Protokoll der Sitzung vom 13.05.2011

Diese Frage können wir, denke ich, erst dann beantworten, wenn wir sehen, wie das Gespräch und die Entscheidung am 27. Mai 2011 laufen, ob wir dann überhaupt eine Opt-out-Klausel haben. All das ist doch zu diesem Zeitpunkt noch offen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Barth für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Versuch und Irrtum sind die Triebkräfte der Entwicklung. Die Erforschung der CCS-Technologie ist in diesem Sinne erst einmal grundsätzlich richtig. Sie ist - das sollten wir uns immer vor Augen halten - eine Technologie, die den weiteren Anstieg des CO2 in der Atmosphäre mindern und damit der Erderwärmung entgegenwirken soll. Sie könnte, wenn sie ausgereift ist und Sicherheit für Mensch und Umwelt bietet, einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung der Klimaschutzziele leisten.

Derzeit sprechen noch die nicht ausgeräumten Risiken für Mensch und Umwelt und der mit der Abscheidung, dem Transport und der Einlagerung verbundene Energieaufwand gegen den Einsatz der CCS-Technologie.

Die Regierungsfraktionen haben deshalb im Landesentwicklungsplan dafür plädiert, die raumordnerische Sicherung der ehemaligen Erdgaslagerstätten für die CO2-Verpressung zu streichen und stattdessen darauf zu verweisen, dass bei allen Entscheidungen über eine Nachnutzung die Risiken für Menschen und Umwelt umfassend abzuwägen sind.

Bezüglich des Antrags der LINKEN möchte ich Ihnen sagen, dass ich die Auffassung teile, eine Anwendung der CCS-Technologie auf dem Gebiet von Sachsen-Anhalt auszuschließen.

Bei so viel Zustimmung zu dem Antrag werden Sie sich sicherlich fragen, warum dieser in den Ausschuss überwiesen werden soll. Die Antwort ist ganz einfach: Der Gesetzentwurf ist, wie der Name schon sagt, zurzeit noch ein Entwurf. Die erste Lesung im Bundestag hat erst gestern stattgefunden - das ist heute mehrfach erwähnt worden -; im Bundesrat wird über den Gesetzentwurf demnächst in den Ausschüssen beraten.

Herr Lüderitz, zu Ihrer Frage, die Sie der Ministerin gestellt haben. Wir wissen doch noch gar nicht, wie die Ausgestaltung des Gesetzes aussieht. Das ist ein Entwurf. Ihre Frage kann man erst stellen, wenn wir genau wissen, was in dem Gesetz steht. Jetzt können wir das hoch und runter diskutieren.

Brandenburg hat unserer Erkenntnis nach zum vorliegenden Gesetzentwurf bereits eine Reihe von Änderungsanträgen eingebracht. Man muss sehen, ob diese durchgehen oder nicht und wie es dann wirklich aussieht.

Ob die vorgesehene Entscheidungsbefugnis der Länder über die Anwendung der CCS-Technologie letztlich auch Gesetz wird - - Wie gesagt, schauen wir einmal.

Insofern halten wir es für sinnvoll, den Antrag in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft - bitte nur in diesen Ausschuss, Herr Präsident - zu überweisen. Wir sollten die Beratungen im Bundestag und im Bundesrat bis zur Verabschiedung des Gesetzes kritisch begleiten und danach aus dem Ausschuss heraus eine Beschlussempfehlung an den Landtag geben.

Dem von der Bundesregierung zur Beratung vorgelegten Gesetzentwurf stehen wir als SPD-Landtagsfraktion natürlich sehr kritisch gegenüber. Die Hauptkritikpunkte sind dabei, dass die Verantwortlichkeiten offensichtlich an die Länder abgeschoben werden, dass das Land nach 30 Jahren die Haftung übernehmen soll und dass die Öffentlichkeitsbeteiligung durch Plangenehmigung eingeschränkt wird. Eine solche Vorgehensweise ist nicht akzeptabel, schon gar nicht vor dem Hintergrund, dass es bislang keine Erfahrungswerte zur CO2-Speicherung gibt.

Ich stehe heute auch an dieser Stelle, weil wir bei uns in der Altmark gerade mit dem Problem in

Maxdorf befasst sind. Wir haben uns, denke ich, sehr eindeutig vor Ort positioniert. Es gibt hierzu auch einen Kreistagsbeschluss, der mit nur einer Gegenstimme angenommen worden ist, in dem sich der Kreistag eindeutig positioniert - ich zitiere -:

„Die Verpressung von CO2 im Untergrund wird durch den Kreistag des Altmarkkreises Salzwedel sowohl für die Errichtung eines Forschungsspeichers bei Mahlsdorf“

- ich lasse einmal die Genehmigungsbezeichnung weg -

„als auch für die Errichtung und den Betrieb eines großflächigen Kohlendioxidspeichers … auf dem Gebiet des Altmarkkreises Salzwedel aus sachlichen Erwägungen grundsätzlich abgelehnt.“

Ich denke, diese Positionierung ist eindeutig. Die sachlichen Gründe sind hier zum Teil schon erwähnt worden. Ich möchte noch einen Grund anfügen. Das ist die Tatsache, dass es technisch völlig unklar ist, wie es bei Leckagen oder erheblichen Unregelmäßigkeiten gelingen soll, eingetretene Leckagen und deren Folgen wirksam bzw. vollständig zu beseitigen bzw. künftig zu verhüten, wenn man sie nicht von vornherein ausschließen kann.

Herr Lüderitz, Sie haben auf die Ausstiegsklausel hingewiesen. Ich gehe davon aus, dass es diese Ausstiegsklausel, wenn das Gesetz so durchkommt, geben wird.

Herr Haseloff, ich kann mich daran erinnern, dass Sie aufgrund der ganzen Widerstände in der Bevölkerung in der Öffentlichkeit Verständnis dafür geäußert haben, dass sie vor ihrer Haustür nicht solche CO2-Verpressungen haben möchten. Deshalb gehe ich davon aus, dass wir dann, wenn diese Ausstiegsklausel kommt, diese Option ziehen werden, sodass wir Klarheit in der Altmark hätten.

Das bezieht sich ausdrücklich auch - das möchte ich an dieser Stelle sagen - auf Forschungs- und Pilotprojekte.

Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass für uns eine Nutzung der CCS-Technologie in den ehemaligen Erdgasfeldern der Altmark derzeit nicht in Frage kommt. Die CCS-Technologie darf nur unter der Voraussetzung Anwendung finden, dass nach menschlichem Ermessen keine Gefahr für Mensch und Umwelt davon ausgeht. Das muss auch für entsprechende Pilotvorhaben gelten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Barth. - Für die Fraktion GRÜNE spricht Frau Frederking.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die unterirdische Verpressung von Kohlendioxid ist mit erheblichen Risiken verbunden. Dazu zählen unter anderem Grundwasserverunreinigung, Bergschäden, CO2-Austritt aus undichten Gesteinsschichten, Lösung von Schwermetallen. Der Einsatz dieser Technik könnte somit unübersehbare Folgen für Mensch und Umwelt haben. Wir würden uns damit ein neues Endlagerproblem schaffen. Und genau das wollen wir nicht zulassen. Von daher ist es richtig, die CCS-Technik nicht anzuwenden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN trägt deshalb den Antrag der LINKEN mit. Dieser Antrag geht in die richtige Richtung, wobei wir uns wünschen würden, dass sich DIE LINKE überall gegen CCS ausspricht.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass es schon kurios ist, dass sich DIE LINKE in einer Regierung anders verhält und dann für CCS ist,

(Herr Borgwardt, CDU: So ist es!)

allen voran der Wirtschaftsminister Christoffers aus Brandenburg.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wer gegen eine unterirdische CO2-Endlagerung ist, der muss auch gegen die Entstehung des Kohlendioxids sein, das verpresst werden soll, nämlich das aus Kohlekraftwerken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch in diesem Fall sehen wir eine unzureichende Positionierung bei der LINKEN, die sich nicht konsequent gegen ein neues Braunkohlenkraftwerk im Burgenlandkreis ausspricht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In meine Kritik möchte ich auch die Landesregierung einschließen, die den Ausbau der Kohleverstromung will, und zwar in Verbindung mit CCS. Herr Ministerpräsident Haseloff, Sie haben sich in einem Interview am 30. März 2011 so geäußert, damals noch als Wirtschaftsminister.

Für uns Bündnisgrüne ist es nicht nachvollziehbar, bei einem schnelleren Ausstieg aus der Atomenergie verstärkt auf die Kohle zu setzen. SachsenAnhalt sollte sich eher als Musterland für erneuerbare Energien präsentieren statt als Botschafter der rückwärts gewandten Kohleverstromung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die erneuerbaren Energien haben in SachsenAnhalt einen Anteil von über 35 % an der Stromerzeugung und haben damit die Kohle längst eingeholt. Wir produzieren im Land mehr Strom, als wir verbrauchen. Die Versorgung ist gesichert. Ein

schrittweiser und sozialverträglicher Ausstieg aus der Kohle bis zum Jahr 2030 ist möglich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihr Antrag benennt den am 13. April 2011 im Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf und nimmt auf die so genannte Länderklausel Bezug. Dieses gesetzliche Konstrukt ist aber ein faules Ei. Es wurde eine schwammige Formulierung gewählt, die keineswegs rechtssicher gewährleistet, dass die CO2-Verpressung in einem Bundesland kategorisch ausgeschlossen werden kann.

Diese Befürchtungen sind bereits vom Bundeswirtschaftsministerium bestätigt worden. Das Bundeswirtschaftsministerium hat sich auf eine entsprechende Frage wie folgt geäußert: Falls CCS irgendwo ausgeschlossen werden solle, müsse dazu ein umfangreicher Nachweis erbracht werden; das beziehe sich auf einzelne Gebiete und nicht auf ein gesamtes Bundesland.

Zudem hat die sachsen-anhaltische Landesregierung über einen Bundesratsausschuss den Antrag gestellt, die Länderklausel gänzlich zu streichen. Damit will sie ein bundeseinheitliches Gesetz, das die CCS-Technik in Sachsen-Anhalt und damit auch in der Altmark erlauben würde. - An dieser Stelle möchte ich auch die Bürgerinnen und Bürger aus der Altmark auf der Tribüne begrüßen.

Wenn man sich das geplante Projekt bei Maxdorf anschaut, ist diese Option ein Skandal. Gerade die bekannten Mängel bei den Bohrlöchern würden das Projekt zu einem Feldversuch mit riesigem Gefährdungspotential machen. Das wäre unverantwortlich.

Frau Ministerin Wolff, Sie haben verdeutlicht, es gehe bei dem Gesetz um Forschung und Demonstration. Das schätzen wir anders ein. Bei diesem Gesetz geht es nicht um Forschung und Demonstration. Das sind schon Größenordnungen, die eine großtechnische Anwendung zulassen.

Es geht in dem Gesetz um 8 Millionen t pro Jahr, die verpresst werden können, pro Standort sogar 3 Millionen t. Das ist kein Forschungsmaßstab.

Auch das Projekt bei Maxdorf ist ein Feldversuch, keine Forschung. Forschung - Sie als Wissenschaftlerin sollten das wissen - darf sich nicht dadurch definieren, dass man nur Erkenntnisse gewinnt. Forschung muss sicher sein. Forschung muss die Folgen bedenken und auch ethisch vertretbar sein. Die genannten Risiken stehen dem entgegen; das hat auch der Kollege Lüderitz ausgeführt.

Statt CO2 wegzusperren, muss die Entstehung des Gases vermieden werden. Wir müssen auf erneuerbare Energien setzen, auch auf die geothermische Nutzung, auf Energieeffizienz und Einsparung. Wenn CO2 entsteht, muss es intelligent, das heißt ohne Risiken, eingefangen und verwendet

werden. Dazu gehören unter anderem Aufforstungen, die Verwendung von Holz als Baustoff, der Schutz der Wälder vor Abholzung, die Reduzierung des CO2-Ausstoßes aus prozessbedingten Emissionen und auch die Forschung zur chemischen Verwertung von CO2.