Denn - das merken wir an dem konkreten Punkt, zu dem ich gleich kommen möchte - wir sind noch lange nicht an der Stelle, an der wir sein sollten und zu der wir uns auch als Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2009 mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen verpflichtet haben. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, an jeder konkreten Stelle in jedem Politikbereich Stück für Stück dafür zu sorgen, dass wir dem Ziel ein Stück näher kommen.
Bei der weiteren Entwicklung inklusiver Bildungsangebote und der Herstellung der Barrierefreiheit in den verschiedenen Bildungsprozessen und Bildungseinrichtungen gehören - damit bin ich konkret bei unserem Antrag - die Fragen der räumlichen und sächlichen Ausstattung zu den Kernproblemen - neben anderen Themen, die auch hier schon eine Rolle gespielt haben, wie Personal, Unterstützung und Beratung, Qualifikation etc. Darüber besteht - so denke ich zumindest - in diesem Hohen Hause Einigkeit.
Die Handreichungen des Kultusministeriums zu Umfang und Ausgestaltung der Schulgrundstücke und Schulanlagen für allgemeinbildende und berufsbildende Schulen stammen aus dem Jahr 1994. Sie gelten allerdings nur für den Schulbau und nicht für vorhandene Schulanlagen. Die Ausstattungsempfehlungen sind sogar noch etwas älter.
Die Planungshinweise des MK zur mittelfristigen Schulentwicklungsplanung weisen darauf hin, dass eine Raumprogrammempfehlung für allgemeinbildende Schulen des Landes Sachsen-Anhalt nicht vorliegt und dass deshalb die in den Planungshinweisen enthaltenen Vorgaben umgesetzt werden sollten.
Dort finden sich dann bestimmte Raumfaktoren. Für die Grundschule wird der Raumfaktor pro Klasse mit 1,2 Unterrichtsräumen angegeben, für die Sekundarschule mit 1,5, für Gymnasien/Sekundarstufe I mit 1,5, für Gymnasien/Sekundarstufe II mit 1,8. Im Übrigen wird auf die Handreichungen aus dem Jahr 1994 Bezug genommen.
Wir gehen davon aus, dass sich die technischen und baulichen Gestaltungsmöglichkeiten seit den 90er-Jahren erheblich entwickelt haben und dass die Ansprüche an ein inklusives und barrierefreies Schulwesen gewachsen sind.
Nicht zuletzt deswegen habe ich am Anfang auf die UN-Konvention hingewiesen. Längst geht es eben nicht mehr nur um ausreichend breite Wege für Rollstuhlfahrer und treppenfreie Aufgänge zu Schultoren, sondern auch um barrierefreie Soft
Praktikerinnen und Praktiker weisen deshalb darauf hin, dass die seit Jahren geltenden Parameter überprüft werden müssen. Dabei geht es sicherlich nicht nur um die hier schon exemplarisch genannten Dokumente. Auch das Baurecht und seine Umsetzung müssen betrachtet werden. Diese bieten offenbar noch immer Schlupflöcher, die es ermöglichen, Barrierefreiheit nur halbherzig umzusetzen und trotzdem rechtskonform zu bauen.
Auf eine diesbezügliche Frage meines geschätzten Kollegen Lange an den für die hier in Rede stehenden Bauvorhaben zuständigen Finanzminister in der letzten Sitzungsperiode des Landtages räumte dieser ein - ich zitiere -:
„Im Vergleich zur Barrierefreiheit ist das Thema Inklusion in der Schulentwicklung ein wesentlich weitergehender und umfassenderer Begriff. Aufgrund der Tragweite, der Möglichkeiten und der kostenrelevanten Auswirkungen sind hier im zuständigen Kultusministerium viele Fragen der Umsetzung zu beantworten. Im Rahmen der Schulentwicklungsplanung wird das Thema Inklusion zukünftig eine Rolle spielen.“
Genau das, meine Damen und Herren, ist der Punkt. Bei der künftigen Planung der Schulnetze, bei Entscheidungen über Schulstandorte, bei Schulfusionen, bei der Umwidmung von Schulanlagen spielen Größe und Ausstattung von Schulen eine entscheidende Rolle - nicht erst wenn Schulentwicklungspläne fortgeschrieben werden müssen, sondern schon jetzt, zum Beispiel bei Anträgen für Maßnahmen im Rahmen des Programms Stark III. Es darf aus der Sicht meiner Fraktion nicht sein, dass jetzt Baumaßnahmen beginnen und Schulnetzentscheidungen vorbereitet werden, die sich später als untauglich erweisen, den Ansprüchen inklusiver Bildung gerecht zu werden.
Wir haben mit Interesse den Bericht des MK zum Konzept „Weiterentwicklung des gemeinsamen Lernens von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen/sonderpädagogischem Förderbedarf“ zur Kenntnis genommen. Es ist auch zu begrüßen, dass zu den Schlussfolgerungen aus dem bisherigen Beratungsprozess auch verbindliche Regelungen zur räumlichen und sächlichen Ausstattung von Schulen mit gemeinsamem Unterricht sowie Regelungen zur Schulentwicklungsplanung gehören. Aber - an dieser Stelle möchte ich Widerspruch anmelden - mit der Terminierung ab 2014/ 2015 liegen Sie leider zu spät.
lungspläne beginnen und brauchen dazu diese Eckpunkte. Das Hohe Haus hat dazu vor der Sommerpause Beschlüsse gefasst. Wir werden darüber im Dezember 2012 - der Minister weiß das - im Ausschuss reden.
Um die Inklusion bis zum Jahr 2020 ein gutes Stück voranzubringen, müssen jetzt die Weichen gestellt werden. Deshalb zielt der Antrag darauf, die Überprüfung vor allem der für die künftige Schulnetzplanung und die Schulsanierung relevanten Rechtsverordnungen schnell einzuleiten und zu einem Ergebnis zu führen, das im ersten Halbjahr 2013, also im Gleichklang mit den übrigen Dingen in die Vorbereitung der Schulentwicklungspläne einfließen und bei den laufenden Schulsanierungen berücksichtigt werden kann. Darauf zielt unser Antrag ab. Ich bitte um Zustimmung dazu. - Herzlichen Dank.
Danke schön, Herr Kollege Höhn. - Für die Landesregierung spricht nunmehr der Kultusminister Herr Dorgerloh.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Herr Höhn, Ich bin einerseits bei Ihnen, andererseits nicht. Ich möchte das im Einzelnen noch einmal an ein paar Punkten markieren. In meiner gestrigen Rede zum Schulgesetz habe ich ausführlich darauf hingewiesen, dass die Weiterentwicklung inklusiver Bildungsangebote an unseren Schulen eine der wesentlichen Aufgaben der Zukunft, aber auch der Gegenwart ist. Dabei habe ich natürlich auch betont, dass wir das Gelingen von Inklusion mit den entsprechenden Rahmenbedingungen untersetzen müssen.
Wir, sowohl Frau Bull als auch ich, haben in der Debatte zum Schulgesetz noch einmal ausführlich über das, was in der Präambel steht, diskutiert. Wir haben darüber gesprochen, dass wir Gelingensbedingungen, räumlich, sächlich und personell, aufgenommen haben. Die räumlich-sächliche Ausstattung der Schulanlagen gehört also dazu. Insofern ist es folgerichtig, dass die Barrierefreiheit im Landesrecht verankert ist und Erwähnung in den aktuellen Schulbaurichtlinien gefunden hat.
Im Kontext der EU-Schulbauförderung, wozu unter anderem das Programm Stark III gehört, wird unter der Anforderung an die Nachhaltigkeit und die Standortoptimierung ebenfalls auf Multifunktionalität und Barrierefreiheit abgestellt.
An dieser Stelle ist es also auch verankert. Die Bezugsnorm ist das Bauordnungsrecht. Der Kollege Webel würde mir jetzt begeistert zuhören, wenn ich aus § 49 Abs. 2 der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt zitiere. Darin heißt es:
„Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, müssen in den dem allgemeinen Besucherverkehr dienenden Teilen von Menschen mit Behinderungen, alten Menschen und Personen mit Kleinkindern barrierefrei erreicht und ohne fremde Hilfe zweckentsprechend genutzt werden können.“
Wir alle wissen - das sage ich nur der Vollständigkeit halber -, dass das mehr als die Rampe ist. Es geht vielmehr um ein viel umfassenderes Bild der Barrierefreiheit. Das fängt bei Fragen der Blindenschrift an und geht über Fragen der Barrierefreiheit des Internets bis hin zu der Frage der Barrierefreiheit von Lern- und Lehrmitteln. Es ist also ein größeres Thema. Ich sage das nur, damit es nachher in der Debatte nicht heißt, wir würden diesbezüglich einen verengten Blick haben.
Die Barrierefreiheit beim Bau ist insbesondere in der Bauordnung des Landes und im Bauordnungsrecht bereits konkret genannt. Die sich hieran anschließende Aufzählung schließt Einrichtungen des Kultur- und Bildungswesens ausdrücklich ein. Wir haben damit auch die Schulen erfasst.
Mit Mitteln der EU-Schulbauförderung wurden zum Beispiel, um es einmal plastisch darzustellen, die Grundschule in Hohenmölsen oder auch die Sekundarschule am Rathaus in Dessau von den zuständigen Schulträgern barrierefrei hergerichtet.
Damit sind wir bei einem ganz entscheidenden Punkt. Ich teile in vielen Bereichen Ihre Meinung. In diesem Fall sind ganz klar die Schulträger gefragt und auch am Zug.
Wir müssen an der Stelle auch deutlich machen, dass die Schulträger, wenn sie beispielsweise mit EU-Mitteln aus dem Förderprogramm Stark III oder mit anderen Mitteln, über PPP-Projekte usw. mit den Mitteln im kommunalen Haushalt dafür sorgen, dass das, was im Baurecht bzw. in der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt steht, tatsächlich umgesetzt wird.
Hierbei ist nicht das Kultusministerium Träger der Maßnahmen. Wir achten mit darauf, dass es entsprechende Einrichtungen gibt, dass es geplant und bedacht wird. Es muss aber in der Tat vor allen Dingen bei den Schulträgern verankert sein und auch von ihnen untersetzt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die beschriebenen Anforderungen sind insbesondere bei Neubauten zu erfüllen. Es ist ganz wichtig, dass planungsmäßig von Anfang an darauf Einfluss genommen werden kann.
Bei Altbauten haben wir eine andere Situation. In diesem Fall greifen auch Ausnahmeregelungen im Baurecht und in der Bauordnung. Das heißt, wir haben schwierige Geländeverhältnisse, einen unverhältnismäßigen Mehraufwand usw. usf. Das
heißt, wir haben eine stärkere Ermessensentscheidung des Bauherren, die dieser auch unter Kostengesichtspunkten zu treffen hat.
Das Land nimmt dann Einfluss, wenn Fördermittel eingesetzt werden. Das geschieht im Rahmen des Bewilligungsverfahrens über die baufachliche Prüfung. Diese Einflussnahme ist möglich, da gemäß den geltenden Förderrichtlinien - EU-Schulbaurichtlinie, Stark III, ELER - die Barrierefreiheit zu beachten ist.
Leider legt der vorliegende Antrag den Schwerpunkt auf Texte, die für meine Begriffe nicht geeignet sind, konkrete Anforderungen über die Ausstattung von Schulanlagen zu definieren. Die Verordnung zur Schulentwicklungsplanung zum Beispiel definiert schulische Mindestgrößen, beinhaltet aber keine Standards für die Ausstattung von Schulanlagen im Detail.
Weitere Spezifika, die gezielt und bedarfsgerecht Anforderungen an den gemeinsamen Unterricht im engeren Sinne treffen, müssen im Gesamtprozess der laufenden Erörterung berücksichtigt und in angemessenem Umfang artikuliert werden. Gleichzeitig sollte jedem klar sein, dass Festlegungen zur räumlichen und sächlichen Ausstattung der Schulen, die gemeinsamen Unterricht vorhalten, nur auf Rechtsgrundlagen aufbauen können, die die Belange des gemeinsamen Unterrichts verbindlich und allgemein regeln.
Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie auf einige der Ergebnisse und Empfehlungen der Arbeitsgruppe hingewiesen haben. Es ist in der Tat so, dass wir versucht haben, die Fülle der Arbeiten, die auf uns zukommt, zu terminieren, damit sie vernünftig und verlässlich gemacht werden können.
Dabei ist die Handreichung etwas, was wir uns gut im Jahr 2014 vorstellen können; denn wir glauben, dass jetzt andere Dinge schwerpunktmäßig abgearbeitet werden müssen, um den GU weiterzuentwickeln - dies auch vor dem Hintergrund des starken Engagements und der großen Verantwortung der Träger, zusätzlich zu dem, was schon verankert worden ist.
Ich denke auch, dass wir noch einmal prüfen sollten, was an Handreichungen zu aktualisieren ist. Ich freue mich auf ein Gespräch dazu im Ausschuss.
Ich denke, dass wir uns darauf verständigen können, dass wir uns in der Landesregierung, aber auch im Ausschuss einmal anschauen, was es für Planungsgrundlagen gibt, was wichtige Hinweise und Empfehlungen in Bezug auf die Belange der inklusiven Bildung sind und wie sie angemessen Berücksichtigung finden können. Daher freue ich mich wie immer auf die Diskussion im Ausschuss. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister Dorgerloh, ich gebe Ihnen völlig darin Recht, dass die Schulträger, gerade was die Bauausführung betrifft, sehr stark in der Verantwortung sind. Gleichwohl haben wir es mit Programmen des Landes zu tun. Für die Beantragung der Mittel aus diesen Landesprogrammen gibt es Richtlinien und Grundlagen, die das Land erlässt.
Eine dieser Grundlagen ist die Empfehlung des Landes für Raumkapazitäten in den Schulen. Für die Grundschulen werden derzeit 1,2 Räume pro Klasse und für die weiterführenden Schulen 1,5 Räume pro Klasse empfohlen. Danach richten die Kommunen ihre Planungen aus, auch die Anträge, die sie für den Bau etc. einreichen.