Protokoll der Sitzung vom 13.12.2013

Die nächste Bemerkung zu den Förderschulen. Das ist vorhin leider meiner schon überschrittenen Redezeit zum Opfer gefallen. Ich will aber noch eine Bemerkung zu den Förderschulen machen. Sie haben das ja angesprochen.

Wir haben in der Verordnung auf den ersten Blick von der Zahl her keine Veränderung der Mindestschülerzahl. Real haben wir auf den zweiten Blick im Grunde eine Verdopplung der Mindestschülerzahl, weil wir nämlich die Zahl der Jahrgänge halbiert haben. Das hat einen realen Hintergrund, der auch per se erst mal nicht schlecht ist, bei dem wir vielmehr durchaus auch gemeinsam politische Ansätze vertreten. Das ist die Frage des gemeinsamen Unterrichts und einer zunehmenden Inklusion im Primarbereich.

Trotzdem ist mein Eindruck, dass der einfache Schnitt - wir nehmen jetzt mal die Mindestschülerzahl, wie sie ist, und lassen den Primarbereich einfach weg - zu Brüchen und Verwerfungen vor Ort bei den betroffenen Förderschulen führt, die so nun auch nicht im Sinne des Erfinders sein können. Wir müssen es schaffen,

(Herr Dr. Schellenberger, CDU: Das stimmt!)

von dem einen System zum anderen zu kommen. Aber das, was wir im Moment haben, ist nicht wirklich die Gestaltung eines Überganges, sondern einfach das Abschneiden von Jahrgängen. Ich glaube, dass uns dabei etwas auf der Strecke bleibt. Ich wäre sehr dankbar, wenn wir uns auch dazu noch einmal unterhalten würden. Das Thema gemeinsamer Unterricht und Förderschulen wird uns ja ohnehin erhalten bleiben, denke ich.

(Frau Feußner, CDU: Das haben wir ständig!)

Jetzt noch zu der Frage der Stabilität, der personellen Untersetzung und den weiterführenden Schulen. Ich hatte ein bisschen die Hoffnung, dass ich diese Schallplatte heute nicht auflegen muss, weil ich mich bei diesem Thema selber nicht mehr hören kann.

(Zuruf: Wir hören das gerne! - Gegenruf: Wir nicht! - Frau Niestädt, SPD: Dann lassen Sie es doch!)

Sie haben vorhin erklärt, dass der Bestandsschutz für die weiterführenden Schulen auch eine Anerkennung dessen ist, was in der Vergangenheit strukturell geleistet worden ist. So weit, so gut. Das Problem ist nur - Frau Professor Dalbert hat darauf hingewiesen -, dass es eine Scheinstabilität ist. Wir haben im Moment an den weiterführenden Schulen eine Unterrichtsversorgung von mehr oder weniger genau 100 %.

(Frau Niestädt, SPD: Etwas mehr!)

Übersetzt: Wir haben genau so viele Lehrer, wie wir für diese Schülerzahl brauchen.

(Zuruf: Das macht auch Sinn! - Herr Güs- sau, CDU: Ja, 102 %! - Frau Niestädt, SPD: 102 %!)

- Ja, 102 %. Es gibt noch so etwas wie eine Vertretungsreserve, Frau Niestädt.

(Frau Niestädt, SPD: Das ist genau richtig! - Weiterer Zuruf von der SPD)

Wenn die Schülerzahl stabil bleibt und ich jetzt genau so viele Lehrer habe, wie ich brauche, und gleichzeitig sage, ich nehme aber 2 000 Lehrer raus, dann bedeutet das, dass ich keine 100 % mehr abbilden kann, sondern politisch hier in diesem Haus Unterrichtsausfall beschließe.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Frage beantworten Sie bis heute nicht.

Deswegen sage ich, es ist unredlich, den weiterführenden Schulen zu suggerieren, sie seien bestandsfähig, und gleichzeitig nicht dafür zu sorgen, dass sie eine vernünftige personelle Ausstattung in den nächsten fünf Jahren haben. Das tun Sie nicht. Solange Sie das nicht tun, handeln sie nicht redlich.

Eine letzte Bemerkung zum Ländervergleich. Es ist ja legitim, dass wir uns ab und zu auch mal umschauen, was machen Land A, B und C. Aber, ehrlich gesagt, ich bin diese Vergleiche mittlerweile auch leid. Bei jeder Debatte, die wir hier führen, wird uns aufgezählt, was in anderen Ländern passiert. Dann wird gesagt, jetzt machen wir das auch so. Wie wenig Kreativität und Selbstbewusstsein haben wir eigentlich, um mal zu sagen, das ist unser Weg und nicht immer der der anderen? Das muss doch auch mal möglich sein.

(Beifall bei der LINKEN - Frau Niestädt, SPD: Es gibt genug andere Beispiele!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben beantragt,

(Zurufe von der SPD und von der LINKEN)

den Antrag in den Ausschuss zu überweisen. Wenn Sie in den Antrag hineinschauen, wissen Sie, dass eine Überweisung sinnfrei ist, weil dort Aufträge an die Landesregierung zum Beginn des Jahres 2014 formuliert sind. Der Ausschussvorsitzende hat nicht signalisiert, dass wir uns zu Weihnachten treffen. Ich glaube, da säße er auch alleine.

Eine Ausschussüberweisung macht keinen Sinn; deswegen werden wir ihr auch nicht zustimmen. Wir müssen uns zu diesem Fakt heute in der Sache verhalten. Das wollen Sie vermeiden. Dafür habe ich sogar ein bisschen Verständnis. Aber damit kommen Sie Ihrer politischen Verantwortung nicht nach. - Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Damit ist die Debatte beendet. Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren, vollkommen wertfrei. Wer dafür ist, dass die Drs. 6/2616 in den Bildungs- und Kulturausschuss überwiesen wird, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Enthält sich jemand der Stimme? - Nein. Damit ist der Antrag in den Ausschuss überwiesen worden. Der Tagesordnungspunkt 12 ist erledigt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Beratung

Projekt „Bürgerarbeit“ fortführen

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/2628

Änderungsantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/2654

Einbringer ist für den Antragsteller, die SPDFraktion, Herr Steppuhn. Bitte schön, Herr Kollege.

(Mehrere Abgeordnete verlassen den Saal - Unruhe)

Herr Steppuhn, vielleicht warten Sie die kleine Völkerwanderung noch ab, die etwas Lärm ins Gebäude bringt. - Nun geht es los. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Koalitionsfraktionen haben zum Thema Bürgerarbeit hier und heute einen Antrag eingebracht. Hintergrund ist, dass uns die Sorge umtreibt, dass die Bürgerarbeit, falls

nichts Entscheidendes passiert, mit dem Auslaufen der EU-Förderperiode im Jahr 2014 nicht mehr stattfinden wird. Deshalb ist es unser Anliegen, die Landesregierung - den Ministerpräsidenten und auch den Arbeitsminister - zu bitten, sich in Berlin nach Kräften dafür einzusetzen, dass es auch zukünftig eine wie auch immer geartete Bürgerarbeit gibt.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich möchte daran erinnern, dass wir über die Jahre, in denen es Bürgerarbeit bei uns im Land gegeben hat, knapp 5 000 Landzeitarbeitslose nicht nur mit Perspektiven versorgt haben; diese haben auch eine sinnvolle Arbeit gefunden. Gerade in den Regionen mit einer sehr hohen Arbeitslosigkeit, wie zum Beispiel dem Mansfelder Land, hat es mit der Bürgerarbeit so etwas wie eine einzige Perspektive gegeben. Denn die Arbeitsmarktintegration in die Betriebe hinein konnte in diesen Regionen nicht stattfinden, weil die Betriebe nicht so aufnahmefähig gewesen sind.

Deshalb ist es unser Anliegen, deutlich zu machen, auch in Richtung Berlin, dass wir ein Fortsetzungsmodell brauchen.

Ich will daran erinnern, dass die Bürgerarbeit im vergangenen Zeitraum aus Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds finanziert worden ist, die der Bund zur Verfügung hatte. Auch zukünftig werden die Länder aus dem Europäischen Sozialfonds Geld zur Verfügung haben, aber auch der Bund.

Wenn wir uns die Koalitionsvereinbarung anschauen, dann findet man diesen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor so nicht wieder. Das ist sicherlich auch vor dem Hintergrund so, dass die Mehrheit der Bundesländer, gerade auch im Westen, natürlich darauf setzt, dass die Mittel in dem Bereich eingesetzt werden, in dem Arbeitsmarktintegration in Betriebe hinein stattfindet.

Das ist sicherlich der richtige Ansatz. Aber ich denke, wir dürfen die Regionen nicht vergessen, in denen wir nach wie vor eine sehr hohe Langzeitarbeitslosigkeit haben. Deshalb brauchen wir sowohl Arbeitsmarktintegration in Betriebe hinein als auch Maßnahmen für Langzeitarbeitslose.

Ich will in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass auch die Mittel der Bundesagentur für Arbeit gekürzt worden sind. Deshalb ist das, was da im Rahmen von Bürgerarbeit stattgefunden hat, nicht so einfach mit anderen Arbeitsmarktmaßnahmen zu kompensieren.

Ich glaube, meine Damen und Herren, wir brauchen für die Menschen nach wie vor auch im Bereich der Langzeitarbeitslosigkeit eine Perspektive. Der Arbeitsminister hat angekündigt, dass durch das Programm „Aktiv zur Rente“ zumindest teilweise etwas kompensiert werden kann. Aber man muss ehrlicherweise sagen, dass man damit nur

einen Teil kompensieren kann und nicht das, was uns im Bereich der Bürgerarbeit insgesamt wegbricht.

Deshalb ist es, glaube ich, richtig, dass wir auch hier in diesem Hause noch einmal deutlich machen, dass wir ein Nachfolgemodell brauchen. Deshalb meine Bitte an die Landesregierung, an den Ministerpräsidenten, an den Arbeitsminister: Setzen Sie sich nach Kräften dafür ein, dass wir eine Nachfolgeregelung bekommen. Ich glaube, es ist auch richtig, dass wir mit der Bürgerarbeit oder mit den Folgeprogrammen gerade in den Regionen, in denen wir Langzeitarbeitslosigkeit haben, den Menschen eine Perspektive bieten. Das ist der Sinn unseres Antrages heute, und in diesem Sinne bitten wir um Zustimmung. - Danke.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Steppuhn. - Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Bischoff. Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, im Hohen Hause besteht Einigkeit darüber, dass die Bürgerarbeit eine wichtige Grundlage gerade für Langzeitarbeitslose in unserem Land ist, hauptsächlich für die älteren. Dieses Bundesprogramm hätte es mit Sicherheit nicht gegeben, wenn das Land Sachsen-Anhalt - das war noch unter der Führung des damaligen Wirtschaftsministers und jetzigen Ministerpräsidenten Dr. Haseloff - mit diesem Programm Bürgerarbeit nicht so erfolgreich gewesen wäre.

(Zustimmung bei der SPD)

Der Bund hat das übernommen. Wir profitieren übrigens am meisten davon. Aber auch in anderen Ländern ist das erfolgreich gelaufen.