 Millionen € jetzt auf null zu fahren
- das ist ein Haushaltseckwert, der nicht ohne ist - und einen Betrag von 200 Millionen € für die Vorsorge zur Verfügung zu stellen, das wird in der politischen Betrachtung überhaupt nicht als Politik empfunden.
Wir reden an dieser Stelle immerhin über eine Dreiviertelmilliarde Euro. Wenn ich die globale Minderausgabe hinzurechne, die sich in den letzten zwei Jahren auf 180 Millionen € belief, dann reden wir über fast 1 Milliarde €, die wir - dafür bin ich den Regierungsfraktionen sehr dankbar -, ohne dass es draußen jemand großartig bemerkt hat - es wurden neue Straßen gebaut und Kindergärten saniert -, umgeschichtet haben und auch durch mehr Steuereinnahmen finanzieren konnten, damit zukünftige Haushalte besser ausgestattet werden können.
Auch hierfür, so denke ich, sind die Mechanismen der Landeshaushaltsordnung gut. Wir wissen, ich würde mir mehr wünschen, aber die Debatte möchte ich gar nicht anstoßen. Ich habe gemerkt, dass sich das Parlament an seine eigenen Beschlüsse hält und die Vorsorgeelemente nicht nur nach Belieben füllt.
Viertens. Das ist ein Thema, das scheinbar nur Finanzpolitiker interessiert. Es gibt keine zentrale globale Minderausgabe mehr.
Es ist eben nicht so, dass der Finanzminister morgen im Finanzministerium sagen kann: Das ist eine tolle Debatte gewesen, das Parlament hat ganz prima Beschlüsse gefasst, aber ab übermorgen verhänge ich eine Haushaltssperre - und alle sagen: Na ja, lass ihn doch machen; das ist seine Aufgabe. Dann fragen sich wieder alle: Was haben wir eigentlich den ganzen Herbst über gemacht?
Die globale Minderausgabe gibt es nicht mehr. Der Finanzminister hat natürlich noch das Recht, eine Sperre auszusprechen. Aber es gibt nicht mehr die Notwendigkeit, das zu tun. Ich denke, es ist doch vernünftig, wenn sich die Finanzpolitik an so einem Punkt zurücknimmt. Das, was Sie heute beschließen, was Sie mit den zuständigen Fachministerinnen und Fachministern besprochen haben, das wird dann auch umgesetzt; es sei denn, es kommt wieder so eine Krise wie vor einigen Jahren. Aber wir müssen das ja nicht dauernd herbeireden.
- Ach ja, ist doch gut. - Insofern ist es vernünftig, jetzt dafür zu sorgen, dass dies thematisch in den Ausschüssen auch im Vollzug gewährleistet wird. Deswegen ist nur noch eine Minderausgabe beim
Personal vorgesehen. Wir werden diese jedoch auch minimieren können. Es gibt einige Entscheidungen - ich komme beim PEK noch darauf zu sprechen -, die wir jetzt noch nicht vorhersehen können.
Fünftens. Wir haben das Top-down-Verfahren umgesetzt. Ich weiß, dass die einen sagen, das sei Blödsinn, andere belächeln es und wieder andere haben bis heute nicht verstanden, was man damit eigentlich erreichen wollte. Ich glaube aber, die Ängste, dass das Budgetrecht des Parlaments eingeschränkt wird, waren nicht gerechtfertigt.
Das Top-down-Verfahren ist ein Verfahren bei der Aufstellung des Haushaltsplans. Wenn ich mir so manche Debatte im Ausschuss oder in den Ressorts anschaue, dann stelle ich fest, dass das allmählich greift. Es ist die Verteilung der Mittel, nachdem zuvor einiges, etwa die Vorsorge, dem Haushalt entzogen wurde, auf die einzelnen Ressorts, aber auch mit der klaren Ansage, dass das jeweilige Ressort für die Entwicklung der Eckwerte mitverantwortlich ist, und nicht nur das Finanzministerium.