Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

Ein Universitätsklinikum ohne Uni, also ohne medizinische Fakultät, könnte genauso wenig den Aufgaben gerecht werden wie eine medizinische Fakultät ohne Klinikum. Das ist zweifelsohne klar.

Da entnehme ich, dass Sie Ihre Aussage revidieren.

(Frau Bull, DIE LINKE: Jetzt Sie!)

Herr Lange, ich glaube,

(Frau Bull, DIE LINKE: Im Ausschuss!)

ich habe ausreichend dargestellt, dass der Vorteil darin liegt, dass man mit den unterschiedlichen Partnern diese unterschiedlichen Aufgaben und die Mittel dafür verhandeln kann. - Danke.

Herr Harms, Frau Dr. Klein würde Sie gern noch etwas fragen. - Bitte, Frau Dr. Klein.

Herr Harms, welche Gründe führten zu der Gründung der Anstalten des öffentlichen Rechts, also zur Ausgliederung der Universitätskliniken?

Wenn ich das in Kürze hier darstellen darf, dann sind es zweifelsohne auch die Bemühungen, das Gesundheitswesen in unserer Gesellschaft sehr effizient zu organisieren. Das ist für alle Beteiligten im Gesundheitswesen, nicht nur für die Krankenhäuser, eine riesige Herausforderung. Dass wir eine Medizin haben, die ein großes Ausmaß Leistungen zur Verfügung stellt, ist Ausdruck dafür.

Wenn wir das in einem gegenteiligen Modell als Gesamtaufgabe formulieren würden, dann würde

das automatisch zu einer Verteilungsmedizin führen, die nicht im Interesse der Patienten wäre, weil das Angebot deutlich geringer wäre.

Frau Dr. Klein möchte nachlegen.

Nein, ich möchte gern eine Kurzintervention dazu machen. Herr Harms, Sie waren damals Mitglied im Finanzausschuss. Der einzige und ausschließliche Grund für die Gründung der Anstalt war die Ausgliederung des Personals aus dem Personalkörper des Landes. Das war die Hauptursache und nichts anderes. Alles andere kann man stecken lassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt die Kollegin Frau Professor Dalbert das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte im Gegensatz zu meinen Vorrednern gern wieder über den Antrag und über die Beschlussempfehlung reden. Ich verstehe durchaus das Abgleiten der Diskussion hin zu einer Diskussion über den Inhalt des Hochschulmedizingesetzes und kann den Frust hierüber teilen.

Aber ich möchte doch gern noch einmal über den Antrag, um den es hier eigentlich geht, und über die Beschlussempfehlung reden, weil ich finde, dass wir Zeugen eines eigentlich, finde ich, unglaublichen Vorganges und eines sehr bedrückenden Vorganges werden.

Was ist der Inhalt dieses Antrags gewesen? - Der Inhalt des Antrags, über den wir heute eine Beschlussempfehlung zu verabschieden haben, war der Auftrag, dass die Landesregierung ein Gesetz, in dem Fall das Hochschulmedizingesetz, evaluieren soll. Was wir feststellen konnten, ist, dass es offensichtlich große Einigkeit sowohl in der Exekutive als auch hier im Hohen Haus gibt - zwischendurch war ich einmal am Rätseln, ob es wirklich so ist, Herr Harms, aber am Ende bin ich dann doch wieder überzeugt, dass wir alle einig sind -, dass das Hochschulmedizingesetz einer Überarbeitung bedarf.

Aber die Frage ist, wie wir zu einer Überarbeitung kommen. Das ist doch die schlichte Frage. Ich denke, da ist es ein guter Stil in der politischen Arbeit, dass man erst einmal guckt, was hat man gemacht, welche Ergebnisse hat das gebracht, und dabei Experten systematisch mit einbezieht. Das Ganze nennt man dann Evaluation.

Dann hatten wir eine parlamentarische Auseinandersetzung am 11. November 2011 darüber, ob das Gesetz schon evaluiert worden ist oder nicht. Dazu gab es verschiedene Meinungen. Die Exekutive sagte, es sei schon evaluiert worden, allerdings nicht eigenständig.

Dann wurde der Antrag in den Ausschuss überwiesen und wir haben dort Experten dazu angehört. Alle Experten - das sollen die vielen gelben Zettel an der Niederschrift über die Anhörung verdeutlichen - sagten mit unterschiedlichen Worten entweder, dass der Antrag gut sei, oder, dass das Gesetz evaluiert werden müsse. Oder sie umschrieben es und sagten, es müsse einen Ausschuss mit Experten geben, der dieses Gesetz evaluiert. Es ist also eigentlich eine völlig eindeutige Lage, die das bestätigt, was wir schon vorher gesagt haben: Es ist gute politische Arbeit, erst zu evaluieren und zu schauen, was man getan und was man erreicht hat, und erst dann Änderungen vorzunehmen.

Die vorliegende Beschlussempfehlung sieht dies nicht so. Die Evaluation wird abgelehnt, obwohl es hierzu in der Anhörung ein sehr einheitliches Bild gegeben hat. Nun muss man sich fragen: Wie kommt es dazu? Was ist die Motivation dafür, eine solche systematische politische Arbeit abzulehnen? - An den zeitlichen Verzögerungen kann es nicht liegen; denn eine solche systematische Evaluation kann auch in wenigen Monaten durchgeführt werden. Wenn man überlegt, worum es hierbei geht - dies ist ein großer Eingriff -, sollte man zu dem Schluss kommen, dass drei bis vier Monate keine große Rolle spielen sollten.

Man hat den Eindruck - dieser wurde meines Erachtens durch die Ausführungen der Ministerin erhärtet -, dass diese Art der systematischen Arbeit abgelehnt wird, weil das Ministerium bereits angefangen hat zu arbeiten. Dazu kann ich nur sagen: Im Leben ist es eben manchmal so, dass man vorschnell anfängt zu arbeiten; das ist aber keine Rechtfertigung dafür, dass man am Ende aufgrund unsystematischer Kommentare eine so tiefgreifende Änderung eines so wichtigen Gesetzes vornimmt. Manchmal ist langsamer besser als zu schnell.

Ich möchte Ihnen nicht alle entsprechenden Zitate aus der Anhörung vorlesen, aber zum Abschluss meiner Rede möchte ich anführen, dass auch der Rektor der Magdeburger Universität sagt, dass nach seinem Verständnis die Evaluierung und die Novellierung des Hochschulmedizingesetzes zusammengehören und beides in Angriff genommen werden muss.

Ich möchte mich dieser Äußerung des Kollegen Pollmann gern anschließen und sagen: Lassen Sie uns systematisch arbeiten. - Deswegen werden wir die Beschlussempfehlung ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Professor Dr. Dalbert. - Für die SPD-Fraktion spricht die Kollegin Frau Dr. Pähle. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In meinem Redemanuskript steht als Erstes: Viel ist heute schon zum Hochschulmedizingesetz gesagt worden, deshalb möchte ich meinen Beitrag kurz halten. Aber nach dem, was Frau Kollegin Dalbert gesagt hat, möchte ich aus dem Protokoll der Anhörung zitieren.

Zunächst möchte ich aus der Stellungnahme des Personalrates der Universitätsklinik in Halle zitieren. Darin heißt es wie folgt:

„Was die Evaluation angehe, sei der Personalrat der Auffassung, dass an den Universitätsklinika und Universitäten der juristische, wirtschaftwissenschaftliche und politische Sachverstand dafür vorhanden sei und diese Kompetenzen genutzt werden sollten.“

Ähnliches hört man vom Personalrat des Klinikums Magdeburg. In seiner Stellungnahme werden ganz besonders die Abgeordneten darum gebeten, sich in die Diskussion einzumischen und sich nicht von der Komplexität des Themas abschrecken zu lassen.

In diesem Zusammenhang, so denke ich und so hat es auch Frau Ministerin Wolff ausgeführt, laufen schon Gespräche mit den Betroffenen an den Kliniken, in den Universitäten, mit den Personalräten und mit den Gewerkschaften. Das ist eine Form von Evaluation. Das ist eine Form von Gesetzeserarbeitung, wie wir sie uns eigentlich wünschen sollten und wünschen müssten, gerade weil dieses Thema so spezifisch ist und weil es verschiedene Dinge gibt, die hierbei beachtet werden müssen.

Die durch den Antrag der LINKEN angestoßene Befassung im Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft und die erfolgte Anhörung können lediglich ein erster Schritt gewesen sein. Denn von den verschiedenen Vertretern der Klinika, der Universitäten, der Personalvertretungen und der Gewerkschaften wurde deutlich aufgezeigt, dass es eine Vielzahl von Problemen gibt. Kollege Lange hat darauf schon hingewiesen.

Es geht um Steuerproblematiken. Es geht um Personalüberlassungsproblematiken. Es geht auch um die Integration und die Kooperation der Klinika mit der Universität bzw. um das Sicherstellen von Forschung und Lehre und der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung.

Aber - auch das wurde deutlich - an beiden Klinika werden unterschiedlichen Modelle bevorzugt. Die Magdeburger sprechen sich für das Integrations

modell aus, die Hallenser sehen das Kooperationsmodell als bewährt an.

(Herr Lange, DIE LINKE: Nicht alle!)

- Nicht alle - darin gebe ich Ihnen Recht; aber es gibt welche. - Die Frage ist immer, wie man den Titel Integration bzw. Kooperation ausgestaltet. Wichtig ist - das hat mir der Rektor der Otto-vonGuericke-Universität erst gestern bei einem Gespräch gesagt -, was unter dem Titel passiert, und nicht, was oben drüber steht.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

In diesem Zusammenhang ist klar geworden, dass die Novellierung des Hochschulmedizingesetzes nicht übers Knie gebrochen werden darf bzw. soll. Vielmehr steht das Ministerium mit der Frau Ministerin an der Spitze nun vor der schwierigen Aufgabe, die unterschiedlichen Ansprüche abzuwägen und in ein Gesetz zu gießen. Vielleicht muss man dabei über unterschiedliche Lösungen für unterschiedliche Standorte nachdenken - wer weiß.

Ich denke, die Diskussion über die vorzulegende Gesetzesnovelle wird uns als Parlamentarier gerade im Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft noch eine Zeit lang beschäftigen. Deshalb bitte ich heute um die Annahme der Beschlussempfehlung und um die weitere inhaltliche Diskussion über das Gesetzesvorhaben im Ausschuss. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Dr. Pähle. Der Kollege Herr Lange hätte Ihnen gern eine Frage gestellt. Beantworten Sie diese?

Das tue ich.

Danke.

Frau Pähle, ich verstehe Ihre Schwierigkeiten, aber ganz so leicht kann ich Sie nicht davonkommen lassen. Ich habe eine Anmerkung. Das Ministerium evaluiert und probiert in verschiedenen Facetten seit dem Jahr 2008. Daher kann es am zeitlichen Aspekt nicht liegen.

Sie haben vorhin zwei Anzuhörende zitiert, und zwar den Personalrat des Universitätsklinikums Halle und den Personalrat des Universitätsklinikums Magdeburg. Stimmen Sie mit mir darin überein, dass beide sagen, dass sie einer Evaluation voll und ganz zustimmen bzw. dass eine Evaluation hilfreich ist und unterstützt wird? - Das kann man im Protokoll nachlesen. Die Art und Weise

wurde hinterfragt; darin haben Sie Recht. Ich sage das nur, weil Sie diese Ausführungen als Begründung dafür angeführt haben, dass es unseres Antrages nicht bedarf.

Eine Frage hätte ich noch, Frau Pähle. Wie stehen Sie dazu, dass sich Dritte am Universitätsklinikum beteiligen? Soll es Ihrer Meinung nach zukünftig ein Universitätsklinikum in privater Rechtsform geben?

Ich fange mit der ersten Frage an. Ich gebe zu, Herr Lange, dass ich mir natürlich die Zitate herausgesucht habe, die meiner Argumentation entsprechen. Das tun andere auch. Daher ist das, so glaube ich, auch erlaubt. Darin, dass ich und die SPD einen Blick auf das Hochschulmedizingesetz, bevor man ein neues erarbeitet, nicht komplett ablegen, sind wir uns einig. Die Frage ist nur, ob es dazu eingekauften externen Sachverstandes bedarf oder ob man es nicht auch mit den eigenen Leuten und mit den eigenen Kompetenzen in den Universitäten, den Klinika und dem Ministerium auf die Reihe bekommt. Darin sind wir unter Umständen unterschiedlicher Auffassung.

Was die Beteiligung Dritter an den Universitätsklinika betrifft, muss man genau schauen, was dahintersteckt. Was bedeutet es, wenn sich Unternehmen beispielsweise an der Finanzierung eines Großgerätes beteiligen? Welche Auswirkungen kann das haben? - Bei der Entscheidung muss man abwägen, ob man das zulässt oder nicht.