Ich erlebe hier - bei Herrn Striegel kurz, bei Herrn Gallert ganz ausführlich - eher den Versuch, den Konsens, den wir angestrebt haben, möglichst kurz abzuhandeln, um danach in Relativismus zu flüchten
um eine Kriminalisierung der politischen Kontrahenten festzustellen. Das ist unsäglich. Ich ermahne uns: Besinnen wir uns eines Besseren!
Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten zu ächten heißt auch, die Wahrheit über die Täter sagen zu können.
Es ist absurd, Herr Gallert, bezüglich des gestrigen Tages, der im Zeichen des Gedenkens an die Mordopfer der NSU-Truppe stand, an dem wir hier aufstanden und in der Gedenkminute aller Opfer - auch der Polizistin, die durch einen feigen Mordanschlag starb - gedacht haben, zu suggerieren bzw. den Vorwurf zu erheben, wir hätten den Mord an dieser Polizistin ausblenden wollen. Das ist nicht richtig. Dem trete ich entgegen. Ich sage es hier noch einmal, um das klarzustellen: Natürlich galt die Gedenkminute gestern und gilt unser Mitgefühl selbstverständlich auch der Polizistin und ihren Angehörigen.
Es ist ein Trauerspiel, dass ich hier nach vorn kommen muss, um diese Selbstverständlichkeit zu wiederholen, nachdem Sie den Vorwurf der Ausblendung zu Unrecht erhoben haben.
Den Konsens, den Sie so kurz abhandeln, Herr Gallert - Gewalt dürfe kein legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung sein -: Sagen Sie das Ihren Leuten! Sagen Sie das Ihrer Partei!
Sagen Sie das allen Gliederungen Ihrer Partei! Dabei geht es nicht nur um das Bahnschienenschottern in Gorleben.
Berlin 2009: Gliederungen der LINKEN rufen in Berlin gemeinsam mit der „Antifaschistischen Revolutionären Aktion“ und der „Antifaschistischen Linken Berlin“ zu einer Demonstration auf. Im Zuge dieser Demonstration kam es zu gewalttätigen Übergriffen auf Polizistinnen und Polizisten, die dort im Einsatz waren. Das war dieselbe LINKE, die damals, 2009, in der Regierungsverantwortung einen Verfassungsschutzbericht bestätigt hat, der diese beiden Gruppierungen unter Beobachtung stellt, weil sie verfassungsfeindlich sind.
Nun zu dem, was mich vor allen Dingen dazu bewegt hat, noch einmal hier vorn zu stehen. Sie sagen, die Akzeptanzverluste, das schlechte politische Agieren der Eliten, der Vertrauensverlust in die Eliten und der Verlust an Akzeptanz unseres Staates seien eine Quelle dafür, dass Repräsentanten des Staates - das sind die Beamtinnen und Beamten im Dienst - zunehmend Opfer von Gewalt
Da erlaube ich mir zu sagen: Wenn Sie damit den Vorwurf erheben, wir würden politische Konkurrenten kriminalisieren wollen, dann müssen Sie es aushalten, dass ich Ihnen den Spiegel vorhalte.
Das ist keine Splittergruppe in Ihrer Partei. Ich bemühe - keine Sorge - nicht die kommunistische Plattform, ich bemühe Ihr Grundsatzprogramm: Wir wollen dazu beitragen, dass aus passivem Unmut aktive Gegenwehr wird. Wir kämpfen für einen Systemwechsel, steht dort.
Ihr Parteivorsitzender und Ihre Parteivorsitzende sprachen auf dem Erfurter Parteitag 2011. Frau Lötzsch erklärte: Unser Programm ist eine Kampfansage gegen das herrschende Establishment. Unser Programm ist eine Kampfansage gegen die herrschenden Verhältnisse, eine Kampfansage an die Herrschenden.
Herr Helmut Holter sollte im Interview von „Antenne Mecklenburg-Vorpommern“ einen Satz vervollständigen - es war schon 1994, aber es bleibt ja richtig -: Wer mir sagt - ich zitiere Herrn Holter -, das Staatswesen der Bundesrepublik Deutschland gehöre abgeschafft, dem sage ich: Er hat Recht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer sagt, die mangelnde Akzeptanz gegenüber unserem Staatswesen sei auch eine Quelle zunehmender Gewalt gegen unsere Polizisten, dem sage ich: Der muss es aushalten, mit solchen Zitaten konfrontiert zu werden, weil sie ganz maßgeblich dazu beitragen, diese Akzeptanz unseres Rechtsstaates zu schwächen. Sie erklären ja den Systemwechsel zum politischen Ziel.
Herr Striegel, mit Verlaub: Ihre Rede enthielt einige Sätze, die ich etwas fragwürdig fand. Auf wissenschaftliche Expertise zu achten und dann zu suggerieren, Polizisten hätten manchmal selbst Schuld, sie seien zu grob und manchmal auch zu männlich,
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sollten in diesem Haus weiter die Wahrheit darüber sagen können,
dass wir für den Konsens in diesem Haus - ich merke das an den Redebeiträgen - wahrscheinlich täglich neu werben müssen. Wir missbrauchen das Thema nicht,
wenn wir die Wahrheit über die Täter sagen. Wir wollten heute nicht den Exkurs in die Extremismusdebatte.
(Oh! bei der LINKEN - Zuruf von den GRÜ- NEN: Auf keinen Fall! - Zuruf von Herrn Gal- lert, DIE LINKE)
Sie haben vielleicht gemerkt, dass ich jetzt als Fraktionsvorsitzender reagiere. Das ist eine Reaktion auf die Reden hier im Vorfeld, insbesondere auf die von Ihnen, gewesen.
Es ging uns in diesem Hohen Haus darum, deutlich zu machen: Unsere Polizistinnen und Polizisten machen da draußen, wie es der Innenminister gesagt hat, einen guten Job, sie geben sich redlich Mühe. Sie verdienen unsere Unterstützung, unseren Respekt und unseren Dank. - Herzlichen Dank.
Wissen Sie, das Traurige an der Geschichte war: Sie waren hier heute der dritte Redner Ihrer Partei. Das eigentliche Thema, die Gewalt gegen Polizeibeamte, hat wieder so gut wie keine Rolle gespielt.