Protokoll der Sitzung vom 12.09.2013

Gleichwohl, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es - das ist in den Redebeiträgen deutlich geworden - um die Attraktivität eines Berufes. Schulleiter zu sein, erschien mir, als ich selber Schülerin war, zu meiner Zeit als etwas ganz Besonderes. Ich weiß natürlich auch, wenn man über den Tellerrand schaut, dass nicht nur Sachsen-Anhalt Probleme damit hat, Schulleiterstellen zu besetzen und dass dieser Beruf wahrscheinlich an Attraktivität verloren hat.

Was hat ein Schulleiter zu tun? - Ein Schulleiter von heute ist Lehrer mit zusätzlichen Aufgaben. Ein Schulleiter muss für einen geordneten Schul

betrieb und Unterricht sorgen. Er muss sich über das Unterrichtsgeschehen informieren, die Einhaltung der Schulpflicht überwachen sowie die Schule nach außen repräsentieren. Er ist weisungsberechtigt gegenüber dem Lehrpersonal und muss dieses bei Problemen beraten und die Zusammenarbeit fördern. Das ist wirklich eine ganze Menge, und in kleinen Schulen, besonders Grundschulen, kommt auch noch eine ganze Menge eigener Unterricht dazu.

Die Erweiterung dieses Anforderungsspektrums sollte eigentlich die Wertschätzung für diesen Beruf erhöhen. Aber das Gegenteil scheint der Fall zu sein; denn sonst würden wir hier nicht stehen und über das Thema debattieren.

Wer an mehr Eigenverantwortung für Schule denkt - das tun wir -, muss auch davon ausgehen, dass Schulleiter neue Aufgaben zu erfüllen haben. Sie haben zukünftig noch mehr Rechts- und Finanzfragen zu klären, Schulqualitätsentwicklung voranzutreiben, Konferenzen modern zu führen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Moderne Schulleiterinnen und Schulleiter sollen führen und managen und dabei sollen sie Führungsstile finden, die zu einer modernen Schule passen.

Übrigens sind auch Lehrerkollegien außerordentlich heterogen und müssen als solche auch geführt werden. Deshalb werden in Sachsen-Anhalt Qualifizierungen für Führungskräfte und solche, die es werden wollen, angeboten. FeSA und ein speziell für die neuen Aufgaben von Schulleitung eingerichteter Studiengang an der Martin-Luther-Universität, nämlich Management in Bildungseinrichtungen, sollen den Führungskräften in unseren Schulen das notwendige Know-how vermitteln.

Deshalb scheint es im Kontext unseres Antrages und des Problems geboten, in der Berichterstattung der Landesregierung auch Antworten darauf zu erhalten, inwieweit die so qualifizierten Lehrkräfte in Führungsverantwortung kommen und gekommen sind, um ihr erworbenes Wissen einzusetzen. Zudem ist zu klären, wie die Personalentwicklung auf dieser Ebene insgesamt organisiert ist und wie das Potenzial der qualifizierten Kolleginnen und Kollegen genutzt wird.

Weiterhin sollte von Interesse sein, wie sich die neu definierten Aufgaben von Schulleitungen auf die Gestaltung des Auswahlverfahrens auswirken. Hierfür schafft unser Antrag den nötigen Beratungsraum. Deswegen bitte ich Sie darum, ihn zu unterstützen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Frau Kollegin. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Frau Professor Dr. Dalbert.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Problem der Besetzung von Schulleiterstellen scheint zumindest nicht abzunehmen. Es wird ein Zahlennebel geworfen. Wir haben im letzten Jahr eine Kleine Anfrage gestellt. In der Antwort darauf hieß es, 64 Schulleiterstellen seien nicht besetzt. An welchem Punkt der Zielgeraden sich dieser Verfahrensstand befand, wurde uns damals nicht mitgeteilt.

Jetzt haben wir in der Zeitung gelesen, es seien 133 Schulleiterstellen. Jetzt sind es nur 67 offene Stelle und weitere Besetzungen sind auf der Zielgeraden. Man kann die Zahlen möglicherweise nicht vergleichen. Deswegen sage ich ganz vorsichtig: Das Problem der Besetzung von Schulleiterstellen scheint zumindest nicht abzunehmen.

Eine Schule ohne Schulleitung ist kopflos: Die Schule steht und fällt mit der Schulleitung. Sie ist ein ganz zentraler Faktor bei der Qualitätssteuerung und bei der Entwicklung von Schule.

Deswegen sind wir der Fraktion DIE LINKE überaus dankbar dafür, dass sie mit ihrem Antrag dieses Thema ins Parlament hineingetragen hat.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Warum ist Schulleitung so wichtig? - Schulleitung ist nicht nur für einfache organisatorische Aufgaben zuständig, sondern Schulleitung hat komplexe Managementaufgaben. Die Schule ist heute wie ein mittelständischer Betrieb, in dem viele Serviceabnehmer vorhanden sind, die zufriedengestellt werden sollen, nämlich die Schülerinnen und Schüler sowie die Eltern.

Es gibt ein heterogenes Team an Personal, das betreut werden will. Es besteht die Aufgabe, dass eine Schulleitung das pädagogische Konzept der Schule weiterentwickeln muss. Die Schulleitung ist verantwortlich für die Personalentwicklung. Damit ist die Schulleitung auch verantwortlich für die Weiterbildung vor Ort an der Schule. Ich könnte noch weitere Aspekte aufführen.

All dies sind zentrale Aufgaben, die zur Qualität der Schule und damit zur Qualität der Bildung unserer Kinder beitragen. Deswegen gibt es beispielsweise auch bei uns im Land, aber auch in Rheinland-Pfalz, Studiengänge, die Schulleiterinnen und Schulleiter auf diese komplexen Managementaufgaben vorbereiten.

Nun haben wir an dieser Stelle das Problem, dass diese Stellen ganz offensichtlich nicht so ganz einfach zu besetzen sind. Ich stimme dem Minister zu, wenn er sagt, man könne nicht sagen, woran das im Einzelnen liege, weil das je nach Fall ganz unterschiedlich sei.

Der Antrag der LINKEN legt nahe, dass es am Bewerbungsverfahren liegt. Es mag sein, dass das

Bewerbungsverfahren, also das schnelle Verfallsdatum der Bewerbungsunterlagen, das Sie, Frau Hohmann, dargestellt haben, ein Aspekt ist, der dazu beiträgt, dass an dieser Stelle Hürden aufgebaut werden, die höher sind als in anderen Ländern.

Ich finde es sehr berechtigt, dass wir uns im Ausschuss ansehen und prüfen, ob man sich an dieser Stelle nicht ein bisschen an die Zeitleisten anpassen kann, die in anderen Ländern gelten.

Ich glaube allerdings, dass der Antrag der LINKEN an der Stelle zu kurz springt. Ich will mir auch nicht anmaßen, zu sagen, dass ich weiß, woran es liegt, dass wir an der einen oder anderer Stelle massive Probleme haben, diese Schulleiterstellen zu besetzen.

Ich möchte die Hypothese in den Raum stellen, dass es vielleicht auch daran liegt - das habe ich aus Gesprächen mit möglichen Kandidaten und Kandidatinnen für solche Stellen mitgenommen -, dass diese Stellen nicht attraktiv sind. Sie sind schlicht nicht attraktiv.

Warum sind sie nicht attraktiv? - Ich habe die Komplexität der Aufgaben eben beschrieben. Das, was man finanziell dazugewinnt, wenn man es denn überhaupt gewinnt, ist nicht herausragend, wenn man nicht aufgrund des Beförderungsstaus oder wegen der Besetzung einer Altersteilzeitstelle ohnehin nichts hinzugewinnt.

Die Entlastung vom Unterricht steht möglicherweise auch in keinem Verhältnis zu den Belastungen, die mit den Aufgaben eines Schulleiters auf einen zukommen. Man erwartet überdies komplexe Steuerungsaufgaben von der Schulleitung, aber die Schulleitung hat eigentlich nicht den Gestaltungsfreiraum, den sie dazu braucht. Deswegen sagen wir hier in diesem Hohen Hause, dass wir selbständigere Schulen haben wollen.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Man kann also nicht tun, was man will. Man bekommt nicht das Geld, das einem für diese komplexen Aufgaben eigentlich zusteht. Nebenher muss man in einem hohen Maße unterrichten. Das ist kein attraktiver Job. Das, so glaube ich, müssen wir uns anschauen und nicht nur die Bewerbungsverfahren. Meinetwegen können wir uns auch die Bewerbungsverfahren anschauen. Wir müssen uns ansehen, was wir tun können, um diesen Job attraktiver zu machen, der so zentral für die Qualität von Bildung und von Schule ist.

An dieser Stelle lese ich den Antrag von CDU und SPD ganz anders als Sie, Frau Hohmann. Mit Blick auf den ersten Absatz stimme ich Ihnen zu. Aber mit Blick auf den zweiten Absatz denke ich, dass man die Möglichkeiten, die Gesetze so zu nutzen, dass man die Anzahl der unbesetzten Stellen

weiter reduziert, ausloten sollte. Das halte ich für einen guten Vorschlag.

Insofern sind für uns aus den genannten Gründen beide Anträge zustimmungsfähig, und ich beantrage für beide Anträge die Überweisung in den Ausschuss. Dann können wir uns die aufgeworfenen Probleme noch einmal im Detail anschauen und gemeinsam Druck machen, damit wir tatsächlich, Frau Hohmann, gemeinsam einen Schritt weiterkommen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke sehr, Frau Professor Dr. Dalbert. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Reinecke.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es zunächst einmal erfreulich, dass, wie vom Minister dargestellt, die meisten kurz vor dem Schuljahresbeginn noch offenen Stellen für Schulleiterinnen und Schulleiter in Sachsen-Anhalt inzwischen besetzt sind. Stellt sich die Frage, warum nicht eher ein solcher Besetzungsstand erreicht werden konnte, in der Tat.

Im Falle von Konkurrentenklagen sind Verzögerungen der Preis für die Einhaltung rechtstaatlicher Normen, die wohl niemand abschaffen will. Hierzu wäre zu prüfen, ob sich durch das Vorziehen von Bewerbungsterminen und zügige Klageverfahren nicht doch Zeit gewinnen ließe.

Andere Hemmnisse sind der festgestellte Beförderungsstau und im Falle von Grundschulen die geringe Höhe der Leiterzulagen. Das sind Punkte, die meine Vorrednerinnen schon angesprochen haben. Ich erwarte von der Landesregierung entsprechende Analysen und darauf aufbauende Änderungsvorschläge.

Gleichwohl möchte ich noch einmal das Argument bedienen, dass in den Gesprächen auch zum Ausdruck kommt, dass es nicht in erster Linie immer nur um die Bezahlung geht. Vielmehr ist das Stichwort „Gestaltungsspielräume für Schulleiter“ an dieser Stelle nicht zu unterschätzen. Die Komplexität wurde von meiner Kollegin Edwina KochKupfer schon gut ausgeführt.

Dass sich gerade für die kleinen Grundschulen keine Bewerber finden, hat wohl auch mit der Tatsache zu tun, dass dort, wo wenig Schüler sind, auch nur wenige Lehrer als potenzielle Bewerber für eine Leiterstelle tätig sind.

Ein gewisses Verständnis habe ich für unbesetzte Leiterstellen in vakanten Schulen. Der Minister hat es angesprochen. Dort werden sich potenzielle Interessenten für eine offene Stelle ebenso zu

rückhalten wie die verantwortlichen Schulträger. Sprich: Thema Schulentwicklungsplanung. Trotzdem kann man mehr machen, wie ich meine, wenn man über die Einzelschule hinaus denkt und potenziellen Bewerbern zukünftige Einsatzperspektiven über den aktuellen Schulstandort hinaus eröffnet.

In diesem Zusammenhang bitte ich die Landesregierung um eine Analyse zu der Frage, an welchen Schulen bis zum Jahr 2020 die Leiterinnen und Leiter altersbedingt ausscheiden werden und wie bis dahin und darüber hinaus der Leitungsnachwuchs allgemein und schulbezogen gesichert werden kann.

(Zustimmung bei der SPD)

Die rechtzeitige Besetzung der offenen Stellen für Schulleiterinnen und Schulleiter ist, wie wir gemerkt haben, politisch sensibel. Ich verweise einfach noch einmal auf die Medienberichte im Land Sachsen-Anhalt. Aber wir haben uns natürlich auch bundesweit umgeschaut und die Nachrichten aus Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern waren ähnlich. Dass soll uns nicht beruhigen, aber erwähnen möchte ich es an dieser Stelle trotzdem.

Es spricht vieles dafür, dass zukünftig nur in besonders begründeten Ausnahmefällen Stellen für Schulleiterinnen und Schulleiter unbesetzt bleiben. Wir gehen davon aus, dass sich die in diesem Jahr zugespitzten Besetzungsprobleme durch untergesetzliche Regelungen zurückdrängen lassen. Genau das wollen wir uns im Ausschuss anschauen.

Ich bin meiner Kollegin Professor Claudia Dalbert, die den Änderungsantrag unterstützt hat, sehr dankbar, weil wir uns das Aufgabenprofil genau anschauen wollen und die Möglichkeiten, das Potenzial an Verbesserungen im Fachausschuss besprechen wollen. In diesem Sinne werbe ich für die Unterstützung unseres Änderungsantrags. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr. - Frau Kollegin Hohmann verzichtet auf eine Erwiderung. Dann treten wir in das Abstimmungsverfahren ein. Es wurde zunächst eine Überweisung beider Anträge in den Bildungsausschuss verlangt. Wer stimmt der Überweisung zu? - Das sind die Oppositionsfraktionen und Teile der Koalitionsfraktionen.

(Zuruf von Herrn Erben, SPD)

Wer stimmt der Überweisung beider Anträge zu? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Die Überweisung ist abgelehnt worden.

Damit stimmen wir jetzt über die Anträge selbst ab, zunächst über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drs. 6/2410. Wer stimmt dem zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit hat der Änderungsantrag eine Mehrheit gefunden.

Wir stimmen jetzt über den Ursprungsantrag in der Drs. 6/2391 in der soeben geänderten Fassung ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Antrag in der geänderten Fassung angenommen worden und der Tagesordnungspunkt 15 ist erledigt.