Protokoll der Sitzung vom 15.11.2013

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Werter Herr Dr. Thiel, ich werde mich bemühen, etwas mehr Sachlichkeit in die Debatte zu bringen. Sie hatten um Aufklärung durch die Landesregierung gebeten. Ich glaube nicht, dass sich das schöne, beschauliche Städtchen Wolmirstedt für einen kompletten Rundumschlag gegen die Landesregierung eignet.

(Zustimmung bei der CDU)

Also, Herr Dr. Thiel, etwas Sachlichkeit auch in der Zukunft wäre angebracht.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Das war ja auch mehr gegen die CDU als gegen die Landes- regierung! - Zuruf von Herrn Henke, DIE LINKE - Herr Schröder, CDU: Man kann es ja mal versuchen!)

- Ich darf ja hier nicht sagen, was ich in einer ehrenamtlichen Funktion bin. Ich spreche hier für die Landesregierung, Herr Gallert, sonst hätte ich Ihnen jetzt geantwortet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Thiel, ich kann es Ihnen nicht ersparen, ich muss hier für das Protokoll noch einmal vollumfänglich das vortragen, was ich schon gestern vorgetragen habe;

(Oh! bei der LINKEN)

denn bei dem Vorhaben Jahn-Sporthalle Wolmirstedt handelt es sich um eine Fördermaßnahme im Rahmen der Städtebauförderung.

(Zurufe von der LINKEN und von der CDU)

Hierbei sind auf Antrag der Stadt Wolmirstedt Fördermittel des Bundes, des Landes und der Europäischen Union gewährt worden.

(Unruhe bei der LINKEN)

- Warum sind Sie denn so aufgeregt?

(Heiterkeit bei der CDU - Zuruf von der CDU: Das ist genau der Punkt! - Weitere Zu- rufe von der CDU)

Die Stadt Wolmirstedt hat ihrerseits in dem entsprechenden Finanzierungsverhältnis zulasten des kommunalen Haushaltes die erforderlichen Eigenmittel beigesteuert. - So weit zur Förderung des Vorhabens bzw. zum Förderverhältnis zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und der Stadt Wolmirstedt.

Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Verwendung der Fördermittel - die Eigenmittel zulasten des kommunalen Haushaltes eingeschlossen - erfolgte auf der Grundlage des abschließenden Verwendungsnachweises der Stadt Wolmirstedt, der dem Landesverwaltungsamt am 31. August 2011 vorgelegt wurde.

Der Prüfbericht des Landesverwaltungsamtes datiert vom 6. Dezember 2011. Zu seinem Ergebnis ist gestern im Rahmen der Fragestunde von mir bereits ausführlich vorgetragen worden.

Außerdem erfolgte im Verlaufe der Sanierungsmaßnahme aufgrund des Einsatzes von Mitteln der Europäischen Union am 30. August 2010 eine VorOrt-Kontrolle gemäß Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 1828/2006. Auch zu dem Ergebnis dieser Kontrolle ist bereits gestern von mir berichtet worden.

Der Teil der Finanzierung des Vorhabens, der die von mir aufgezeigte Förderung von Bund, Land, Europäischer Union und Stadt Wolmirstedt übersteigt, für den Vereinbarungen, Bürgschaften und so weiter zwischen der Stadt Wolmirstedt und dem Taekwondo-Verein geschlossen bzw. gewährt wurden, berührt in keiner Weise die Förderung vonseiten des Landes und unterliegt auch nicht dessen Prüfung.

Ich habe aber gelesen, dass der Abgeordnete Dr. Thiel auf einer Pressekonferenz am 13. November 2013 die Frage gestellt hat, wie es zu der Übernahme der Bürgschaft gekommen sei. Zudem hat er geäußert, dass dabei angeblich Bedenken vom Tisch gewischt worden seien.

Sehr geehrter Herr Dr. Thiel, obwohl dies nicht in meine Zuständigkeit fällt, möchte ich doch im Interesse der Sache versuchen, zu versachlichen und für Aufklärung zu sorgen. So verstehe ich auch Ihren Antrag auf Durchführung dieser Aktuellen Debatte.

Die Antwort auf die Frage, wie es zur Übernahme der Bürgschaft gekommen ist, ist denkbar einfach und auch öffentlich nachzulesen, allerdings nicht in der Zeitung, sondern in den Beschlüssen des Stadtrates.

Die Bürgschaft, sehr geehrter Herr Dr. Thiel, kam zustande, weil der Stadtrat von Wolmirstedt dies gewollt und auch beschlossen hat. Bereits am 6. Juni 2007 - Sie haben es gesagt - hatten sich die Fraktionsvorsitzenden der CDU, der SPD, der FUWG und der damaligen PDS in einem gemeinsamen Schreiben mit der Bitte an den damaligen Bürgermeister gewandt, den Taekwondo-Sportverein im Rahmen der Sanierung der Jahn-Halle als künftiges Leistungs- und Trainingszentrum zu unterstützen.

Entsprechend dieser gemeinsamen Linie beschloss der Stadtrat am 15. Oktober 2009 die Übernahme einer Bürgschaft der Stadt Wolmirstedt für einen zweckgebundenen Kredit des Taekwondo-Sportvereins. Dieser Kredit war für die Zwischenfinanzierung der bewilligten Fördermittel sowie der beim Landesverwaltungsamt beantragten Mehrkosten zweckgebunden.

Dieser Beschluss wurde - das ist vielleicht insbesondere für den Antragsteller dieser Aktuellen Debatte von besonderem Interesse - mit 21 Jastimmen und einer Gegenstimme gefasst, also beinahe einstimmig.

Entsprechend unserer Gemeindeordnung bedurfte dieser Beschluss zu seinem Wirksamwerden auch der Zustimmung der Kommunalaufsicht. Die Voraussetzungen und die Bedingungen dafür sind in dem Runderlass des Innenministeriums vom 20. März 1991, der noch heute gilt, geregelt. Da diese Voraussetzungen in dem vorliegenden Fall

vorlagen, stand der partei- und fraktionsübergreifend gewollten Übernahme einer Bürgschaft durch die Stadt Wolmirstedt nichts im Wege.

Sehr geehrter Herr Dr. Thiel, ich kann Ihnen, wenn Sie es möchten, diesen Beschluss des Stadtrates vorlegen. Er steht mir zur Verfügung; denn er ist öffentlich.

Außerdem möchte ich eine kleine Anmerkung zu den Mitteln der Städtebauförderung machen. Dabei handelt es sich nicht ausschließlich um Mittel des Landes Sachsen-Anhalt und des Bundes, sondern auch um Mittel der Kommunen. Die Kommunen finanzieren diese Mittel zu jeweils einem Drittel. Damit haben die Kommunen ein großes Mitspracherecht bei der Verwendung dieser Mittel.

Ich weiß, dass die Kommunen sehr sorgsam mit diesen Mitteln umgehen. Ich weiß aber auch, dass es im Fall Wolmirstedts vielleicht doch besser gewesen wäre, wenn die Stadt diese Jahn-Halle gebaut hätte. Dann würde es diese ganzen Diskussionen heute nicht geben. Die Mehrkosten würden dann dort auflaufen, wo sie immer auflaufen, nämlich beim Bauherrn. Da aber die Stadt damals den Verein gedrängt hat, diese Halle zu bauen, ist es zu dieser Problematik gekommen. Deshalb stehen wir heute hier und diskutieren darüber.

Lieber Herr Dr. Thiel, ich hoffe, Ihre Fragen beantwortet zu haben und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Herr Minister. Ich glaube, Herr Dr. Thiel hat noch eine Frage. Würden Sie sie beantworten?

Natürlich, gern.

Bitte.

Lieber Herr Minister Webel, die Erkenntnis, dass die Stadt den Verein gedrängt hat, die Halle zu bauen, ist für mich neu. Ich glaube, das sollten wir sich setzen lassen und wir sollten in Wolmirstedt noch einmal darüber diskutieren, ob es so verlaufen ist. - Erstens.

Zweitens. Sie haben explizit gesagt, dass der Stadtrat am 1. Oktober 2009 einen Beschluss zur Übernahme der Bürgschaft gefasst habe. Bereits damals war aber schon klar, dass eigentlich die Stadt Fördermittelempfänger sein muss und demzufolge auch Bauherr. Deswegen verstehe ich die

Zusammenhänge noch immer nicht richtig. Es gab zu dem Zeitpunkt vom damaligen Verkehrs- und Bauministeriums bereits die Information, dass der Verein als solcher nicht förderfähig sei und dass die Stadt an dieser Stelle die Verantwortung übernehmen müsse. Trotzdem fungierte der Verein nach wie vor als Bauherr und der Stadt war es nicht möglich, auf das Baugeschehen Einfluss zu nehmen.

Drittens. Gab es - Sie haben das gestern beiläufig erwähnt - im Entstehungsprozess dieses Bauvorhabens bzw. in der Baubegleitung regelmäßige Kontakte Ihres Ministeriums, das Sie jetzt zu vertreten haben, mit Vertretern der Stadt Wolmirstedt?

Sehr geehrter Herr Dr. Thiel, die letzte Frage ist die einfachste, weil ich die Antwort darauf verlesen kann. Diese hat Dr. Putz, der Leiter meines Ministerbüros, gestern in das Haus hineingegeben. Ich werde Ihnen das Schreiben vorlesen:

Sehr geehrter Herr Dr. Putz, ihre Frage, ob Mitarbeiter des Hauses bzw. der Abteilung 2, des Fachreferates, in der oben genannten Angelegenheit im Zeitraum 2008 bis 2010 vor Ort zu Gesprächen in Wolmirstedt weilten bzw. Mitarbeiter der Stadtverwaltung bzw. des Taekwondo-Vereins im Ministerium empfangen haben, beantworte ich wie folgt:

Vor-Ort-Besuche in Wolmirstedt zum Vorhaben hat es nicht gegeben. Gespräche zur Städtebauförderung im Ministerium, die allerdings nicht ausschließlich dem Vorhaben Jahn-Sporthalle gewidmet waren, hat es wie mit einer Vielzahl anderer Kommunen im Hinblick auf die Vorbereitung der jährlichen Programmanmeldung oder aber im Hinblick auf die Programmdurchführung vermutlich gegeben. Diese können angesichts nicht mehr vorhandener Terminplaner aus jener Zeit aber nicht konkret terminlich festgemacht werden.

So viel zu dieser Frage.

Mit dem Satz, dass die Stadt den Verein gedrängt habe, die Halle zu bauen, ist die Aussage verbunden gewesen, dass es für alle Fördermittelgeber eigentlich besser wäre, wenn Kommunen bauen. Das hat sich bei der Sportstättenförderung, aber auch bei allen anderen als sehr gut erwiesen. Es gibt aber Situationen, in denen die Städte anders entscheiden. Auch die Stadt Magdeburg gibt Mittel an private Bauherren weiter, wie jede andere Kommune auch, wenn es um die Städtebauförderung geht.

Die Stadt Wolmirstedt hat diese Entscheidung getroffen und sie hat dem Verein damals fälschlicherweise mitgeteilt, dass nur der Verein diese

Fördermittel in Empfang nehmen könne und nicht die Stadt Wolmirstedt. Unter dieser Voraussetzung ist dieses Problem damals zustande gekommen. Ich denke, wir würden heute hier nicht darüber diskutieren, wenn die Stadt Bauherr gewesen wäre.

Im Übrigen diskutiert keine Mensch über den Fall, - auch das steht in der Zeitung, das können Sie nachlesen; ich lese die „Wolmirstedter Volksstimme“ -, bei dem die Stadt Wolmirstedt als Bauherr die Diesterweg-Schule mit Fördermitteln ausgebaut hat. Da war damals die Stadtverwaltung Bauherr gewesen und nicht ein Verein. Es gab Probleme bei der Ausschreibung. Die Stadt musste letztlich Fördermittel in Höhe von mehr als 300 000 € zurückzahlen. Das ist wirklich ein Problem für die Stadt Wolmirstedt. Wir diskutieren jetzt über ein Problem, das noch gar nicht ansteht. Die Gerichte entscheiden darüber, ob die Stadt Wolmirstedt einen Schaden erlitten hat oder nicht.

Über die Fördermittel im Fall der Diesterweg-Schule redet kein Mensch. In diesem Fall hat die fördermittelgebende Stelle knallhart gesagt: Die Ausschreibungsbedingungen wurden nicht eingehalten, mehr als 300 000 € werden zurückgefordert.

Im Land Sachsen-Anhalt gibt es keinen Korruptionsfilz. Wo Fördermittel zweckmäßig verwendet werden, ist das in Ordnung; wo sie unzweckmäßig verwendet werden, werden sie zurückgefordert.

Dies hat mich als Landrat des Ohrekreises auch getroffen: Weil der ehemalige Landkreis Haldensleben Anfang der 90er-Jahre Fördermittel, die für sein Krankenhaus ausgereicht worden sind, nicht zweckgemäß eingesetzt hat, musste dann der Ohrekreis diese Fördermittel zurückzahlen. So ist das im Leben.

Aber die Landesverwaltung - Thomas Leimbach hat viele Jahre das Landesverwaltungsamt geleitet - passt schon peinlich genau auf, dass kein Geld verloren geht. Zudem hat das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Börde, von dem es einen Vermerk dazu gibt - das habe ich Ihnen gestern gesagt - nicht förderfähige Ausgaben im Umfang von 58 000 € festgestellt. Also: Das mit den Prüfungen klappt schon; von Skandal und Sumpf kann keine Rede sein. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)