Ich höre es sehr wohl gern, dass es Überlegungen im Ministerium dazu gibt, was passieren könnte, wenn das nicht eintritt. Jedoch, meine Damen und Herren, reden wir hier über den Zeitpunkt Mai 2013 - sprich: 1. Juni 2013 -, bis zu dem das alles
stehen muss. Es treibt mich doch mit Sorge um, wenn ich höre, dass man heute noch nicht genau sagen kann, was dann geschieht bzw. wie weit der Betreiber von Burg-Madel bei der Suche nach Fachpersonal ist.
Ein weiterer Punkt - da will ich noch einmal kurz die öffentliche Debatte reflektieren, die wir im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf in den Medien hatten - war die Forderung, die Sie, Frau Ministerin, Anfang November nach einer bundesgesetzlichen Regelung gestellt haben. Ich sage es einmal für die nachträgliche Sicherungsverwahrung: Bezüglich all jener, bei denen innerhalb der Therapie festgestellt worden ist, dass eine Gefährlichkeit da ist, und innerhalb der Therapie aus Ihrer Sicht eine Regelungslücke besteht, sprachen Sie von einer eklatanten Sicherheitslücke.
Wir müssen feststellen: Wir haben eine Rechtsprechung sowohl vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als inzwischen auch vom Bundesverfassungsgericht, wonach auch wir beides einzuhalten haben, die auch wir vor dem Grundsatz, dass die Verfassung das oberste Recht in diesem Land ist, zu berücksichtigen haben. Ich denke, wir können angesichts dieser Verantwortung nicht auf den Bund zeigen, sondern müssen gucken, was wir hier in Umsetzung des Gesetzes ab dem 1. Juni 2013 tatsächlich brauchen.
Zu den einzelnen im Gesetzentwurf festgeschriebenen Normen werde ich heute für meine Fraktion noch nicht Stellung nehmen. Das werden wir im Rahmen der Anhörung bzw. der Debatten in den Ausschüssen zu beraten haben. Meine Fraktion wird beides konstruktiv begleiten.
Wir beantragen heute die Überweisung in die Ausschüsse für Recht, Verfassung und Gleichstellung, für Finanzen und für Arbeit und Soziales.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau von Angern, wenn ich einmal von hinten beginnen darf: Der Ausschuss für Finanzen käme automatisch dazu, denn es wird nicht ganz folgenlos bleiben - zumindest nicht für den Landeshaushalt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ziel der Sicherungsverwahrung ist es und war es für die CDU immer, die Allgemeinheit vor gefährlichen und insbesondere rückfallgefährdeten Straftätern zu schützen. Für uns steht der Schutz der Bevölkerung an allererster Stelle; er muss also Priorität
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts - meine Vorredner gingen darauf ein - war nicht nur für die CDU-Fraktion, sondern für fast alle, die sich mit dem Thema auskennen, ein Paukenschlag. Wir müssen es akzeptieren, dass vom Jahr 1998 - wir kennen noch den Spruch des damaligen Bundeskanzlers: „Wegsperren für immer“ - bis zum Jahr 2004 diese Praxis galt und dies ein grundsätzlicher Fehler war. Dies ist ausgeurteilt worden. Wir müssen heute dafür die Rechtsvoraussetzungen schaffen und die Verantwortung übernehmen. So ist das.
Soll die Sicherungsverwahrung auch nach dem Jahr 2013 Bestand haben, so muss sie - Sie, Frau von Angern und Ihre Vorrednerin, die Frau Ministerin, gingen ebenfalls darauf ein - verfassungs- und insbesondere menschenrechtskonform und auch gerichtsfest ausgestaltet werden. Bund und Länder sind nunmehr in der Pflicht, ein Gesamtkonzept zu entwickeln, das dem verfassungsrechtlichen Abstandsgebot genügt.
Ich will nicht allzu viel von dem, was hier schon gesagt wurde, wiederholen. Auch für unsere Fraktion ist und bleibt der wichtigste Punkt der therapeutische Ansatz: Therapie statt Strafe. Die Behandlung soll in den Händen eines multidisziplinären Behandlungsteams liegen, zu dem auch externe Experten zählen.
Daneben ist ein zentraler Punkt des Gesetzgebers der erweiterte Behandlungsanspruch für die Strafgefangenen mit angeordneter und vorbehaltener Sicherungsverwahrung. Bei ihnen muss der Vollzug der Haft mit wirksamen Behandlungsmaßnahmen auf eine Vermeidung der Anordnung oder Vollstreckung der Sicherungsverwahrung ausgelegt sein.
Meine Damen und Herren! Die Sicherungsverwahrung wird zurzeit auf dem Gelände der JVA Burg vollzogen. Dafür wird eine Abteilung in erheblichem Umfang umgebaut.
Derzeit sind in Sachsen-Anhalt - ich habe gerade von anderen Kollegen eine andere Zahl gehört, aber ich stütze mich jetzt einmal auf die mir zugearbeitete - 25 Sicherungsverwahrte untergebracht. Aufgrund der Kündigung des gemeinsamen Vollzugs - Sie wissen das - der mitteldeutschen Länder werden Anfang des nächsten Jahres nur noch elf Sicherungsverwahrte verbleiben.
Einer Prognose nach werden wir aber im Jahr 2020 voraussichtlich 26 Personen dort in Sicherungsverwahrung haben. Für diesen Personenkreis werden wir zukünftig die notwendigen Therapie- und Behandlungsangebote schaffen müssen. Ich sage ganz deutlich: müssen!
Die Endkonsequenz, die die sehr geehrte Frau Kollegin von Angern noch nicht angesprochen hat, ist: Wenn uns das bis zum 31. Mai 2013 nicht gelingt, dürfen wir hinausfahren und begründen, warum wir sie unter Umständen freilassen müssen. Das ist die Konsequenz. Ich will das ganz deutlich sagen. Das wollen wir natürlich nicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie herzlich um Zustimmung und um Überweisung des Gesetzentwurfes logischerweise in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung sowie in den Ausschuss für Finanzen. Wir haben uns innerhalb der Koalition noch nicht weiter verständigt. Sie hatten noch einen anderen Ausschuss genannt.
Ich möchte gern am Ende - eine Minute Redezeit habe ich noch - auf das eingehen, was uns möglicherweise in Zukunft beschäftigen wird. Frau von Angern wird von mir jetzt ausdrücklich ausgenommen. Die Fraktion DIE LINKE im Bundestag hat eine interessante Diskussion angestoßen. Sie meint, dass die Sicherungsverwahrung eigentlich abgeschafft gehört. Ich zitiere jetzt einmal eine Frau Halina Wonska von der LINKEN.
Auf jeden Fall gehört sie Ihrer Fraktion an. Sie führt als Begründung für die Abschaffung der Sicherungsverwahrung an, dass der präventive Sicherheitsstaat bedenkenlos Freiheitsrechte gravierend einschränkt. Das ist aus ihrer Sicht die logische Konsequenz.
Ich glaube, dass wir das nicht so sehen können. Ich bin auch der Auffassung, dass wir insbesondere vor dem Hintergrund des Bedarfs hinsichtlich der notwendigen Fachdienste darüber diskutieren müssen, ob wir nicht langfristig den gleichen Weg wie andere europäische Staaten beschreiten. Diesbezüglich habe ich keine Diktaturen im Blick, sondern die Staaten, die wir bereist haben. Sie praktizieren nämlich das Verfahren einer wesentlich längeren grundsätzlichen Strafhaft. Darüber werden wir uns sicherlich einmal unterhalten müssen. Wir sind für die Diskussion offen. - In diesem Sinne herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Borgwardt. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt der Kollege Herr Herbst. Bitte schön, Herr Herbst.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Borgwardt, ich will gleich einmal das aufnehmen, was Sie zum Schluss gesagt haben; denn auch wir würden uns einer solchen Diskussion nicht nur nicht verschließen, sondern gern daran teilhaben.
Ich glaube, diese Diskussion ist durchaus notwendig; denn eines ist doch klar: Sicherungsverwahrung ist ein schwieriges Konzept. Das zeigen auch die politischen Verhandlungen, die wir darüber führen. Das haben die Gerichtsentscheidungen gezeigt. Es ist eine Herausforderung.
Auch wenn ich jetzt nicht sofort zu dem Schluss komme, dass man sie ganz abschaffen muss, so muss man doch, glaube ich, darüber nachdenken; denn gerade in der Vergangenheit - Sie haben das Zitat des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder angesprochen - war die Sicherungsverwahrung für manche eine süße Frucht, deren Versuchung man allzu leicht erlegen ist. Diese Versuchung hat doch dazu geführt, dass das Thema Sicherungsverwahrung in der Vergangenheit quasi immer wieder als ein Wettlauf der Härte missbraucht wurde, wenn den Menschen suggeriert wurde, man könnte Menschen ganz einfach für immer wegschließen.
Ich glaube, diesbezüglich haben sich viele politische Gruppierungen in diesem Land nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Ich will die rot-grüne Regierungszeit davon überhaupt nicht ausnehmen.
Die deutsche Politik hat von der vermeintlichen süßen Köstlichkeit Sicherungsverwahrung einen reichlichen Schluck zu viel genommen, hat immer mehr Straftatbestände aufgenommen, kleinteilige Regelungen geschaffen für jeden noch so unwahrscheinlichen Fall und letztlich mit der nachträglichen Sicherungsverwahrung den wichtigsten Grundsatz, den wir haben, nämlich „Keine Strafe ohne Urteil“, ad adsurdum geführt. Deswegen ist es auch richtig, dass die Gerichte gesagt haben, die nachträgliche Sicherungsverwahrung ist ein - um es neudeutsch zu sagen - No-Go. Deswegen, Frau Ministerin, gibt es auch von uns ganz klar die Aufforderung, solche Experimente nicht mehr durchzuführen.
Es ist wahrlich keine Auszeichnung für die deutsche Politik, die Politik der Versuchung, dass erst der Europäische Gerichtshof und das Bundesverfassungsgericht diesem ziemlich bunten Treiben
ein Ende gemacht haben. Zum Glück, möchte man sagen; denn heute empfinde ich die Debatte über die Sicherungsverwahrung als eine wesentlich ernsthaftere. Ich glaube, einige sind diesbezüglich zur Besinnung gekommen.
Der EGMR, das Bundesverfassungsgericht und zuletzt auch das OLG in Naumburg haben uns ganz klare Leitlinien an die Hand gegeben, was die Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung angeht. Das Gesetz muss gut sein - klar, aber nachher werden wir an der Ausgestaltung gemessen, daran, wie sich die Lebensrealität der Menschen in der Sicherungsverwahrung vor Ort darstellt.
Deswegen ist es so wichtig und richtig, dass wir sorgfältig vorgehen und auch mit Blick auf die Verhältnisse in Burg schauen: Wie sehen die detaillierten Regelungen wirklich aus? Ich glaube nach der ersten Sichtung dieses grundsätzlich soliden Entwurfs, dass es doch die eine oder andere Stelle gibt, wo wir in den Ausschussberatungen noch konkret hinschauen müssen, wo es eventuell Nachbesserungsbedarfe gibt.
Für uns als GRÜNE steht ganz klar der freiheits- und therapieausgerichtete Vollzug im Vordergrund. Das Ziel muss klar in der Minderung der Gefährlichkeit der Betroffenen und in einer erfolgreichen Resozialisierung liegen, damit eine frühzeitige Entlassung aus der Sicherungsverwahrung erfolgen kann.
Für uns ist ganz klar: Qualifizierte Täterarbeit mit den Menschen an den Menschen - das ist das Ziel, das es zu verfolgen gilt, um das übergeordnete Ziel der Resozialisierung zu erreichen.
Vor diesem Hintergrund will ich sagen, dass der vorliegende Entwurf ein solides Dokument ist und dass er gutes Potenzial für die Beratungen in den Ausschüssen bietet.
Auch wir begrüßen die Überweisung in die genannten drei Ausschüsse, auch wenn ich hoffe, dass Finanzaspekte ausschließlich in einer positiven Diskussionsweise zur Sprache kommen und es ist nicht um Einsparpotenziale geht.
Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen über die JVA in Burg und das PPP-Betreibermodell erscheint mir der Kerngedanke wichtig, dass die Sicherungsverwahrung wirklich das schärfste Schwert ist, das dieser Staat zur Verfügung hat, dass wir deswegen sehr verantwortungsvoll und dosiert damit umgehen müssen und dass deswegen auch das Betreibermodell im Kern ein staatliches sein muss.
Vor dem Hintergrund der jetzigen Lage, dass die JVA in Burg in einem Fonds an der Börse gehandelt wird, muss ich ganz klar sagen: Renditever