Protokoll der Sitzung vom 31.01.2014

gender, Transsexuellen und Intersexuellen an Schulen zu thematisieren, weil - und jetzt wird es interessant - negative Begleiterscheinungen eines entsprechenden Lebensstils vernachlässigt würden.

(Frau Bull, DIE LINKE, lacht)

Also man steht davor und sagt: Das ist unfassbar. Vor allen Dingen: Die wissen gar nicht, was an den Schulen passiert. An der Schule meiner Töchter wird darüber jeden Tag diskutiert, und natürlich ist es richtig, dass darüber gesprochen wird. Es ist doch besser, man redet darüber und schafft dafür schon in jungen Jahren Verständnis und Toleranz,

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

als dass man das Thema hinterher unter erschwerten Bedingungen in der Gesellschaft unterbringen muss, wenn die Menschen älter sind. Warum soll denn nicht darüber geredet werden?

Natürlich muss auch über Minderheiten geredet werden. Es wäre etwas ganz Neues, wenn wir im Unterricht nicht über Minderheiten reden dürften.

Ich finde das völlig obskur. Dazu gehört, dass es in Sachsen-Anhalt einen Verein gibt, der sagt - jedenfalls ein Teil seiner Mitglieder, seiner Multiplikatoren, der Vorsitzende -, dass Homosexualität eine Krankheit sei, die man heilen könne, egal in welcher Gestalt sie daherkomme. Das, meine Damen und Herren, ist obskur, falsch und gefährlich.

Jetzt komme ich zu der Frage, die heute nicht laut gestellt worden ist: Ist das mittelbar oder unmittelbar ein Grundsatz, mit dem der Verein auch in anderen Bereichen arbeitet, indem er diese Ansicht latent auch in andere Aktionen, andere Aktivitäten, die der Verein ausübt, überträgt? - Das hat niemand ausgesprochen. Ich will es aber deutlich ansprechen.

(Unruhe bei der LINKEN)

Das wird doch hinterfragt. Das wird gefragt, und deshalb ist es nicht nur eine Frage einzelner Personen, sondern der Verein selbst muss ganz klar und deutlich sagen, wie er sich zu diesen Äußerungen, zu diesen Einstellungen verhält, und er muss sich als eingetragener gemeinnütziger Verein, der mit Jugendlichen arbeiten will, davon distanzieren.

Zum Bild der Familie bzw. der Ehe: Die Sozialdemokratie - das ist bekannt - hat ein anderes Familienbild als die CDU.

(Herr Kurze, CDU: Was?)

- Ja. Also wenn das noch nicht bekannt war, dann wäre das sehr traurig. Natürlich! Ich finde das aber nicht schlimm.

(Herr Borgwardt, CDU: Eben! - Zustimmung von Herrn Kurze, CDU)

Ich weiß, dass Sie ein anderes Familienbild haben. Ich würde mir wünschen, dass wir bei dieser Frage näher zusammenkommen und dass nicht immer Stück für Stück durch Gerichte entschieden werden muss, dass es eine wirkliche Gleichstellung gibt, und dass wir unser Recht nicht immer sozusagen durch Zwang anpassen müssen, sondern dass wir das in einem Diskurs tun.

Für uns ist Familie dort, wo Menschen zusammenleben und füreinander Verantwortung übernehmen. Dafür muss man nicht zwingend einen Trauschein haben.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Ich sage auch ganz deutlich: Ob eine Partnerschaft mit einem Trauschein die bessere Variante ist oder ohne oder mit einem zweiten oder dritten Trauschein, das muss jeder selbst entscheiden. Das ist seine private, persönliche Entscheidung.

(Zustimmung bei der SPD)

Aber: Die kleinste Zelle in der Gesellschaft ist die Familie - nicht nur die mit Trauschein, sondern alle anderen Formen des Zusammenlebens auch. Persönlich kann man sich doch entscheiden, wie man will; darin ist man völlig frei. Deshalb muss die Gesellschaft aber eines tun: Sie muss diese Form der Familie gleichstellen, ihr die gleichen Möglichkeiten geben: im Steuerrecht, im Adoptionsrecht - in allen Dingen, die wir als Rahmen für die Gesellschaft setzen.

(Zustimmung bei der SPD)

Das wird jetzt nach und nach ausgeurteilt. Ich wünsche mir als Ergebnis der Debatte, dass wir uns das von den Gerichten nicht mehr Stück für Stück sagen lassen müssen, sondern dass wir anerkennen, dass es an der Zeit ist, dass Familie dort ist, wo Menschen zusammenleben, und dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften genauso anerkannt sind wie eine Ehe und dass man dort keinen Unterschied macht.

Bei uns gibt es die Beschlusslage, die natürlich auch die Öffnung des Instituts der Ehe für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften vorsieht. Das ist lange überfällig.

Meine Zeit ist auch schon bei plus fünf Sekunden. Ich denke, in der Debatte ist alles gesagt worden.

Meine Damen und Herren von der CDU! Ich würde mir wünschen, dass wir das, was der Minister verlesen hat, was im Vertrag der großen Koalition in Berlin steht, hier auch gemeinsam als Koalition leben. Ich weiß, dass wir in bestimmten Dingen unterschiedlicher Auffassung bleiben werden, aber wir als Sozialdemokratie werden dafür werben, dass wir die Schritte der Öffnung der Gesellschaft weitergehen. Es würde mich freuen, wenn wir auch gemeinsam ein Stück weiterkommen. Die anderen

beiden Fraktionen brauche ich nicht zu überzeugen. Ich weiß, dass deren Familienbild ähnlich dem unseren ist und wir an einem Strang ziehen.

Noch einmal die Bitte, was den LEO e. V. angeht, von dieser Stelle aus, dass sich der Verein und alle, die ihn tragen, dazu verhalten; denn es sind Menschen, die ihn tragen. Sie müssen sich darüber klar werden, dass sie sich von diesem Teil des Vereins trennen müssen. Das ist meine Bitte und auch eine Aufforderung aus der Sozialdemokratie. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Danke schön, Frau Abgeordnete Budde.

Damit sind wir am Ende der Aktuellen Debatte angekommen. Gemäß § 46 unserer Geschäftsordnung werden Beschlüsse in der Sache nicht gefasst und der Tagesordnungspunkt ist damit abgeschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Zweite Beratung

Zivilgesellschaftlichen Protest gegen Neonazikonzerte unterstützen - Kommunen nicht allein lassen

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/2142

Beschlussempfehlung Ausschuss für Inneres und Sport - Drs. 6/2712

Die erste Beratung fand in der 45. Sitzung des Landtages am 20. Juni 2013 statt. Ich erteile für die Berichterstattung Herrn Abgeordneten Erben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat in der 45. Sitzung am 20. Juni 2013 den Ihnen in Drs. 6/2142 vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Beratung an den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen.

Die einbringende Fraktion DIE LINKE beantragt zu beschließen, dass die Mitglieder des Landtags von Sachsen-Anhalt allen Menschen, die sich am 25. Mai 2013 und im Vorfeld gegen das neonazistische Skinheadkonzert, welches letztlich in Nienhagen stattfand, engagiert haben, ihren Dank aussprechen.

Darüber hinaus soll der Landtag die Landesregierung beauftragen, ein Konzept für den Umgang mit neonazistischen Konzerten zu entwickeln, das die politische Dimension dieser Konzerte stärker als

bisher fokussiert. Dabei soll das Ziel, Kommunen und Landkreise in Zukunft besser als bisher beraten und begleiten zu können, nicht außer Acht gelassen werden.

Der Ausschuss für Inneres und Sport beschloss im Ergebnis seiner ersten Beratung, zu diesem Thema eine Anhörung durchzuführen. Die Anhörung, zu der zahlreiche Experten, Sachverständige, Einwohner des Ortes Nienhagen sowie Vertreter der Kommunen eingeladen wurden, fand am 26. September 2013 in öffentlicher Sitzung statt.

Im Verlauf der Anhörung wurden sowohl die Ängste der Einwohner betroffener Ortschaften als auch praktische Schwierigkeiten der Verwaltung, die man bei neonazistischen Konzerten zu bewältigen hat, vorgetragen. Im Nachgang zu dieser Anhörung befasste sich der Ausschuss für Inneres und Sport in seiner Sitzung am 16. Januar 2014 erneut mit dem Thema.

Zur Beratung legten die regierungstragenden Fraktionen dem Ausschuss einen Beschlussvorschlag vor, der sich von dem Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drs. 6/2142 im Wesentlichen dadurch unterscheidet, dass der zivilgesellschaftliche Protest ausdrücklich als wichtig anerkannt und die Rolle der mit rechtsextremen Veranstaltungen befassten Behörden, insbesondere der Polizei hervorgehoben wird.

Der Beschlussvorschlag stellt außerdem darauf ab, dass es mit Blick auf die kommunalen Behörden Optimierungsbedarf gebe und dass die Landesregierung mit der Schaffung einer Organisationseinheit im Landeskriminalamt zur Erkennung verbotener oder indizierter rechtsextremistischer Musik eine weitere Maßnahme ergriffen habe.

Darüber hinaus bringen die Fraktionen von CDU und SPD in ihrem Papier zum Ausdruck, dass es geboten erscheine, im Wege der Fachaufsicht auf die handelnden kommunalen Sicherheitsbehörden verstärkt Einfluss auszuüben.

Schließlich wird festgehalten, dass alle rechtlichen Möglichkeiten ausgenutzt werden sollten, um rechtsextremistische Musikveranstaltungen bei Vorliegen der juristischen Voraussetzungen zu verbieten bzw. zu beenden.

Die Fraktion DIE LINKE beantragte mündlich, den ersten Satz des Punktes 2 ihres Antrags in Drs. 6/2142 in die Beschlussempfehlung zu übernehmen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützte diesen mündlich vorgetragenen Änderungsantrag. Im Ergebnis der Abstimmung fand dieser Änderungsantrag jedoch nicht die erforderliche Mehrheit im Ausschuss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der soeben von mir erläuterte Beschlussvorschlag der regierungstragenden Fraktionen wurde mit 8 : 0 : 5 Stimmen beschlossen. Er liegt Ihnen in Drs. 6/2712

vor. Im Auftrag des Ausschusses für Inneres und Sport bitte ich um Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke schön, Herr Abgeordneter Erben. - Wir treten nun in die Aussprache ein. Zunächst spricht für die Landesregierung der Minister des Inneren Herr Stahlknecht.