Protokoll der Sitzung vom 24.02.2012

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich erlebe hier - bei Herrn Striegel kurz, bei Herrn Gallert ganz ausführlich - eher den Versuch, den Konsens, den wir angestrebt haben, möglichst kurz abzuhandeln, um danach in Relativismus zu flüchten

(Zurufe von der CDU: Ja! - Genau!)

und das Thema zu missbrauchen,

(Beifall bei der CDU - Oh! bei der LINKEN)

um eine Kriminalisierung der politischen Kontrahenten festzustellen. Das ist unsäglich. Ich ermahne uns: Besinnen wir uns eines Besseren!

(Oh! bei der LINKEN)

Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten zu ächten heißt auch, die Wahrheit über die Täter sagen zu können.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: So ist es!)

Es ist absurd, Herr Gallert, bezüglich des gestrigen Tages, der im Zeichen des Gedenkens an die Mordopfer der NSU-Truppe stand, an dem wir hier aufstanden und in der Gedenkminute aller Opfer - auch der Polizistin, die durch einen feigen Mordanschlag starb - gedacht haben, zu suggerieren bzw. den Vorwurf zu erheben, wir hätten den Mord an dieser Polizistin ausblenden wollen. Das ist nicht richtig. Dem trete ich entgegen. Ich sage es hier noch einmal, um das klarzustellen: Natürlich galt die Gedenkminute gestern und gilt unser Mitgefühl selbstverständlich auch der Polizistin und ihren Angehörigen.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und von der Regierungsbank)

Es ist ein Trauerspiel, dass ich hier nach vorn kommen muss, um diese Selbstverständlichkeit zu wiederholen, nachdem Sie den Vorwurf der Ausblendung zu Unrecht erhoben haben.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Gallert, DIE LINKE: Das stimmt nicht!)

Den Konsens, den Sie so kurz abhandeln, Herr Gallert - Gewalt dürfe kein legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung sein -: Sagen Sie das Ihren Leuten! Sagen Sie das Ihrer Partei!

(Beifall bei der CDU)

Sagen Sie das allen Gliederungen Ihrer Partei! Dabei geht es nicht nur um das Bahnschienenschottern in Gorleben.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ja, ja!)

Berlin 2009: Gliederungen der LINKEN rufen in Berlin gemeinsam mit der „Antifaschistischen Revolutionären Aktion“ und der „Antifaschistischen Linken Berlin“ zu einer Demonstration auf. Im Zuge dieser Demonstration kam es zu gewalttätigen Übergriffen auf Polizistinnen und Polizisten, die dort im Einsatz waren. Das war dieselbe LINKE, die damals, 2009, in der Regierungsverantwortung einen Verfassungsschutzbericht bestätigt hat, der diese beiden Gruppierungen unter Beobachtung stellt, weil sie verfassungsfeindlich sind.

Nun zu dem, was mich vor allen Dingen dazu bewegt hat, noch einmal hier vorn zu stehen. Sie sagen, die Akzeptanzverluste, das schlechte politische Agieren der Eliten, der Vertrauensverlust in die Eliten und der Verlust an Akzeptanz unseres Staates seien eine Quelle dafür, dass Repräsentanten des Staates - das sind die Beamtinnen und Beamten im Dienst - zunehmend Opfer von Gewalt

werden. - Das ist eine These, die Sie hier vertreten.

(Frau Tiedge, DIE LINKE: Eine Binsenweis- heit ist das!)

Da erlaube ich mir zu sagen: Wenn Sie damit den Vorwurf erheben, wir würden politische Konkurrenten kriminalisieren wollen, dann müssen Sie es aushalten, dass ich Ihnen den Spiegel vorhalte.

(Zustimmung bei der CDU)

Das ist keine Splittergruppe in Ihrer Partei. Ich bemühe - keine Sorge - nicht die kommunistische Plattform, ich bemühe Ihr Grundsatzprogramm: Wir wollen dazu beitragen, dass aus passivem Unmut aktive Gegenwehr wird. Wir kämpfen für einen Systemwechsel, steht dort.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der CDU: Das ist wahr! - Unruhe bei der LIN- KEN)

Ihr Parteivorsitzender und Ihre Parteivorsitzende sprachen auf dem Erfurter Parteitag 2011. Frau Lötzsch erklärte: Unser Programm ist eine Kampfansage gegen das herrschende Establishment. Unser Programm ist eine Kampfansage gegen die herrschenden Verhältnisse, eine Kampfansage an die Herrschenden.

(Zuruf von der LINKEN: Ja, was ist jetzt? - Herr Striegel, GRÜNE: Zur Sache!)

Herr Helmut Holter sollte im Interview von „Antenne Mecklenburg-Vorpommern“ einen Satz vervollständigen - es war schon 1994, aber es bleibt ja richtig -: Wer mir sagt - ich zitiere Herrn Holter -, das Staatswesen der Bundesrepublik Deutschland gehöre abgeschafft, dem sage ich: Er hat Recht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer sagt, die mangelnde Akzeptanz gegenüber unserem Staatswesen sei auch eine Quelle zunehmender Gewalt gegen unsere Polizisten, dem sage ich: Der muss es aushalten, mit solchen Zitaten konfrontiert zu werden, weil sie ganz maßgeblich dazu beitragen, diese Akzeptanz unseres Rechtsstaates zu schwächen. Sie erklären ja den Systemwechsel zum politischen Ziel.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Striegel, mit Verlaub: Ihre Rede enthielt einige Sätze, die ich etwas fragwürdig fand. Auf wissenschaftliche Expertise zu achten und dann zu suggerieren, Polizisten hätten manchmal selbst Schuld, sie seien zu grob und manchmal auch zu männlich,

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU)

- ich überspitze das einmal -: Überlegen Sie bitte, ob eine Aktuelle Debatte in Reaktion auf die An

lässe, die es gab - nicht nur die in der AlexanderPuschkin-Straße -, wirklich für solche

(Zuruf von der CDU: … dummen Sprüche!)

- es kam gerade ein Zuruf - Aussagen an dieser Stelle geeignet sind.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sollten in diesem Haus weiter die Wahrheit darüber sagen können,

(Zuruf von der LINKEN: Ihre Wahrheit!)

dass wir für den Konsens in diesem Haus - ich merke das an den Redebeiträgen - wahrscheinlich täglich neu werben müssen. Wir missbrauchen das Thema nicht,

(Zuruf von der LINKEN: Nein!)

wenn wir die Wahrheit über die Täter sagen. Wir wollten heute nicht den Exkurs in die Extremismusdebatte.

(Oh! bei der LINKEN - Zuruf von den GRÜ- NEN: Auf keinen Fall! - Zuruf von Herrn Gal- lert, DIE LINKE)

- Ihre Rede, Herr Gallert, hat mich dazu gezwungen.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ja, klar! - Unruhe bei der LINKEN)

Sie haben vielleicht gemerkt, dass ich jetzt als Fraktionsvorsitzender reagiere. Das ist eine Reaktion auf die Reden hier im Vorfeld, insbesondere auf die von Ihnen, gewesen.

(Frau Bull, DIE LINKE: Super Idee!)

Es ging uns in diesem Hohen Haus darum, deutlich zu machen: Unsere Polizistinnen und Polizisten machen da draußen, wie es der Innenminister gesagt hat, einen guten Job, sie geben sich redlich Mühe. Sie verdienen unsere Unterstützung, unseren Respekt und unseren Dank. - Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU - Zustim- mung bei der SPD)

Herr Kollege Gallert, das war keine Frage, sondern eine Wortmeldung?

Wissen Sie, das Traurige an der Geschichte war: Sie waren hier heute der dritte Redner Ihrer Partei. Das eigentliche Thema, die Gewalt gegen Polizeibeamte, hat wieder so gut wie keine Rolle gespielt.