Europa darf sich nicht im Klein-Klein verhaken, sondern es muss die großen Entscheidungen und Richtungsbestimmungen vornehmen. Wenn wir das Volk mehr mitbestimmen lassen wollen, dann müssen wir natürlich auch akzeptieren, was am Ende entschieden wird, ob es uns gefällt oder nicht.
Am Schluss meiner Rede möchte ich betonen: Je mehr Menschen am 25. Mai 2014 zur Wahl gehen, desto besser ist es für die gemeinsame europäische Entwicklung. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Kurze. Sie haben Ihre Rede recht kurz gehalten. Würden Sie eine Frage des Kollegen Striegel beantworten?
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beschlüsse in der Sache werden nicht gefasst. Damit haben wir den Tagesordnungspunkt 2 beendet.
Für die Aussprache zur Großen Anfrage wurde die Debattenstruktur D, also eine 45-Minuten-Debatte vereinbart. Die Reihenfolge der Fraktionen und die Redezeiten wurden wie folgt festgelegt: SPD acht, GRÜNE vier, CDU zwölf und DIE LINKE neun Minuten. Gemäß § 43 Abs. 6 der Geschäftsordnung erteile ich zunächst der Fragestellerin und damit der Fraktion DIE LINKE das Wort. Frau ThielRogée, bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Rede zwei Sätze aus der Antwort auf die Große Anfrage zitieren:
„Seit Gründung der Callcenter-Unternehmen sind die Arbeitsbedingungen und insbesondere die Einkommensbedingungen in Sachsen-Anhalt stark umstritten. Die regierungstragende Politik hat es bisher unterlassen, hier einzugreifen, um soziale Verbesserungen für die Arbeitnehmer zu erlangen.“
Wir haben 49 Fragen gestellt. Davon sind 22 gar nicht bzw. teilweise beantwortet worden. Das entspricht - ich habe es einmal ausgerechnet - einem Anteil von 45 %.
Zum Fragenkomplex I - Struktur der CallcenterBranche in Sachsen-Anhalt. Zum Stichtag 31. Mai 2013 waren 95 Callcenter erfasst. Davon gehörten 20 Callcenter zu bundesweit agierenden Konzernen bzw. Unternehmen. Die Umsätze haben sich im Zeitraum von 2006 bis 2010 von 109,5 Millionen € auf 190,7 Millionen € erhöht. Bundesweit stieg der Umsatz in dieser Branche auf etwa 12 Milliarden €.
Die Branche wächst jährlich um 5 %. Waren im Jahr 1998 bundesweit 100 000 Mitarbeiter dort beschäftigt, so waren es im Jahr 2012 520 000 Beschäftigte. Die Zahl der Beschäftigten in den Callcentern in Sachsen-Anhalt ist von 3 941 im Jahr 2003 auf 11 855 bis Juni 2013 gewachsen.
Die übrigen Zahlen, die in der Antwort angegeben worden sind, halte ich für nicht korrekt. Deswegen sage ich dazu jetzt nichts weiter. - Das war die Statistik.
„Hauptziel der Förderung nach der GRW ist die Schaffung neuer wettbewerbsfähiger Dauerarbeitsplätze bzw. deren Sicherung in strukturschwachen Regionen. Das Programm trägt mit seinem Förderangebot dazu bei, interregionale Unterschiede bei der Einkommenserzielung und der Ausstattung mit Arbeitsplätzen abzubauen. Die Gemeinschaftsaufgabe leistet somit einen Beitrag zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet.“
Bei dieser Aufgabenstellung ist es unbegreiflich, dass lediglich zu drei von 95 Callcentern Informationen vorliegen.
Seit dem Jahr 2008 wurden aus der GRW nur die Communication Factory GmbH und aus dem Programm „Sachsen-Anhalt Weiterbildung“ nur die Regiocom GmbH sowie die Simon & Focken GmbH gefördert. - Das wurde bekannt gegeben.
Die Communication Factory GmbH erhielt aus der GRW eine lohnkostenbezogene Förderung in Höhe von 263 580 €. Die zuständige Fachbereichsleiterin für Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt von Ver.di, Frau Tempel, teilte mir mit, dass das Unternehmen Communication Factory GmbH das Callcenter sei, in dem die Beschäftigten den geringsten Stundenlohn erhielten, nämlich 6 bis 7 € pro Stunde.
bereitung von Betriebsratswahlen gekündigt worden ist. Zum Beispiel wurde am Standort Halberstadt zwei Mitgliedern des Wahlvorstandes gekündigt, und nachdem die Betriebsratswahlen nicht zustande gekommen sind, wurden sie wieder eingestellt. Außerdem hatte der Arbeitgeber die Schließung des Unternehmens für Mai 2012 angekündigt. Dieses Unternehmen gibt es noch heute, aber keinen Betriebsrat.
„Die Besetzung der Arbeitsplätze wird für die Dauer der Zweckbindungsfrist von fünf Jahren geprüft.“
Wie und von wem und mit welchen Konsequenzen diese Prüfung erfolgt, hat mich auch Kollegin Tempel gefragt. Weder sie noch ich haben dazu Informationen bekommen.
Zur Fluktuation in den Callcentern hat die Landesregierung keine Kenntnisse. Ich kann es Ihnen sagen: Die Fluktuation in den Callcentern liegt bei über 20 %, während sie im gleichgelagerten Dienstleistungsbereich bei maximal 10 % liegt. - Schade, auch das hat die Landesregierung nicht herausgefunden.
Leider konnte sie uns auch nicht die Frage 2.7 zur Vergabe von Sachmitteln beantworten. Ich kann nicht verstehen, dass die Landesregierung Mittel vergibt, die aus Steuern stammen, uns jedoch vorenthält, wie sie diese weiterverteilt, mit welchem Recht.
Zum Fragenkomplex III - Arbeitsbedingungen in der Callcenter-Branche in Sachsen-Anhalt. Meine Damen und Herren! Gute Arbeitsbedingungen sind ein Garant für gute Arbeitsleistungen.
Die Beantwortung bzw. Nichtbeantwortung dieser Frage zeigt, welche Fürsorge den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in diesem Land zukommt - keine. Viele Regelungen, die Sie angerissen haben, erfordern Vereinbarungen mit dem Betriebsrat. Der Begriff „Betriebsrat“ erscheint in der gesamten Vorlage jedoch nicht ein einziges Mal.
Zum Fragenkomplex IV - Bildung und Qualifizierung. Grundsätzlich ist keine besondere Ausbildung für Callcenter-Agents vorgeschrieben, heißt es in der Antwort der Landesregierung. Deshalb gibt es bei den Fragen zur Ausbildung viele Erklärungen, wie Mann oder Frau das machen kann und wie die IHK dies vorbereitet. Es gibt aber keine Aussagen dazu, wie viele Menschen ausgebildet wurden. Angesichts der großen Fluktuation ist auch nicht erkennbar, ob sich junge Leute oder ältere Arbeitnehmer aus- oder weiterbilden lassen.
Als Vorraussetzung für die Führung eines Callcenters, so heißt es weiter, gibt es keine zwingenden Vorgaben für die Ausbildung. Für eine dauerhaft erfolgreiche unternehmerische Tätigkeit sind betriebswirtschaftliche Kenntnisse sowie Kenntnisse einschlägiger Rechtsgrundlagen wichtig.
Die würdevolle Behandlung der Beschäftigten ist keine Bedingung. Deshalb gibt es keine geregelten Arbeits- und Einkommensbedingungen und sehr wenige Betriebsräte - es gibt welche, allerdings nicht in der Antwort der Landesregierung - sowie wenig Arbeitnehmerschutz.
Zum Fragenkomplex V - Regelung der Arbeits- und Einkommensbedingungen in den Callcentern in Sachsen-Anhalt. Haustarifverträge gibt es mit der Walter Services GmbH - diese wird jetzt verkauft, das weiß ich - und mit der S Direkt-Marketing GmbH & Co. KG. Bedeutet dies, dass von den 95 Callcentern nur zwei über Haustarifverträge verfügen? Nach meiner Kenntnis gibt es mehr. Das müssten Sie einmal ermitteln.
Für diesen Fragenkomplex gilt dasselbe wie für den Fragenkomplex zum Thema Arbeitsbedingungen: Zu Fragen nach Tarifverträgen und Vereinbarungen gibt es seitens der Landesregierung keine Antworten.
Ihre Antworten lauten wie folgt: Es liegen keine Informationen vor; es liegen keine flächendeckenden Informationen vor. - Aus meiner Sicht wissen Sie, wie schlecht die Arbeits- und Einkommensbedingungen in der Callcenter-Branche sind und verschließen davor die Augen; deshalb haben Sie keine Kenntnis davon.
Eine Möglichkeit, sich Kenntnis zu verschaffen, wäre es, die Callcenter zu besuchen oder sich über andere Medien mit ihnen in Verbindung zu setzen und Informationen einzuholen. Fragen Sie doch einmal beim Telekom-Center nach.
In der Antwort der Landesregierung wird ausgeführt, dass Walter Services in zwei Schritten einen Stundenlohn von 8,50 € ab dem 1. Oktober 2014 bereits tariflich vereinbart hat. Walter Services ist eines der Unternehmen, das bereits sei mehreren Jahren über einen Tarifvertrag verfügt. Dafür hat Ver.di hart gekämpft.
Das Unternehmen S Direkt-Marketing GmbH & Co. KG hat bereits seit dem 1. Dezember 2012 einen Tarifvertrag, in dem ein Stundenlohn von 8,50 € vereinbart ist, abgeschlossen, heißt es in der Antwort der Landesregierung. - Ja, das stimmt. Aber dafür haben die Beschäftigten 117 Tage lang gestreikt und letztlich mit Kündigung und Mobbing rechnen müssen. So ist Mitbestimmung nicht gewollt.
Aus der Antwort auf die Frage nach den Aufstockern in Callcentern geht hervor, dass 702 Personen in Sachsen-Anhalt hiervon betroffen sind. Der Anteil der Aufstocker an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten beträgt 6,18 %. Die Gesamtzahl der Aufstocker im Land SachsenAnhalt beläuft sich auf 34 399. Der Anteil der Aufstocker an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten insgesamt beläuft sich auf insgesamt 4,57 %.
Der Oberbürgermeister der Stadt Magdeburg machte auf einer Callcenter-Tagung am 19. November 2013 in Magdeburg auf den wichtigen Zusammenhang zwischen der Einkommensentwicklung und der wirtschaftlichen Entwicklung aufmerksam. Er sagte, dass allein in Magdeburg insgesamt 8 000 Aufstocker leben, davon 2 000 Aufstocker, die 40 Stunden in der Woche arbeiten - und die Kosten für diese Aufstocker muss die Kommune tragen. Dies ist angesichts des ohnehin schmalen Budgets eine enorme Belastung für die Stadt.