Protokoll der Sitzung vom 12.12.2013

Außerdem hat der Gesetzgeber der Landesregierung im Wassergesetz eine Verordnungsermächtigung erteilt und ausdrücklich auf die Goitzsche abgestellt. Ich möchte an dieser Stelle § 4 Abs. 2 und 3 des Wassergesetzes zitieren. In § 4 geht es um Gewässer erster Ordnung. Für die nicht so Fachkundigen unter uns sei angemerkt: Das sind die Gewässer, die sich in Landesverantwortung befinden. In § 4 Abs. 2 heißt es dazu:

„Das für die Wasserwirtschaft zuständige Ministerium wird ermächtigt, das … genannte Verzeichnis … zu ändern …“

Es geht um das Verzeichnis der Gewässer erster Ordnung. - Weiter steht in § 4 Abs. 3:

„Das für die Wasserwirtschaft zuständige Ministerium wird ermächtigt, die fertiggestellten und aus der Bergaufsicht entlassenen Tagebaurestseen

1. Concordia Nachterstedt …,

2. Geiseltalsee …,

3. Goitzsche …,

4. Golpa Nord …,

5. Rösa …,

einschließlich der jeweils bedeutendsten Abläufe aufgrund ihrer erheblichen wasserwirtschaftlichen Bedeutung durch Verordnung in das in Absatz 1 Nr. 2 genannte Verzeichnis aufzunehmen.“

Zur Erläuterung: Das ist das Verzeichnis der Gewässer erster Ordnung.

Ich kann hier keinen Ermessensspielraum erkennen. Der Gesetzgeber hat Sie, Herr Dr. Aeikens, eindeutig aufgefordert zu handeln.

Wir haben als Landtag noch weitere Anforderungen gestellt. In § 6 haben wir klargestellt, dass Gewässer erster Ordnung Eigentum des Landes sind. Eigentum, welches bereits besteht, bleibt unverändert.

Das heißt für mich: Sie haben mehrfach gegen das Wassergesetz verstoßen. Erstens. Nachdem der Kaufvertrag aus dem Jahr 2006 Rechtskraft erlangte, hätten Sie die Goitzsche in ein Gewässer erster Ordnung überführen müssen, da es im Wesentlichen aus dem Bergrecht entlassen wurde. Die noch im Bergrecht befindlichen Ein- und Aus

laufbauwerke bzw. bestimmte Uferbereiche hatten bei den beiden späteren Veräußerungen keinerlei Einfluss.

Zweitens. Sie, Herr Minister, hätten eine Übertragung der Gewässerunterhaltung als Gewässer zweiter Ordnung an den Unterhaltungsverband Mulde nie genehmigen dürfen.

Drittens. Nach § 6 des Wassergesetzes hätten Sie dem Kaufvertrag vom 10. Dezember 2013 widersprechen müssen. Diese Gelegenheit hatten Sie mehrmals. Spätestens im März 2013 wurden Sie über den Sachverhalt in Kenntnis gesetzt.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Aber, meine Damen und Herren, es darf an dieser Stelle nicht nur um den Kaufpreis, um fördertechnische und formalrechtliche Fragen gehen. Viel wichtiger ist es, die Goitzsche mit der Mulde und dem Seelhausener See, ihre Nutzung und Entwicklung in einer ganzheitlichen Strategie zu betrachten und dabei gerade ihre wasserwirtschaftliche Bedeutung nicht aus den Augen zu verlieren.

(Zustimmung bei der LINKEN)

So muss es wohl die Landesregierung noch im Jahr 2006 gesehen haben, da sie seinerzeit davon gesprochen hat, dass aus übergeordneten politischen Erwägungen heraus nur eine Weitergabe an kommunale Träger infrage komme.

Wir sind uns sicher, dass mit übergeordneten politischen Erwägungen nur die außerordentliche wasserwirtschaftliche Bedeutung gemeint gewesen ist. Jetzt fragen wir uns: Wieso hat man diese Sichtweise dermaßen ausgeblendet? Liegt das diesjährige Hochwasser etwa schon wieder so weit zurück, dass es nur noch marginalen Einfluss auf die Entscheidungen dieser Landesregierung hat?

DIE LINKE hält genauso wie die Wasserwirtschaftler der Behörden des Landes an dem Standpunkt fest: Gerade wegen der immensen wasserwirtschaftlichen Bedeutung, einschließlich des Hochwassermanagements des Flussbereiches Mulde, ist es in diesem Fall nicht geboten zu privatisieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Schließlich ist bekannt, dass sich die Einbeziehung der Goitzsche in das Mulde-Hochwasserschutzkonzept aktuell in einer länderübergreifenden Prüfungsphase befindet. Dass dieses Konzept beispielsweise in Kollision zu den Vorstellungen des jetzigen, neuen Eigentümers geraten kann, ist zumindest der Landesregierung nicht gänzlich unbekannt. Im Wirtschaftsausschuss wurde zumindest darauf verwiesen, dass es zu Schadenersatzansprüchen kommen könne.

Fakt ist: Die Goitzsche hat schon jetzt eine entscheidende Flutschutzfunktion im Raum Bitterfeld. Sie muss und wird ein wesentlicher Bestandteil des Hochwasserregimes für den gesamten Mulde

bereich sein. Davon konnte sich der zeitweilige Ausschuss „Grundwasserprobleme, Vernässungen und das dazugehörige Wassermanagement“ schon mehrmals überzeugen.

Auch wenn wir mit unserem Antrag nur noch Nachsorge betreiben können, so fordern wir die Landesregierung nachdrücklich auf, alle Maßnahmen zu ergreifen, um die entstandene Situation wenigstens zu heilen. Ein erster Schritt wäre die Übernahme der Goitzsche und ihrer wichtigsten Zu- und Abläufe in ein Gewässer erster Ordnung. Das würde auch die Kommune vor Ort entlasten.

Nehmen Sie die Sorgen vieler Menschen in der Region ernst und tun Sie alles, um die Öffentlichkeit des gesamten Areals wirklich dauerhaft zu erhalten. - Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag und hoffe auf eine angeregte Diskussion, auch zu dieser vorgerückten Stunde.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr. - Für die Landesregierung spricht Minister Dr. Aeikens.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der ehemalige Tagebau Goitzsche hat sich in den letzten Jahren zu einem bedeutenden touristischen Ziel in der Region Bitterfeld entwickelt. Parallel zur Sanierung wurde die Landschaft Goitzsche durch die verschiedensten Objekte, wie zum Beispiel den Pegelturm oder die Agora auf der Halbinsel Pouch, touristisch aufgewertet. Hafen- und Kaianlagen wurden gebaut, mittlerweile verkehren Fahrgastschiffe und es finden vielfältige Freizeitaktivitäten statt.

Für manche Bürgerinnen und Bürger scheint dies alles mit dem am 10. Dezember 2013 vollzogenen Verkauf an eine Tochtergesellschaft der Blausee GmbH nunmehr gefährdet zu sein. Der Abgeordnete Lüderitz spricht sogar von einem Skandal.

(Zuruf von der LINKEN: Das ist es auch!)

Das ist für mich ein typisch linker Reflex, wenn es um Privatisierung geht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Gerade in Bitterfeld haben wir doch einschlägige negative Erfahrungen mit der Staatswirtschaft sammeln können, meine Damen und Herren.

(Oh! bei der LINKEN)

Wir alle wissen noch, wie Bitterfeld im Jahr 1990 aussah.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE - Unruhe bei der LIN- KEN)

Ich hoffe sehr, meine Damen und Herren, dass ich die Bedenken mit einigen fachlichen Hintergründen entkräften kann.

(Unruhe bei der LINKEN)

Mit der Privatisierung der Goitzsche sind eben keine Veränderungen der wasserwirtschaftlichen Bedingungen verbunden.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Warten wir es ab! - Zuruf von Herrn Weihrich, GRÜNE - Herr Kolze, CDU: Du kennst die DDR doch gar nicht mehr!)

Die Goitzsche ist ein aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses künstlich hergestelltes Gewässer, dessen festgeschriebene Parameter wie der einzuhaltende Wasserstand von 75 m NHN nur im Rahmen eines neuen Verfahrens geändert werden können.

(Unruhe)

Ferner ist sie derzeit ein Gewässer zweiter Ordnung in der Zuständigkeit des Unterhaltungsverbandes Mulde, für das noch bis 2030 die bergbauliche Gewässernachsorge durch die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbausanierungsgesellschaft, LMBV, wahrgenommen wird. Die LMBV hat im Rahmen dieser Nachsorge auch noch Anlagen wie den Überlauf vom Seelhausener See in die Goitzsche zu planen und zu errichten sowie den Umgang damit zu regeln.

Dies ist im Übrigen auch der Grund dafür, dass der See noch nicht als abschließend hergestellt anzusehen ist und dass noch nicht alle Flächen aus der Bergaufsicht entlassen werden konnten. Aufgrund dessen kann mein Ressort die Goitzsche derzeit nicht in ein Gewässer erster Ordnung umstufen. Dies wäre, soweit überhaupt erforderlich, erst im Jahr 2030 der Fall. Von einem Verstoß gegen das Wassergesetz kann also in keiner Hinsicht die Rede sein.

(Beifall bei der CDU)

Für die ordnungsgemäße Gewässerunterhaltung und die bergbauliche Gewässernachsorge besteht somit überhaupt kein Handlungs- und Entscheidungsdruck.

Natürlich setzen wir uns auch dafür ein, dass die Erarbeitung einer länderübergreifenden Hochwasserschutzkonzeption für die Mulde beschleunigt wird. Unmittelbar nach dem Hochwasser haben wir Gespräche mit dem Freistaat Sachsen aufgenommen und die nächsten Schritte festgelegt. Die LMBV nimmt bis Ende März 2014 eine geotechnische Abschätzung zur Standsicherheit der Böschungen für die beiden Tagebauseen vor und wird noch in diesem Jahr die Bewertung der Standsicherheit des Landpfeilers zwischen dem Seelhausener See und dem Goitzsche-See abschließen.