Protokoll der Sitzung vom 20.09.2012

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die aus den Antworten zu erahnende mangelnde Bereitschaft zur Kooperation und Koordination - ich hatte das schon angedeutet - ist zu erkennen. Es gibt durchgängig bei der Antwort keine nennenswerten Hinweise auf eine mögliche Beteiligung von Bürgern und Verbänden.

Gerade wenn es aber darum geht, radfahrerfreundliche Radabstellanlagen an ÖPNV-Schnittstellen und anderen öffentlichen Plätzen vorzusehen und die Sinnhaftigkeit mancher realisierter Abstellvorrichtung zu hinterfragen, macht das aber Sinn. Wissen wir eigentlich immer über die Qualität dessen, wozu wir ab und zu zum Bändchen-Durchschneiden eingeladen werden, wie diejenigen das bewerten, für die das gebaut oder eingerichtet wurde?

Deswegen - das ist eine Doppelung -: Ich habe natürlich auf der Internetseite des ADFC nachgeschaut und habe genau dieses Thema gefunden, genau die Frage, dass an jüngst sanierten Einrichtungen wie Schulen Abstellmöglichkeiten vorzufinden sind, die die Nutzer „Felgenkiller“ nennen. Diesen Begriff kannte ich vorher nicht, es ist sozusagen eine Erweiterung meines Sprachschatzes.

Was mir beim Lesen der Antwort als Erstes auffiel, sind solche voluminösen Begriffe wie interministerielle Arbeitsgruppe. Eine entsprechende Aufzählung haben wir heute schon gehört.

Was aber auch auffällt: Es gib keine direkt herausgestellte und für die Realisierung verantwortliche Struktur und konkret erkennbare persönliche Verantwortung. Die terminliche und kontrollierbare Verantwortung durch eine Festlegung, wer was bis

wann wie mit wem zu realisieren hat und was passiert, wenn davon abgewichen wird, genügt mir ausdrücklich nicht.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die Antwort erweckt beim Lesen eher den Eindruck eines parallel und nebenbei laufenden Prozesses, und so etwas ist immer gefährlich.

Der ADFC resümiert daher nicht zufällig: große Realisierungsdefizite bei der Umsetzung des Landesradverkehrsplans, kein Geld, kein richtiges Personal. Er kritisiert zum Beispiel zu Recht den Stand der schon vorhin erwähnten Überprüfung beispielsweise der Radwegbenutzungspflicht in den Kommunen.

Zu der Überprüfung der Radverkehrsanlagen in den Kommunen und zu deren Abschluss - schon gar nicht zu den Ergebnissen - sind in der Antwort der Landesregierung Aussagen nicht möglich, weil nicht bekannt. Das Thema ist aber hoch aktuell. Es wird bei den Nutzern ziemlich intensiv diskutiert. Ich bin selbst in solch in einer Diskussion verfangen, weil ich dazu auch eine Meinung habe. Die Diskussion wird teilweise auch sehr kontrovers geführt. Das ist vielleicht in einer Stadt wie Dessau auch nachvollziehbar.

Dessau war einmal - das wird der eine oder andere gar nicht wissen - nach Den Haag die Stadt mit dem höchsten Pro-Kopf-Anteil an Fahrrädern. Kein Wunder also, dass wir so viele Radwege haben. Als Vater war ich immer froh, wenn ich einen Radweg gefunden habe. Deswegen will ich die Radwege auch nicht verteufeln. Aber es ist ein Thema, dass viele aufgrund des gegenwärtigen Zustandes der Radwege auf die Straße drängen und dass die StVO ganz andere Möglichkeiten zulässt, die wir teilweise gar nicht nutzen.

Wenn man in diesem Stil mit der Problematik weiter verfährt, droht uns am Ende, fürchte ich, die Erkenntnis: Die Umsetzung hat schwach begonnen und hat dann auch noch stark nachgelassen.

Das muss nicht eintreten. Es ist noch nicht zu spät. Wir haben heute schon gehört, dass die etwas längerfristige Phase mit dem Landesradverkehrsplan umzugehen, bis 2017 dauert. Da ist noch einiges aufzuholen. Deswegen muss ich an dieser Stelle sagen: Ausdrücklichen Dank an die GRÜNEN, dass sie jetzt - offensichtlich nicht zu spät und noch rechtzeitig - diese Fragen gestellt haben. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr, Herr Kollege Hoffmann. - Jetzt ist Herr Kollege Scheurell an der Reihe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Fraktion BÜND

NIS 90/ DIE GRÜNEN, da haben Sie sich wirklich ein Werk gegönnt.

(Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

- Ja, Sie haben sich da wirklich ein Werk gegönnt. Ich habe jetzt nur die Unterlagen mitgebracht. Das ist Ihre Große Anfrage.

(Der Abgeordnete hält ein Schriftstück hoch)

Die Menge des Papiers sagt ja nichts über den Inhalt. Alles klar.

(Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Ich meinte jetzt nicht die Antwort der Landesregierung. Die ist top.

(Heiterkeit)

Wir haben - stellen Sie sich das mal vor - ohne Ihre Mitwirkung - -

(Herr Schröder, CDU: Das geht doch gar nicht!)

- Doch, glaub es mir. - Mein lieber Fraktionschef - ich darf auch „-führer“ sagen, weil unser Fraktionschef ja führt -, das hat alles geklappt und wir haben es auch ohne die GRÜNEN die ganzen Jahre über geschafft zu investieren.

(Herr Schröder, CDU: Ich weiß!)

Aber jetzt wird das immer schwieriger, weil die gleichen Personen in Personalunion sowohl im Finanz- als auch in unserem LEV-Ausschuss sitzen und jedes Mal

(Zuruf von Herrn Schröder, CDU)

- ganz genau - die Titel für den Haushalt torpedieren,

(Zuruf von der LINKEN)

bei denen es um den infrastrukturellen Ausbau von Landesstraßen und Bundesstraßen geht. Dort ist der Radverkehrswegebau dabei.

Also: Sie müssen sich wirklich hinterfragen lassen, was Sie hier tun. In der Öffentlichkeit stehen Sie da mit Worten hui, und zu den Taten kann man nur sagen - - Ich sage es nachher noch einmal.

(Heiterkeit bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Fahrrad erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Das hat mehrere Ursachen. Für das Führen eines Fahrrads benötigt man im Gegensatz zu anderen Fortbewegungsmitteln keinen Führerschein. Jeder Mensch entscheidet selbst, ob er sich für geeignet hält, mit einem Fahrrad zu fahren. Ein Fahrrad verspricht insbesondere in der Stadt große Mobilität. Gerade das in Verbindung mit der günstigen Beschaffung macht das Fahrrad so einzigartig und so attraktiv, insbesondere für Sie, sehr geehrter Herr Erdmenger, als junger Großstadtbewohner.

Da der Allgemeine Deutsche Fahrradklub Große Anfragen nicht selbst stellen kann, haben das die GRÜNEN für ihn übernommen. Die Antwort der Landesregierung zeigt genauso wie die aktuellen Statistiken, dass Fahrrad fahren im Trend liegt. Die Bedeutung des Fahrrades am Gesamtverkehrsaufkommen steigt. Das Fahrrad hat sich zu einem Wirtschaftsfaktor entwickelt, und das ganz ohne staatliche Förderpolitik à la EEG.

In Deutschland gibt es Schätzungen zufolge rund 70 Millionen Fahrräder. Die Bürger geben mittlerweile deutlich mehr Geld für das Fahrrad aus als früher, nämlich rund 475 €. Die Fahrradindustrie verkauft heute rund 4 Millionen neue Räder - die Firma Mifa in Sangerhausen wird es freuen -

(Herr Schröder, CDU: Richtig!)

und macht damit 5 Milliarden € Umsatz im Jahr.

Jeder zehnte Weg in Deutschland wird mit dem Fahrrad zurückgelegt. Die Tendenz ist weiter steigend. Bezogen auf die Anzahl der zurückgelegten Wege ist der Zuwachs zwischen den Jahren 2002 und 2008 beim Fahrrad mit 17 % höher als bei allen anderen Verkehrsmitteln.

Nimmt man die radbegeisterten Niederlande als Referenzpunkt und legt den dortigen Radverkehrsanteil als 100 % fest, so nimmt Deutschland heute mit einem Radverkehrsanteil von rund 50 % einen Platz im vorderen Mittelfeld, nämlich Platz sechs von 27, ein. Anmerken muss man dabei, dass alle vor Deutschland liegenden Staaten deutlich kleiner sind. Deutschland ist also gut aufgestellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diesen positiven Trend darf man zunächst zur Kenntnis nehmen. Wie man vor dem Hintergrund solcher Zahlen eine Abwrackprämie für Fahrräder fordern kann, das, liebe Bündnisgrünen, wird wohl Ihr Geheimnis bleiben.

(Unruhe bei den GRÜNEN)

Frau Künast hat diese Idee zwar prompt wieder einkassiert. Aber offene Fragen bleiben zurück, genauso wie vor zwei Wochen, als der sehr geehrte Herr Trittin gemeinsam mit Frau Künast ihre Luxus - -

(Unruhe bei den GRÜNEN - Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

- Ja, na sicher. Sie müssen global denken, Frau Professor Dalbert. Global müssen Sie da denken.

Genauso wie vor zwei Wochen, als der sehr geehrte Herr Trittin gemeinsam mit Frau Künast am Rande der Klausurtagung der GRÜNEN-Bundestagsfraktion in Hannover ihre Luxus-Dienstlimousinen mit Verbrennungsmotor - hört, hört - noch rasch um die Ecke stellten, bevor sie sich medienwirksam mit einem kleinen Ökoflitzer ablichten ließen. Zurück nach Berlin ging es dann natürlich

wieder mit den vorher versteckten schwarzen Limousinen.

Das ist grüne Politik. Diese schwarzen Limousinen stammten natürlich aus süddeutscher Produktion. In den Worten hui, in den Taten pfui. Das erinnert dann noch an den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der mit dem Hubschrauber zur Ministerpräsidentenkonferenz fliegt und die Dienstlimousine einmal quer durch die Republik nachkommen lässt.