Protokoll der Sitzung vom 13.05.2011

Ich werbe bei Ihnen dafür. Ich habe ja auch in der Enquetekommission zuerst gesagt: Ich glaube nicht, dass es etwas bringt. Ich muss sagen, ich habe meine Meinung revidiert. Nun geben Sie mir oder der Regierung doch mal die Zeit, das alles umzusetzen. Das ist unsere Aufgabe. Dafür sind wir in der Verantwortung.

Es ist Ihr gutes Recht, in dieser Umsetzungsphase zu sagen, das ist richtig oder falsch. Deswegen, so glaube ich, braucht es keine neue Gremien, sondern den gemeinsamen politischen Willen, diese Debatte gerade im nächsten halben oder Dreivierteljahr auch auszuhalten.

Dabei erwarte ich eigentlich von jedem, der das so engagiert vorträgt, dass er dann auch eigene Lösungsvorschläge auf den Tisch legt. Es reicht nicht, nur zu sagen: Das passt mir nicht, jenes will ich nicht, das sollte der mal anders machen. Ohne eigene Vorstellungen - das ist schmerzhaft - wird man irgendwann auch unglaubwürdig. Das wird heute ein Aufgalopp sein. Das Thema Personal wird uns nicht loslassen. Ich sage hier auch: Sie helfen dem Personalkörper als Ganzes auch nicht.

Wir haben jetzt bei den Lehrerinnen und Lehrern folgenden Zustand - das ist einmalig und kann so nicht bleiben -: Wir haben auf der einen Seite 2 000 Lehrerinnen und Lehrer, die in der Ruhephase zu Hause sitzen. Das entspricht rund 100 Millionen €. Auf der anderen Seite musste ich mir letztens wieder anhören, dass wir im Grundschulbereich trotzdem noch eines der besten SchülerLehrer-Verhältnisse haben.

Im Sekundarschulbereich ist Thüringen besser. Ganz schlecht ist der Berufsschulbereich. Das haben wir aber so gewollt, weil wir gesagt haben: Da wächst etwas heraus, da müssen wir uns die Strukturen anschauen.

Das können Sie doch niemandem mehr erklären, der in den Länderfinanzausgleich einzahlen muss oder, wie Hessen, Schulden aufnimmt, damit er für uns zahlen kann und mir solche Statistiken vorlegt, und ich sage: Wir brauchen im Prinzip trotzdem mehr Personal, weil das vor Ort verlangt wird.

Das wird auf Dauer nicht funktionieren. Ich glaube auch nicht, dass ein solcher Solidargedanke den ostdeutschen Ländern auf Dauer hilft. - Schönen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU - Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Herr Gallert!)

Vielen Dank, Herr Minister. Herr Minister, wollen Sie eine Frage des Abgeordneten Herrn Gallert beantworten? Und der Abgeordneten Frau Dr. Klein? - Herr Gallert.

Also, ich wehre mich noch mal ganz eindeutig gegen liebgewordene Klischees.

Ich höre die immer von der anderen Seite.

Ich weiß nicht, wer hier im Raum sitzt und verlangt hat, dass wir die Zahl der Lehrer aufstocken. Das hat niemand. In den nächsten Jahren verlassen 500 bis 800 Lehrer jährlich die Schulen. Die politische Debatte dreht sich darum, ob wir 150 oder 310 pro Jahr ersetzen. Das ist die politische Alternative, nichts anderes.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Punkt 2. Deshalb habe ich mich eigentlich gemeldet. Sie, Herr Kollege Bullerjahn, sagen, im Verhältnis zum Positionspapier des Finanzministers vom Oktober 2010 zur Personalentwicklung, in dem 800 Neueinstellungen pro Jahr vorgesehen sind, gab es danach eine neue Entwicklung, nämlich die von Ihnen vehement vorgetragene und verfochtene Schuldenbremse in der Landeshaushalts

ordnung. Warum haben Sie dann nie und an keiner Stelle gesagt: Wenn wir dies in die Haushaltsordnung des Landes aufnehmen, dann können Sie alles vergessen, was wir bisher an Personalkonzepten aufgeschrieben haben?

(Beifall bei der LINKEN)

Das wäre ehrlich gewesen. Dass Sie das nicht tun, ist das Problem.

Kollege Gallert, da wir uns ja lange kennen und schätzen, will ich bei dem Klischee kurz anknüpfen. Ich habe DIE LINKE nicht benannt, aber da Sie sich die Jacke anziehen - sei's drum. Ich habe gestern früh zugehört, und ich habe gestern gemerkt, dass ich eine gewisse Rolle in der Rede gespielt habe - mit Vorhaltungen, die wirklich dem Vorwurf des Klischees sehr nahe kommen.

Es ist Ihr gutes Recht - ich war ja auch schon in der Opposition -, Dinge, die die Regierung vorschlägt, anders machen zu wollen und zu negieren. Bloß solange Sie mir nicht helfen oder eigene Vorschläge entwickeln, wie dieses schwierige Geschäft umzusetzen ist, werde ich Sie mit diesen Klischees auch weiter treiben. Denn natürlich kann man sich draußen hinstellen und sagen: Mit uns wäre das alles nicht so schmerzhaft, um gleichermaßen zu erleben, wie über alle Parteigrenzen hinweg alle Finanzminister an dieser Front aktiv sind.

Hier in den Haushaltsberatungen ausweichen und Unterausschüsse bilden zu wollen, obwohl wir diese Fragen wahrscheinlich im Finanzausschuss alle miteinander fünfmal auf dem Tisch haben, ist nicht glaubwürdig. Da werden Sie mir gestatten, dass ich auch mit solchen holzschnittartigen Vorwürfen agiere und agieren werde, so lange, bis Sie sagen: Hör mal zu, Bullerjahn, das ist mein ernsthaftes Konzept: Das ist das, was wir mittragen würden. Dann sind wir in einer anderen Diskussionskultur.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Das haben wir veröffentlicht!)

- Ja, ja, ich habe es ja gelesen. Dafür brauchten wir 700 bis 800 - -

(Zuruf von der LINKEN)

- Ach, lassen Sie uns doch nicht streiten. Ich bin doch jemand, mit dem man über vieles reden kann. Aber Sie werden mir das Recht zugestehen, eine andere Meinung zu haben als Sie.

Zweitens. Zum Einstellungskorridor. Ich habe damals, bei der Vorlage dieser Eckpunkte - so nannte sich das im vorigen Jahr - an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass das, was darin steht, die Überlegungen der einzelnen Ressorts sind, und ich habe hier gesagt, dass das wahrscheinlich nicht das sein wird, was nächstes Jahr - sprich: in diesem Jahr - als PEK beschlossen wird.

Denn ich habe damals eine Lehrerzielzahl von 13 000 bis 14 000 aufgegriffen. Wir haben damals für die Polizei etwas unterstellt, was einem Durchschnitt entspricht, was nicht von der Realität unterfüttert war, und bei der allgemeinen Verwaltung haben wir bisher noch nicht die konkreten Zahlen gehabt. Da war, glaube ich, eine Zielzahl - das haben Sie selbst einmal errechnet - von über 4 000, die noch nicht unterfüttert war, wenn man 19 VBE auf 1 000 Einwohner erreichen will; das habe ich damals gesagt.

Gleichermaßen habe ich bei der Umsetzung der Schuldenbremse hier im Parlament zur zweiten Lesung darauf hingewiesen, dass wir, wenn das umgesetzt wird - was auch unser Vorschlag war -, zuallererst beim Personal zusätzliche Einsparungen vornehmen müssen. Ich glaube, ich bin selbst im Wahlkampf und nicht nur im Interview in der „Volksstimme“ in dieser Woche - Sie waren ja teilweise dabei, Herr Gallert - sehr offen gewesen, habe trotz Wahlkampf darauf hingewiesen: Wenn Sie mich wählen, werde ich trotzdem beim Personalabbau weitermachen müssen, weil die Zahlen da relativ einfach zu durchdringen sind.

Wie gesagt, es ist Ihre Grundhaltung, eine andere Perspektive zu haben. Meine Verantwortung ist aber, im Jahr 2012 einen sanierten Haushalt ohne neue Schulden hinzubekommen und dafür zu sorgen, dass 2014 mit dem Tilgen begonnen werden kann, damit die nächste Wahlperiode darauf aufbauen kann.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Frau Dr. Klein zieht ihre Frage zurück. - Dann danken wir Ihnen, Herr Minister Bullerjahn. Frau Dr. Paschke, Sie bekommen jetzt Ihr Rederecht.

Herr Minister Bullerjahn, Sie werden mir zugestehen müssen, dass ich Sie immer verteidigt habe, dass Sie als Finanzminister ein Konzept zur Personalentwicklung vorlegen. Das Personalentwicklungskonzept 2009 ist ein Beschluss des Kabinetts. Darin sind andere Zahlen enthalten, als Sie sie nach der Wahl verkündet haben; der Kollege von den GRÜNEN ist schon darauf eingegangen. Mit dieser Vorgehensweise, dass man Beschlüsse im Kabinett fasst, dass sich der Landtag damit intensiv befasst und nachher alles „April, April!“ heißt, diskreditieren Sie eigentlich Ihr Kabinett. - Das muss das Kabinett mit sich selbst ausmachen. - Aber damit diskreditieren Sie auch unsere Arbeit, die wir in mühevoller Kleinarbeit die Ressorts durchforstet haben.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Eines muss man auch sagen: Was die Landesregierung der Enquetekommission richtig schuldig

geblieben ist, ist nämlich zu sagen: Jawohl, an der Stelle kann ich die und die Aufgabe einsparen. - Jetzt steht im Koalitionsvertrag „auf die unbedingt notwendigen Aufgaben zu reduzieren“. Mir ist keine Aufgabe bekannt, die benannt worden wäre.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Minister Bullerjahn, Sie sagen, wir wollen nicht Verantwortung für den Personalabbau übernehmen. Wir haben uns in dem Konzept, aus dem Herr Erben ein Organigramm hochgehalten hat, eindeutig dazu bekannt, dass wir nicht alle 11 000, die in der nächsten - also in dieser - Legislaturperiode den öffentlichen Dienst verlassen, aus fiskalischen, aber auch aus personellen Gründen ersetzen können. Wir haben die Verantwortung übernommen, und wir haben jede Zahl, die Sie neu eingebracht haben, gegengerechnet und unsere eigenen Vorschläge gemacht. Insofern ist es unredlich, uns zu unterstellen, dass wir keine eigenen Vorschläge hätten.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Sie sagen: Lassen Sie jetzt doch erst einmal die Regierung arbeiten! - Unser Problem ist doch, dass wir den Dingen nicht hinterherrennen wollen und dass wir gemerkt haben, dass wir eine eigene Struktur haben müssen, um es vernünftig zu begleiten.

(Zuruf von der SPD: Aber es geht doch nicht anders!)

- Aber in der eigenen Struktur; die wollten Sie ja selbst. - Herr Erben, Sie haben natürlich das Organigramm - Seite 34 unseres Konzepts - hochgehalten.

(Zuruf von der SPD: 249!)

Aber was Sie nicht hochgehalten haben - das steht unter anderem in dem Konzept -: Für die parlamentarische Arbeit erachtet die Fraktion DIE LINKE folgende Schritte als notwendig: Bildung eines ständigen Ausschusses öffentlicher Dienst des Landes Sachsen-Anhalt. - Das widerspricht ja nicht einer Bündelung in der Staatskanzlei.

(Zustimmung bei der LINKEN - Herr Gallert, DIE LINKE: Wir sind eben diejenigen, die nach der Wahl immer noch das sagen, was sie vor der Wahl gesagt haben!)

Herr Weihrich, Ihnen muss ich sagen: Ihre Argumentation hat sich für mich nicht ganz erschlossen. Sie haben in Ihrem Diskussionsbeitrag durchaus dargestellt, dass das nicht nur eine fiskalische Angelegenheit ist, was die Entwicklung im öffentlichen Dienst und die Personalentwicklung betrifft, sondern sehr wohl sehr viele andere Aspekte berücksichtigt werden müssen. Deshalb wollten wir genau nicht diese Anbindung - abgesehen von der Arbeitsintensität - an den Finanzausschuss, weil man dann definitiv wieder fiskalisch angebunden sein wird.

Zu Herrn Barthel möchte ich jetzt weiter nichts sagen. Da kamen viele Nachfragen in diese Richtung. Wir könnten uns ja überlegen, da wir 105 sind, ob wir noch einige Ausschüsse abschaffen, um das dann hinzubekommen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Danke, Frau Dr. Paschke. - Wünscht eine der anderen Fraktionen, nach der neu eröffneten Debatte jetzt noch einmal das Rederecht zu nutzen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die Debatte abgeschlossen.

Wir kommen in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 6/32. Es gibt, wenn ich das richtig registriert habe, keinen Antrag auf Überweisung.

(Zuruf von der CDU: Das ist richtig!)

Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung. Wer dem Antrag in Drs. 6/32 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Fraktion DIE LINKE und Frau Rotzsch. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die GRÜNEN ohne Frau Rotzsch. Wer enthält sich der Stimme? - Eine Stimmenthaltung. Dann ist der Antrag abgelehnt worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 14 erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf: