Aus diesen Gründen habe auch ich persönlich den Aufruf der Bürgerinitiative unterschrieben. Auch Sie können das noch tun. Im Internet ist das möglich. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Köck. - Es spricht nunmehr für die Landesregierung Frau Ministerin Professor Dr. Wolff.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Guten Morgen, sehr verehrte Damen und Herren! Das hier ist eine Aktuelle Debatte, die von den noch aktuelleren Ereignissen in gewisser Weise überholt wurde.
Endeffekt - wenn überhaupt noch - maximal fünf deutsche Wasserwerke betroffen sein könnten. Womöglich wird der Rest auch noch kassiert.
Wir als Landesregierung begrüßen das. Damit erübrigt sich weitere Empörungsrhetorik oder EUSchelte. Entsprechend kurz kann ich meinen Debattenbeitrag fassen. - Vielen Dank.
Danke schön, Frau Ministerin. So schnelllebig ist die Zeit. - Wir fahren in der Debatte fort. Als Nächstes spricht die Vorsitzende der Fraktion der SPD Frau Budde.
Ich habe die „Altmark-Zeitung“ vorliegen. Darin wird unter der Überschrift „Brüssel korrigiert umstrittene Wasserpläne“ deutlich gemacht, dass Barnier seine Positionen insbesondere hinsichtlich des deutschen Wassermarktes verändert hat. Das ist auch gut so. Das ist ein Anfangserfolg. Ich will nicht alles vorlesen, was verändert wurde. Es ist zumindest für die Trinkwasserversorgung in Deutschland ein guter Schritt, dass das herausgenommen wurde.
Aber es geht im Rahmen der Europäischen Union nicht nur um Deutschland; vielmehr geht es um etwas viel Grundsätzlicheres, wenn wir über dieses Thema reden.
Wir haben vor ein paar Tagen immerhin ein Stück europäischer Geschichte erlebt. Zum ersten Mal seit der Gründung der Europäischen Union hat eine Bürgerinitiative in der Europäischen Union mehr als eine Million Unterschriften gesammelt. Dabei ging es nicht nur um Deutschland.
Das ist nicht nur ein Meilenstein im Bereich der Bürgerbewegung und Bürgerbeteiligung auf europäischer Ebene, sondern es ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass Menschen gewillt sind, sich auch auf europäischer Ebene einzumischen, wenn es um ihre persönlichen Belange geht, insbesondere um die Sicherstellung der Daseinsvorsorge, und dass sie auch gewillt sind, dafür zu kämpfen. Das ist gut.
Das ist in diesem Fall nicht nur für Deutschland bitter nötig gewesen, sondern es ist auch weiterhin bitter nötig, weil es dabei auch um die anderen europäischen Länder geht.
Der Wahlspruch der Bürgerinitiative lautet „Wasser ist ein Menschenrecht“. Die Bürgerinitiative kämpft für die Umsetzung des Menschenrechts auf Wasser und auf sanitäre Grundversorgung in der Europäischen Union. Sie setzt sich aus deutscher Sicht nicht nur für den Erhalt der Stadtwerke und unser Systeme ein, sondern sie richtet sich gegen die Liberalisierung der Wasserversorgung in allen europäischen Staaten und damit insgesamt gegen die Konzessionsrichtlinie der Kommission mit den vielen anderen Bereichen, wie Sparkassen und Rettungsdienst, die genauso elementar sind und zum Bereich der Daseinsvorsorge gehören.
Diese Bürgerinitiative und das, was sie will, können wir als Sozialdemokraten aus vollem Herzen unterschreiben. Wir haben im EU-Binnenmarktausschuss gegen die Richtlinie gestimmt. Meine Fraktion ist auch der Bürgerinitiative aus gutem Grund beigetreten, und zwar nicht nur unter deutschen Gesichtspunkten, sondern unter europäischen Gesichtspunkten.
Wir wollen, dass die Richtlinie insgesamt geändert wird, auch wenn wir jetzt einen ersten Teilerfolg feiern können. Ich glaube, dass es in Bezug auf dieses Thema innerhalb der Europäischen Union erheblichen Diskussionsbedarf gibt.
Am 28. Juli 2010 hat die UN-Generalversammlung in der Resolution 64/292 beschlossen, das Recht auf Wasser zum Menschenrecht zu erklären. In der Resolution heißt es: Die Völkergemeinschaft erkennt das Recht auf einwandfreies und sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung als ein Menschenrecht an, das unverzichtbar für den vollen Genuss des Lebens und aller Menschenrechte ist.
Das ist ein begrüßenswerter Schritt; denn es steht unter uns nicht zur Diskussion, dass Wasser nicht nur Grundlage allen Lebens - also nicht nur des menschlichen Lebens - ist, auch wenn es morgens aus der Leitung kommt - ohne Wasser kein Leben -, sondern dass Wasser ein Menschenrecht ist.
Die Bundesregierung hat der Resolution zugestimmt. Das ist gut und war auch zu erwarten im Zeichen einer Kontinuität in der deutschen Außen-, Sicherheits- und Menschenrechtspolitik.
Allerdings war ich verblüfft, als ich mir angeschaut habe, welche Länder der Resolution nicht zugestimmt haben. Das war - das gebe ich offen zu - für mich sehr erstaunlich. Ich nenne einmal die Länder, die nicht zugestimmt haben: Bulgarien, Dänemark, Estland, Griechenland, Irland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Rumänien, Schweden, Slowakei, Tschechische Republik, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie Zypern.
stimmt. Das ist für mich ein alarmierendes Zeichen; denn daraus lässt sich bzw. ließe sich - ich möchte es einmal vorsichtig formulieren - ableiten, dass es kein Zufall ist, dass die genannten Länder der Resolution nicht zugestimmt haben.
Wasser scheint offensichtlich auf der europäischen Ebene eher gewöhnliches Wirtschaftsgut zu sein und auch als ein solches betrachtet zu werden. Ich finde, dass dieser Zustand unzumutbar und unhaltbar ist auf der europäischen Ebene.
Deshalb, glaube ich, dass es zu kurz gesprungen ist, wenn man sagt, für uns ist es gut, für die Stadtwerke ist es gut und damit Ende gut, alles gut. Vielmehr bedarf es auch jenseits der jetzigen Diskussion und der jetzigen Erfolge für Deutschland deutlicher Worte in Europa und einer weitergehenden Diskussion.
Wir in Deutschland und in Sachsen-Anhalt stehen auch aufgrund der demografischen Entwicklung vor großen Herausforderungen auch im Bereich der Wasserversorgung. Das kann man nicht negieren. Ich glaube schon, dass es unser gemeinsames Ziel ist, eine flächendeckende Wasserversorgung mit hoher Qualität und mit bezahlbaren Preisen zu gewährleisten. Diesbezüglich stehen wir vor großen Herausforderungen und großen Aufgaben.
Eines ist vollkommen klar: Dieses Ziel können wir nur erreichen, wenn in diesem Bereich ein Stück Solidargemeinschaft verwurzelt bleibt und verwurzelt wird. Anders wird es nicht gehen.
Wir sagen auch deutlich, dass elementare Teile der Daseinsvorsorge, wie die Trinkwasserversorgung, in die öffentliche Hand gehören. Ich glaube schon, dass Wettbewerb in vielen Bereichen gut ist, aber eben nicht immer. Man darf aus der Vergangenheit ruhig lernen. Auch aus Privatisierungen der Vergangenheit sollte man lernen. Ich sage: Daseinsvorsorge gehört nicht privatisiert, sondern gehört in die öffentliche Hand.
Lassen Sie mich noch einmal kurz auf den europäischen Zusammenhang eingehen. Über uns schweben noch immer milliardenschwere Rettungsschirme. Die letzte Krise haben wir noch nicht einmal richtig verdaut. In den Nachrichten hört man - man weiß es auch, weil man politisch interessiert ist -, welche anderen Länder in der Gefahr stehen, möglicherweise einen Rettungsschirm, der noch viel größer sein müsste, in Anspruch zu nehmen. Angesichts dessen wird uns deutlich, dass wir noch am Anfang der Bewältigung der Probleme stehen.
Dieser Rettungsschirm schwebt noch immer über uns. Aber es wird jetzt schon, insbesondere im Zusammenhang mit dieser Richtlinie, darüber diskutiert, wie die nächsten lebenswichtigen Branchen in die Hände von Spekulanten kommen könnten.
Ich will das nicht jedem unterstellen, aber dies könnte passieren. Deshalb müssen wir weiter diskutieren, obgleich es bereits einen Teilerfolg gibt.
Ich möchte auch klar sagen, dass das keine blanke Panikmache ist. Es gibt Erfahrungen und Realitäten. Natürlich ist Wasser ein Riesengeschäft. Schätzungen gehen davon aus, dass sich allein in der Europäischen Union mit Wasser ein dreistelliger Milliardenbetrag verdienen lässt.
Erfahrungen in anderen Ländern, wie in Portugal, Großbritannien und Frankreich, zeigen, dass es nach der Privatisierung eher zu schnellen Gewinnmitnahmen kam denn zu einer besseren Versorgung oder zu günstigeren Preisen. Für private Investoren ist Wasser einfach ein Wirtschaftsgut wie Öl und Strom. Das darf nicht das Ziel sein.
Es gibt auch Beispiele, die zeigen, dass nach einer Privatisierung die Preise für Trinkwasser innerhalb weniger Jahre um 400 % gestiegen sind. Das darf auf keinen Fall so sein. Das darf nicht nur bei uns nicht sein, das darf auch bei anderen nicht so sein.
Wir erleben das auch in anderen Bereichen. Angesichts der Aktivitäten der Spekulanten an den Warenterminbörsen in Bezug auf die Preise für Grundnahrungsnahrungsmittel wird deutlich, warum die Menschen in vielen Teilen der Welt hungern müssen.
- Doch, ich sehe das so. Es wird ganz viel spekuliert und das geht für viele Teile der Welt oft nach hinten los. Nicht ohne Grund gibt es die Plakate vieler Organisationen mit der Aussage, dass fünf Reiskörner zu wenig sind. Mit Reis, Soja und anderen Grundnahrungsmitteln wird an den Börsen spekuliert.
Ich will nicht, dass das mit dem Wasser genauso wird. Wir müssen in der Europäischen Union anfangen. Dort ist es im Grunde am einfachsten.
Übrigens ist es auch so, dass sich 82 % unserer Bevölkerung dafür aussprechen, dass die Wasserversorgung durch die Städte und Gemeinden organisiert wird. Dieser Wille ist von uns genauso zu respektieren wie der Wille anderer Völker, die
Darum ist es äußerst fragwürdig, dass die EUKommission aktuell - Deutschland ist davon ausgenommen, wie wir seit heute wissen - auf die Krisenländer in der Europäischen Union verstärkt und massiv Druck ausübt, sodass zum Beispiel die Wasserversorgung in Athen und Thessaloniki privatisiert wird. Das ist der falsche Schritt für diese Länder.
Denn sie haben ohnehin schon Probleme angesichts der Sparzwänge; Lohnkürzungen sind an der Tagesordnung. Wenn zudem dieser Bereich der Daseinsvorsorge privatisiert wird und daraus höhere Preise resultieren, und wenn darüber hinaus die Gewinne ins Ausland abfließen, anstatt dort genutzt zu werden, wo sie dringend benötigt werden, nämlich zur Bewältigung der Krise in den europäischen Ländern, dann ist das der absolut falsche Schritt.