Protokoll der Sitzung vom 25.04.2013

Allerdings hat der Boden eine ganz besondere Bedeutung. Er ist nicht vermehrbar und nur mit ihm können wir unser tägliches Brot produzieren. Im Osten Deutschlands haben wir dabei großräumige Strukturen und ein im Vergleich zum Westen geringeres Preisniveau. Dies sorgt dafür, dass wir verglichen mit den alten Bundesländern besonders attraktive Anlagebedingungen am Bodenmarkt haben.

In den letzten sechs Jahren haben sich die Preise für landwirtschaftliche Flächen bei uns mehr als verdoppelt. Sicher ist dies regional unterschiedlich, aber der Trend ist eindeutig. Die landwirtschaftlichen Betriebe sind angesichts dieser Entwicklung immer weniger in der Lage, die von ihnen gepachteten Flächen im Fall des Verkaufs zu erwerben.

In diesem Zusammenhang geriet die Preisentwicklung bei den BVVG-Flächen besonders in den Fokus - ein Thema, an dem wir aktiv arbeiten. Leider steht bei der BVVG nicht nur nach meinem Eindruck die finanziell beste Verwertung der

Flächen im Vordergrund und die nicht vom Gesetzgeber gleichermaßen betonte strukturelle Komponente.

Leider war mit der Bundesregierung bisher kein Konsens zum Kauf der BVVG-Flächen durch das Land zu erreichen. Zusammen mit MecklenburgVorpommern haben wir dem Bund nun eine treuhändlerische Abwicklung des Verkaufs der BVVGFlächen durch unser Land vorgeschlagen. Wir sehen darin eine Möglichkeit, unsere agrarstrukturellen Vorstellungen besser umzusetzen, zum Beispiel durch eine Verkleinerung der Verkaufslose und ein zeitliches sowie räumliches Auseinanderziehen von Ausschreibungen.

Wir haben mit dem Verkauf von Landesflächen durch unsere Landgesellschaft mit Losen bis zu 10 ha gute Erfahrungen gemacht. Kleinere Losgrößen erleichtern die Finanzierbarkeit und senken die Attraktivität für außerlandwirtschaftliche Investoren.

Die Eigentümerstruktur ist nach meinem Dafürhalten eine der entscheidenden Fragen für die Zukunft des ländlichen Raumes. Wertschöpfung aus dem Boden muss im ländlichen Raum bleiben, denn dort wird sie dringend benötigt. Das gilt auch für das daraus resultierende Steueraufkommen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Wir wollen Land- und Forstwirte, die im ländlichen Raum verwurzelt sind, die sich mit ihm identifizieren, wir wollen Betriebe, die in und mit dem Dorf wirtschaften. Reine Kapitalanleger, deren erstes Ziel es ist, das Letzte aus dem Boden herauszuholen, gefährden gewachsene Strukturen im ländlichen Raum. Ferngesteuerte land- und forstwirtschaftliche Unternehmen haben kein Ohr für die Probleme vor Ort.

Meine Damen und Herren! Ich nenne Ihnen einen weiteren Grund für mein Engagement in dieser Frage. Wir alle wissen, wir haben Akzeptanzprobleme in der Tierhaltung. Ich möchte nicht, dass wir ein zusätzliches Akzeptanzproblem durch Eigentümer- und Bewirtschaftungsstrukturen bekommen. Landbewirtschaftung durch Aktiengesellschaften halte ich weder für zielführend noch für vermittelbar.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Felke, SPD)

Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat die Kapitalbeteiligung außerlandwirtschaftlicher und überregional ausgerichteter Investoren an landwirtschaftlichen Unternehmen in Deutschland untersuchen lassen. Die Studie gelangt zu dem Ergebnis, dass die Landwirtschaft von Nichtlandwirten zunehmend als attraktives Investitionsziel gesehen wird und dass

Flächenkauf im großen Stil und Übernahme ganzer Agrarunternehmen im Blickpunkt stehen.

Betrachtet man die Wirkungen dieser Investoren durch nicht landwirtschaftliche und überregional tätige Kapitalanleger, so führen sie in der Regel zu Spezialisierungstendenzen. Damit ist in der Regel ein Rückgang von Beschäftigung und Wertschöpfung in den betreffenden Regionen zu verzeichnen. Es gibt also genügend Gründe, zu handeln.

Die Einflussnahme auf den Bodenmarkt muss aber vor allem aus eigentumsrechtlichen Gründen mit Bedacht erfolgen. Deshalb habe ich eine Arbeitsgruppe „Bodenmarkt“ mit Experten aus Wissenschaft, Verwaltung und Verbänden gebildet, um einen umfassenden Überblick zu erhalten. Gemeinsam wollen wir die Frage klären, an welchen Stellen eine Neuausrichtung fachlich und rechtlich möglich ist. In anderen Bundesländern kümmert sich übrigens primär die Opposition um dieses Thema, von der CDU in Brandenburg bis zu den LINKEN in Sachsen.

Sie wissen, wir haben einen bodenpolitischen Ordnungsrahmen. Er gibt die Möglichkeit, den Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke im Interesse der Agrarstruktur zu lenken. Trotzdem: Grundstückverkehrsgesetz, Landpachtverkehrsgesetz und Reichssiedlungsgesetz sind in die Jahre gekommen.

Wir wollen geeignete Maßnahmen entwickeln, die den Bodenmarkt noch Markt sein lassen, aber trotzdem lenkende Wirkungen entfalten. Das ist unsere Herausforderung. Mögliche Initiativen müssen mit europäischem Recht und dem Grundgesetz im Einklang stehen. Deshalb prüfen wir sorgfältig.

Ich gehe davon aus, dass wir im Sommer Ergebnisse vorlegen können, die ich hier gern diskutieren möchte. Ich kann mir zur Bewältigung der Fragen des Bodenmarktes auch eine aktivere Rolle unserer Landgesellschaft vorstellen. Diesen Gedanken will ich als Aufsichtsratsvorsitzender dieser Gesellschaft gemeinsam mit der Geschäftsführung weiterentwickeln.

Die Verwendung landwirtschaftlicher Flächen für außerlandwirtschaftliche Zwecke hat ebenfalls einen maßgeblichen Einfluss auf die Preisbildung am Bodenmarkt. Das Ziel der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung für das Jahr 2020, den Flächenverlust auf 30 ha pro Tag zu reduzieren, ist hoch gesteckt. Noch sind es deutlich mehr, nämlich fast dreimal so viel. Ich trete dafür ein, dass agrarische Belange in diesen Gesetzen stärker als bisher berücksichtigt werden.

Aber auch vor Ort gibt es beim Schutz landwirtschaftlicher Flächen noch Reserven, die erschlossen werden müssen. Eine gezielte Innenentwicklung, der Rückbau und Abriss von Gebäuden so

wie die Entsiegelung von Flächen sind wesentliche Ansatzpunkte, die konsequenter verfolgt werden müssen. Somit wollen wir den Flächenverbrauch aktiv reduzieren. Die Verringerung der Flächeninanspruchnahme ist aber nicht nur für die Landwirtschaft von Bedeutung, das ist auch aktiver Umwelt-, Natur- und Klimaschutz.

Eine große Aufgabe der Gesellschaft ist es, die Schonung der natürlichen und endlichen fossilen Ressourcen voranzutreiben. Wir müssen außerdem den Klimawandel wo möglich eindämmen und geeignete Anpassungsstrategien entwickeln. Klimawandel, Erhalt der Biodiversität, Schutz von Umwelt und Natur sind Aufgaben, denen sich der Land- und Forstsektor stellt.

Die schonende Nutzung der natürlichen Ressourcen ist dabei unter den Bedingungen einer zunehmenden Globalisierung und Liberalisierung der Märkte und damit unter den Bedingungen eines verschärften Wettbewerbs zu leisten. Das sind enorme Herausforderungen, die jedoch auch neue Wertschöpfungspotenziale für die Wirtschaftsbereiche und den ländlichen Raum bieten können.

Ein Beispiel hierfür ist auch die Energiewende. Die Transformation zu einer neuen Energieversorgung muss die Politik aktiv begleiten. Eingriffe des Staates in den Markt müssen aber austariert erfolgen. Negativen Entwicklungen ist rechtzeitig entgegenzuwirken.

Wir diskutieren inzwischen unter anderem über Flächenkonkurrenzen, Vermaisung der Landschaft, Probleme beim Netzausbau. Diese Diskussionen sind wichtig.

Das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien, kurz EEG, wird nach meiner Auffassung einer grundlegenden Reform unterzogen werden müssen. Das muss über die bisherigen Korrekturen und Anpassungen hinausgehen. Mit Blick auf den Beitrag der Landwirtschaft ist mein Ansatz, die künftige Förderung stärker auf eine Effizienzsteigerung von Biomassenutzungsanlagen zu konzentrieren und bei der Nutzung von biogenen Reststoffen und Abfällen die Entwicklung weiter voranzutreiben.

(Zustimmung von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Auch beim Kriterium der Nachhaltigkeit bei der Bereitstellung von Bioenergie müssen wir konsequenter sein. Die Energiewende bietet ohne Frage Chancen für unsere Land- und Forstwirte. Landwirte können als Energiewirte ihre Unternehmen auf weitere Standbeine abstützen. Das macht die Unternehmen stabiler.

Aber auch die Kommunen haben Chancen und sind gefordert. Von Bürgern getragene Unternehmen, die Energiegenossenschaften, erschließen neue Potenziale.

Für Wertschöpfung und Akzeptanz der Energiewende ist es wichtig, die Menschen im ländlichen Raum an den Erträgen erneuerbarer Energien teilhaben zu lassen. Anlagen, deren Investoren nicht regional verbunden sind und für die der Landwirt nur Substratlieferant ist, sind nicht unser Wunschmodell. Das müssen wir nicht fördern. Wertschöpfung aus regenerativen Energien sollte im ländlichen Raum verbleiben, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU)

Aber nicht nur beim Energiewandel sind Land- und Forstwirte gefragt. Kulturlandschaften mit ihrer speziellen Flora und Faune existieren nur, wenn Land- und Forstwirtschaft sie erhalten.

Wir stellen uns auch in der neuen EU-Förderperiode mit einem ausgewogenen Angebot an Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen den Herausforderungen von Natura 2000, Wasserrahmenrichtlinie, Klimaschutz und Klimaanpassung.

Gemeinsam mit unseren Land- und Forstwirten wollen wir unsere Naturlandschaft erhalten. Unsere Wälder sind die grünen Lungen unserer Erde. Allein im lebenden Holz der Wälder SachsenAnhalts sind etwa 26 Millionen t CO2 gebunden. Hinzu kommen enorme Speicher in den Waldböden.

Wir müssen für die Zukunft Wälder aufbauen, die nicht nur ertragreich sind, sondern auch veränderte Wuchsbedingungen aushalten. Risikoreduzierung durch Mischbestände heißt, eine breite Palette von Baumarten standortbezogen zu nutzen. Bei entsprechender Eignung wollen wir dabei auf nicht heimische Baumarten zurückgreifen. Hierbei darf es kein ideologisches Dogma geben.

Auch in der Landwirtschaft sind weitere Anpassungsmaßnahmen erforderlich. Immissionsschutz ist zum Bespiel ein Thema, das wir aktiv begleiten. Wir haben im Kabinett deshalb eine langfristig vorbeugende Erosionsschutzstrategie beschlossen.

Ein intelligentes Wassermanagement wird künftig immer wichtiger. Es umfasst aber nicht nur die Beseitigung des Wassers aus der Fläche, es müssen auch Vorkehrungen getroffen werden, Wasser in trockenen Jahren auf die Fläche zu bringen. Das ist nur durch die Umsetzung eines ganzen Maßnahmenbündels möglich.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal anmerken, dass wir das erste Bundesland sind, das sich in Deutschland dem Phänomen des Grundwasseranstiegs und der Flächenvernässung in dieser Gesamtheit stellt. Lassen Sie mich an dieser Stelle auch sehr herzlich dem zeitweiligen Ausschuss für seine konstruktive Arbeit in dieser Frage danken.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Sie wissen - wofür ich in den Zeiten der Haushaltskonsolidierung sehr dankbar bin -, dass wir einen Fonds von 30 Millionen € aufgelegt haben, um Maßnahmen durchzuführen, um mit den Problemen fertig zu werden.

Klar muss aber auch allen Beteiligten sein, dass es nicht allein das Land sein kann, das finanziell in die Bresche springt. Betroffenen und späteren Nutznießern ist es auch zuzumuten, sich hierbei entsprechend zu engagieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den wesentlichen Rahmen für die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft und den ländlichen Raum in Europa bildet die gemeinsame Agrarpolitik. Derzeit werden die Eckpfeiler für die neue Förderperiode 2014 bis 2020 gesetzt. Endgültige Entscheidungen kennen wir noch nicht. Auf EU-Ebene erfolgt die abschließende Meinungsbildung voraussichtlich bis Juli. Danach sind nationale und regionale Entscheidungen erforderlich.

Der Beitrag der Landwirtschaft zum Umwelt-, Natur- und Klimaschutz soll weiter steigen. Dazu werden ca. 30 % der Direktzahlungen, die die Landwirte je Hektar erhalten, an die Erbringung von Umweltleistungen gebunden. Ich möchte betonen, dass ich durchaus der Auffassung bin, dass Landwirtschaft auch verstärkt an Umweltleistungen gemessen werden muss.

Ein wesentlicher Verhandlungserfolg der Bundesregierung ist aber, dass ökologische Vorrangflächen weiterhin wirtschaftlich genutzt werden können. Sie werden nun nicht, wie ursprünglich angedacht, der Wirtschaft durch Stilllegung entzogen. Das wäre angesichts des Nahrungsmittel- und Rohstoffbedarfs auf dieser Welt auch das absolut falsche Signal.

Trotzdem wird dieses Greening der Direktzahlungen nicht ohne Auswirkungen auf die Einkommenssituation der Landwirte bleiben. Denn es bedeutet, bei gleichzeitig sinkenden Transferzahlungen je Hektar gestiegene gesellschaftliche Anforderungen zu erfüllen.

In den vergangenen drei Wirtschaftsjahren stellten die Betriebsprämien bei den Haupterwerbsbetrieben fast vollständig den Gewinn. Das heißt, jeder Einschnitt wird die Betriebsergebnisse spürbar belasten. Und es wird zu erheblichen Einschnitten kommen.

Erstens stehen weniger Mittel zur Verfügung.

Zweitens. Es erfolgt eine Angleichung der Direktzahlungen je Hektar in der EU, unter anderem zulasten Deutschlands.

Drittens. Es erfolgt eine Angleichung der Direktzahlungen je Hektar in Deutschland, unter anderem zulasten Sachsen-Anhalts.

Viertens. Es steht noch nicht fest, was darüber hinaus aus dem Direktzahlungstopf sonst noch finanziert werden muss, zum Beispiel die Junglandwirteregelung oder die Ausgleichszulagen.

Fünftens. Es wird nach jetziger Diskussionslage national zu entscheiden sein, ob größeren Betrieben durch Kappungen und Degressionen Mittel entzogen werden.