Dennoch wissen wir alle: Es gibt überall schwarze Schafe und nicht selten besteht in solchen Fällen Handlungsbedarf seitens der Behörden bezüglich einer schnellen Durchsetzung von zuverlässigen Maßnahmen zum Schutz der Tiere.
Sicherlich wird auch im Wissenschaftsbereich bzw. im Bereich der Tierversuche eine größere Diskussion zu erwarten sein. Wenn wir aber die Erfahrungen von Bremen zugrunde legen, dann zeigt sich, dass nicht mit einer außerordentlich hohen Zahl von Klagen zu rechnen ist. Bremen hat ein solches Gesetz bereits seit 2007. Die Initiatoren waren damals die Grünen und die SPD.
Seit dem letzten Jahr hat sich die Zahl der Länder, die ein solches Gesetz verabschiedet haben, sprunghaft erhöht. In Hamburg gibt es ein solches, initiiert durch die SPD, seit Oktober 2013, in Nordrhein-Westfalen seit dem Sommer 2013 - dies war ein Gesetzentwurf der SPD und der Grünen -, im Saarland seit August 2013, initiiert seitens der CDU und der SPD. In anderen Ländern liegen Gesetzentwürfe vor, wie in Schleswig-Holstein und in
Rheinland-Pfalz. Baden-Württemberg und Niedersachsen haben in ihren Koalitionsverträgen die Einführung als Vorhaben angekündigt.
Meine Damen und Herren! Diese Situation spricht für sich. Wir sind jetzt angehalten zu handeln, um den Anschluss nicht zu verpassen.
In Ihrem Internetblog sprechen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, davon, dass gesetzliche Mindestnormen kein Maßstab für das Tierwohl sind und daher nicht ausreichen, um dem moralischen Anspruch an das Tierwohl gerecht werden zu können. Oder es heißt: Das Tier sollte nicht nur geschützt, sondern es sollte das Tierwohl befördert werden. - Das sind durchaus hervorragende Bekenntnisse, aus denen wir gemeinsam Nägel mit Köpfen machen können.
Unser Gesetzentwurf bietet dazu die Gelegenheit. Mit unserem Gesetzentwurf haben wir uns im Wesentlichen an dem Gesetz von Nordrhein-Westfalen bzw. dem des Saarlandes orientiert. Immerhin war im Saarland auch die CDU mit im Boot. Daher sollte es keine Berührungsängste geben.
Ich möchte unbedingt betonen, dass man seine Angst davor, dass nun wieder jeder Verein mitreden könnte, in Grenzen halten kann. Unser Gesetzentwurf benennt konkrete Kriterien, die erfüllt sein müssen, um ein anerkannter Verein werden zu können. Er enthält Fristen und Termine, die einzuhalten sind und die sicherstellen, dass bestimmte Verfahren nicht unangemessen hinausgezögert werden können.
Ich möchte auch daran erinnern, dass die SPD im Mai 2013 mit der Drs. 17/13477 ebenfalls die Einführung eines Verbandsklagerechts in den Bundestag eingebracht hat. Also, es gibt diesbezüglich eine Interessenübereinstimmung, wie wir sie lange nicht hatten.
In diesem Sinne darf ich Sie bitten, unserem Gesetzentwurf Ihre wohlwollende Zustimmung zu geben. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Kollege Krause. - Wir treten nun in die Debatte ein. Als Nächster spricht für Landesregierung Herr Minister Dr. Aeikens.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Tierschutz ist ohne Frage ein wichtiges Anliegen in unserer Gesellschaft. Das begründet auch seine Aufnahme als Staatsziel in das Grundgesetz Jahre 2002.
über viele Jahre hinweg ein umfassendes Tierschutzrecht entwickelt. Insbesondere in den vergangenen zwei Jahren wurden vielfältige Initiativen und Rechtsetzungen im Tierschutzbereich durchgeführt. Es wurden intensive Diskussionen in der Öffentlichkeit geführt und dadurch diese Initiativen begleitet.
Dies ist eine Entwicklung, die grundsätzlich zu begrüßen ist und die sich auch in Sachsen-Anhalt durch entsprechende Aktivitäten widerspiegelt.
In diesem Zusammenhang begrüße ich das von der CDU-Fraktion vorgelegte Thesenpapier. Es ist zum einen ein wertvoller Beitrag zu einer Debatte, die unsere Gesellschaft derzeit beschäftigt; zum anderen wird deutlich, dass Tierschutz mehr ist als nur die Durchsetzung gesetzlicher Mindestnormen.
Ich bin überzeugt, dass dieses Papier zur Versachlichung der gegenwärtigen Debatte wesentlich beitragen kann; denn leider wird manchmal doch sehr holzschnittartig und manchmal auch ohne die notwendige Fachkenntnis ein düsteres Bild von der landwirtschaftlichen Tierhaltung in unserem Land gezeichnet. Die schwarzen Schafe, die es zweifellos gibt, werden als Blaupause für den allgemeinen Zustand genommen.
Mit einem derartigen Vorgehen tun wir weder dem Tierschutz noch der Landwirtschaft einen Gefallen. Wir brauchen eine grundsätzliche, fundierte Diskussion mit wissenschaftlich und ethisch abgewogenen Lösungsansätzen, meine Damen und Herren.
Wenig Sympathie habe ich in diesem Zusammenhang für das Vorhaben der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Sie will hiesige tierhaltende Betriebe im Internet an den Prager stellen.
Ich bitte die Mitglieder der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, noch einmal zu überlegen, was Sie auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der betroffenen Firmen antun, wenn Sie diese derart undifferenziert an den Pranger stellen. Das Aufdecken und Aufklären von Missständen ist richtig. Aber der Zweck heiligt nicht die Mittel. Ich verstehe, dass Ihnen genau wie mir das Thema Tierschutz wichtig ist, Frau Professor Dalbert, aber lassen Sie sich bitte nicht zu öffentlichen Denunziationen hinreißen. Es dient der Sache nicht.
Meine Damen und Herren! Ich setze beim Thema Tierschutz auf den fachlichen Dialog, beispielsweise im Rahmen des von mir etablierten Runden Tisches Tierschutz. Ich setze auch auf die finanzielle Unterstützung von Tierheimen sowie die Initiierung und Begleitung konkreter Forschungsprojekte.
Zur Umsetzung der wissenschaftlichen Ansätze können wir auf die guten Ergebnisse und Lösungsvorschläge unseres Forums Nutztierhaltung zurückgreifen, das ebenfalls von der Landesregierung etabliert wurde. Mit dem Ziel der wissenschaftlichen Begleitung und der pilothaften Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse haben wir in enger Abstimmung mit Forschungseinrichtungen, mit unserer Landesanstalt und dem Berufsstand eine Reihe von vielversprechenden Projekten angeschoben. Wir tun das, um den Tierschutz auf der Grundlage fundierter wissenschaftlicher Arbeiten voranzubringen.
Mit dem nunmehr vorgelegten Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE soll anerkannten Tierschutzvereinen ein Verbandsklagerecht sowie ein Mitwirkungs- und Informationsrecht an tierschutzrelevanten Rechtsetzungs- und Verwaltungsverfahren in Sachsen-Anhalt eingeräumt werden.
Die Notwendigkeit eines Verbandsklagerechts für den Bereich des Tierschutzes wird kontrovers diskutiert. Seit der Bundesrat im November 2004 beschlossen hat, einen von Schleswig-Holstein eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Verbandsklagerechts für Tierschutzvereine nicht in den Deutschen Bundestag einzubringen, hat sich die politische Debatte darüber in die Parlamente verschiedener Bundesländer verlagert. Im Ergebnis bestehen nunmehr Regelungen in Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und im Saarland. In Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg sind Gesetzesregelungen in der Vorbereitung.
Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE wurde der Wortlaut des Gesetzes über das Verbandsklagerecht und Mitwirkungsrechte für Tierschutzvereine des Landes Nordrhein-Westfalen fast deckungsgleich im Verhältnis 1 : 1 übernommen.
Auffallend ist aber eine zusätzliche Regelung. In Sachsen-Anhalt soll auch ein Klagerecht gegen die Arbeitsweise und das Verhalten von Behörden möglich sein. Eine vergleichbare Vorschrift ist in den Gesetzen der anderen genannten Länder nicht ersichtlich. Der genaue Zweck und die intendierte Funktionsweise dieser Norm bleiben unklar.
Der vorliegende Entwurf der LINKEN sieht aber keine Beschränkung auf Feststellungsklagen vor. Er will also Tierschutzvereinen offenbar die Anfechtung von Genehmigungen erlauben. Eine mögliche Drittanfechtungsklage dürfte das Vertrauen eines Genehmigungsinhabers in den Bestand seiner Genehmigung deshalb erheblich beeinträchtigen. Zwar hätte das Folgen für Wirtschaft und Wissenschaft. Würde es aber dem Tierschutz wirklich nützen?
Ich bin der Auffassung, dass vor Einräumung eines Verbandsklagerechts sowie von weiteren Mitwirkungs- und Informationsrechten für anerkannte Tierschutzvereine eine sorgfältige Abwägung aller Belange erforderlich ist. Bei der Entscheidung für oder gegen eine Verbandsklage sind die berechtigten Interessen Einzelner, aber auch der Allgemeinheit zu beachten, etwa das öffentliche Interesse an einer schnellen Herbeiführung abschließender und damit Rechtssicherheit schaffender Verwaltungsakte. Daraus resultierend sehe ich die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung des Vorhabens generell und insbesondere des vorgelegten Gesetzentwurfs.
Des Weiteren ist zu beachten, dass mit der Einführung eines Verbandsklagerechts und den damit verbundenen Klagen sowie den vorgesehenen Mitwirkungs- und Informationsrechten für Tierschutzvereine vor allem den Landkreisen und kreisfreien Städten neue Aufgaben übertragen werden. Aufgrund des damit zu erwartenden Mehraufwands bedarf es entsprechend unserer Landesverfassung einer Kostenregelung.
Meine Damen und Herren! Ich möchte abschließend vor Aktionismus und vorschnellen Entscheidungen warnen und für eine umfassende Prüfung und Beratung in den Ausschüssen werben. Das Ob und, wenn man sich zu einer Verbandsklage entschließt, das Wie sind sorgfältig abzuwägen. Bewirkt ein Verbandsklagerecht tatsächlich ein Mehr an Tierschutz oder nur ein Mehr an Bürokratie und Kosten? Darauf muss eine Antwort gefunden werden. Ich freue mich insofern auf eine umfassende fachliche Beratung in den Ausschüssen. - Herzlichen Dank.
Danke, Herr Landtagspräsident. Das ist eine Intervention und keine Anfrage. - Herr Aeikens hat mich in seiner Rede direkt angesprochen und gesagt,
dass meine Fraktion und ich Tierhaltungsanlagen an den Pranger stellen wollten. Ich unterstelle einmal, dass der Herr Minister das in Unkenntnis der Dinge, die wir tun wollen, gesagt hat und sich hierbei auf Zeitungsberichte bezieht.
Was wir tun wollen und tun werden, ist das, was wir immer tun: Wenn wir Kleine Anfragen stellen, machen wir die Antworten auf die Kleinen Anfragen, die die Landesregierung uns gibt, der Öffentlichkeit zugänglich. Das werden wir auch an dieser Stelle tun. Die Informationen, die die Landesregierung uns auf unsere Kleine Anfrage zu Tierhaltungsanlagen, die eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz benötigen, gegeben hat, werden wir wegen der Transparenz, die wir für nötig halten, der Öffentlichkeit zugänglich machen.
Danke schön. - Wir fahren in der Debatte fort. Es spricht nun Frau Kollegin Hampel aus der Fraktion der SPD.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Gewaltenteilung ist eine tragende Säule unseres Staates. Staatliches Handeln muss für jeden vor Gericht überprüfbar sein - so steht es in Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes. Das gilt für unsere Grundrechte, aber auch für andere Verfassungsgüter wie den Tierschutz.
Das Grundgesetz verlangt auch, dass jeder sein Handeln per Gericht überprüfen lassen muss. Eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung der Einhaltung tierschutzrechtlicher Normen durch die Vollzugsbehörden ist heute aber nur einseitig möglich. So können etwa Tiernutzer gegen zu hohe Tierschutzauflagen der Vollzugsbehörden klagen, während niemand Klage gegen Tierschutzauflagen der Vollzugsbehörden beim Verwaltungsgericht einreichen kann.
Deshalb ist das Verbandsklagerecht von Tierschutzvereinen auch die zentrale Forderung des Deutschen Tierschutzbundes. Dieses Klagerecht ermöglicht es anerkannten Tierschutzverbänden, tierschutzrelevante Entscheidungen von Behörden gerichtlich überprüfen zu lassen. Bislang können Tierschutzorganisationen nur Verstöße gegen das Tierschutzrecht bei der Staatsanwaltschaft anzeigen. Nur eine Verbandsklage gewährleistet dann eine Entscheidung durch ein unabhängiges Gericht, und gerade das ist einzufordern.
Mit der Aufnahme des Schutzes der Tiere in Artikel 20a des Grundgesetzes hat sich die Bundesrepublik dazu bekannt, dem Tierwohl mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Für mich ist es da nur eine logische Konsequenz, dass man denjenigen,
welche sich in Vertretung der Tiere für die Einhaltung von rechtlichen Vorgaben des Tierschutzes einsetzen, auch die dafür erforderlichen Instrumente der Mitwirkung und die erforderlichen Klagemöglichkeiten einräumt.