Protokoll der Sitzung vom 19.01.2012

Das Top-down-Verfahren ist ein Verfahren bei der Aufstellung des Haushaltsplans. Wenn ich mir so manche Debatte im Ausschuss oder in den Ressorts anschaue, dann stelle ich fest, dass das allmählich greift. Es ist die Verteilung der Mittel, nachdem zuvor einiges, etwa die Vorsorge, dem Haushalt entzogen wurde, auf die einzelnen Ressorts, aber auch mit der klaren Ansage, dass das jeweilige Ressort für die Entwicklung der Eckwerte mitverantwortlich ist, und nicht nur das Finanzministerium.

Es gab in den Ausschüssen nicht mehr einfach Anträge, bei denen der Wunsch, auf der Ausgabenseite Erhöhungen zu erreichen, mit der Aussage gekoppelt wurde, der Finanzausschuss solle einmal zusehen, woher die Deckung kommt, oder ein anderes Ressort solle sich darum kümmern, die Wünsche zu erfüllen. Das hat abgenommen.

Wir sind noch nicht am Ende des Prozesses angelangt, aber ich glaube, dass der Mentalitätswechsel allmählich greift, sodass man sich auch auf der Einnahmenseite darum kümmert, was in dem jeweiligen Fachbereich vielleicht verbessert werden kann. Wir werden sehen, wie sich das in den nächsten Jahren weiter entwickelt.

Sechstens. Wir haben erstmals im Kabinett verbindlich eine mittelfristige Finanzplanung beschlossen, die mit diesen ersten fünf Punkten dafür gesorgt hat, dass die strategischen Diskussionen in den Fachbereichen, die in manchen Punkten sicherlich noch am Anfang stehen, jetzt weitaus besser laufen als vorher.

Wir müssen nicht allein den jährlichen Haushaltsplan oder den Doppelhaushaltsplan als Grundlage heranziehen. Die Ressorts wissen aufgrund dessen, dass etwas vor die Klammer gezogen wurde, womit sie in den nächsten Jahren rechnen können. Auch Sie als Parlament können in den Fachausschüssen schon jetzt unabhängig von der Vorlage eines Haushaltsplanentwurfs darüber diskutieren, was in den nächsten Jahren eigentlich das gemeinsame strategische Ziel ist.

Es war immer schon mein Ziel, davon wegzukommen, dass diese Mipla gedruckt wird und dass sie dann drei Mitglieder des Finanzausschusses in der Tasche haben, der Rest sagt, sie sei sowieso

nichts wert. Ich hoffe, dass wir diese Änderung auch in den nächsten Jahren spüren werden.

Siebentens. Der nächste Punkt, den wir angefasst haben, ist das Personalkonzept. Ich lese immer, dass wir gar nichts einsparten. Ich werde also nun zum 100. Mal erzählen, dass wir zum Beispiel entsprechend dem Personalkonzept in der letzten Wahlperiode rund 6 000 Stellen abgebaut haben.

Die Kosten für 5 000 Stellen berechnen wir mit ungefähr 250 Millionen €. Das ist im Prinzip der Punkt, an dem wir den Landeshaushalt am stärksten entlasten. Wenn wir wiederum in dieser Wahlperiode davon ausgehen, dass rund 8 000 Stellen abgebaut werden, dann kann sich jeder selbst ausrechnen, welchen Betrag wir einsparen.

Selbst wenn man einen Teil der Stellen außen vor lässt, weil es am Anfang auch unbesetzte Stellen und Leerstellen - das will ich offen sagen - gegeben hat - das ist jetzt kein Thema mehr; diese Stellen sind herausgerechnet worden -, selbst wenn man für beide Wahlperioden rund 13 000 oder 14 000 Stellen ansetzt, dann kann man sich ungefähr vorstellen, welche Mittel durch unseren zu hohen Personalbesatz bei den Investitionen fehlen und wo zu einem großen Teil auch die Schulden herkommen. Schließlich reden wir hier über rund 750 Millionen €. Des Weiteren lässt sich erahnen, welche Chance sich eröffnet, wenn wir diesen Weg fortführen.

Es gibt keinen anderen Haushaltsansatz, der uns so nachhaltig strukturell entlastet. Deswegen ist es illusorisch zu glauben, dass man die Probleme mit mehr Personal vielleicht schneller in den Griff bekommen könnte. Wir haben trotzdem Neueinstellungen zugelassen. Im Jahr 2012 sind es 453 Stellen und im Jahr 2013 sind es 578 Stellen.

Achtens, das Finanzausgleichsgesetz. Ja, ich hatte etwas anderes vorgeschlagen und ich hätte es auch heute noch verantwortet. Aber es gab eine große Mehrheit, die es anders gesehen hat. Und das finde ich richtig.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Mein Gott, man ist im Herbst immer so beliebt, man bekommt Post ohne Ende. Man hat auch gemerkt, wie unterschiedlich die Problemlagen in den Kommunen sind. Der eine hat mich - das haben Sie sicherlich mitbekommen - auch öffentlich immer wieder hinterfragt, weil er das, was er spart, nicht anerkannt bekommt.

Solche Sorgen haben andere überhaupt nicht, weil sie das Thema Sparen in den letzten Jahren gar nicht auf dem Schirm hatten. Sie hatten ganz andere Probleme. Sie wollten wissen, wie die Grundfinanzierung erfolgen soll. Wieder andere haben nach der Investpauschale gefragt.

Deswegen ist es richtig, dass wir, das Parlament, jetzt für ein Jahr gemeinsam - dafür sage ich den

jenigen, die das mitgetragen haben, Dank - unsere zusätzlichen Überlegungen auf den kommunalen Bereich fokussiert haben. In diesem Zusammenhang wurden für das Haushaltsjahr 2012 in erheblichem Umfang zusätzliche Mittel bereitgestellt.

Die Landesregierung - wir behandeln heute noch einen Antrag, der das aufgreift - hat die Aufgabe, ein neues, dauerhaftes und planbares FAG vorzulegen, das diese ganzen Sorgen aufnimmt. Man wird aber nicht alles lösen können, dessen bin ich mir schon jetzt sicher. Wir werden einen Entwurf vorlegen und in diesem Jahr Zeit haben, darüber zu reden.

Bei diesem Haushalt kann man davon ausgehen, vor allem weil die Steuereinnahmen der Kommunen gegenüber dem Jahr 2010 gewachsen sind, dass die meisten Kommunen schon damit auskommen. Das werden sie natürlich alle verneinen. Sie werden erzählen, dass das alles ganz, ganz schwierig ist. Aber auf den Neujahrsempfängen - viele von uns haben sie sicherlich besucht - gibt es immer einen Werbeblock, in dem dargestellt wird, was im letzten Jahr alles möglich war - ohne Geld. Es geht also doch.

(Herr Schröder, CDU: Halle!)

Für die kommunale Ebene ist es keine einfache Sache, aber das Thema Konsolidieren und Investieren wird durchgesetzt.

Neuntens. Wir haben es bei den Investitionen wieder hinbekommen, dass alle Drittmittel gebunden werden. Das war Ziel und Wunsch. Ich habe auch gelesen, dass die Investitionen zurückgehen. Das entspricht ganz klar der Logik. Über den Solidarpakt erhalten wir bisher jährlich Mittel in Höhe von 120 Millionen €; das können wir nicht kompensieren.

Aber mir ist eines wichtig: Wir brauchen eine weitergehende qualitative Bewertung, was wir finanzieren werden, was nachhaltig und notwendig ist. Ein erster Schritt wurde beispielsweise bei der Wirtschaftsförderung gegangen. Das Wirtschaftsministerium hat die GRW-Richtlinien geändert. Ich denke, diese inhaltliche Debatte muss weitergehen. Andere Bereiche werden folgen.

Immerhin liegt die Investitionsquote noch bei 14 %. Das ist weit mehr - natürlich kompensiert - als das, was westdeutsche Länder, insbesondere die strukturschwachen, zur Verfügung haben. Nutzen wir also diese Zeit, um das Geld vernünftig auszugeben.

Zehntens, die strukturelle Reform. Es ist schlichtweg falsch zu behaupten, dass wir keine Strukturveränderungen durchführten, dass wir uns auf Kosten der Kommunen sanieren würden.

Ich sage es noch einmal: Wir schließen in diesem Jahr die Finanzamtsstrukturreform ab, indem wir nämlich in der Stadt Halle das letzte Finanzamt

bauen werden. Dann sind sieben Finanzämter geschlossen worden. Damit gehen Personalanpassungen und Einsparungen bei den Betriebskosten einher.

Im Übrigen sind wir fast alle Immobilien losgeworden. Das sage ich auch deswegen, weil weitere Veränderungen bevorstehen. Selbst das Gefängnis in Stendal, das wir eigentlich schon abreißen wollten, und das Gefängnis in Eisleben - wer es kennt, der weiß, es ist eigentlich unvorstellbar, dass man es loswird -, beide Immobilien sind - ich hätte es nie geglaubt - verkauft worden. Ich bin gespannt, was die Käufer daraus machen, aber das ist Sache der privaten Investoren, die sich mit den jeweiligen kommunalen Parlamenten bezüglich der Stadtentwicklung jetzt ins Benehmen setzen.

Die Finanzamtsstrukturreform wird also zu Ende gebracht. Die nächste Reform wird kommen, und zwar bei den Justizvollzugsanstalten. Es ist doch Unsinn zu glauben, man müsse dem Umstand, dass man 800 bis 900 Gefangene weniger hat, mit mehr Personal begegnen. Ich bin dafür, dass man das richtig macht und dass man den heutigen europäischen Standard berücksichtigt.

Ich glaube zutiefst - ich halte das für einen guten Vorschlag -, dass man das in Etappen an drei zentralen Standorten machen kann, ohne vielleicht zu viel Kapazitäten aufzubauen. Man passt das Personal an und wird bestimmte therapeutische Dinge, die wichtig sind, vielleicht verbessern. Man muss das mit der Sicherungsverwahrung hinbekommen. An dieser Stelle haben wir ein knappes zeitliches Limit. Aber dann muss es möglich sein, den Strafvollzug auf einem Level zu vollziehen, wie es in anderen Ländern auch funktioniert. Das wird auch so kommen.

(Zuruf von Frau von Angern, DIE LINKE)

Als nächster Punkt kommt das Thema Bauverwaltung. Das wurde beim letzten Mal lange diskutiert. Wir werden auch darüber zu reden haben, ob rückläufige Zahlen bei der Polizei die Strukturen beeinflussen. Ich denke, das wird ein Thema sein, das uns am Ende dieses Jahres beschäftigen wird.

Nebenbei haben wir mehrere politische Themen auch mit dem Haushalt angedacht. Die IT-Strategien lasse ich einmal außen vor; das ist im Ausschuss sehr ausführlich besprochen worden.

Die Schulreform steht noch nicht an. Dazu wird das Kultusministerium in den nächsten Monaten einen Vorschlag vorlegen, wie Gemeinschaftsschulen und anderes unter Einhaltung der Eckwerte des Haushalts umgesetzt werden können. Vorsorge wurde noch nicht getroffen, weil es den in Rede stehenden Zeitraum noch nicht betrifft. Aber thematisch wurde es vordiskutiert.

Ich bin mir ganz sicher, dass man die Gemeinschaftsschule, wenn man sie will, mit Ganztags

angeboten kombinieren wird. Deshalb wird man sich über Stellen unterhalten müssen. Das machen wir aber dann, wenn inhaltlich klar ist, wohin es gehen soll.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD, und von Minister Herrn Dorgerloh)

Darüber hinaus haben wir das Thema KiFöG schon jetzt auf der Agenda. Dazu lese ich die tollsten Dinge. Wir haben jetzt im Haushaltsplan einen Betrag von 30 Millionen € vorgesehen. Ich wundere mich darüber, wie das jetzt oft interpretiert wird.

Herr Bischoff war in den Fraktionen, hat das im Ausschuss schon erläutert, hat das auch in öffentlichen Dialogen dargestellt. Das, was ich von ihm erlebt habe, war so, dass wir dort mit 30 Millionen € einsteigen, das Ganze dann durch die Zunahme der Zahl der Kinder in der Betreuung auf über 50 Millionen € ansteigt und, glaube ich, in den Jahren 2021/22 auf 30 Millionen € zurückgeht, weil sich einfach die Zahl verändert, ohne dass sich in dieser Kurve qualitativ etwas verändert. Dass sich gegenüber heute in dieser Kurve etwas verändert, ist ja gewollt.

Jetzt lese ich, dass alle irgendwie auf den armen Norbert einprügeln. Wer Norbert kennt, der weiß, dass er das sehr ernst nimmt und dafür auch kämpft. Dass eine Regierungsfraktion noch einmal darüber nachdenken kann, finde ich nicht schlimm, das ist beim Haushalt gang und gäbe. Das kenne ich seit vielen Jahren und das ist auch gut so. Dann kracht es auch mal, aber am Ende hat man - so wie heute - ein vernünftiges Ergebnis.

So wird jede Fraktion für sich klären müssen: Was ist beim KiFöG notwendig? - Es wird nicht so bleiben können, wie es jetzt ist. Aber zu glauben, dass wir so viel Geld dort hinbekommen, wie sich manche das wünschen, das wird nicht funktionieren. Ich habe es so verstanden, dass es beim KiFöG zuerst um die Kinder geht. Ich glaube, das war wohl auch der Ansatz.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Also - das wollte ich in diesem Block mit sagen -, wir haben neben der reinen Frage „Wie kann ich vorsorgen?“ auch hochpolitische Themen auf dem Tisch gehabt. Diese werden uns - wie Stark III und andere - in den nächsten Wochen und Monaten beschäftigen.

Wir haben uns selbst Prüfaufträge bei folgenden Themen mitgegeben: Schulen in freier Trägerschaft, Sozialhilfe, Verfahrenskosten MJ, Kulturförderung und zukünftige Hochschulfinanzierung. Wir haben bei der Hochschulfinanzierung - ganz nebenbei, Angelika Klein hat es angesprochen - in der letzten Sitzung zwei vor zwölf noch 6 Millionen € draufgelegt, damit der Forschungsrahmenplan weitergehen kann. Die inhaltliche Debatte steht noch aus.

Diese Prüfaufträge sind deswegen so wichtig, weil wir uns, wenn die Steigerungen dort zum Teil ungehindert so weitergehen, über freie Spitzen bald nicht mehr zu unterhalten brauchen. Da geben wir das Geld sozusagen jeden Monat automatisch aus. Deswegen werden wir über Leistungsansprüche, über Standards reden müssen.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Sie werden kritisch begleitet werden, das weiß doch jeder. Nur, derjenige, der sagt: Finger weg von all diesen Einrichtungen, von diesen Festlegungen, darf nicht am Jahresende sagen: Ich brauche mehr freies Geld für andere Bereiche. Das hat sich dann erledigt.

Jetzt geht es darum, dass das Geld ausgegeben wird; denn nach all den Mühen und Diskussionen ist der Vollzug natürlich Teil der Haushaltsdebatten. Das ist für uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch der Praxistest, ob das, was wir miteinander besprochen haben, vernünftig ist. Ich glaube, dass das Konzept gut ist.

Wir wollen die Erfahrungen mit dem Vollzug ohne Sperren, wenn es vernünftig ist, ohne neue Schulden, mit Vorsorgeelementen dann in die Bewertung der neuen Mittelfristigen Finanzplanung aufnehmen. Die muss ich nämlich dieses Jahr vorlegen, unabhängig davon, ob wir die Haushaltsfragen diskutieren. Wir haben einen Doppelhaushalt. Die Mipla ist jährlich aufzustellen.

Zur Aufstellung der Haushalte 2014 bis 2016: Ja, es wird nichts nützen, wir werden uns sehr schnell auch wieder im Kabinett - das ist verabredet - mit Schwerpunkten befassen, damit wir nicht unter dem zeitlichen Druck des Haushalts zu Entscheidungen kommen, die langfristig laufen, und damit auch viele mitdiskutieren können.

Das Zahlenwerk bietet eine gute Grundlage, dass wir auf der einen Seite dem Anspruch gerecht werden, Wirtschaft, Kultur, Infrastruktur zu stärken, damit Leute herkommen und hier bleiben und damit wir ab 2020 - wie schon oft zitiert - ohne Zuschüsse von außen - das wird so kommen - aus eigener Kraft Haushalte gestalten können. Ich denke, die Weichen sind da gestellt, manches aktiv, manches im Hintergrund.