Protokoll der Sitzung vom 12.12.2013

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung hat am 13. November 2013 ein Aufgabenerledigungskonzept vorgelegt, welches den Landtagsbeschluss vom 11. November 2011 umsetzen soll. Zum Haushaltsaufstellungsverfahren für den Haushalt 2014 sollte hinsichtlich des Aufgabenbestandes, des Verwaltungsaufbaus und des Aufgabenvollzuges ein strukturelles Konzept erstellt werden, welches die Personalzielzahlen unter Berücksichtigung des PEK 2011 bis zum 31. Dezember 2019 darstellen soll.

Der Zeitpunkt der Vorlage war zwar bezüglich der Beschlussrealisierung etwas verspätet - das haben Sie bereits angesprochen -, aber inhaltlich gilt dieser Landtagsbeschluss zunächst als erfüllt.

Die Fragen, die hinter dem Antrag und unserem Alternativantrag stehen, lauten: Wie wird dieses Aufgabenerledigungskonzept qualitativ bewertet? Stellt dieses Konzept wirklich eine ausreichende Grundlage für einen Aufgabenverzicht, für Strukturveränderungen, für den zukünftigen Verwaltungsaufbau dar, damit die Personalzielzahlen des PEK erreicht werden?

Diese Bewertung können wir hier und heute nicht vornehmen. Aber bei genauer Betrachtung scheint es keine Punktlandung zwischen dem Personalabbau, dem zukünftigen Aufgabenbestand, dem Personalsachstandsbericht und dem PEK zu geben. Das haben Sie bereits gesagt.

Da im Bericht die Aufgabenkritik auf unterschiedliche Weise und in unterschiedlicher Tiefe - das ist übrigens eine Formulierung aus dem Aufgabenerledigungskonzept - erfolgt ist, halten wir es für geboten, dass sich die Fachausschüsse damit auseinandersetzen. Bei den Aufgaben ist mit Sicherheit eine Unterscheidung vorzunehmen; denn bestimmte Aufgaben sind unverzichtbar, etwa gesetzliche Pflichtaufgaben, die auf EU- oder Bundesrecht beruhen. Es gibt aber auch Aufgaben, die politischen Vorgaben oder strategischen Zielvorgaben entsprechen, die aber theoretisch durch die Politik veränderbar wären.

Die Aufgabenverzichtsvorschläge beziehen also in erster Linie auf kleinere freiwillige Aufgaben, wobei der Anteil der freiwilligen Aufgaben gegenüber dem der Pflichtaufgaben weniger als 15 % ausmacht. Somit, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird deutlich, dass nur ein sehr geringer Spielraum besteht.

Des Weiteren schlägt die Landesregierung vor, Aufgaben zu privatisieren bzw. teilweise zu privatisieren, und nennt dabei unter anderem das Landesgestüt und den behördeninternen Post- und Botendienst. In diesem Zusammenhang erinnere ich an unsere Haushaltsberatungen, Stichwort Landesschulamt, als wir festgestellt haben, dass der Post- und Botendienst wesentlich teurer geworden ist, seit er outgesourct worden ist. Solche Dinge dürfen natürlich nicht passieren.

Des Weiteren sind Aufgaben zu verlagern, die innerhalb der Landesverwaltung liegen. Dazu werden zum Beispiel das zentrale Liegenschaftsmanagement und die zentrale Beschaffung genannt.

Das nächste Beispiel betrifft die Aufgabenverlagerung auf die Kommunen. Hierzu werden beispielhaft die offene Altenhilfe, das Familienförderungsgesetz, der Ausbau früher Hilfen, die Bewertung von Grundvermögen in Land- und Forstwirtschaft etc. genannt.

An dieser Stelle möchte ich an Folgendes erinnern: Wir haben in diesem Hohen Haus schon mehrere Gebietsreformen beschlossen und haben in diesem Zusammenhang meistens auch eine Funktionalreform angekündigt; diese ist uns - dabei beziehe ich die CDU-Fraktion mit ein - dann aber auf halbem Weg stecken geblieben. An dieser Stelle ist also noch sehr, sehr viel zu tun.

(Beifall bei der LINKEN - Herr Czeke, DIE LINKE: Der erste Weg zur Besserung!)

Darüber hinaus wird die Aufgabenverlagerung außerhalb der Landesverwaltung und Kooperation mit Dritten genannt. Auch das ist sehr spannend; denn dort wird als Beispiel der Beitritt des Landes zur Mehrländeranstalt Dataport genannt.

Ob damit wirklich Geld eingespart wird, können wir oder zumindest ich, auch als Mitglied des Finanzausschusses, heute noch nicht einschätzen. Das wird die Zukunft zeigen. Aber eines steht fest: Die Mitarbeiter des Landesrechenzentrums gehen, wenn sie das wollen, weitestgehend zu Dataport über und zählen nicht mehr zum Landespersonal.

(Zuruf von der CDU)

Aber die Gehälter werden trotzdem über unseren Landeshaushalt indirekt weiter bezahlt. Anstalten, Körperschaften und Stiftungen des öffentlichen Rechts sind nicht Bestandteil des PEK und auch nicht der Ressortkonzeption im Aufgabenerledigungskonzept. Sie sind auch praktisch weitestgehend außen vor, da der Einfluss der Parlamentarier hierbei nur noch sehr gering ist.

Das kritisieren übrigens alle Fraktionen, da durch Auslagerung bzw. auch Gründung von Anstalten das Personal eben nicht mehr in der Gesamtbilanz des Landespersonals auftaucht, die Gehälter aber

trotzdem weiterhin Bestandteil des Landeshaushalts bleiben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist Augenwischerei. Wenn wir also gemeinsam feststellen, dass uns bestimmte Aufgaben wichtig sind oder dass bestimmte Aufgaben kurzfristig an Bedeutung gewinnen - zum Beispiel ist der Hochwasserschutz angesprochen worden -, dann müssen wir auch politisch dazu stehen.

Andererseits muss auch abgewogen werden, dass sich Aufgaben trotz unserer demografischen Entwicklung nicht verändern bzw. auch nicht beeinflussbar sind. Das ist zum Teil schon angesprochen worden, nämlich die Pflege, Sanierung und Erhaltung des Straßennetzes. Auch wenn wir noch so wenig Bevölkerung in Sachsen-Anhalt haben, das Straßennetz muss weiterhin gepflegt werden. Also ist Flexibilität gefragt.

Frau Feußner - -

Ich weiß; ich versuche mich ganz kurz zu fassen. - Dazu soll sich auch das Parlament äußern, da dies politischen Schwerpunktsetzungen entspricht.

Meine sehr verehrte Damen und Herren! Ich schaffe leider nicht mehr alles. Aber in jedem Fall benötigen wir Transparenz im Hinblick auf die Aufgabeerledigung und das dazugehörige Personal, um auch politisch mitentscheiden zu können. Das wird nicht immer so deutlich.

Ich nenne an dieser Stelle die Titelgruppe 96 und beziehe mich darauf, wie viel Personalabbau dort unter Sonstiges geführt wird. Wenn das nachher auch noch mit Tod und Wegzug begründet wird, dann sage ich mir: Wir müssten ja in SachsenAnhalt in unserer Landesverwaltung eine überdimensional hohe Sterberate haben, wenn wir die alle abbauen wollen. Das erscheint uns etwas unklar und undeutlich.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt müssten Sie zum Ende kommen.

Ja. - Abschließend will ich noch einmal deutlich machen: Wir stehen hinter dem Konsolidierungskurs der Landesregierung und wollen dabei helfen, die vorgenommenen Einsparungen im fiskalischen sowie im Personalbereich zu vollziehen. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam intelligente Lösungen finden, um dieses Ziel auch zu erreichen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Jetzt spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Herr Kollege Meister. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dem Land Sachsen-Anhalt steht in den nächsten Jahren weniger Geld für die Erledigung seiner Aufgaben zur Verfügung. Dies ist Anlass und zugleich Zwang, unsere Verwaltung effektiver zu gestalten, Verwaltungsaufgaben und -ausgaben auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen und letztlich Personal abzubauen.

In diesem Haus hat es eine Vielzahl von Initiativen gegeben, von Regierung und Opposition gleichermaßen, um diesem Ziel nahe zu kommen. Die Schlagworte „Personalentwicklungskonzept“, „Aufgabenerledigungskonzept“, „interkommunale Funktionalreform“ seien hier nur als Beispiele genannt. Man kann sich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass doch einiges aneinander vorbeigeht. Ein aktuelles Beispiel ist die Polizeireform in unserem Land.

Das Innenministerium hat darauf verzichtet, den Bereich der Landespolizei im Rahmen des Aufgabenerledigungskonzeptes zu untersuchen. Begründet wurde diese Vorgehensweise mit der Erarbeitung eines Strukturkonzeptes für die Polizei. Das wäre in Ordnung, wenn die Landesregierung wirklich ein Konzept vorlegen und das Parlament an der Diskussion um die beste Lösung beteiligen würde. Das scheint nun in keiner Weise mehr beabsichtigt. So kann man weder die Reform noch das heute thematisierte Aufgabenerledigungskonzept angehen.

Tatsächlich ist es so, dass zwischen den Angaben im Aufgabenerledigungskonzept und denen des Personalentwicklungskonzeptes zum Teil eine erheblich Differenz besteht. Wir müssen also entscheiden, ob wir doch mehr Personal benötigen, was unsere Haushaltskonsolidierung bedroht bzw. erschwert, oder ob und welche Aufgaben wir zukünftig nicht mehr oder nicht mehr in dem bisherigen Umfang erfüllen werden.

Nun zum Aufgabenerledigungskonzept selbst. Der Innenminister hat im November 2012 der EnqueteKommission „Öffentliche Verwaltung konsequent voranbringen - bürgernah und zukunftsfähig gestalten“ gesagt:

„Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, die Aktivitäten der Landesregierung mit den von der Enquete-Kommission zu behandelnden Arbeitsschwerpunkten zeitlich zu verzahnen. Auf diese Weise ließe sich die Arbeit der Enquete-Kommission bestmöglich unterstützen. Zugleich könnten Doppelarbeiten und Doppelbefassungen innerhalb der zuständi

gen Ministerien und der Landesregierung mit ihrer Hilfe weitestgehend vermieden werden.“

Diese Aussage, sehr geehrter Herr Minister, kann ich nur unterstützen. Sieht man sich unter dieser Zielstellung den Zwischenbericht der EnqueteKommission vom 6. November 2013 und den Vorbericht der Landesregierung zu den Aufgabenerledigungskonzepten des Ressorts vom 13. November 2013 an, so stellt man jeweils geflissentliche Kenntnisnahme fest. Aber eben auch nicht mehr.

Im Zwischenbericht der Enquete-Kommission wird dreimal angekündigt, dass der Vorbericht der Landesregierung im Jahr 2013 kommen wird. Umgekehrt wird im Aufgabenerledigungskonzept die Enquete-Kommission einmal im Zusammenhang mit dem Personalentwicklungskonzept erwähnt. Ich zitiere:

„Insbesondere in Umsetzung des zu erwartenden Abschlussberichtes der EnqueteKommission ‚Öffentliche Verwaltung konsequent voranbringen - bürgernah und zukunftsfähig gestalten’ sind bis zum Jahr 2020 wichtige Weichenstellungen zu erwarten.“

Auf den Punkt gebracht: Vor einem Jahr wird vom Innenminister eine Verzahnung der Aktivitäten für sinnvoll gehalten. In den beinahe zeitgleich im November erschienenen Dokumenten reicht es lediglich zur gegenseitigen Kenntnisnahme der Papiere, wobei es wünschenswert wäre, dass die Enquete-Kommission ihre bisherigen Ergebnisse zusammenfasst, um eine solche Verzahnung auch zu ermöglichen. Die Enquete-Kommission läuft sonst Gefahr, dass sie von der Entwicklung im Land überholt wird.

Wir sind an einem Punkt, an dem die verschiedenen Reformbestrebungen zusammengeführt werden müssen, um dann auch praktische Wirkung zu entfalten. Es liegt auf der Hand: Je weiter wir die Lösung für eine Verwaltungsmodernisierung in die Zukunft verlegen, umso weniger sind die erwünschten Effizienzeffekte zu erreichen und umso weniger gelingt es uns, die Kosten im Landeshaushalt zu senken.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE weist einen Weg auf, die notwendigen Entscheidungen herbeizuführen. Er ist ergebnisoffen formuliert, wobei mir klar ist, dass die Zielrichtung durchaus eine andere sein kann als die, die von meiner Fraktion verfolgt wird.

In diesem Sinne ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE zu befürworten. Ob wir dann im Ergebnis der Behandlung des Aufgabenerledigungskonzeptes einer Meinung sein werden, bleibt abzuwarten.

Der Alternativantrag der Regierungsfraktionen ist, was den Weg der Behandlung angeht, weniger

weitgehend und weniger fordernd. Wir würden jedoch, um die Weiterbehandlung zu sichern, trotzdem gegebenenfalls auch dem Alternativantrag zustimmen. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Meister. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Frau Niestädt. Bitte schön, Frau Kollegin.

(Frau Niestädt, SPD: Huch, ich schmeiße ja alles weg!)

- Nicht alles wegschmeißen.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Ja, ich könnte es mir heute eigentlich leicht machen und fordere - wie die Fraktion DIE LINKE zum Beispiel - mehr Einstellungen oder eben die Aufhebung der Ziele des Personalentwicklungskonzepts. Dann brauche ich nicht mehr über Aufgabenkritik nachzudenken und alles könnte bleiben wie bisher. Es ist ja doch ganz nett. Aber ich sage gleich und eindeutig: So geht das nun mal nicht.

Frau Dr. Paschke, wir hatten in der letzten Legislaturperiode aus der Enquete-Kommission heraus im Abschlussbericht genau das, was jetzt vorgelegt wird, auch erstmalig, nämlich: Wie stellt sich Aufgabenkritik dar? Wie funktioniert Aufgabenanalyse? Gibt es eine kritische Überprüfung der Aufgaben? Wo hat man eventuell Aufgabenbündelungen vorzunehmen und wo erfolgt Aufgabenverzicht? - Das waren wesentliche Fragen an die Landesregierung aus der letzten Enquete-Kommission heraus.

Auch wenn man nicht im Detail oder nicht mit allen Punkten des Aufgabenerledigungskonzeptes, also der Meldungen aus den Häusern, in ihrer Zusammenfassung einverstanden ist, so erkenne ich doch an, dass wir erst einmal etwas haben, an dem wir uns weiterentwickeln und abarbeiten. So wie ich es verstanden habe, ist das, was darin steht, auch nicht das letzte Wort, sondern es geht ja weiter. Auch wir wollen einen Teil in die Enquete-Kommission dieser Legislaturperiode übernehmen.